Muss es immer tiefsinnig und sprachlich hoch sein, wenn ich schreibe? Kann ich nicht auch einfach schreiben, was mir durch den Kopf geht? Ist es nicht der Sinn des Schreibens all den Frust, das Negative, die Gedanken zu verarbeiten? Meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, da ich es sonst nicht kann, als, mal mehr mal weniger, verschlüsselt zu schreiben. Den Gedanken freien Lauf zu lassen, ohne Angst haben zu müssen, dass ich direkt verurteilt werde, jemanden nerve den es nicht interessiert was ich denke, oder etwas Dummes sage. Das ist das Schöne beim Schreiben. Ich habe Zeit nachzudenken was ich schreibe und wie ich es formuliere. Ich muss meine Sprache, die manchmal zu sehr an Bücher erinnert und nicht unbedingt im normalen Gespräch angemessen ist, nicht anpassen an meinen Gegenüber. Ich kann schreiben, dass die Gefühle sich wie eine Welle auftürmen und alles mit sich reißen. Dass ich mich nicht dagegen wehren kann. Nur hilflos zusehen kann, während die einzige Möglichkeit nicht überzulaufen, die Tränen sind. Die, wie die Überreste der inneren Überschwemmung austreten. Das die Tränen dazu am besten passen, da sie flüssig sind. Wie eine Überschwemmung. Dass es sowohl Segen als auch Fluch ist, dass ich tränenüberströmt durch eine Menschenmasse gehen kann, und keiner reagiert. Dass es dennoch helfen würde, wenigstens gefragt zu werden, ob alles ok ist, oder ob ich darüber reden will. Selbst von einer fremden Person. Würde diese Tat doch zeigen, dass ich nicht allein bin. Dass ich in dieser Welt nicht unbemerkt bin. Dass es nicht egal ist, dass es mir schlecht geht. Dass es anderen vielleicht auch so geht. Und selbst wenn es nur kurz ist, ein Lächeln oder sonst etwas kleines. In dieser Gesellschaft wurde scheinbar vergessen, wie wichtig es ist, auch positive Rückmeldung zu geben. Ob es ein Kompliment auf der Straße wegen der Haare ist, ein nettes oder aufbauendes Lächeln oder ein Angebot zum Reden ist, wenn die Person weint. Es kostet doch nichts. Natürlich ist das Reden nur möglich, wenn man Zeit hat. Aber ist es wirklich wichtiger früher zu Hause zu sein, als jemandem zu helfen, der vielleicht am Tiefpunkt des Lebens ist? Und darf ich das jetzt eigentlich nicht veröffentlichen, nur weil es nicht metaphorisch genug ist? Keine besonderen Kniffe hat? Nicht abstrakt genug ist? Muss das Schreiben immer einen höheren, abstrakteren Sinn haben, als das Leben etwas angenehmer zu machen? Und darf es auch mal totaler Quatsch sein, der nicht immer in sich Sinn ergibt? Immerhin wird keiner gezwungen es zu lesen, aber es bietet die Möglichkeit sich zu befreien von allem was einen belastet. Ich versuche mir das zu verinnerlichen und mich frei zu machen von der Befürchtung, dass ich eventuell zu viel schreibe und es totale Grütze ist. Ist das der Sinn des Schreibens?


© Emilia H.


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Beschreibung des Autors zu "Schreiben zum bloßen Befreien der Gedanken"

Mir ging gerade so viel durch den Kopf und es ist gerade so viel los, dass ich gefühlt mehrere Texte hätte schreiben müssen um alles zu verarbeiten und die Frage kam bei mir auf, wann ein Text es wert wäre veröffentlicht zu werden und ob es irgendwelche Anforderungen gibt. Daher weiß ich auch nicht, wie lange ich den Text öffentlich lasse.




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