Kurz danach brachte mir Alek zu einem Wohnhaus des Hauses Noktus. Anscheinend hatte man mein Erwachen bereits seit einigen Wochen erwartet, denn es war eine kleine Wohnung für mich vorbereitet worden. Nicht groß, aber genug um trotzdem komfortabel zu wirken und einige Gäste zu beherbergen. Es gibt Strom, Licht, fließendes Wasser und einen großen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss. Etwas überrascht von dem Komfort schaue ich mir meine neue Wohnung an und entschiede mich zu bleiben. Wo hätte ich auch anderes hingekonnt. Auch stellte mich Alek der Haushälterin vor, einer älteren Dame mit dem Namen Sonja. Sie macht auf mich einen freundlichen Eindruck. Neben mir und ihr wohnen noch vier andere Personen im Haus. In den nächsten Tagen würde ich bestimmt die Chance haben sie kennen zulernen. Danach verabschiedete sich Alek. Andere Aufgaben erwarteten seine Aufmerksamkeit. Und was mich angeht, so war ich mehr als nur erschöpft. Wie mir Sonja nochmal versicherte, ist es besser, wenn man sich am ersten Tag ein bisschen zurückhält. Es soll schon vorgekommen sein, dass jemand das Bewusstsein verloren hat, weil er sich nach dem Erwachen überanstrengte. Und so verbrachte ich meinen ersten Abend in meiner neuen Bleibe. Sonja brachte mir später etwas zu Essen. Es war nicht viel, nur etwas Brot und heiße Suppe, doch ich hatte einen Bärenhunger. Und sie schmeckte köstlich. Es war, als würden meine Geschmacksnerven gerade zum ersten Mal etwas kosten. Mit gefülltem Magen und wachsender Müdigkeit ließ ich mich auf mein Bett fallen. Erneut blickte ich zur Decke empor. Viele Gedanken regten sich in meinem Kopf. Allen voran meine Amnesie. Auch wenn Alek behauptet, dass mit genug Zeit ich sie zurückbekäme, so stört es mich doch nichts außer meinen Namen zu wissen. Und dann diese Welt. Albion… Eine Welt, geschaffen als zweite Chance. Alles scheint perfekt und friedlich, fast zu schön um wahr zu sein. Langsam zieht mir der Schlaf zu sich und mein letzter Gedanke war, wo ich morgen erwachen würde.
In dieser Nacht schlief ich tief und fest, jedoch nicht tief genug. Ich hatte einen Traum. In ihm sah ich einige Gesichter. Einen großen Mann und eine kleinere Frau, sowie zwei ältere Brüder. Es mussten Brüder sein, denn sie sahen sich ähnlicher als alles andere. Vielleicht waren sie Zwillinge. Sie haben braunes kurzes Haar und weiche, schmale Züge. Ganz ähnlich zu dem großen Mann, vielleicht der Vater. Aber die Frau war es, die mich faszinierte. Denn sie sieht aus wie ich. Nun ja, eine ältere Version von mir. Und da fiel es mir ein. Sie ist oder war meine Mutter. Und der Mann und Jungs neben ihr waren meine Brüder und mein Vater. Ich höre sie meinen Namen rufen. Meine Hände strecken sich nach ihnen. Doch bevor ich sie erreichen kann, erwache ich. Tränen steigen mir in die Augen und ich weine. Nicht nur aus Trauer, sondern auch aus Freude. Ich hatte mich erinnert. An die Gesichter meiner Familie. Auch wenn ihre Namen noch immer im Dunkeln lagen, so wusste ich nun, dass ich eine Familie hatte. Und so weinte ich, bis mich der Schlaf wieder in seinen umsorgenden Arme schließt.
