Ich will ehrlicherweise vorausschicken,dass die folgende Geschichte, zeitlich gesehen ,irgendwo zwischen den bisher geschilderten Erlebnissen eingeordnet werden müßte.
Von der Dramaturgie her betrachtet, passt sie aber viel besser an diese Stelle.
Denn ich gehe jetzt einfach mal davon aus,dass der geneigte Leser aufgrund meiner außerordentlichen,wassertechnischen Pechsträhne doch so etwas wie Mitleid mit den armen Autor entwickelt hat?
Aber natürlich passierte es in diesen Tagen auch,dass nicht immer nur ich der Pechvogel war,welcher das Unglück magisch anzog.Dieses Mal traf es meinen Freund Jupp nebst Freundin Ulle.
Jupp und ich planten ,beide damals Anfang zwanzig,einen Motorradtrip nach Südfrankreich ans Mittelmeer.
Die hauptsächliche Herausforderung bestand darin ,dass wir beide eine Freundin,seine Ulle und meine Eva,mit an Bord hatten,welche in die Urlaubsplanung mit einbezogen werden mussten.
Letztendlich wurde die ganze Sache aber doch eher von den beiden Frauen organisiert,wie man anhand der folgenden Zeilen leicht erkennen kann.
Urlaube mit Frauen unterlagen gänzlich anderen Kriterien als solche mit den Chaos-Kumpels aus der Clique.Da ging es in erster Linie darum,soviel Bier wie irgend möglich auf dem Zweirad verstaut zu bekommen.
Der legendäre "Elefantenboy",ein Tankrucksack der schwäbischen Marke Harro ,war damals unter Motorradreisenden ein unverzichtbares Utensil.
Werkzeug,Regenkombi und einige Büchsen Dosenwurst im unteren ,sowie,kein Scherz,20x0,5l Dosenbier im geräumigen oberen Staufach.Bis in den letzten Winkel also sinnvoll bepackt.
Das war das Wichtigste,alles andere dagegen Nebensache.
Uns beiden Jungs wurde von den Damen unmissverständlich klar gemacht,dass es dieses Mal anders sein würde.
Beruhigenderweise fiel uns bei einem Frustbier wieder ein ,dass Frankreich ja das "Vin rouge Land"ist.Die 5l Kanister "Vin de pays"kannten wir schon als treue Begleiter von früheren Aufenthalten.Sie waren ausreichend " motorisiert"(ca 12,5%), taten daher brav was sie tun sollten und waren in jedem Supermarché für kleines Geld zu haben.Dazu auch bei Genuß eines Gläschens zuviel magentechnisch sehr bekömmlich.Der folgende Tag war dann wenigstens nicht komplett im Eimer.
Aufgrund dessen waren Unmengen an Platz frei für die diversen Utensilien von Ulle und Eva.Wir wunderten uns damals schon, was die beiden im Gegensatz zu uns für unentbehrlich wichtig erachteten.
Einfach losfahren und schauen wo man abends landet,ging in diesem Fall natürlich auch nicht.Ein richtiger Ablaufplan sollte erstellt werden.So erzielten Jupp und ich nach zähem Ringen mit den Damen einen Kompromiss.
Der sah vor,dass wir zwei Jungs von den drei anvisierten Urlaubswochen eine nach unserem Geschmack gestalten durften(!),die restlichen beiden sollten,zu meinem Entsetzen,am Strand mit mehr oder weniger Nichtstun verbracht werden.
Da Jupp im Gegensatz zu mir nichts daran auszusetzen hatte,galt dieses Arrangement somit als beschlossene Sache.Für mich,der die drei Wochen am liebsten komplett auf kurvigen Sträßchen unterwegs gewesen wäre,eine eher unbefriedigende Lösung.Aber da wir ja in einer Demokratie leben,musste ich zähneknirschend zustimmen.
Jupp und ich entschieden uns für eine stilvolle Hin- bzw.Rückfahrt,jeweils über drei Tage fern von Autobahnen und Bundesstraßen.
Zielpunkt war ein Campingplatz in der Camargue/Südfranreich,welchen zumindest Jupp und ich schon zweimal "beurlaubt" hatten.Da wir in den höchsten Tönen von jenem schwärmten,gab es diesbezüglich wenigstens kein Veto von weiblicher Seite.
So rollten wir am Nachmitag des 3.Tages nach herrlicher Anfahrt über endlose kleine Sträßchen der Alpen sowie der Provence,welche wir mit den legendären Michelin 1:200000 Strassenkarten zusammengestellt hatten,auf unserem Campingplatz am Mittelmeer ein.
Dieser war nicht klein und schnucklig,sondern eher riesig groß,ohne Schatten spendende Bäume und eigentlich nur aus Sand bestehend.Sinnigerweise wurde er von uns im Jahr davor "Wüste" getauft.
