Der Rabe !

Es war einmal,- so beginnen alle Märchen - , als im dichtem Wald, auf einem hohen, alten Baum, ein Rabe geboren wurde.
Das ist nun nichts Besonderes, denn Raben wurden schon immer geboren.
Sie schlüpfen aus einem Ei und fangen sofort an nach Futter zu krächzen.
Das tat auch unser Rabe! Er schrie so laut, dass sich seine Rabeneltern, die Ohren mit ihren Flügeln zu halten mussten.
Ununterbrochen schafften sie Futter heran und der junge Rabe fraß und fraß, aber er wurde niemals so richtig satt.
Er schrie jeden Tag nach immer mehr Futter, so dass die Rabeneltern bald nicht mehr wussten, wie sie den Schreihals satt bekommen sollten.
Im Wald wohnte auch eine alte Frau, sie sammelte oft Wurzeln und Beeren, die sie im fernen Dorf verkaufte. Sie kannte auch alle Pflanzen und Kräuter, die gegen viele Krankheiten halfen.
Eines Morgens, als sie wieder Kräuter sammelte, hörte sie plötzlich ein furchtbares Geschrei. Sie ging dem Lärm nach und stand bald unter den großen Baum auf dem die Raben ihr Nest hatten.
Die alte Frau kannte auch die Stimmen der Tiere und konnte verstehen was sie sagten.
So hörte sie, wie der junge Rabe nach Futter schrie: „Ich habe Hung er, großen Hunger, kommt denn niemand der mir etwas zu Fressen bringt“?
Die Frau blickte zum Nest hoch und sah, dass sich ein dicker, schwarzer Kopf mit gelben Schnabel aus dem Nest beugte und sie beobachtete.
„He du, du da unten, komm mal zu mir rauf, ich habe Hunger“!
Die Frau rief: „ Ich habe nichts für dich, ich habe nur Wurzeln und Kräuter“ !
„Pfui Spinne,-rief der Rabe-, dann beweg dich und bring mir eine tote Maus, oder warte, bring mir zwei oder noch besser, bring mir gleich drei Stück davon“!
Die Frau rief „ Ich bin doch viel zu alt zum Mäusefangen“!
Da wurde der junge Rabe richtig wütend, er beschimpfte die alte Frau, dabei beugte er sich weit aus dem Nest und…mit einem Mal war es passiert.
Er verlor das Gleichgewicht und stürzte, hilflos mit den Flügeln schlagend, aus dem Nest.
Der weiche Waldboden milderte den Aufprall und so hockte er –ängstlich und verstört- unter einem Busch.
Misstrauisch beäugte er die alte Frau, die nun auf allen Vieren zu ihm hin kroch, um ihn in ihren Korb zu stecken.
Er sperrte ängstlich den großen, gelben Schnabel auf, aber die Frau packte ihn und steckte ihn in den Korb. Da saß er nun, inmitten der duftenden Kräuter. Er klammerte sich an ihnen fest, als die alte Frau den Korb auf ihren Rücken hob.
Auf den Weg zu ihrer Hütte schlief der Rabe ein und so bemerkter er nicht, dass sie ihn in einen leeren Vogelkäfig steckte.
Der alten Frau gehörte auch ein großer, schwarzer Kater, der setzte sich vor den Käfig und sah lüstern den Raben an. Der jetzt gerade erwachte.
Er wollte gerade wieder nach Futter schreien, als er den Kater sah.
„He du,-rief er,- was glotzt du mich so verfressen an“?
Der Kater ließ seinen Schwanz einmal wippen , dann schnurrte er: „ Mmmmh, du siehst richtig lecker aus“!
Die Frau hatte den Tieren zugehört, jetzt sprach sie ein Machtwort.
Zum Kater sagte sie : „Also, du wirst den Raben in Ruhe lassen, sonst schneide ich dir deinen Schnurrbart ab“! Zum Raben sagte sie.: Ärgere den Kater nicht, er ist ganz lieb, sonst verkaufe ich dich an den Zauberer“!
Kater und Rabe versprachen gute Freunde zu werden.
So kam es, dass der Kater für den Raben die Mäuse fing und der Rabe, dem Kater das Fliegen beibringen wollte.
Weil das nun wirklich nicht ging, musste der Kater bald an Krücken laufen, er hatte versucht auf das Dach zu fliegen, dabei hatte er sich die Pfote verstaucht.
So kam es, dass der Kater keine Mäuse fangen konnte und der Rabe bald wieder laut nach Futter schrie.
Er schrie so laut, dass der alte Zauberer, der gerade seinen Mittagsschlaf halten wollte, davon erwachte.
Unwillig zog er sich an und ging in den Wald, um den Störenfried zu suchen.
Bald schon stand er vor der Hütte der alten Frau.
