Das ging voran:
Herr Peter ging aus dem Haus, trotz Schnee, trotz Winterwetter.
Frostige Schritte später entkam er unserem Blickwinkel,
wir sehen in die Augen unserer Mutter.
Angst in eben diesen springt uns an, obwohl unsere Mutter gebrechlich vor Angst zusammenfällt, bis unser Arm und der andere auch an ihrem Rücken liegt und sie stützt.
Jetzt war er ganz allein. Da draußen.
Winter umhüllte die Tür, sie stand noch immer weit offen.
Schnee sammelte sich am Boden im Haus, Wind krabbelte durch unser dünnes, zartes Hemd, dass so schon blau, nun noch kälter wirkte und war.
Nur Mutter schien es warm, das Hemd an ihren Falten, die Haut ganz karg und kalt, als wär sie tot.
Und ihre Backen strahlten kaum, da hörte sie schon auf, wir horchen, horchen laut, doch nichts kommt von ihrer Lunge mehr zurück.
Verschreckt fallen ihre falten, wie haben sie fallen lassen, in den Schnee von draußen, der drinnen schon das Wohnzimmer ziert und frieren vor der Leiche unsrer Mutter.
Wer konnte ahnen...

Das Wohnzimmer war tot. Vater sicher auch.
Nun blieb uns nur unser selbst.
Wir rannten hoch, so schnell der Winter uns ließ, in Knochen ließ er uns ans Schienbein kommen mit dem Boden, wir fielen auf die Treppe, als wir an ihr heraufzurennen versuchen, die Luft umhüllt uns.
Die Luft umhüllt uns. kalt.
Flucht vor draußen.
draußen wartet das sterben, es umhüllt unseren Atem schon.
mein Herz rast hitzig, als wir plötzlich wieder da sind.
Augen öffnen sich ins Licht, zwischen zwei Teilen einer Decke sehen wir Dinge, Grund genug uns zu freuen: Wir leben. Wo auch immer.
Wir leben.
Man hat uns gefunden, wird uns erzählt, im Traume schon tot, der Körper lag im Schnee auf einer Treppe.
Das Haus war lange nicht mehr wie gebaut.
Der Frost war allen Hölzern inne, Dächer und Keller wollten einander Näherkommen, "...wo kurz zuor wir dich fanden".
Bedankend leben wir unter unseren Helden, zwei Männer, eine Frau.
Verwandt, Jungbrunnen unsrer Augen schenkte den einen den anderen als Sohn, bärtig voller Misstrauen werden wir beäugt vom Haupt der Sippe.
Es spiegelt sich seine Sorge rot orange im Lagerfeuerschein.
Der Junge schläft bereits, als wir uns unterhalten, meine Augen und seine stirnrunzelnden Augenbrauen. Seiner Frau tut das nichts, schön ist sie, und bleibt sie schlafend die ganze Nacht.
Hat sie uns gefunden?
oder war es er?
sein Blick verrät es nicht.
Und schwäche machte sich in unserem Sprachsinn breit. wir schlafen lieber, als zu fragen.

Ein altes Haus brauchen wir nicht mehr, doch als ich erwache, der Vater stehend über mir, der Sohn in meinem Alter gleicht der Mutter nur der Nase wegen, scheinend ihrer Schönheit zugunsten, sie wird wohl unsre Mutter?
Wird der nun unser Vater?
Was ist nun?
Die kälte hat uns das fragen gelehrt, doch auch die Leere, kälte von Antwortlosikeit und Hoffnungslosigkeit dazu.
Die Enttäuschung setzt zu, wie jedes mal, wenn Winter jemand raubt, als keiner mich erwähnt.
wo wir gehen zwischen todeskaltem schnee und Hundespuren, findend nach langem Wege wohl ein weiteres Lagerfeuer und Versteck?
Der Mann führt uns, die Mutter bleibt bei uns, doch bleibt klar: ER ist sohn, ich bin dahinterher, und gehe schief geradewegs durch ihre Spuren.

Hinter ihnen seh ich besser. Stampfen und schnaufen bedeckt andrer Aug und Ohr, doch meins ist wach, war ichs doch damals der beim Schießen stets ernährte mit meinem guten Schuss. Wie damals ich traf all die Vögel, so konnt mein Auge heut in diesem Augenblick erhaschen:
LAUFT! - ich sah den Köter, Wolf im weiß gefieder, hätt ich nen Bogen, hätt ichs , doch nun rennend verfolgt von mir und diesem Wolf wir fliehen laufend durch dichten Schnee in Aug und um das Schuhwerk,
stumpf fällt der Junge vor mich, an ihm vorbei fällt auch mein Knie.
Sein Elternteil war fort, vorm Wolf schon ins Dickicht vieler Bäume gerannt, sein Herz war nun von mir beeugt, wo ich da lag im Angsterduknelt Weiß des Winters, und des Winters Hund lag nun auf der Lauer über ihm.

Seine Zähne seh ich, meine Hände fühl, doch hab kein Messer, keinen Stein. Der Schnee macht alles nieder! denk ich. Da packt mein Herz ein Ruck von innen aus.
Es war instinkt, mein Knie gen oben mach ich mir den Ruhm, den ich gewünscht im Heldenaugenblick zu eigen, dem Hunde meinen Schuh zum Tritt.
Husch! Husch! fühl ich, als ich viel mehr Brüllend zu ihm schnlendere und springend nach ihm schlag und trete, den Sohn fast nicht mehr achtend, dens mir ging zu schützen.
das weiße Fell zerfletsch in angst, mein Arm schon weich vor Hochmut, den ich gehe, der Weg ist radikal.
Doch scheint der Wolf dem auch zu sehen, und zur Angst zu finden, die ich so gut kannte.
Einmal fletschend warnt er mich, einmal fletschend holt er mich ins Wutenbrannte Angstgeflimmer durch mein Herz, innerlich kämpf ich ihn, der Schuh gehängt an meinem Wedelnd Arm nur zeugt von dies, und warnt auch diesen Köter meiner Strafe, nur der Moment kann richten, was nun sich scheidet vom Leben und einander -

Der Winter packt ihn heim ins Rudel, oder woher der Köter immer kommen möge.

Steifend schauderlich vor Kälte, Hitze Grausem pochendem Herze steh ich vor dem Körper, des Sohnes Leib fühlt sich selbst wie eine Leiche, als er mir in den Rücken starrt.

Ich dreh mich erst ganz langsam um, erst als meine Mutter ruft, und dankend an ihn fällt und mich.
So ward der Mutter ihm und Vater auch mir liebend, als sie dankend mich nun hinternahmen, der Sippe des weiteren Weges eingebunden und behütet, der Winter kann nun kommen.


© David Uerlings


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Beschreibung des Autors zu "Wintermär"

Soll so ne Mischung aus Märchensprache und Fantasie-grammatik (?) sein... kann also zum teil auch ein wenig unverständlich wirken

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Kommentare zu "Wintermär"

Re: Wintermär

Autor: noé   Datum: 03.12.2013 4:09 Uhr

Kommentar: Einfach genial!
Diese andere "Sprache" fördert nur den Zugang zum Inhalt und lässt auch der eigenen Phantasie noch Raum.
Diese Geschichte hat mich vereinnahmt, auch zu dieser Uhrzeit noch (s.o.)
Adventgrüße von noe

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