Null Uhr dreißig. Kopfhörer auf. Musik an. Welt aus. Endlich allein sein. Lieber allein als einsam. Lieber weit und breit kein Mensch, als sieben Freunde im selben Raum und doch wie im Traum in einer anderen Welt. Genau da will ich jetzt hin: in einen Traum. Der Tag soll endlich vorbei sein, ich mag nicht mehr allein sein.
Es ist kalt, ich bin müde und mir ist schlecht. Ich will in mein Bett. Oder in seinen Armen liegen, zu zweit die Einsamkeit besiegen. Simon. Komm. Bitte. Komm Schnell.
Was war das? An der Wand, da ist doch jemand? Und wenn? Geh einfach weiter, immer weiter, bleib im Licht, an den Laternen dicht, da passiert dir nichts. Geh einfach ein bisschen schneller, da hinten wird es wieder heller.
Wieso passiert so was immer mir? Wieso bin ich es, die sich immer blamiert? Nein, hat sie gesagt. Nein, niemals wird es so sein. Mein Traum? sie hat nur laut aufgelacht. Der Tag war mies, der Abend mieser, und die Nacht? Sie versteht mich nicht. Ich brauche dich, will weg von hier, Simon ich will zu dir!
Scheinwerferlicht. Ein Auto kommt. Ich dreh mich um, weiche ihm aus. Da ist doch jemand! Ich seh´ ihn. Ich seh´ einen, seinen Schatten. Angst macht sich in meinen Gedanken breit, lässt meinen Körper zittern. Ich will nicht, dass mir das noch mal passiert. Ich will das nicht! Nicht wieder ich! Nie wieder mich!
Die Erinnerungen ? sie kommen hoch. Da ist er wieder, ganz in schwarz. Ich habe keine Angst! Ich habe keine Angst vorm schwarzen Mann, habe ich mir gesagt, doch dann?. Ich erinnere mich noch dran, wie sein Atem dicht an meinem Gesicht roch, wie seine raue Hand über meinen Schenkel kroch. Es ist alles noch da, ich brauche das nicht noch einmal! Beruhig dich, Julia, beruhig dich doch!
Mein Herz rast. Meine Beine sprinten. Der kalte Wind peitscht mir ins Gesicht, mich zu besänftigen, gelingt mir nicht. Meine Wangen versteinern. Meine Stimme versagt. Meine Gefühle fahren Achterbahn. Ich verfalle in einen Wahn, weil ich ahn´, welche Szenen jetzt nah´n, während er sich mir nähert.
Renn, Julia, lauf, gib dich nicht auf! Noch nicht, noch hast du eine Chance ihm zu entkommen. Ich bin wie in Trance, ganz benommen. Ich nehme nichts mehr war, sehe nur noch was ich damals sah. Seine Haare in meinem Gesicht, sein Körper an Meinem dicht im weit entfernten Laternenlicht. Seine Hand an meinem Hals, als ?..
In meinem Kopf wirbeln die Fragen; kann mir bitte jemand sagen: Wieso wieder ich? wieso wieder mich? was habe ich getan? warum tut man mir das an?
Plötzlich seine Hand an meinem Arm. Er packt zu. Jetzt ist es egal, was ich tu. Die Bordsteinkante. Ich falle, ich pralle auf den harten Boden. Dunkelheit. Es ist vorbei. Bewusstlosigkeit.
Stille. Ich höre mein Herz schlagen, soll ich ihn Wagen, den Blick in die Realität? Mich dem stellen, was ich dann seh´? Meine Lider sind schwer wie plei. In meinem Kopf nur Raserei. Langsam öffnen sich meine Augen. Was ist passiert? Wo bin ich hier? Es ist hell. Die Lampe über mir scheint grell. Um mich sind weiße Wände. Ich sehe zwei Hände. Ich blicke in ein Gesicht. Kenne ich das nicht? Ich versuche mich zu Konzentrieren, nicht wieder die Besinnung zu verlieren.
Simon DU!
?Wieso bist du vor mir weggerannt? Hast du mich denn nicht erkannt??
Ich schlafe in seinen Armen ein. Endlich nicht mehr allein; endlich nicht mehr einsam.


© Sandra Neubauer


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