Wir mußten feststellen,dass Männer,im Gegensatz zu Frauen, unter einem tollen Platz manchmal doch etwas anderes verstehen.Ulle und Eva waren anfangs eher nicht so angetan von unserem genialen Vorschlag.
Die freundlichen Mitarbeiter an der Rezeption wiesen uns wie gewünscht einen Platz in vorderster Reihe zu und baten uns nach dessen Bezug zurückzukommen um die Anmeldung auszufüllen.Die Lage der Parzelle stimmte unsere Freundinnen dann doch wieder etwas versöhnlicher,war sie doch nicht weit vom Strand entfernt.
Nachdem die Mopeds abgepackt waren,machten Jupp und ich uns auf den Weg zurück zur Rezeption.Da dieser ein recht weiter war,beschlossen wir,obschon in Badehosen,die Zweiräder zu nehmen.
Das Einchecken war schnell erledigt aber uns plagte eine ganz andere Sache.Es war die unglaublich trockene Luft in diesem ungewohnten Klima,welche uns schwer zu schaffen machte.Um nicht völlig dehydriert die Rückfahrt antreten zu müssen,enterten wir das gut besuchte,platzeigene Bistro und bestellten zwei "grande bière à la pression", Bier vom Fass also, und....blieben.
Anfängliche alkoholtechnische Bedenken,die Rückfahrt mit den Mopeds betreffend,wurden mit jedem Bier weniger und weniger.
Die auf uns und den Zeltaufbau wartenden Mädels hatten wir darüber total vergessen.
Irgendwann,es dämmerte bereits,fiel uns dieser Umstand wieder siedend heiß ein.
Entsprechend frostig war der Empfang bei unserer Rückkehr,besonders Eva war launetechnisch nahe dem Gefrierpunkt angelangt.Ein Zelt,das von Jupp,hatten die beiden mit Hilfe netter männlicher Nachbarn schon aufgebaut.
Wobei Zelt nicht die richtige Bezeichnung für das war,was meine erstaunten Äuglein erblickten.Ich hatte eine wahrhaftige Dackelgarage vor mir.
Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich mir unter diesem Begriff nicht viel vorstellen.Nun aber schon.
Gefühlte 30cm hoch und mit zwei (schlanken)Personen eigentlich schon völlig ausgefüllt.Für Gepäck war da kein Platz mehr,dieses wurde später in meinem Vorraum deponiert.
Ein typische Juppaktion.Er hatte das Zelt unbesehen von seiner Schwester ausgeliehen,die es bislang erst einmal aufgestellt hatte.Vor vielen Jahren.Einen Nachmittag.In ihrem Garten.
Beim postkartenmässigen Sonnenuntergang schoß ich noch ein Foto von zwei Menschen ,die lachend aus dem Minizelt herausblickten.Es sollte das letzte sein,welches die Dackelgarage in funktionstüchtigem Zustand zeigte.
Am Himmel braute sich,ich war ja ebenfalls anwesend,ein Hitzegewitter zusammen.Daraus wurde schnell ein Sturm,der mit ergiebigen Regengüssen einherging.
Mein wieder einmal von einem Freund ausgeliehener Nylondom hielt diesmal wacker dem nassen Angriff stand.Trotz des tiefen Donnergrollens hörten wir verzweifelte Hilferufe,die eindeutig aus der Richtung unserer Freunde kamen.
Ich wagte einen Blick nach draußen und sah Jupp aufopferungsvoll
mit der sich in Auflösung befindlichen Dackelgarage kämpfen.Ulle lag weinend darin .Die nächste Böe gab dem tapferen Minizelt den Rest und mit einem lauten "Ratsch" verabschiedete es sich in Richtung Unbewohnbarkeit.
Da das Gepäck der beiden sowieso schon bei uns lagerte,war es naheliegend den Gestrandeten ebenfalls Asyl für die Nacht zu gewähren.Dieses wurde dankbar angenommen und mit vereinten Kräften von vier starken Händen,welche die Stangen des Zeltes festhielten,trotzten wir den Elementen.
Da wir ja jeder noch eine freie Hand hatten ,war am nächsten Morgen von den fünf Litern "Vin de pays" nicht mehr viel übrig.
Ebenso erging es Jupps' Dackelgarage.In unserer jugendlichen Euphorie waren wir in der Annahme aus dem Zelt gekrochen, diese vor dem Frühstück noch schnell zu reparieren.Der Plan wurde aber angesichts des traurigen Anblicks eine grünen Haufens,welcher mal ein Zelt gewesen sein musste,schnell ad acta gelegt.
Nachdem wir die zerbrochenen Stangen und den zerissenen Überzug in der Mülltonne entsorgt hatten,sattelten Jupp und ich die Mopeds und fuhren zum nächsten Supermarché.
Auf dem Einkaufszettel,männlich kurz und bündig verfasst,standen nur zwei Dinge:
Ein neues Zelt und klar,ein voller 5 l Kanister "Vin de pays".


© Troubadix


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