Auf einer Frühsommermotorradtour mit sechs Freunden in den Vogesen,der französischen Variante des Schwarzwalds,landeten wir eines Abends mehr oder weniger zufällig auf eben jenem Campingplatz.Ein vergilbtes,hölzernes Hinweisschild an einer Einmündung wies uns den Weg.
Am Ende dessen angekommen,brachen wir alle spontan in Gelächter aus.Das sollte ein Campingplatz sein?
Wir mutmassten ,dass die Bezeichnung " Million" sich bestimmt auf den Sternenhimmel beziehen mußte,welcher sich in den Vogesen selten ,aber ab und zu doch zu des Nächtens einmal zeigte.Meist war und ist das Wetter in dieser Region nämlich,im Gegensatz zum nahen Rheintal,eher von der bescheidenen Sorte.
Im Schrittempo enterten wir mit den Mopeds den menschenleeren Platz und sahen ihn das erste Mal.Den"Alten".Ein echtes französisches Original stand vor uns.
"A Hutzelmännle"würde der Schwabe vielleicht sagen,sollte er ihn mit wenigen Worten beschreiben müssen.Da das aber nicht jeder versteht, folgt nun eine etwas detalliertere Erläuterung:
Ein älterer Herr in abgewetzter Arbeitskleidung,grob geschätzt um die siebzig Jahre alt,nicht sehr groß,dünn,leicht gebückt gehend und mit nicht sehr vielen Zähnen im eine Gauloise beherbergenden Mund.
Dazu ein verschmitztes Lächeln im wettergegerbt faltigen Gesicht.Monsieur Million(so hieß er tatsächlich), der "Alte".
Der Platz selbst machte auch bei wohlwollender Betrachtung nicht viel her.Ein angejahrtes Bauernhaus, in dem er mit seiner Familie lebte.Dazu ein uraltes,winziges Toilettenhäuschen mit einer Münzdusche und ein paar in der Landschaft,sprich Wiese, versprenkelten,alten Wohnwägen,von denen man nicht wußte,ob sie noch bewohnt wurden.Zumindest sahen wir niemanden an diesem Tag.Das war's.
Einen riesigen Pluspunkt gab es aber von uns für die Tatsache,dass man überall auf dem Platz ein offenes Feuer machen durfte.Holz gab es dazu gratis und in unbegrenzter Menge im angrenzenden Wald,nur ein paar Schritte entfernt.Perfekt also für unsere lagerfeuersüchtige Truppe.
Da es an diesem Tag sowieso schon zu spät war,um noch auf die Suche nach einem anderen Platz zu gehen,blieben wir.
Letztendlich blieben wir lange.Sehr lange.Viele Jahre.Ok, nicht am Stück aber wir kamen in verschiedenen Konstellationen immer wieder.Der "Alte", zumindest als Zwischenstop eingebaut,war immer ein Muß,reiste man im schönen Nachbarland umher.
Laut der Preisliste,ein verblichener Zettel an einer Holztafel angebracht,sollte eine Übernachtung pro Person einen satten Euro kosten.
Darunter hing ein weiterer Zettel auf dem "Truites fraiches"(frische Forellen)angeboten wurden.Das hörte sich gut an und so bestellten wir sechs der Schuppentiere beim "Alten".Er meinte nicht versprechen zu können,wie groß diese sein würden,eine Aussage mit der wir erstmal wenig anfangen konnten,schnappte sich seine Angel,steckte sich eine Gauloise in den Mund und ging pfeifend seines Weges.
Genauer gesagt schlenderte er gemächlich zu einem Minisee,eher ein Tümpel,der nur ein paar wenige Gehminuten vom Platz entfernt lag.
Ungefahr eine Stunde später hatten wir unsere unterschiedlich großen,fangfrischen Forellen auf dem Grill.Netterweise hatte er sie für uns auch noch ausgenommen.
Mr.Million,eine unglaubliche Type,wir hatten ihn sofort ins Herz geschlossen.
Sofort nach unserer heimatlichen Rückkehr,starteten wir unter unseren Freunden eine Webekampagne pro "Million".Ergebnis war,dass dieser Campingplatz dazu auserkoren wurde,uns für letztendlich mehr als zehn Jahre an den Pfingstwochenden beherbergen zu dürfen.
Für unsere sympatische,aber auch leicht chaotische Partytruppe der ideale Platz,denn es störte dort über all die Jahre niemanden,dass wir "etwas"lauter agierten als andere Gäste.
Dies konnten wir nämlich schon immer hervorragend.Oft in Form von lauter,vielstimmiger gesanglicher Gitarrenbegleitung am Lagerfeuer,gerne auch bis in die Morgenstunden andauernd.
Das Beste aber kam immer zum Schluß unseres Aufenthaltes.
Die Gestaltung der monetären Abrechnung überließ uns Mr.Million wie selbstverständlich ab dem dritten Jahr.
Da wir oft weit über zwanzig Personen waren,die dann zu unterschiedlichsten Zeiten an-bzw.abreisten,Zelt,Wohnwagen oder Bulli ihr Eigen nannten,Kinder oder auch keine dabei hatten usw.usw.war das Ganze hochkompliziert.
Er vertraute uns und so saßen mein Freund Wolfi und meine Wenigkeit am Abreisetag,nach langer und feuchter vorabendlicher Lagerfeuersitzung,mit meist schweren Köpfen über der auch für uns nicht leichten Abrechnung.
Selbst Wolfi,seines Zeichens immerhin Professor in Maschinenbau
, kam dabei ordentlich ins Schwitzen.Man wollte ja keinen Fehler machen.
Der "Alte" hat übrigens in all den Jahren nicht einmal nachgerechnet und wir im Gegenzug aber den Betrag immer großzügig aufgerundet.
Leider wurde der Platz irgendwann an den in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Betreiber eines Steinbruchs,welcher räumlich expandieren wollte,verkauft.
Eine Ära ging somit auch für uns leider zu Ende.Der"Alte" hatte das nicht mehr mitbekommen,er starb schon einige Jahre vorher.
Sein Sohn,der von uns sinnigerweise " junger Alter"genannt wurde,führte nach dem Tod seines Vaters den Platz in alter Tradition weiter.
Das heißt es änderte sich nichts,was uns aber sehr entgegen kam.Man mußte halt weiter gewisse Abstriche machen, was den Komfort generell gesehen anging.
Auch der junge Mr.Million hatte seine Freude daran,wenn unsere bunte Truppe,nach einer kurzen telefonischen Anmeldung einige Tage vorher ( " Ca va,comme chaque année?""Oui,ca va,pas de problème"),am Pfingstwochenende auf seinem Campingplatz einfiel.
Meist lag dann auch schon ein großer Stapel Brennholz aus dem Wald für unser erwartetes Lagerfeuer auf der "Kuhwiese",wie wir sie nannten.Die normalerweise dort grasenden Paarhufer wurden für die Zeit unseres Aufenthaltes kurzerhand ausquartiert.
Leider vergaßen diese ein Jahr ums andere ihre fladenähnlichen Hinterlassenschaften vor unserer Anreise wegzuräumen.Der Duft,welcher immer über der Wiese hing,gehörte deshalb ganz einfach dazu.
Unsere Clique hatte über all die Jahre so wunderbare Erlebnisse auf dem Platz ,später auch mit einer stattlichen Kinderanzahl im Schlepptau,die keiner meiner Freunde und so auch ich jemals vergessen werden.
Merci pur tout,famille Million.


© Troubadix


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