"Wohin soll denn die Zeit auch gehen, wenn sie vergeht?"

"Das Einzige, was sich an der Zeit bewegt, das sind die Uhrzeiger auf der Uhr."

"Zeit existiert also nicht wirklich. Sie ist eine Illusion. Das beweist auch die Quantentheorie. Die Idee, dass die Zeit an uns wie das Wasser eines Flusses "vorbeifließt" ist eine falsche Vorstellung."


Alles Leben, alle Ereignisse und alle Dinge existieren im Hier und Jetzt der Gegenwart. Sie ist unverrückbar, konstant und damit permanent vorhanden. Die Gegenwart ist die Bühne allen Geschehens, somit natürlich auch des Lebens, das in einer durchgehenden, unterbrechungslosen Abfolge von Ereignissen stattfindet. Die Gegenwart ist bis in den letzten Winkel des (uns bekannten) Universums „gegenwärtig“.



Auch der Raum ist eine Konstante. Innerhalb des Raumes finden Bewegungen von Körpern statt, an deren Bewegungen man bestimmte Maßeinheiten anlegen kann (die eigentlich im Prinzip willkürlich wählbar sind).



So ist z. B. Geschwindigkeit gleich zurückgelegter Weg pro Zeiteinheit. Die wichtigsten Maßeinheiten für Geschwindigkeit sind Kilometer pro Stunde (km/h) und Meter pro Sekunde (m/s). Geschwindigkeit (Bewegung) findet aber ausschließlich in der Gegenwart des Raumes statt, wodurch allerdings noch keine Zeit entsteht, sondern nur die Bewegung gemessen wird. Wohin soll die Zeit denn auch gehen, wenn sie „vergeht“? Nur dann, wenn eine Skala angelegt wird (die Willkürlich sein kann), entsteht quasi eine Vorstellung von Zeit, die uns bei der Orientierung im Leben dienlich ist (z. B. Termine, Kalender, Uhrzeit usw.).



Zeit existiert also nicht wirklich. Sie ist eine Illusion. Das beweist auch die Quantentheorie. Die Idee, dass die Zeit an uns wie das Wasser eines Flusses "vorbeifließt" ist eine falsche Vorstellung.



So betrachtet kann es weder eine Zukunft, noch eine Vergangenheit geben, denn die Gegenwart ist immer unsere Zukunft und gleichzeitig auch Vergangenheit.



Unser Bewusstsein schafft sich diese Vorstellungen rein gedanklich als Bezugspunkte, um sich im Leben zurecht finden zu können. Wenn es keine Zeit gibt, dann kann es auch keine Zeitreisen geben. Wir sind so gesehen "Gefangene der Gegenwart", in der wir leben und sterben müssen. Nur der Tod kann uns aus dieser Gefangenschaft befreien (das nur nebenbei gesagt).



Ereignisse, die in der Gegenwart z. B. mit einer Kamera festgehalten worden sind, werden in Form von Bildern „konserviert“ (quasi eingefroren). Sie halten eigentlich nur den Moment einer Bewegung irgendeines Körpers, Dinges oder Ereignisses innerhalb der Gegenwart fest.



Ähnlich verhält es sich mit den menschlichen Erinnerungen, die in unserem Gehirn biochemisch "abgespeichert" werden (wenngleich auch nicht dauerhaft, denn sie lösen sich mit dem Tod eines Menschen ebenfalls auf).

Mit einer PC-Festplatte verhält es sich ähnlich. Abgespeicherte Daten werden sozusagen "konserviert" (ähnlich wie eine Erinnerung), die aber auch verloren werden können.



All diese Prozesse finden ausschließlich nur als Ereignisse in der Gegenwart statt, für die keine Zeit notwendig ist.



„Das Einzige, was sich an der Zeit bewegt, das sind die Zeiger auf der Uhr.“ Diese Aussage ist richtig.



Wenn es keine Zeit gibt, dann ist die Gegenwart, also die Dauer des Dauernden, ewig und somit zeitlos.



Was sagen andere zu diesem Thema, wie z. B. der englische Physiker *Julian Barbour?



