Nervös verlagerte ich immer wieder mein Körpergewicht vom rechten auf das linke Bein und zurück. In wenigen Augenblicken würden wir uns treffen. Ich hatte das Gefühl dass es der einzige Moment an diesem Abend war auf welchen ich mich freute.

Als er endlich über die Veranda auf mich zukam, spürte ich eine Woge der Erleichterung durch meinen Körper wandern, obgleich das Gefühl nicht wirklich angenehm war.

Langsam kam er zu mir während ich die warmen Strahlen der Nachmittagssonne auf meiner Haut spürte.

"Das sieht sehr schön aus" sagte er, doch fühlte ich mich bei seinen Worten alles andere als geschmeichelt und schüttelte deswegen als Antwort den Kopf. "Finde ich nicht" sagte ich, während er mir seinen Arm hinhielt und ich mich bei ihm einhackte.

Zusammen gingen wir über die Veranda in einen der Speisesäale des Schlosses. Bei diesem handelte es sich zwar um einen der kleineren Räume in welchem die täglichen Mahlzeiten eingenommen werden konnten, doch gefiel dieser hier mir deutlich besser als einer der prunkvolleren.

Für die 30 verschiedenen Gerichte, welche auf einem langen Tisch an der Seite des Raumes aufgestellt waren, hatte ich keinen Blick, statt dessen nahm ich einfach an einem der beiden Stühle, welche an einem Tisch in der Mitte des Raumes gestellt waren, platz.

Er hingegen war mein genaues Gegenteil und ging zu dem langen Tisch an der Seite, nahm sich zwei Teller und verteilte, gebratenes Gemüse, Fleisch, sowie je 2 Scheiben weißes Brot auf ihnen und kam wieder zu mir.

Eine ganze Weile blicke ich nur auf das Essen und obwohl mir mein Magen sagte dass ich etwas essen musste, rührte ich zunächst nichts an.

"Danke" sagte ich schließlich doch, bevor ich vorsichtig nach dem Besteck griff "Es ist ein wirklich schöner...Abend." Ich umschiffte das Wort letzter großzügig, ich wollte meine Gedanken nicht noch drüber machen, als sie ohnehin im Moment schon waren.

"Ein paar Stunden hast du noch" anwtortete er und lächelte. Ich lächelte ebenfalls.

"Ein paar Stunden" wiederholte ich leise "Und dann?"

"Ich glaube nicht dass euch irgend jemand finden wird" antwortete er "Der Ort liegt tief im Wald."

"Tief im Wald" wiederholte ich, bevor ich mich wieder meiner Mahlzeit wittmete, für deren restlichen Verlauf ich schwieg. Es fiel mir sehr schwer mich mit dem Gedanken anzufreunden dass ich bald sterben würde. Im Gegensetz zu mir jedoch schon ihm dieser Gedanke sogar etwas zu gefallen.

Ich wusste weshalb er es tun würde und dass es für mich keinen anderen Weg gab außer ihm zu folgen.


Meine Augen wanderten durch mein Zimmer welches durch die Strahlen der tief stehenden Abendsonne in rötliches Licht getaucht wurde. Hier war mein Reich. Ich besaß alles. Von unzähligen Kleidern bis hin zu Schmuck welcher eine komplette Truhe einnahm. Doch dies alles...war mir nichts wehrt. Zumindest nicht mehr seid ich ihn kannte.

An diesem Abend würden wir uns treffen, doch wusste ich dass es kein gewöhnliches Treffen war. Ich kroch aus meinem edlen Gewand, welches in tief blauer Farbe gehalten war, legte mein Diadem ab, und zog ein schlichtes, cremfarbenes Kleid an. Danach hingte ich mir eine einfache silberne, Kette um den Hals, bevor ich mich auf den Weg aus meinem Zimmer machte.

In diesem Moment ließ nichts an mir meine hohe Stellung erahnen, was ich auch ganz gut fand.

Mein Zimmer befand sich im obersten Stock des westlichen Schlossflügels, um ins Erdgeschoss zu gelangen musste ich nur eine einfache Wendeltreppe hinunter gehen, über deren flache Stufen ich nach unten auf eine überdachte Terrasse gelangte.