Er kannte sie gut, sie hatte ihn schon oft im Wald getroffen und durfte ihm beim Zaubern zuschauen.
Einmal hatte er einen dicken Baum unsichtbar gezaubert, als er sich dann von der alten Frau verabschiedete, ist er gegen den unsichtbaren Baum gelaufen.
Seine große Beule hat sie dann mit ihren Kräutern behandelt.
Nun stand er also vor der Hütter der Alten und hörte mit Grausen das fürchterliche Geschrei des Raben.
„Ob wohl jemand die Alte umbringt“! So dachte er. Ich muss ihr helfen.
Er stürzte sich –durch die geschlossene Tür- in die Hütte, dabei schlug er mit den Kopf auf den Boden und wurde Ohnmächtig.
Vor Schreck blieb der Rabe ganz still und der humpelnde Kater sprang zu den Raben in den Käfig.
Die Alte aber sprang, nachdem sie sich vom ersten Schreck erholt hatte , auf und legte den Zauberer auf ihr Bett, dabei fiel ihm sein Zauberbuch aus der Tasche.
Der Rabe sprang blitzschnell aus den Käfig und griff sich das Buch.
Während sich die Frau um den Zauberer kümmerte, saßen der Rabe und der Kater im Käfig und lasen im Buch.
Plötzlich sagte der Rabe zum Kater. :“ Du, das lass uns einmal versuchen, hier drin steht wie man einer Katze das Fliegen beibringt“!
Der Kater wollte davon nichts wissen, er sagte: “Eine verstauchte Pfote reicht mir“.
Der Rabe war aber nicht mehr zu bremsen und er las aus dem Buch,:“ Eine Zauberstimme ruft…..Katze flieg jetzt durch die Luft“!
Im gleichen Augenblick flog der Kater gegen die Käfig Tür, der Rabe machte die Tür weit auf und der Kater flog –laut miauend- auf das Gardinenbrett. Hier saß er nun und krallte sich an der Gardine fest.
Der Rabe hüpfte vor Freude im Käfig hin und her, dabei schrie er aus Leibeskräften. Sein dicker Kopf wackelte während er von einem Bein auf das andere sprang.
Die Alte kam,-durch den Lärm aufgeschreckt –in die Stube. Ungläubig sah sie zum Gardinenbrett hoch. Hier saß ihr Kater und er versuchte gerade auf den Kleiderschrank zu fliegen. Das gelang ihm auch. Der Rabe schlug sich die Flügel auf den Bauch und rief,: “Das machst du prima“!
Nun las der Rabe einen anderen Zauberspruch .: „ Katzenhaar und Krötendreck, ich zaubere die Katze weg“!
Im gleichen Moment war der Kater verschwunden, nur sein klägliches Miauen war zu hören, mal kam es vom Schrank, dann vom Gardinenbrett.
Der Rabe schrie immer lauter vor Vergnügen , dabei krächzte er auch wie ein altes Scheunentor.
Die Alte entriss ihm endlich das Zauberbuch und gab es dem Zauberer, der hatte sich inzwischen vom Sturz erholt und rief jetzt ,:“Mein Spruch lässt uns die Katze seh’n, so soll es sofort gescheh’n“!.
Die Alte war voller Freude und so schenkte sie dem Zauberer den Raben.
Im Stillen war sie froh, den Schreihals endlich los zu werden.
Der Zauberer nahm den Raben mit in seine Hütte und lehrte ihn richtig zu lesen.
Wenn er abends in seinem Buch las, saß der Rabe auf seiner Schulter und las ebenfalls in dem Buch und da er sehr gelehrig war, konnte er bald alle Zaubersprüche auswendig.
Eines Abends,-der Zauberer hatte den Raben gerade in einen Spazierstock verwandelt,- klopfte es an der Tür.
Als der Zauberer öffnete, wankte ein junger Bursche ins Haus und bat um Wasser und Brot.
Der Zauberer füllte einen Becher mit Wein und gab noch Brot und Wurst dazu.
Der Bursche schlang alles hastig hinunter, als hätte er lange Zeit nicht mehr gegessen. Dann wischte er sich den Mund am Ärmel seiner Weste ab und erzählte seine Geschichte.
Er war, so berichtete er, viele Jahre als Stallbursche am Hofe des Königs.
Der König hatte auch eine junge Tochter und in die habe er sich verliebt.
Einmal,- als sie im Garten spazieren ging -, habe er ihr seine Liebe gestanden.
Die Prinzessin war zuerst erschreckt, dann aber füllte sich ihr Herz mit Freude, denn sie hatte den Burschen schon oft bemerkt und in ihr Herz geschlossen.
