>>Guten Morgen! << sagte Marie.
>> Oh, schon wieder ein Kuchen? << Ihr skeptischer Blick machte Sarah ein schlechtes Gewissen.
>> Guten Morgen. << Mehr brauchte Sarah nicht zu sagen, zu mehr hatte sie nicht die Kraft.
>> Heute Abend gehen wir aus. Keine Widerrede! << sagte Marie nachdrücklich.
>>Ok << sagte Sarah. Und durchwühlte dabei doch wieder ihren Kopf nach einer möglichen Ausrede.
Der Arbeitstag zog sich wie Kaugummi, Stunde um Stunde. Die monotone Arbeit vermochte Sarah nur wenig abzulenken, aber es war besser, als Trübsal blasend zu Hause zu sitzen.
Mehrere Kollegen bedankten sich mit besorgtem Blick für den Kuchen, wohlwissend, es würde nicht der letzte sein.
Zum Feierabend kam Marie, um sie abzulenken. Sarah war noch immer keine Ausrede eingefallen.
>> Bist du soweit? Können wir los? << fragte Marie.
>> Ja, tut mir leid, aber ich bin wirklich total… <<
>> … müde, erschöpft? Ich weiß, das kann ich sehen, darum musst du erstrecht mitkommen. << Sarah wusste, sie hatte keine Chance gegen Marie.
>> Na gut, ich komme mit, aber nur für eine Stunde. <<
>>Also, wie geht es dir? Wie kommst du zurecht? <<
>> Es ist zu laut, alles. <<
Marie dachte, sie meinte die Bar, in der sie inzwischen angekommen waren, aber das war es nicht. Nicht nur.
>> Du musst wieder unter Leute! <<
>> Aber ich geh doch unter Leute. Ich arbeite wieder. <<
>> Du weißt genau, sie packen dich in Watte, du musst dich wieder an das Leben gewöhnen, ich habe Angst, dass du dein Eigenes sonst verpasst. Versteh mich nicht falsch. Ich kann verstehen, dass du Zeit brauchst, aber bitte, vergiss die Welt hinter deiner Trauer nicht. Es gibt noch viel mehr, als Kuchen backen, was noch vor dir liegt. <<
Sarah dachte darüber nach. Das Wort „Watte“ klang gut. Dumpfe Geräusche, durch Watte gefiltert wären eine Wohltat gewesen. Ganz im Gegensatz zu dem Geschrei, das sie so oft aus dem Schlaf riss. Wie konnte sie weitermachen? Als wäre nichts gewesen. Der Mann, den sie liebte, ihre Zukunft, fehlte.
Er wurde weggerissen aus ihrem Leben. Der Verlust schmerzte noch immer. Sie war nur noch die Hälfte ihrer Selbst.
Sie war stolz auf sich, dass sie wieder arbeiten ging. Und es verletzte sie, dass Marie das nicht sah.


© Brasina


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