„Guten Tag, Frau Donner-Wetter! Könnte ich bitte Herrn Quatsch sprechen?“

„Tut mir leid, Herr Quatsch ist gerade in einem Mitarbeiter-Gespräch“.

„Oh, was Sie nicht sagen – was bespricht er denn Mit dem Arbeiter?“

„Er bespricht mit ihm, wie seine betrieblichen Leistungen effizienter gestaltet werden können und außerdem wie er besser mit den anderen Mit-Arbeitern umgehen kann“.

„Aha! Danke für die Auskunft, Frau Donner-Wetter. Wie lange wird das denn dauern?“

„Das dauert gewöhnlich eine dreiviertel Stunde, aber Herr Quatsch hat heute mehrere Mitarbeiter-Gespräche“.

„Ok“, ist dann dafür Herr Unsinn erreichbar?“

„Nein, Herr Unsinn nimmt gerade an einem psychologischen Seminar zur Verbesserung des Arbeitsklimas in unserem Betrieb und zum werbewirksameren Umgang mit der Kundschaft teil“.

„Oh, was macht man denn in einem solchen Seminar?“

„Man stellt sich erst einmal bloß. Sich selber für sich selbst, dann sich selbst vor den anderen, dann die anderen, dann alle vor allen. Daraufhin hält man ein Referat über die wechselseitigen Wirkungen der einzelnen Mitarbeitern aufeinander, analysiert sich, andere und die wechselseitigen Wirkungen, wobei neueste psychologische Theorien Anwendung finden, die aber nicht diskutiert werden dürfen“.

„Aha, vielen Dank für die Auskunft, Frau Donner-Wetter. Und wie lange dauert so ein Seminar?“

„So ein Seminar dauert eine Woche, aber es sind meist mehrere Seminare hintereinander – in Abständen versteht sich. Es liegen Mitarbeiter-Gespräche dazwischen!“

„Ok, ich habe verstanden. Aber was geschieht nach den Seminaren, den Mitarbeiter-Gesprächen und den Betriebsoptimierungstheorien?“

„Da werden die Systeme umgestellt! Im Zuge der Vereinfachung der Abläufe verwenden wir dann andere Programme, die schnellstmöglich erlernt werden müssen, damit der Laden hier funktioniert“.

„Das ist schön, Frau Donner-Wetter, das macht Mut, das lässt hoffen, aber auch alles offen? Sagen Sie nicht: wie man’s nimmt!“

„Nein, wir verbessern uns täglich. Die Globalisierung verlangt von uns eine andauernde Anpassung“.

„Sagen Sie, liebe Frau D., geht das nicht ein klein wenig zu Lasten der Individualität, der Familie, der Freundschaft, der Liebesbeziehungen?“

„Hmm, das werde ich Ihnen vermutlich erst nach dem 30sten Seminar sagen können, oder nach dem 100sten Mitarbeiter-Gespräch mit meinem direkten Vorgesetzten, denn vorher werde ich höchstwahrscheinlich gar nicht wissen…nicht zu wissen haben. Verstehen S i e wenigstens was ich meine?“

„Ich bin mir nicht sicher, Frau Donner-Wetter. Ich verstehe, glaub‘ ich, im Moment nur noch Bahnhof. Am besten ich geh gleich mal rüber in den Kindergarten und nehme ein paar Nachhilfestunden im Grießpudding-spazieren-Schmeißen. Wenn ich’s mir recht überlege, dann könnte ich auch meinen Therapeuten verrückt machen, indem ich ihm von etwas erzähle das ich kürzlich dort verloren habe, wo ich eigentlich gar nichts zu suchen gehabt hätte und dabei nicht einmal mehr weiß was es ist. Oder, warten Sie, ich führe, noch besser, ein Mitarbeiter-Gespräch mit meiner Freundin, die gerade aus einem psychologischen Seminar gekommen ist, um sie zu fragen wie wir unsere Beziehung, werbewirksam nach außen, optimieren können. Wenn wir uns dann voreinander bloßstellen, können wir ja gleichzeitig im neuesten Ratgeber nachschlagen. Ich denke, früher haben die Leute da gebetet. Frage ich mich jetzt, was erfolgversprechender ist, oder setze ich gleich das Kaffewasser auf, nachdem ich den Hut abgenommen habe und gehe mit dem Hut zum Ständer um die Uhrzeit im Kopfstand abzulesen? Ich sage vorerst mal Gutenacht! Beehren Sie mich bald wieder“.


© Sur_real


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