Dort wartete er. Als ich die letzte Stufe hinter mich gelassen hatte, drehte er sich langsam zu mich herum uhd lächelte, obwohl ich auch meinte einen leichten Ausdruck der Verwunderung in seinem Gesicht ausmachen zu können.

Langsam streckte er mir seine rechte Hand entgegen und ich nahm sie. Doch führte er mich nicht von der Terasse herunter sondern zog mich eng an seinen Körper, so dass ich mein Gesicht an seine Brust drücken konnte, doch merkte ich in diesem Moment auch dass mir stärker zum weinen zumute war als ich dachte, ich konnte meinen Tränen nicht zurück halten.

"Überlegte es dir noch mal...bitte" sagte ich, danach brach meine Stimme ab.

"Es tut mir leid..." antwortete er "... aber nach gestern Abend nicht mehr. Meine Entscheidung steht."

Entscheidung. Das Wort beherrschte für die nächsten Augenblicke meine Gedanken, bevor sie sich wieder ihm zuwandten.

Am liebsten würde ich den gestrigen Abend aus meinen Erinnerungen verbannen, doch es ging nicht. Zunächst wusste ich nicht weshalb er es getan hatte, doch nach dem es geschehen war hatte er mir alles erzählt.

Er hob mich hoch, so dass ich sicher in seinen Armen lag, anschließend ging er mit mir durch den kleinen Garten, welcher gleich an die Terrasse angrenzte hindurch und verließ mit mir danach, durch einen unbewachten Seitenausgang, das Gelände des königlichen Palastes.

Einem Palast welcher für mich, Zeit meines Lebens, nicht viel mehr war als ein goldener Käfig.

Doch wusste ich dass ich jetzt nur noch nach vorne sehen konnte. Ich musste einfach versuchen mich auf Ihn, zu konzentrieren, dabei war mir der Geruch, welcher von jeder Pore, in meine Richtung ströhmte eine große Hilfe. Ich sog den Duft Atemzug für Atemzug ein und merkte dabei wie ich Innerlich langsam zur Ruhe kam.

ich durfte einfach nicht zurück sehen, sondern musste mich auf das konzentrieren was vor mir lag obwohl es nicht viel mehr war als die Dunkelheit des nahen Waldes sowie...der Tod.


Wie undurchsichtige Schleier umhüllten die Nebel die Bäume des Waldes und machten einen tieferen Blick in diesen unmöglich. Doch ich selber achtete nicht darauf. Mein Blick und meine Gedanken waren nur auf ihn gerichtet. Nur sein Gesicht, sein muskulöser Körper, seine Augen, sein Herzschlag. Dies war alles was für mich zählte.

Er hielt mich in seinen starken Armen während wir er über den steinigen Weg immer tiefer in die Dunkelheit des Waldes hinein ging. Er schien zu wissen wo er mit mir hin wollte.
Es war bereits spät und mein Kopf war an seine Schulter gesunken, während sich meine Lider schlossen und ich hinab in einen leichten, traumlosen Schlaf hinabsank.

Am Anfang hielt ich das alles noch für verrückt: Eine Prinzessin, welche sich in ihren Leibwächter verliebte. Doch zu diesem Zeitpunkt kannte ich sein kleines Geheimnis noch nicht.
Ein Geheimnis mit dem er mich von dem Moment an in seinen Bann gezogen hatte, an dem ich ihn das erste Mal sah.

Dieser Bann wirkte in diesem Moment hier zwischen den Bäumen stärker den je und es gab für mich keine Möglichkeit ihm zu entrinnen. Ein ums andere mal hatte ich es probiert und war immer wieder kläglich dabei gescheitert. Wie lächerlich sich dies für ihn, der alle Fäden der Macht über mich in seinen Händen hielt, angefühlt haben musste.

Ich fühlte mich wie ein Schmetterling welcher sich im riesigen Netz einer Spinne verheddert hatte und für den es kein Entkommen mehr gab.


Hier zwischen den Bäumen war dies so oder so aussichtslos.

Wobei es in seinem Fall wohl eher so war dass der Schmetterling mehr oder weniger freiwillig in das Netz flog, nur um wenigstens einmal so etwas wie Freiheit, erleben zu dürfen.