Eines Tages ließ der König mich zu sich rufen und gab mir den Auftrag in die Stadt zu reiten, um dort den besten Hahn den es gibt für den König zu kaufen.
Ich kaufte den Besten und schönsten Hahn den es gab, steckte ihn in einen Sack und ritt zum Schloss. Dort angekommen ging ich zum König, öffnete den Sack und heraus fiel….der Hahn, er war tot.
Der König war außer sich, er schrie, ich wollte dir meine Tochter zur Frau geben, wenn der Hahn auch nur einmal gekräht hätte.
Jetzt sollte ich mich zum Teufel scheren.
So war ich aus Angst und Verzweiflung in den Wald gelaufen, irrte seit Tagen umher, bis ich jetzt endlich das Haus fand.
Der alte Zauberer hatte dem Burschen zugehört, er sagte,: „Das ist schon eine schlimme Sache, ich weiß gar nicht wie ich dir helfen kann“!
In diesem Augenblick musste der Rabe, der immer noch als Spazierstock in der Ecke stand,-nießen. Der Bursche blickte sich erschrocken um, sah aber niemanden. Plötzlich hüpfte der Spazierstock im Zimmer herum und begann laut zu krähen. Der Bursche wollte erschreckt aus dem Haus laufen, doch der Zauberer hielt ihn fest und sagte,: Du brauchst keine Angst zu haben“
Er sprach einen Zauberspruch und der Rabe hatte wieder seine normal Gestalt.
Zeig uns, was du in dem Sack hast, forderte der Zauberer den Burschen auf.
Der bückte sich und schüttelte den Sack aus und heraus fiel der tote Hahn.
Es war ein prächtiger, großer Hahn, mit schwarzen Federn und einen großen, gelben Schnabel.
Der Zauberer sah auf den Hahn , dann auf den Raben. „Der sieht ja genauso aus wie du“ sagte er.
Nun sah sich auch der Rabe den toten Hahn genauer an, erst kniff er das eine Auge zu und blinzelte mit dem Anderen, dann kniff er das andere Auge zu und blinzelte mit dem Einen, schließlich fing er an wie ein richtiger Hahn zu krähen, nur noch viel lauter.
Voller Schreck sprang der Zauberer auf und hielt ihm den Schnabel zu.
Bist du verrückt geworden, du kannst doch mitten in der Nacht nicht solch einen Lärm machen, die Tiere schlafen doch schon alle.
Der Rabe schüttelte trotzig seinen Kopf und meinte….ich kann besser Krähen als jeder andere Hahn.
Staunend hatte der Bursche den Beiden zu gehört, dann sagte er,: „Wenn ich den Raben in den Sack stecke und zum König bringe, der Rabe dann so laut kräht wie eben, dann bekomme ich die Prinzessin zur Frau“.
Der Zauberer überlegte, dann fragte er den Raben, machst du den Spaß mit“?
Der Rabe nickte mit seinen Dicken Kopf, denn für einen Spaß war er immer zu haben.
So geschah es, der Bursche steckte den Raben vorsichtig in den Sack und ging zurück zum Schloss des Königs.
Die Wachen am Tor wollten ihn sofort ergreifen, doch er sagte ihnen, dass er jetzt den richtigen Hahn habe und so ließen sie ihn durch.
Als der König hörte, dass der Hahn wieder lebendig sei, wollte er sofort den Hahn sehen. Aber der Bursche sagte: „Wenn der Hahn wirklich kräht, bekomme ich dann die Prinzessin zur Frau“?
Der König versprach es und ließ seine Tochter rufen.
Als sie den Burschen sah, wollte sie gleich in seine Arme fallen, aber der König rief : “Halt, erst muss der Hahn krähen“!
Als der Rabe das hörte ließ er ein so gewaltiges Krähen hören, dass der König vor Schreck in Ohnmacht fiel.
Als er wieder zu sich kam, bestimmte er….dieser Hahn darf nie mehr in meinem Reich krähen, keiner meiner Untertanen soll so einen Schreck bekommen, wie ich, der König!
Der Stallknecht bekam die Königstochter zur Frau und der Rabe flog wieder zurück zum Zauberer.
Die Beiden haben noch viele Streiche zusammen gemacht, doch es gibt seit jener Zeit keinen Raben, der so krähen kann wie ein Hahn.


© GünterWeschke


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Beschreibung des Autors zu "Der Rabe"

Es ist ein Märchen für Kinder, oder für alle, die noch gern Märchen lesen.
Die Geschichte handelt von einen Raben, dei einige Abenteuer erlebt und sogar das Zaubern erlernt. Viel Spaß

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