Am nächsten Tag musste ich entdecken, dass ich immer noch dort bin, wo ich gestern eingeschlafen war. Zugleich durfte ich freudig feststellen, dass ich mich immer noch an meine Familie erinnere. Erneut stiegen mir Tränen in die Augen. Ich wische sie fort und stehe auf. Was, sehr zu meiner Erleichterung, ohne Probleme funktioniert. Über Nacht scheine ich auch die Kontrolle über meinen Körper wieder erlangt zu haben. Was meine Laune allerdings wieder dämpfte, war die Tatsache, dass als ich nach einer längeren Dusche, in meinen Kleiderschrank schaute ich entdecken musste, dass er leer ist. Und so schlüpfte ich wieder in die Kleidung von gestern. Anschließend gehe ich nach unten. An der Treppe werde ich schon von Alek erwartet. Mit seinem typischen freundlichen Lächeln begrüßt er mich. Wir frühstücken zusammen und er erklärt mir, dass er mich heute zu einer Schneiderin in der Gegend bringen würde. Sie würde mir neue Kleidung herstellen. Auch wollte er mir die örtlichen Lokalitäten zeigen, so dass ich mich etwas zurechtfinde. Sollte ich mich doch einmal verlaufen, so sollte ich jemanden einfach nach den Wohnquartieren des Hauses Noktus und nach „Raven’s Peak“ fragen. Nach dem Frühstück folge ich ihm durch die Straßen. Es ist noch früh am Morgen und ein leichter Dunst hängt noch in der Luft. Nur wenige Menschen sind auf der Straße. Wenn sie an mir und Alek vorbeikommen verneigen sie die Meisten knapp oder grüßen uns. Alek grüßt freundlich zurück und erkundigt sich hin und wieder, ob alles in Ordnung sei. Ich traue mich noch nicht viel zu sagen, versuche mich im Hintergrund zu halten. Aber daran nehmen die Leute keinen Anstoß. Nach einer kurzen Weile, etwa zwanzig Minuten, erreichen wir einen kleinen Laden. Auf dem Schild steht „Proper Attire“. Komischer Name. Alek klopft zweimal an die Tür und tritt ein. Ich folge ihm. Drinnen war es ruhig. Nur das Geräusch einer einzelnen Nähmaschine ist zu hören. Der Geschäftsraum, in dem ich mich nun befinde ist nicht groß. Aber nach hinten gingen einige Räume, wo ich die Arbeitsräume vermute. Eine Treppe führt von dem Eingangsbereich hinauf in den zweiten Stock. Dort befindet sich eine einzelne Tür. Vielleicht ein Büro? Alek geht ohne zu Zögern zu den Arbeitsräumen. Ich warte, mehr aus einem Gefühl von Gewohnheit als von Scheu. Dann erhebt Alek seine Stimme und ruft einen einzelnen Namen in die Räumlichkeiten. „Lucie?!“ Von oben sind schnelle Schritte zu hören. Keinen Moment später öffnet sich die Tür und eine adrett gekleidet Dame kommt heraus. „Jaja, was ist denn? Ich war gerade beschäftigt. Wer stört da über‘aupt so frü‘?“ Ihr Akzent ist Französisch, soweit ich das beurteilen kann. Sie spricht die meisten H’s nicht aus und die U’s wie Ü’s. Mit ihrem rotfarbenen Kleid kommt sie die Treppe herunter. Sie trägt langes Haar zu einem kurzen Zopf geflochten, der ihr über die Schulter hängt. Das Schwarz ihrer Haare scheint leicht bläulich zu schimmern. Auf halbem Weg entdeckt sie mich und Alek, der mittlerweile wieder neben mir steht. Ihr Gesicht hellt auf. „Oh, moi ehrenwerter Monsieur Noktüs. Was verschafft mir die E’re, so kürz vor dem Morgengrauen?“ Sie kommt auf ihn zu und umarmt ihn kurz. Er erwidert die Umarmung. „Es ist auch mir eine Freude sie zu sehen, Madame Lucie.“ „Ich fü’le mich geschmeichelt.“ Dann fällt ihr Blick wieder auf mich. „Ah, sie müssen die Dame sein, von der i‘r mir erzä’ltet.