Vor langer, langer Zeit, als die Wahrheit noch wahr, die Meere noch klar und der Überfluss rar waren, regierte in einem Land fernab aller Gestade ein König.
Er war gewiss kein schlechter Herrscher, doch wie es nun mal ist, wenn einem jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird, verfiel er in Lethargie. Sein einziges Hobby, das er bis dato hatte, das Liebeslieder schreiben, singen und hören hing ihm zum Halse heraus. Er wollte die königliche Liebe zu seiner Gemahlin anders ausdrücken. Er grübelte von morgens früh bis abends spät und die Mittelfalte auf der herrschaftlichen Stirn wurde tiefer und schien das Monarchenhaupt schier zu spalten.
Der Hofarzt und sein königlicher Berater beknieten ihn, doch wieder zu Sinnen zu kommen, denn es gäbe nichts besseres als Liebeslieder und Gedichte für seine Angebetete.
Die Königin selbst, die schöne Amara, gab angesichts seines wandelnden Brokatgewandes in dem kein König mehr zu stecken schien, zu verstehen. > Es reicht mir doch völlig , wenn du mich liebst und mir das so wie immer zeigst, werde doch bitte wieder normal!<
Der Herrscher jedoch wollte nichts davon wissen. Er ließ Schneider kommen, die seine Liebe in Kleider und Gewänder einarbeiten sollten. Gärtner, die sein herrschaftliches Liebesgefühl in die Pflanzlöcher geben sollten um dann all seine Empfindungen in die Blumen, Büsche und Bäume zu geleiten. Doch nichts , nichts gab auch nur annähernd wieder, was der König fühlte.
Dadurch wurde sein Herz allmählich härter und sein Verstand weicher. Aus dem einstigen milden Regenten wurde ganz allmählich ein Scheusal. Der ganze Hofstaat war verunsichert und wusste sich keinen Rat mehr.
Eines Tages ließ er verkünden, wer seine Liebe so wiedergeben könne wie er sie fühlte, den würde er reich belohnen und wenn nicht, hätte dieser sein Leben verwirkt.
Man kann sich leicht vorstellen, dass sich niemand freiwillig meldete, denn jeder wollte so lebendig bleiben wie bisher.
Also ließ der König aus allen Teilen seines Reiches handwerklich begabte Untertanen holen und stellte seine Forderung.
Die Schuhe des Schusters brachten kein einziges liebevolles Wort über ihre Zungen. Der Stellmacher stellte sich beim machen nicht geschickt an. Der Koch kochte mit Liebe, es half ihm nichts. Der Wagner wagte sich erst gar nichts.
So verlor das Königreich einen guten Handwerker nach dem Anderen, zum Schluß blieb nur noch der Schmied übrig.
Dieser aber beherrschte sein Handwerk wie kein anderer. Er sagte sich, so kann es nicht weitergehen.
Er ließ kurzerhand den König in seine Schmiede kommen, legte ihm ein rotglühendes Stück Metall auf den Amboss und sprach > Nun Herr König, schmiedet Eure Liebe und drückt sie einmal ganz anders aus.<
Dieser sah ihn mit trüben Augen an, nahm den Schmiedehammer und schlug auf das Eisen ein. Der Schmied nahm es gelegentlich ,hielt es erneut in die Esse und legte es zurück. Dem Herrscher wurde es warm, er legte seinen Mantel ab und schmiedete. Mit jedem neuen Hammerschlag wurden des Königs Augen klarer und wacher. Am Abend war noch nicht zu erkennen was er da zusammenschmiedete, doch es schien als wäre er froher geworden. > Mein König< , sprach der Schmied > kommt morgen und die nächsten Tage wieder und ich zeige Euch Eure Liebe.<
Dieser versprach es.
Der König kam einige Monate lang und wurde in der Kunst des Schmiedens immer besser, ja tatsächlich war es eine Kunst, die ihm im Blut zu liegen schien. Die Schmiede füllte sich mit Herzen, Engeln, kunstvollen Skulpturen aber auch Gebrauchsgegenständen jeglicher Art.
Der Herrscher war froh und glücklich, hatte Farbe im Gesicht und starke Muskeln bekommen. Die Königin war froh solch einen Kerl an ihrer Seite zu haben.
Eines Tages sagte der Schmied dem König > Es ist Zeit mein Herr, ich habe meine Aufgabe erfüllt. Ich habe sie nicht allein erfüllt, denn Ihr habt sie schließlich selbst erledigt. Ich habe Euch lediglich angeleitet. Eure Liebe wurde nun ganz anders ausgedrückt. Es gibt so viele unterschiedliche Arten von Liebe. Diese hier nennt sich Liebe zum Beruf und Ihr seit ein wahrer Meister dieses Berufes geworden. Menschen brauchen etwas, das sie Lieben können, sonst verkümmern sie und kommen auf dumme Gedanken, so wie Ihr sie hattet Majestät.<
Wachen Verstandes hatte der König zugehört und war erstaunt von der Weisheit des Handwerkers. Er schämte sich seiner Missetaten, belohnte den Schmied wahrhaft königlich und kam jeden Tag in die Schmiede um seiner neuen Liebe gerecht zu werden.
Er ließ neue Zunftschulen bauen, damit auch das andere Handwerk wieder nachwachsen konnte.

Und wenn er nicht gestorben ist,
dann schmiedet er noch heute….


© Mida


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Kommentare zu "Des Königs wahre Liebe"

Re: Des Königs wahre Liebe

Autor: elvira_gedichte   Datum: 12.09.2022 7:57 Uhr

Kommentar: im verneigenden Dank, lieber Mida, Dein Wortklang, märchenhaft anmutend, doch so zeitgemäß, wie eh und je.......die Liebe zum Beruf.....und es klingt schon im Wort nach..... einem Ruf folgen......einer Ernsthaftigkeit im Tun und dabei in völliger Hingabe versinken.....und somit eben nichts zutun.......in Liebe etwas tun, verliert die Schwere des Tuns und macht uns glücklich.....denn Liebe schenkt meisterhaftes Tun, weil es im Ziel, der Prozess des erschaffens ist.....ein versunkensein...... ein ganzsein mit sich und allen Welten.....da gibt es keine Trennungen mehr....eben lieben.....verliebtsein......Detailverliebtheit.....eine poetische Sprache der Kunst.....und das begegnet uns auch auf Schritt und Tritt...... mit wachen Augen ist es sichtbar....denn Menschsein......kann nicht anders, als in dieser Gründlichkeit zu sein....und dass in alle Richtungen.....und wenn das nicht ist......dann trägt der Mensch schwer mit sich......danke, innigst Elvira

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