Es gibt nichts, das du tun kannst. Wie ein Echo in mir.
Meine Schritte hallen schwer im Treppenhaus. Ich hab, bisher nie bemerkt wie leer es klingt.

Es ist dunkel, wie in einem tiefschwarzen Loch. Vor der Tür ist nichts. Ich gehe raus. Es ist zu viel Stille, über Stunden.
Ich laufe irgendwohin, achte nicht darauf. Es ist mir egal.

Es fühlt sich wund an im Innern und zugleich hohl. Ein monotones Geräusch.
Eine Bahnstrecke. Die Letzten für diesen Tag fahren in die Endhaltestelle. Ich überquere die Schienen. Ein Busfahrer der da allein in seinem Bus sitzt, beobachtet mich. Es wird wohl keiner mehr einsteigen.
Ein schmaler Weg zwischen hohen Zäunen, Stacheldraht oben darauf. Ich stelle mir eine Schlägerei dazwischen vor.
Ein riesiger Parkplatz, komplett leer. Ein intensiver Teergeruch steigt davon auf. Es sieht nicht nach öffentlichem Gelände aus. An den Rändern wölbt sich der Asphalt. Mich hält keiner auf. Kameras scheint es nich zu geben. Man kann zur Vordertür rausspazieren.

Vor dem Gelände ist eine weitere lange Straße. Bereits außerhalb der Stadt, nur Bäume auf beiden Seiten. Eine Schnellstraße parallel oberhalb. Ich wende mich nach rechts. Eine Brücke führt unter der Autobahn durch.
Die Scheinwerfer eines glänzend weißen Wagens streifen mich beiläufig. Mitten auf der Straße sind die Geräusche der Autos von oben so laut, das ich schneller gehe. Als würde jeden Moment ein Fahrzeug ungebremst auf mich zuschnellen. Unter der Brücke hängen eingestaubte Lampen, voll von Spinnweben an der Unterseite der Fahrbahn.
Ein leerer Parkplatz mit geraden Baumreihen, angeordnet in gleichen Abständen, nebeneinander und voreinander, in Quadraten. An jedem Baum steht ein identischer Poller.

Ich erinnere mich an so viele beschissene Details der Umgebung und doch, wusste ich nicht mehr wo ich bin.

Irgendwie kam ich an einen großen See. Es waren Lichter am Ufer gegenüber. In einer Reihe. Ein paar am Ende dieser Reihe bildeten Muster, durch die Spiegelung in der Wasser Oberfläche.
Doch ich konnte ihn nicht umrunden, egal wie weit ich lief. Als ich einen weiteren Weg an einem Zaun erreichte, gingen die Laternen aus. Der Mond wirft ein Schatten auf den Boden. Ich kann nur an dich denken, meine Herrin.
Die Umgebung ist schön, das es einen traurigen Eindruck macht. Und wieder bilde ich mir ein, das sie hier ist. Dreh dich um du Idiot, siehst du hier ist niemand, und ich gehe weiter.

Ich fand nicht da raus. Irrte über ein weiten Platz der ausgestorben war, in der Mitte davon. Dieser Anlage. Mir wurde kalt. Ich zitterte trotz der warmen Luft. Kam auf etwas wie ein verlassenes Festgelände zu. Ein Gebäude mit Rolltoren, Bierzelt davor, Gerüste, Theken. Es stand im Weg. Eine überbreite Sackgasse. Ich hab mich wirklich verlaufen. Dezent peinlich.

Als ich daran vorbei fand, war da noch ein Weg und eine Brücke, die zu einem weiteren Weg und weiteren Brücken über den See führte. Es war komplett unübersichtlich. Ich blieb dort stehen.

Ich habe mir in dem Moment deine Stimme vorgestellt in meinen Ohren. Die ersten Worte. Und wie du fragst, ob es so ist wie meine Fantasie. Und ich antworte, das es mehr ist. Das ich keine Worte finde die Nähe zu beschreiben darin.

Der Schmerz breitet sich in langen hohen Wellen aus, als wäre ich die Senkrechte auf einem Graphen, zwischen positiv und negativ. Ich stehe nur da, und halte es nicht mehr aus. Aber ich kann nichts tun damit du antwortest.
Und doch, bringt es nichts dort zu stehen. Es fängt an zu regnen. Es bleiben wenige Tropfen.
… Ich bin losgegangen, so, als würde ich dich suchen. Es ist oft so. Und ich bildete mir an vielen Stellen ein, du würdest da stehen. Gute Nacht, meine Herrin schreibe ich. Es ist nicht gut formuliert und kommt direkt so heraus.

Ich werd wohl zurückmüssen, denn ich spüre wie es anfängt zu brennen wieder. Meine Haut wirft Blasen. Und gehe wie ein Roboter weiter.