“ Nun schenkt sie auch mir eine Umarmung. Etwas überrascht erwidere ich sie. Dann löst sie sich wieder von mir. „Je soll i’r wo’l neue Kleider schneidern, non? Gar kein Problem. Folgen sie moi.“ Sie nimmt meine Hand und zieht mich in einen der Räume nach hinten. Im Türrahmen macht sie noch einmal halt und dreht sich zu Alek. „Monsieur Noktüs, bitte macht es euch in mon Büro gemütlich.“ Er nickt nur. Etwas verzweifelt suche ich Hilfe bei ihm. Das geht mir alles zu schnell. Er aber lächelt nur und deutet mir einem Nicken an, dass er mir viel Spaß wünscht. Ich folge ihr und sie führt mich in durch eine große Werkstatt voller Nähmaschinen. Sie sind alt, keine elektrischen Varianten. Erneut überrascht mich, an was ich mich noch erinnere von meinem Leben früher erinnere. Aber ich habe keine Zeit länger darüber nachzudenken, sondern Lucie zieht mich weiter in einen kleinen Nebenraum. Er ist noch abgedunkelt, jedoch zieht Lucie im nächsten Moment einige Vorhänge beiseite. Jetzt kann ich den Raum besser in Augenschein nehmen. Und erneut werde ich etwas erschlagen, denn in dem Raum stehen Regel und Schränke angefüllt mit den verschiedensten Stoffen und Nähereien. Alle wunderschön und aufwendig. Der Anblick fesselt mich. Lucie bemerkt das und tritt neben mich. „Gefällt vous was du sie’st?“ Ich kann nur nicken. Sie lächelt sanft. „Das sind alles meine Arbeiten. Mein Herzblüt, könnte man sagen.“ Dann führt sie mich langsam in die Mitte des Raumes und geht zu einigen Schubladen. „So, Monsieur Noktus möchte, dass ich dir etwas schönes nä’e. Nün, dann sag moi, was i’r gerne tragen würdet und je wird euch etwas Hübsches zaubern.“ Etwas überfordert mit der Frage antworte ich ihr stammelnd. „Ich weiß nicht genau, was ich gerne getragen habe. Ich kann mich nicht erinnern.“ Ich kann spüren, wie sich meine Mundwinkel nach unten bewegen. So vieles, was ich noch nicht von mir selbst weiß. Lucie scheint mein Gesicht zu bemerken und kommt zu mir herüber. Sie hebt mein Kinn und lächelt mir weich und freundlich zu. „Nür keine Angst. Das wird wieder. Ünd ich werde dir dabei helfen, wo moi nür kann, versprochen. Das ist ein Versprechen ünter Frauen, non?“ Ich nicke und schenke ihr ebenfalls ein Lächeln. Sie führt mich zu einem von zwei Stühlen. Dann beginnt sie damit mir allerlei Stoffe und Farben zu bringen, wobei sich manchmal neben mich setzt um mir einige Dinge zu erklären. Nachdem wir gemeinsam herausgefunden haben, dass ich gerne Blau, Türkis, Orange, Schwarz und Grau trage, bringt sie einige Kleider und andere Kleidungstücke. Sie lässt mich viele anprobieren. In der Zwischenzeit wird es lebendig in der Fabrik. Die anderen Näher kommen in die Werkstatt. Ich habe mich durch allerlei Kleider und andere Dinge gequetscht, musste aber feststellen, dass von einigen kürzeren Kleidern und Röcken sie nichts für mich waren. Lucie verschwindet aus dem Raum und ruft einen der Schneider. Ein untersetzter Mann namens Mario kommt herein und Lucie legt ihm prompt einige Kleidungstücke auf die Arme mit genauen Anweisungen, wie er sie zu verändern hat. Währenddessen bringt sie mir weiter Sachen zum Anprobieren. Zwischen dem ganzen An- und Ausziehen fällt mir auf, dass ich mich ihr noch gar nicht vorgestellt habe und hole es prompt nach. Sie schien aber daran keinen Anstoß zu nehmen und entschuldigt sich lediglich dafür, dass sie manchmal etwas hektisch sein kann. Auch lobt sie ich für meinen schönen Namen. Ihr voller Name wiederrum lautet Lucie Anna Faron. Nach einiger Zeit fühle ich mich so, als hätte ich eine neue Freundin