„Wenn man versucht, die Zeit zu erfassen, entgleitet sie einem immer wieder", sagt Barbour. „Die Leute sind sich sicher, dass es Zeit gibt, aber sie kriegen sie nicht zu fassen. Mein Gefühl sagt mir, dass wir sie nicht zu fassen kriegen, weil es sie überhaupt nicht gibt."



Barbour spricht mit einem entwaffnenden englischen Charme, der seine eiserne Entschlossenheit und das Vertrauen in seine Wissenschaft Lügen straft. Seine extreme Perspektive resultiert aus Jahren von Forschung von sowohl klassischer als auch Quantenphysik.



Isaak Newton betrachtete die Zeit als einen fließenden Fluss, der überall das gleiche Tempo hat. Einstein veränderte dieses Bild, indem er Raum und Zeit vereinte in eine einzige 4-D-Einheit. Aber sogar Einstein ist daran gescheitert, das Konzept von Zeit als ein Maß von Veränderung in Frage zu stellen. Aus Barbours Sicht muss diese Frage auf den Kopf gestellt werden. Es ist die Veränderung, die die Illusion von Zeit aufbietet. Wenn man den Geist von Parmenides channeln würde, sähe Barbor jeden eigenen Moment als ein Ganzes, vollständig und eigenständig existierend. Er nennt diese Momente „Jetzt-Momente" („nows").



„Während wir leben, scheinen wir uns durch eine Aneinanderreihung von Jetzt-Momenten zu bewegen", sagt Barbour, „und die Frage ist, was sind sie?" Für Barbour ist jeder Jetzt-Moment ein Arrangement von allem im Universum. „Wir haben den starken Eindruck, dass Dinge ihre endgültigen Positionen zueinander haben. Ich ziele darauf ab, alles außer Acht zu lassen, was wir nicht sehen können (direkt oder indirekt) und schlicht und einfach diese Idee von vielen verschiedenen Dingen aufrechtzuerhalten, die gleichzeitig miteinander koexistieren. Da gibt es einfach nur die Jetzt-Momente, nicht mehr und nicht weniger."



Barbours Jetzt-Momente kann man sich vorstellen als Seiten eines Romans, die vom Buchrücken gerissen und wahllos auf den Boden geworfen wurden. Jede Seite ist eine getrennte Einheit, die ohne Zeit existiert, die außerhalb der Zeit existiert. Wenn man die Seiten nach einem bestimmten Muster ordnet und sich Schritt für Schritt durch sie hindurch bewegt, wird sich die Geschichte entfalten. Und doch, egal wie wir die Seiten anordnen, ist jede Seite vollständig und eigenständig. Wie Barbour sagt, „Die Katze, die springt, ist nicht die gleiche, die landet."



Die Physik der Realität ist für Barbour die Physik dieser Jetzt-Momente, zusammengefasst als Ganzes. Es gibt keinen vergangenen Moment, der in einen zukünftigen Moment fließt. Stattdessen existieren alle unterschiedlichen möglichen Konfigurationen des Universums, jede möglicher Ort von jedem Atom in der ganzen Schöpfung gleichzeitig. Barbours Jetzt-Momente existieren alle gleichzeitig in einem riesigen platonischen Bereich, der vollständig und absolut außerhalb der Zeit steht.



Unsere Illusion von Vergangenheit kommt daher, weil jeder Jetzt-Moment Objekte beinhaltet, die in Barbours Sprache als „Aufzeichnung" erscheinen. „Den einzigen Beweis, den wir von vergangener Woche haben ist das Gedächtnis. Aber das Gedächtnis kommt aus einer festen Struktur von Neuronen im Gehirn in diesem gegenwärtigen Moment. Den einzigen Beweis, den wir über die Vergangenheit der Erde haben sind Steine und Fossilien. Aber diese sind nur feste Strukturen in Form eines Arrangements von Mineralien, die wir in der Gegenwart untersuchen. Der Punkt ist, alles was wir haben sind diese Aufzeichnungen, und die haben wir nur im Jetzt (der Gegenwart)."

*Julian B. Barbour ist ein britischer Physiker. Er befasst sich mit den Grundlagen der Gravitation und Wissenschaftsgeschichte.

(c)Heiwahoe


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