Die Straße dehnt sich auf eine Ewigkeit. Ich bin mir nicht sicher, wie ich hier hingekommen bin. Oder wo das ist. Es gibt keine Straßenschilder, und keine Häuser. Eine gerade Straße, Laternen in regelmäßigen Abständen. Die Müdigkeit drosselt mein Tempo. Irgendwann bekomme ich Rückenschmerzen und stolpere mehr weiter, fange an zu frieren.
Ich sehe über die Schulter. Die Straße ist leer. Vor mir, und hinter mir. Vielleicht sollte ich endlich einsehen, das es schon immer so war

Aber ich will es nicht, und kann es nicht. Für mich ist es absolut ihr Hund zu sein. Mein Handyakku geht zur Neige. Er kratzt, gleich ab. Vielleicht sollte ich das sagen, es erscheint noch wichtig. Ich weiß nicht wo ich bin. Und ein Beweis das es stimmt. Das macht nichts. Du reagierst nicht. Also interessiert es dich nicht. Das ist einfache direkte Logik, denke ich müde…wenn du es um die Uhrzeit denn gelesen hast. Meine Herrin
Mich quält der plötzliche Gedanke, das alle meine Nachrichten ins Nichts gehen. Du sie ignorierst, oder ungelesen löschst. Es dich nervt. Wenn ich nerve, finde ich mich widerlich. Ich will nicht glauben, das alle Worte egal geworden sind.

Gleichgültiges Schweigen, so fühlt sich das an. Wenn nicht das, dann die Mentalität deines Stolzes, wenn das Prinzip ist zu Schweigen. Dein reales Leben, jeder Aspekt davon ist wichtiger. Egal wie sehr ich bettle, wie sehr es wehtut. Oder was sonst noch war. Innerlich sind die Gefühle so hoch geschlagen, das es mich betäubt. Ich will schreien vor Hilflosigkeit und Unverständnis. Warum? Warum denn?! Was habe ich denn falsch gemacht? Was war derart fatal? Fassungslosigkeit, aber ich kann kein Ton von mir geben. WARUM Wie ein Heulen und Jaulen. Schmerz, Traurigkeit... doch das ist ein Gefühl ohne Worte. Eines, das geschrien würde.
Aber es ist dezent armselig. Kein Sinn macht, noch mehr rauszulassen, wo es nicht hilft. Nur Bitterkeit. Ich habe vermutlich gesagt, alles, was ich sagen konnte. Und wahrscheinlich mehrmals und zu viel.
Es bleibt nur übrig stumm zu verzweifeln. Ein Haufen erbärmlicher, lächerlicher Dreck. Ich will nicht das jemand das hört, selbst auf einer leeren Straße nicht. Ich brauche deine Antwort, es zerreißt mich, aber du schweigst. Ich wollte nicht die Fassung verlieren.

Da war diese Brücke wieder. Oder womöglich auch nicht. Mein Kopf fällt fast auf den Boden. Ich setze mich an die Wand. Es ist kalt, noch mehr. Es riecht nach Moder und Staub. Irgendetwas stimmt vielleicht nicht mit mir, hab ich in dem Moment gedacht. Ist ja eine frühe Erkenntnis dann.
Wenn man jemanden vermisst, den man nie getroffen hat. Wie kann es dann derart sich anfühlen. Ich brenne, mir hat jemand ein riesiges Breitschwert durch den Oberkörper gerammt, so wie man ein Insekt aufspießt. Nur wesentlich bleibt, das ich ihr mein Herz geschenkt habe, meine Herrin.
Das einzige Schild ist für eine Autobahnauffahrt. Aber es ist dezent zu kalt um darunter zu schlafen. Ich bin äußerlich nur gewankt. Aber wenn ich es erzählen sollte, würde kriechen wohl besser treffen. Wie halb blind und müde mit schmerzenden Beinen. Und weiter nichts.

Es passierte nichts. Letztlich bekam ich kein allergischen Schock, und auch die Polizei oder dergleichen hielt mich nicht an. So ein scheiß passiert nur in Filmen. Die Realität ist unspektakulär. Meine Gedanken sind langsamer. Es wird hell. Meine Augen werden starr und trocken. Ich bin unfassbar müde. Also warum, wozu war das gut so weit rauszugehen. Eine Antwort ist dort nicht zu finden.

Eine Parkbank. Das funktioniert auch nicht. Ein Pfahl einer Straßenlaterne steht im Weg. Ein Müllcontainer lehne ich mich gegen. Eine Wahl habe ich bei alledem nicht.
Die Stadt erwacht. Ein Surren, und ein Auto fährt vorbei. Die Laternen gehen aus. Da war die Haustür. Das Licht im Flur geht von selbst. Der Schlüssel nicht. Der Fahrstuhl ist kaputt. Die Treppe rauf. Die scharfen Kanten der Stufen in meinen Schienbeinen. Ich komme im Flur auf dem Boden an. Der ist gleich wie der im Schlafzimmer.
Ich will schlafen. So lange wie es möglich ist, und nicht mehr aufwachen. Ich will nicht entscheiden oder denken, nichts realisieren. Mich nicht schämen. Ich will nicht mehr aufwachen. Der Traum ist zu schön dafür. Du bist es.


© D.M.


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Kommentare zu "Ohne Worte"

Re: Ohne Worte

Autor: Angélique Duvier   Datum: 16.03.2022 13:33 Uhr

Kommentar: Lieber namenloser Schreiber, Dein Schreibstil ist gut und Deine Geschichte gefällt mir, sie hat auch die richtige Länge für eine ideale Kurzgeschichte.

Liebe Grüße,

Angélique

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