gefunden. Viele der normalen Klamotten gefallen mir und Lucie legt sie auf einen separaten Haufen. Nach einigen Stunden und mehreren hunderten Kleidern, ich habe irgendwann bei Kleid Nummer fünfundachtzig den Überblick verloren, scheint Lucie zufrieden zu sein. Sie legte das Notizbuch beiseite, in welches sie immer wieder Notizen und Skizzen geschrieben hatte, und seufzt einmal laut. Danach schnürt sie mir die Kleider, die mir passen und gefallen in ein Päckchen. „Dü kannst jetzt zu, Monsieur Noktüs gehen. Ich werde die restlichen Kleider in ein paar Tagen fertig haben und sie dir bringen lassen, meine Liebe.“ Sie überreicht mir das Paket und ich nehme es lächelnd an. „Danke, Lucie. Vielen Dank.“ Sie wiederum umarmt mich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Aber, aber. Es war mir ein Vergnügen. Ünd ich habe eine neue Freundin gefünden.“ Damit verabschiede ich mich von ihr und bahne mir meinen Weg durch die Werkstatt. Hinter mir höre ich wie sie einigen der Schneide neue Aufgaben zuteilt. Ich lächle. Als ich die große Hauptwerkstatt verlasse, steht bereits Alek im Eingangsbereich. Woher wusste er, dass ich fertig war? Dies war schon das zweite Mal am Tag, dass er mich perfekt abgefangen hat. „Seid ihr fertig?“ Dabei deutet er auf das Paket. Ich nicke. „Einige der Kleider sind noch in Arbeit. Aber die hier passen mir bereits.“ Er wirkt zufrieden. „Das ist gut. Na dann wollen wir dich mal mit der Gegend vertraut machen.“ Ich nicke noch einmal kurz und gemeinsam verlassen wir das Geschäft. Draußen auf den Straßen ist es in der Zwischenzeit sehr geschäftig geworden. Alek navigiert uns mit Geschick durch die Massen an Menschen. Ich versuche mein Bestes mit ihm Schritt zu halten, jedoch achtet Alek darauf, dass ich nicht verloren gehe. Die nächsten Stunden vergehen wie im Flug. Alek erklärt mir, was es alles in der Stadt gibt und zeigt mir auch einige Läden in der Nähe des Wohnheims. Schmiede, Schneider, Lebensmittelgeschäfte, den Marktplatz, Schreiner und sogar einen Färber zeigt er mir. Ich versuche mir alles zu merken von dem, was er mir sagt. Allerdings ist es schwierig. Aber eine Sache habe ich mir in den Hinterkopf geschrieben. Das, technisch gesehen, wichtigste Gebäude ist der Dom. Oder so wird zumindest das große kuppelartige Gebäude genannt, wo auch die Kammern des Erwachens sind. Laut Alek befinden sich außerdem die Wasser- und Stromversorgungen dort, sowie ein großer Saal wo sich immer wieder Leute versammeln um Reden zu halten oder Dinge auszudiskutieren. Danach geht es in die Außenbezirke der Stadt. Dort besuchen wir Farmen und Förster. Auch zeigt er mir einige Parkanlagen die etwas außerhalb gelegen sind. Ich bin etwas erstaunt von der Vielfalt an Pflanzen, allen voran Blumen, die hier wachsen. Alek meinte dazu nur, dass es für die Forscher ein Leichtes war, sie zu programmieren und zu designen. Auch wenn sich Gärtner um das Überleben dieser Blumen kümmern müssen. Alek und ich unterhalten uns auf dem Weg nicht viel. Ich würde ihn gerne fragen, an was er sich noch erinnert. Von seinem alten Leben. Aber ich traue mich nicht. Es scheint ein sehr intimes Thema zu sein. Auch wenn es alle hier verbindet. Es ist bereits Abend, als Alek und ich wieder im Zentrum der Stadt ankommen. Mein Magen knurrte und Alek meinte lachend, dass er mich zu einer ganz wichtigen Einrichtung hier in der Stadt bringen würde. Und so stehen wir wenig später vor einem großen dreistöckigen Gebäude. Das Schild über der Eingangstür liest „Boar’s Hat“. Ist das ein Gasthaus, oder was soll dieser Name? Alek geht hinein und sofort kommt uns lautes Gelächter und Gerede entgegen. Auch ist es warm. Überall sitzen Gäste an den Tischen oder an der Theke. Als Alek den Raum betritt und die Tür ins Schloss fällt, blicken einige Männer zu uns. Schammes Röte steigt mir ins Gesicht. Von irgendwo im Raum kommt Bewegung in die Leute. „Kommandant im Raum.