Die Idee spukte meinen Freunden und mir schon lange im Kopf herum.Was hatten wir nicht schon alles gehört von der zu Frankreich gehörenden "Ilê de beauté".
Immer wieder erzählten uns befreundete Motorradfahrer von der faszinierenden Insel der 10000 Kurven.An langen Lagerfeuerabenden und zu fortgeschrittener Stunde wurde das korsische Meer immer blauer,die Landschaft immer spektakulärer und am Interessantesten,die Kurven immer kurviger.Der Traum eines jeden Motorradlers schien auf dieser sagenumwobenen Insel Wahrheit zu werden.
Wir wollten uns als alte Praktiker natürlich selbst und vor Ort davon überzeugen,ob da in den Beschreibungen bezüglich der Schönheit nicht einfach maßlos übertrieben wurde.Beschlossen und in die Tat umgesetzt,alles noch im selben Jahr.Soviel vorweg,wir wurden nicht enttäuscht,eher im Gegenteil,für uns ist Korsika seither einfach "die Schönste".
Planung,außer dem für alle passenden Zeitraum,brauchte es nicht viel und so machten sich an einem Morgen Anfang September fünf Freunde auf den Weg in Richtung Süden.Mit dabei waren diesmal Rolf,Abdul,Markus,der "Dicke" und meine Wenigkeit.
Die dreitägige Anfahrt zu unserem Fährhafen in Livorno gestaltete sich auf unzähligen kurvigen Nebensträßchen und wunderbar einsamen"wilden"Übernachtungsplätzchen ausgesprochen kurzweilig.
Die Spannung stieg mit jedem Kilometer,dem wir dem Mittelmeer näher kamen.Tränen gab es am Hafen bei der Abfahrt denn der "Dicke"hatte keinen Urlaub bekommen und musste umkehren.Wie schwer ihm das gefallen sein muß,zeigt die Tatsache,dass er,als er uns am Horizont entschwinden sah,beschloß,in einem Rutsch über die Nacht nach Hause zu fahren.In den Morgenstunden des nächsten Tages traf er total übermüdet und frustriert, aber unversehrt dort ein.
Der Rest der Truppe ließ es sich auf der mehrstündigen Überfahrt bei bestem Wetter gutgehen und leerte gutgelaunt und in Vorfreude den restlichen Biervorrat.
Da bei den hohen Temperaturen Südseefeeling aufkam,wurde die Lust auf einen Campari Orange immer größer.Da diese beiden Getränke aber nicht auf unserer Packliste standen,erklärte sich Rolf spontan bereit,diese im schiffseigenen Duty Free Shop zu besorgen.
Es war wie gesagt sehr warm,wir lagerten in weiser Voraussicht getrennt von den anderen Passagieren in einer versteckten Ecke an Deck im Schatten,nur mit Unterwäsche bekleidet.Die verschwitzten Motorradklamotten sowie die mit einer Salzkante versehenen Socken lagen trocknend über die Reling gehängt.
Als Rolf aufstand um seines Amtes zu walten,wurden wir drei anderen wieder einmal Zeugen eines Schauspiels,wie nur Rolf es in seiner ureigenen Art zelebrieren kann.
Gedresst in weißer,weit hochgezogener Feinrippunterhose,das ebensolche Hemd in die Hose eingebracht,mit Motorradstiefeln an den Füßen,marschierte er seelenruhig davon.
Ungläubige und staunende Blicke der Mitreisenden folgten ihm auf seinem Weg in Richtung Shop.Selbst für uns,denen er in dieser Richtung im Laufe der Jahre schon einiges zugemutet hatte,war dieser Auftritt ein absolutes Highlight.
Das Beste aber war,dass er nicht,wie vermutet,mit leeren Händen zurückkam.Der Verkäufer war,wie Rolf später erzählte,wohl von seinem Anblick total geschockt und hatte ihn schnellstens, um seine Abreise zu beschleunigen,vor allen anderen Kunden bedient.
Mit einem leichten Schwips rollten wir daher einige Zeit später von Bord und auf dem kürzesten Weg in Richtung des nächsten Campingplatzes.