Eine Freiheit welche es in meinem Leben bislang nicht gegeben hatte und die sich jetzt hier zwischen den Bäumen in einem warmen, angenehmen Gefühl an meinem ganzen Körper äußerte. Dass sich solche grundverschiedenen Dinge wie Freiheit und Gefangenschaft, zusammen tun konnten, nur um meinen Körper mit einem so schönen Gefühl zu durchfluten, war mir bislang unbekannt gewesen.

Doch es fühlte sich derart angenehm an, dass ich es nicht einmal in Erwägung zog zu entfliehen.

Nur im Traum wollte ich den Versuch wagen, aus seinen Armen entkommen und zurück in die Welt fliehen, aus welcher er mich entführte.
Obwohl es für mich wohl er eine Befreiung war. Weg vom strengen Zeremoniell des Hofes und meinem Vater. Weg von der Pflicht ihm andauernd zu gefallen und eines Tages seine Erwartung zu erfühlen und seine Krone zu erben.
Eingesperrt in dem gleichen goldenen Käfig, in welchem ich bereits seid meiner Geburt lebte.

Bis zu jenem Tag an dem Er am Hof erschien. Mein Vater meinte dass es wohl das Beste war, wenn er mir als Leibwächter diente. Wahrscheinlich wurde er ebenfalls von ihm in seinen Bann gezogen, wenn auch nicht so stark wie bei mir.

Um so länger er die Position meines Leibwächters innehatte, um so mehr verfiel ich seinem Duft, seinen Augen, seinem Körper, seinem... Bann.

Und eben jener Bann war es, welcher mich in seine Arme gebracht und nun zu seiner willen-und wehrlosen Beute machte.

Wobei mir dies aber auch mehr wie ein Segen vorkam. Wie ein erlösender Regenguss nach einer langen Trockenzeit.

Aber anders wie ein Bauer, welcher genau wusste dass nach dem Regen irgend wann wieder eine Dürre einsetzen würde, war ich mir im Klaren dass es für MICH keine nächste Trockenzeit gab.

Bei diesem Gedanken schlug mein Herz zwar etwas schneller, doch achtete ich nicht darauf. Ich gab mich einfach ihm hin, ganz gleich was auch geschehen würde.

Nein. Eine zweite Trockenzeit würde ich nicht mehr erleben, genau so wenig wie... den nächsten Sonnenaufgang.

„Wir sind da, euer Hoheit" sagte er plötzlich und vollkommen ruhig. Ich blickte auf und sah mich um. Zunächst nahmen meine Augen nur den vertrauten Anblick der Bäume war, welcher sich jedoch binnen weniger Sekunden änderte.

Genau vor mir stand eine, aus einem einzigen, dicken Baumstamm geschnitzte, Bank und ein Tisch.
Doch neben diesem erkannte ich eine frisch ausgehobene Grube.

Vorsichtig setzte er mich auf der Bank ab. „Das war geplant...oder?" fragte ich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Seid ich euch das erste Mal sah" antwortete er und lächelte.

Mein Blick wanderte zu der Grube, in welche mein schlanker Körper so genau hineinpasste, wie in mein Bett.

Meine rechte Hand suchte nach der schlichten, silbernen Kette, welche ich um meinen Hals trug. Ich streifte sie ab und legte sie neben mich. „Bitte gebe sie meinem Vater" sagte ich, während mein Blick von der Kette wieder zu seinem Gesicht wanderte. „Und sage ihm dass ich jetzt freier bin, als ich es bei ihm jemals war."
„Sehr gerne Hoheit" antwortete er. Ich schloss meine Augen und zählte die Sekunden bis es geschah. Eine Sekunde, zwei Sekunden, ...drei Sekunden. Weiter... kam ich nicht.

...


© koto7001


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Beschreibung des Autors zu "Dunkles Herz 1 Sicht der Prinzessin"

Nervös verlagerte ich immer wieder mein Körpergewicht vom rechten auf das linke Bein und zurück. In wenigen Augenblicken würden wir uns treffen. Ich hatte das Gefühl dass es der einzige Moment an diesem Abend war auf welchen ich mich freute.




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