“ Die Leute mache sich daran aufzustehen, aber Alek hält sie davon ab. „Ganz ruhig, ich bin außerdienstlich hier. Setzt euch wieder.“ Die Leute setzen sich wieder. Aber es bleibt ruhig. Alek geht auf einen freien Tisch zu. Auf halben Weg ruft er in den Raum. „Jerry, eine Runde für alle. Auf meine Rechnung.“ Moment, meinte Alek nicht vorhin, dass Essen und Getränke immer kostenlos sind. Lauter Jubel bricht aus und die Stimmung scheint sich wieder zu heben. Die Leute fangen wieder an zu reden. Alek bleibt noch eine Weile im Raum, sondiert ihn wie mir scheint, bevor er sich an den Tisch setzt. Ich folge ihm schnell. Kaum haben wir uns gesetzt, da kommt auch schon ein hochgewachsener Afroamerikaner zu uns. „Grüße Kommandant, was darfs heute sein?“ „Das Übliche, Jerry.“ Der Mann rolle mit den Augen, dann dreht er sich zu mir. „Und für euch, junges Fräulein.“ Etwas überrumpelt versuche ich zu antworten. „Ähm, Wasser bitte.“ „Wie ihr wünscht.“ Er dreht sich kurz um und ruft hinter die Theke. „Eine Selbstgebrautes und Glas Wasser.“ Dann setzt er sich zu uns. Alek gibt dem Mann ein vielsagendes Lächeln. „Jerry, darf ich dir Klara vorstellen. Klara, dass ist Jerry. Der beste Gastwirt, denn du hier finden wirst.“ Jerry lächelt breit. „Das sagst du doch jetzt nur so.“ Er streckt mir die Hand entgegen und ich schüttle sie schüchtern. „Einen schönen Abend, Klara. Wie unser Freund hier bereits sagte, ich leite dieses Gasthaus. Nenn mich einfach Jerry. Jeder tut das.“ Er ist so herzlich, dass ich meine Scheu sofort überwinde. „Dir auch, Jerry. Und nenn mich bitte Klara.“ Sein Grinsen wird noch breiter. „Hey Chef, die ist schwer in Ordnung.“ Alek nickt einmal und Jerry fährt fort. „Also, was darf ich euch zu essen bringen. Und wehe du bestellst das Übliche.“ Mit dem letzten Satz hat Jerry böse zu Alek gefunkelt. Alek lächelt spitzbübisch und zuckt mit den Schultern. „Kann ich doch nichts für, wenn dein Schmortopf mir einfach schmeckt. Nebenbei, dass ist es was ich heute essen werde.“ Erneut rollt Jerry mit den Augen. „Dieser Kerl ist hoffnungslos. Wenn er mal was gefunden hat was ihm gefällt, dann nimmt er nichts anderes. So warst du schon immer. Du änderst dich nie, was?“ „Du auch nicht.“ Beide Männer lachen und auch ich kann mir ein Glucksen nicht verkneifen. Die heitere Stimmung der Beiden und des Raumes ist ansteckend. Dann wendet sich Jerry wieder mir zu. „Und für dich Klara?“ Ich überlege kurz, bis mir auffällt, dass ich gar nicht weiß was es hier gibt außer den von Alek favorisierten Schmortopf. Also frage ich. „Was kannst du mir den empfehlen, Jerry?“ „Nun wir hätten Fleisch frisch vom Schlachter und in einer würzigen Marinade gebrachten. Meine Frau hat vorhin einen Eintopf aufgesetzt. Außerdem noch etwas Salat und anderes Gemüse von den umliegenden Betrieben.“ Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Was soll ich nur nehmen? Am Ende fällt meine Wahl auf den Eintopf, sowie etwas Brot und Salat. Jerry nickt und dreht sich wieder zur Theke. Mir fällt erst jetzt auf, dass es hinter der Theke noch in einen weiteren Raum weitergeht. Dem Geruch und Gebrodel zu urteilen, die Küche. „Sue! Einmal Schmortopf und einmal dein Eintopf mit Brot und Grünzeug.