Wir hatten uns im Vorfeld der Tour noch ein paar Besonderheiten ausgedacht.Es galt in diesen drei Wochen auch drei Regeln einzuhalten.
1.Regel:In der gesamten Zeit des Urlaubs nur ein einziges sogenanntes Fahr-T-Shirt zu tragen Dieses durfte auch nicht gewaschen werden.
2.Regel:Immer und überall nackt zu baden
3.Regel:Die ganze Zeit über draußen zu schlafen,unabhängig von der jedweder Witterung.
Das mitgeführte Zelt sollte dabei nur als schnöde Abstellkammer für unser Hab und Gut fungieren.
Strafen waren nicht vorgesehen falls man eine Regel brach,es war einfach eine Frage der Ehre diese zu befolgen.Man wollte ja auch schließlich nicht von seinen Freunden als Weichei bezeichnet werden.
Die 1.Regel wurde von allen Teilnehmern,trotz der bisweilen sehr warmen Witterung,strikt eingehalten.Ich erspare dem sich an dieser Stelle zurecht die Nase rümpfenden Leser,olfaktorische Einzelheiten zu beschreiben.
Die 2.Regel war ebenfalls auf der ganzen Reise kein Problem,eher im Gegenteil schien den meisten Leuten,die sich das Schauspiel ansehen durften,dieses sogar zu gefallen.
Ob bei der Hinfahrt am Gardasee,an den Stränden des Mittelmeers oder den genialen Flüßchen im korsischen Hinterland,nie hatte sich jemand darüber beschwert.
Vielleicht lag es daran,dass wir damals ,Anfang zwanzig,noch richtig knackig daher kamen.
Die 3.Regel wurde von fast allen befolgt, mit einer unrühmlichen Ausnahme.Ich,der diese persönlich und unter einigem Protest meiner Mitreisenden aufgestellt hatte,brach sie am zehnten Tag der Reise.
Wir hatten uns für ein paar Tage auf einem Campingplatz mit wunderbaren,alten,schattenspendenden Bäumen in Galeria an der traumhaften korsischen Westküste eingerichtet,um von dort aus Tagestouren in die nähere Umgebung zu unternehmen.
Der Tag kam an dem wir beschlossen,unseren von den Sitzbänken malträtierten Hinterteilen,eine Pause zu gönnen.Der zehnte Tag war ideal dafür geeignet,denn es regnete den ganzen Tag in Bindfäden.
Unsere Zuflucht bei diesem ungemütlichen und auch untypischen Wetter war die kleine Bar am Eingang des Platzes,ein Treffpunkt für den ganzen Ort.Polizisten,Handwerker,Rentner und viele andere teils skurrile Gestalten gaben sich hier ein Stelldichein.
Bei einem Café au lait,einem Vin Rouge oder auch dem einen oder anderen Pastis wurden lautstark die neuesten Neuigkeiten ausgetauscht.
Unsere ebenfalls muntere Truppe mischte in wechselnder Besetzung den ganzen Tag über nach Kräften mit.
Eine um die andere Rotweinflasche wurde geleert und durch eine neue ersetzt,wobei ich derjenige war,der für sich beschlossen hatte "einfach nur hier sitzen"zu wollen und das aber bitteschön den ganzen Tag.
Meine Freunde hatten aber noch andere Dinge im Kopf,wie am Moped zu schrauben,baden zu gehen oder ein Schläfchen zu machen.Alleine war ich allerdings nie,sie kamen und gingen um mir im Wechsel Gesellschaft zu leisten.
Spät am Nachmittag wankte ich dann deutlich wein- und pastislastig zurück zum Zelt,um mir meinen alten,damals aber topmodernen,Sony Walkman zu holen.
Für Uneingeweihte:Das war eine Art analoger MP3-Vorgänger, der mit sogenannten Cassetten funktionierte.Eine Sensation für alle Musikliebhaber, denn einen solchen satten,bassigen Sound aus den Kopfhörern hatte man in dieser Zeit solch einem kleinen Apparat niemals zugetraut.
