Es war an einem schönen Frühlingsmorgen, da kroch der Rehpinscher Bello munter und unternehmungslustig aus seiner kleinen, warmen Hundehütte und verließ still und leise durch das offen stehende Eingangstor heimlich den Hof seines Herrchens.

Als Bello eine Weile später auf einem kleinen Hügel stand, erblickte er vor sich plötzlich einen glänzenden Fluss, der kühl und verlockend aussah. Er kannte keine Angst vor dem feuchten Element und wasserscheu war er auch nicht. Deshalb rannte er laut kläffend vor Freude auf das träge dahinfließende Gewässer zu, sprang auch sofort vergnügt hinein und ließ sich ganz gemütlich abtreiben. Bellend grüßte er alle Tiere am vorbeiziehenden Ufer, denen er flussabwärts begegnete.



Während er so an grünen, saftigen Wiesen, an rauschenden Bäumen, weiten Äckern und dichten Wäldern vorbeiglitt, bemerkte Bello nicht, dass ihn die starke Strömung immer schneller mitriss. Er hatte jetzt jedes Zeitgefühl verloren und dachte auch nicht mehr an sein schönes Zuhause. Er genoss einfach nur die warme Sonne und schaute hinauf zu den weißen Wolken, die über ihn am tiefblauen Himmel wie kleine weiße Segelschiffchen dahinzogen.



Plötzlich kam ihm mit lautem Geschrei eine aufgeregte Möwe entgegen, die den Rehpinscher in geringer Höhe überflog und wie wild mit den Flügeln immer wieder in eine ganz bestimmte Richtung deutete.



„Mhm, was ist denn das für ein komischer Vogel? So einen habe ich ja noch nie gesehen“, sagte Bello verwundert zu sich selbst und schwamm einfach munter weiter.



Irgendwann machte der breite Fluss eine scharfe Biegung und von einer Sekunde auf die andere öffnete sich vor Bellos Hundeaugen ganz plötzlich das offene, silbrig glitzernde Meer, das sich bis zum fernen Horizont erstreckte, wo gerade ein großer Ozeanriese mit dumpf dröhnender Schiffssirene durch die hohen Wellen stampfte.



Bei diesem Anblick bekam es der kleine Rehpinscher mit der Angst zu tun. So was kannte er nicht und außerdem drohte ihn die Strömung auf die offene See hinaus zu treiben. Sein kleiner Körper fing auf einmal an zu zittern und vor lauter Schreck versuchte der Rehpinscher, ganz schnell wieder ans Ufer zurück zu paddeln. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die heftige Strömung, die allerdings einfach zu stark für ihn war, sodass er nichts mehr ausrichten konnte.



Hilflos trieb er jetzt schon in der Mitte der Flussmündung auf das vor ihm liegende, weite Meer zu. Ich werde bestimmt da draußen ertrinken oder von großen Fischen gefressen, dachte sich der Rehpinscher ängstlich und wollte sich seinem Schicksal schon willenlos ergeben.



Doch genau in diesem Augenblick tauchte neben ihm eine lange glatte Schnauze aus den sich immer höher auftürmenden Wellen hervor. Es war Nelli, der Delphin, der ihn mit großen, hilfsbereiten Augen mitleidig ansah.



„Was machst du denn hier? Willst du vielleicht nach Amerika? Du bist aber ein sehr mutiger Hund. Schwimmt einfach hinaus aufs offene Meer und denkt sich nichts dabei. – Wie heißt du eigentlich?“ fragte Nelli den kleinen Hund bestimmt aber freundlich.



„Ich heiße Bello, bin ein Rehpinscher und wollte doch nur einmal ein bisschen was von der Welt sehen. Aber jetzt bin ich wohl in Schwierigkeiten geraten und weiß nicht mehr, wie ich mir helfen soll“, jaulte der kleine Hund erbarmungswürdig vor sich hin.



„Na ja, Bello, ich kann dich hier draußen ja nicht einfach so ertrinken lassen. Da hast du aber noch mal Glück gehabt. Wir Tiere müssen schließlich zusammenhalten. Klettere auf meinen Rücken und ich bringe dich sicher zurück...“



Als Bello mit freudig wedelndem Schwanz auf Nellis Delphinrücken saß, ruderte der auch schon mit kräftigen Flossenschlägen der starken Strömung entgegen flussaufwärts und brachte den immer noch zitternden Rehpinscher sicher an jene Stelle zurück, wo er am Flussufer so leichtsinnig ins Wasser gesprungen war.



„Ich danke dir, lieber Nelli! Ohne dich wäre ich bestimmt mutterseelenallein auf hoher See elendig ertrunken. Du bist ein wahrer Freund! Ich werde dich nie vergessen.“



„Nichts zu danken, Bello. Und sei das nächste Mal ein bisschen vorsichtiger. Abenteuer sind schön, aber mitunter auch sehr gefährlich.“



Nach diesen mahnenden Worten drehte sich der Delphin im Wasser des Flussufers langsam herum, tauchte unter und war im nächsten Moment in dem trübe dahinfließenden Fluten verschwunden. Eine Weile später war er wieder zu sehen und winkte Bello mit seiner breiten Schwanzflosse aus der Mitte des Strömung zu. Schließlich konnte man ihn nur noch als kleinen, springenden Punkt in der Ferne ausmachen.



Bello, der Rehpinscher, schaute ihm noch lange nach, dann rannte er so schnell er konnte zurück nach Hause.



Die hölzerne Gartentür stand immer noch weit offen, als er endlich da war. Vorsichtig schlich er zurück in seine kleine Hundehütte, legte sich erschöpft hin und schlief schon bald tief und fest ein. Unruhig zuckten seine vier dünnen Beinchen hin und her, denn Bello, der Rehpinscher, träumte gerade von seiner abenteuerlichen Reise auf dem großen Fluss und von Nelli, dem hilfsbereiten Delphin, der ihm das Leben gerettet und sicher zurück nach Hause gebracht hatte.



Wie sagt man doch so schön? Ach ja! Ende gut, alles gut!


ENDE

(c)Heiwahoe


© Heiwahoe


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