“ Von hinten hört man eine weibliche Stimme rufen. „Kommt sofort, Jerry.“ Keine fünf Minuten später kommt eine große Dame mit einem Tablett und zwei dampfenden Tellern zu uns. Sie hat blondes Haar, reicht aber Jerry nur bis zur Brust. Im Allgemeinen sieht sie sehr schön aus. Jerry steht auf und nimmt ihr das Tablett ab. „Danke Sue. So bitte schön ihr zwei. Lasst es euch schmecken.“ Dann legt er eine Hand um die Schultern der Frau. „Klara, darf ich dir meine Frau Sue vorstellen. Sie ist die Seele dieses Gasthauses.“ Sie lächelt verspielt. „Charmeur, du.“ Dann geben sie sich einen Kuss. Sie streckt mir eine Hand entgegen, nachdem sie sich voneinander gelöst haben. Ich schüttle sie. „Freut mich, Sue.“ „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Dann dreht sie sich zu Alek um, fast so als hätte sie ihn gerade erst bemerkt. „Ihnen auch einen guten Abend, Herr Noktus.“ „Dir auch einen schönen Abend, Sue.“ Ich wundere mich. Liegt das Spannung zwischen den beiden in der Luft. Auf jeden Fall scheint Sue nicht gerade erfreut darüber zu sein, dass Alek hier ist. Ich frage mich warum. Aber besser ich frage das ein anderes Mal. Dann verschwindet Sue wieder und auch Jerry macht sie wieder an die Arbeit, bringt uns aber kurz darauf unsere Getränke. Das Wasser ist kühl und schmeckt sauber. Und der Eintopf ist köstlich. Er besteht aus allerlei Gemüse und ich meine einen schwachen Zitronen und Kokos Geschmack zu erhaschen. Nachdem die Suppe leer und der Salat vernichtet ist, lasse ich mich im Stuhl zurückfallen. Alek war bereits lange vor mir fertig gewesen. „Saat?“ Ich nicke und reibe mir über den vollen Bauch. „Gut, hier kannst du immer herkommen, wenn es dich nach gutem Essen dürstet. Oder nach guter Gesellschaft.“ Er deutet mit einem Nicken in den Raum hinter mir. „Alle die du hier siehst, bis auf ein paar Ausnahmen gehören zum Haus Noktus. Wann immer du mal Hilfe brauchst, so wird sie dir hier mit Sicherheit gewährt.“ Bei diesem Wort dreht sich einer der Gäste an der Theke zu uns, genauso wie einige der anderen Leute. „Aber sich doch, Chef. Wir sind hier schließlich eine Familie. Und solange Jerry sein Selbstgebrautes macht, werden wir hier nicht weggehen, oder Männer?“ Seine Worte wurden mit lautem Jubel und Lachen unterstrichen. „Auch wenn unser Chef hier sich gerne etwas häufiger blicken lassen darf.“ Wieder schallendes Gelächter. Und Alek lachte schallend mit, obwohl das ein Witz auf seine Kosten war. Für mich war es immer mehr schwer vorzustellen, dass Alek das Oberhaupt des Hauses Noktus sein soll. Jetzt gerade wirkte er so, als wäre er unter Freunden, nicht unter Untergebenen, falls das überhaupt das richtige Wort ist. Aber so verbrachte ich mich wundernd, meinen Abend in heiterer Gesellschaft. Irgendwann, der Abend war schon weit vorangeschritten verließen wir dann das Gasthaus. Jedoch fiel mir auf, das Alek von jemandem in der Nähe der Tür etwas zugesteckt bekommen hat. Doch Alek schien es nicht zu bemerken und ich traute mich nicht ihn zu fragen. Es sind seine Angelegenheiten. Und so fiel ich erneut völlig erschöpft ins Bett meines neuen Zuhauses. So viele neue Erfahrungen schwirrten durch meinen Kopf, bis sie von einer traumlosen Nacht hinfort gespült werden.


© Sora Hataki


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