Unbeeindruckt vom weiter anhaltenden Dauernieseln legte ich mich dann längs auf meine gute alte 750er Honda.Mit dem Hinterkopf auf dem Lenker und den Instrumenten,den Beinen ausgestreckt auf dem Gepäckträger,hatte ich schon öfters ein Nickerchen abgehalten.Dies ist übrigens gar nicht einmal so unbequem wie es sich vielleicht anhören mag.Dazu hatte ich an diesem Tag natürlich auch eine gewisse"Bettschwere".
Den Lautstärkeregler auf Stufe 10 aufgedreht,meine Lieblingsband "Ramones" mit ihrem grandiosen "It's alive"Album auf den Ohren vergaß ich die Zeit,die Welt um mich herum und natürlich auch den Regen.
Irgenwann vernahm ich ein hässliches Quietschen und der gute alte Sony verabschiedete sich in den Ruhestand.
Natürlich waren es nicht,wie von mir vermutet,die Batterien,die für das plötzliche Ende sorgten,sondern das eindringende Wasser hatte diesem eigentlich fast unzerstörbaren Prachtstück japanischer Elektronikkunst seiner Lebensgeister beraubt.
Vor lauter Frust und Zorn,es dämmerte auch bereits,beging ich den kapitalen Fehler,welcher mich die 3.Regel brechen ließ.
Meine Kumpels trotzten dem Regen weiterhin feuchtfröhlich in der Bar,hatten mich darüber wohl vergessen und konnten mich somit auch nicht davon abhalten ins Zelt zu legen und selig einzuschlafen.
Am nächsten Morgen,es nieselte weiter vom steingrauen Himmel,erwachte ich mit dickem Kopf und was noch viel schlimmer war,mutterseelenallein im Zelt.
Ich hatte versagt,das konnte doch einfach nicht wahr sein.Wo aber waren meine Freunde?Die konnten doch beim dem Schmuddelweter unmöglich im Freien übernachtet haben?Ein scheuer Blick nach draußen bestätigte mir diese Annahme.
Misslaunig und mit einem üblen Geschmack im Mund suchte ich zuallererst meinen Sony und fand ihn im Regen auf der Sitzbank der Honda liegend.
Die Hoffnung schwindet bekanntlich zuletzt und so öffnete ich das Cassettenfach und leerte das sich darin befindliche Nass aus.Diese Aktion,wie die auch in den Tagen darauf mehrfach abgehaltenen Sonnenbäder,konnten das gute Stück aber nicht wieder dazu überreden das zu tun,für was es eigentlich hergestellt wurde,nämlich Musik zuverlässig abzuspielen.Ein Jammer.
Auf der Suche nach meinen Freunden begegneten mir allerlei andere Campinggäste,welche ich größtenteils nicht kannte,die mich aber allesamt seltsam wissend angrinsten.
Als dann noch die nette deutsche Zeltnachbarin meinen lautstarken Gesang vom gestrigen Nachmittag lobte,war mir alles klar.Peinlich,peinlich,wieder einmal.Zumindest das konnte ich immer schon sehr gut.
Letztendlich fand ich meine Kameraden dann doch noch.Sie lagerten mit ihren Isomatten und Schlafsäcken friedlich dösend unter dem Vordach des Toilettenhäuschens,ohne sich von dem morgendlichen Treiben der anderen Campinggäste,sowie den lauten WC-Geräuschen stören zu lassen.
Hauptsache nicht im Zelt geschlafen...


© Troubadix


1 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher


Beschreibung des Autors zu "Drei Wochen Korsika Teil 1(CG10)---Hinweis:Bitte auf die Überschrift tippen,Button''weiterlesen funktioniert nicht---"

Teil der Campinggeschichten (CG) des Autors

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Drei Wochen Korsika Teil 1(CG10)---Hinweis:Bitte auf die Überschrift tippen,Button''weiterlesen funktioniert nicht---"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Drei Wochen Korsika Teil 1(CG10)---Hinweis:Bitte auf die Überschrift tippen,Button''weiterlesen funktioniert nicht---"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.