Niki ist ein 10 jähriges Mädchen das in einer sogenannten Trabantenviertel lebt. Seit sie denken kann lebt sie und Familie in diesem Stadtteil von Sinnenstadt. In diesem Stadtteil leben viele Kinder mit ihren Familien die nicht gerade begütert sind und oft auch unter der Armutsgrenze leben. Viele von ihnen leben nur mit einem Elternteil, weil die Scheidungsrate hier extrem hoch ist. Die Häuser sind Hochhäuser, die nicht gerade einladend sind. Meist haben sie über 100 Wohneinheiten pro Block. Keiner kennt Keinen. Die einzigen die sich ein bisschen kennen sind die Kinder untereinander oder die Straßengangs, in denen sich die Größeren, die Jugendlichen, zusammenrotten.
Diese Gangs sind aber auch eine große Gefahr für die Kleinen. Sie werden oft Opfer von Übergriffen und Gewalttaten und wissen nicht wie sie sich wären sollen.
Auch Niki wurde schon mehrmals Opfer einer solchen Gang. Sie musste schon oft ihr bisschen Taschengeld abgeben, das sie hin und wieder von ihrer Mutter bekam. Mit neue Sachen traute sie sich kaum nach draußen, weil sie immer Gefahr lief, dass man ihr wieder alles abnahm. Sie hatte große Angst vor denen und lief weg sobald sie Gruppenmitglieder irgendwo sah.
Niki wollte heute zu einem Jugendtreff. Der war neu aufgemacht und von einer Gruppe alter Bewohner dieses Viertels gegründet, die es geschafft hatten, die Trabantenstadt zu verlassen. Sie haben aber ihre Wurzeln und die Zeiten in diesem Viertel nie vergessen. Es waren alte Gang-Mitglieder, die in ihrer Zeit nicht gerade beliebt gewesen sind. Sechs von ihnen, Peter, Jonny, Benni, Frank , Christine und Sandy haben damals eine Band gegründet und durch einen ganz großen Zufall einen Produzenten gefunden und sind sehr erfolgreich geworden . Ihre sozialkritischen Songs waren genau das, was die Zeit damals wollte. Sie wurden alle sehr Wohlhabend; sie vergasen aber nie wo ihre Wurzeln waren.
In diesem Jugendtreff wurden tolle Sachen geboten. Man konnte Spielen, Theater, basteln, Tanzen und und und…… Das was Niki am meisten Spaß machte war das Musizieren. Es gab Instrumente, ein Klavier, eine Harfe, zwei Schlagzeuge, ein Bass, Flöten und Geigen und kleine Instrumente mit denen man begleiten konnte. Für Niki war das Schlagzeug einfach das schönste Instrument auf Erden. Sie hatte sofort ein vertrautes Gefühl für Takt und Rhythmus, sobald sie an diesem Instrument saß. Sie vergaß sofort alles um sich rum und fühlte nur noch. Es gab keine Angst, es gab keinen Streit, keinen Gang, keinen Hunger - nichts konnte dieses Gefühl in ihr zerstören. Genau das, war das, was diese Ehemaligen erreichen wollten. Sie wollten jungen Menschen den Raum geben zu vergessen. Abstand zu nehmen. Positive Eindrücke zu sammeln und zur Ruhe zu kommen, wenn auch oft nur für Stunden. Sie lehrten die jungen Menschen offen zu werden für Neues. Talente in sich zu entdecken und sich auszuprobieren. Sie waren der Meinung, dass nur so der Charakter ins Gute geformt wird. Man braucht Bildung, Respekt für das Miteinander und Fröhlichkeit, gebunden in Sicherheit. Genau das versuchten sie bei den jungen Menschen zu wecken. Bei einem Teil erreichten sie es auch, aber es gab auch immer wieder die Momente, wo sie wussten, dass sie nichts erreichen konnte. Es gab und wird immer Unbelehrbare geben.
Für Niki war dieser Jugendtreff lebensrettend. Durch den Umgang mit der Musik und den Gesprächen, dem Zusammengehörigkeitsgefühl wurde Niki von Jahr zu Jahr selbstbewusster. Sie verlor die Angst vor Gangs. Wenn sie heute Gangs traf, trat sie selbstbewusst auf und schaute ihnen mit festem geraden Blick in die Augen. Die Drohgebärden brachen zusammen und man trolle sich schnell. Viele Kinder aus diesem Treff lernten sich durchzusetzen und an sich zu glauben. Sie schafften den Weg in die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Viele von ihnen leben heute nicht mehr in dem Trabantenviertel, wenn es auch nicht alle geschafft haben.
Was wurde aus Niki. Niki hatte ein solches Talent für Musik, dass sie eine Förderung erhielt und Musik studieren konnte. Sie ist heute eine gefragte und gefeierte Künstlerin. Das Schlagzeug ist auch heute noch ihr Instrument. Auch Niki ging den Weg, wie diese sechs ehemaligen Gang-Mitglieder. Sie gründet, ebenso wie diese Sechs, in drei weiteren Brennpunkt-Städten Jugendtreffs gleicher Art. Bis heute versuchen sie Jugendliche die eigentlich keine Hoffnung und Perspektive haben, sie ihnen wieder zurückzugeben.


© Dorothee Hellmuth


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Kommentare zu "Trabantenviertel"

Re: Trabantenviertel

Autor: Lhalu   Datum: 22.05.2013 7:00 Uhr

Kommentar: Tolle und sehr gesellschaftskritische Geschichte wie ich finde. Junge Menschen brauchen ein Ziel an dem sie sich orientieren können. Ohne sind die meisten verloren und das ist schade

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