Ich gehe unheimlich gerne einkaufen. Mir macht die Begegnung mit Menschen Spaß, ich beobachte gerne ihre Reaktionen beim Testen von frischen Salatköpfen oder dem Entdecken einer matschigen Zwiebel im Netz. Beim Suchen nach den Joghurts im Sonderangebot, oder dem Wettrennen nach dem besten Platz an der Kasse. Ich habe Mitleid mit Müttern mit mehreren Kindern plus Einkaufswagen, deren Kinder sich regelmäßig an der Kasse hinschmeißen, um das Überraschungsei doch noch in den eigenen Wagen zu bekommen. Super finde ich die Menschen, die sich so lauthals über den schlechten Geschmack der Öko-Butter unterhalten, dass bei mir das Fremdschämen einsetzt. Mir gefällt das alles sehr.

Dennoch gibt es manchmal Tage, an denen ich meine Offenheit anderen Menschen gegenüber hasse. Meine Gabe, 3 Vorgänge gleichzeitig im Laden zu beobachten und prompt Teilnehmer dieser Vorgänge zu werden.

Manchmal möchte ich nicht diejenige sein, vor deren Füßen eine Oma hinfällt, aus deren Jackentaschen scheinbar tausende 20-Cent Münzen fallen. Die dann ja neben der Oma selbst auch noch aufgehoben und eingesammelt werden möchten. Manchmal will ich nicht die Mutter sein, die den Einkauf ohne Kinder genießt, aber prompt an der Eingangstür auf ein verloren gegangenes Kind stößt, dass heult wie am Spieß und natürlich erstmal wieder zur Mutter gebracht wird von mir. Manchmal möchte ich nicht diejenige sein, die zufällig denselben Einkaufsweg durch den Laden hat wie ein älteres, völlig hilfloses Ehepaar, das direkt vor dem braunen Zucker stehend den braunen Zucker sucht. Diesem zuckersüßen Ehepaar, das schließlich alles im Laden sucht und immer wieder vor einem steht, bis man schließlich den eigenen Wagen stehen lässt und mit den beiden Herrschaften einkaufen geht, was diese natürlich dankend anerkennen. Ich möchte manchmal nicht diejenige sein, die schnell mal in Gammelklamotten ein paar Dinge einkaufen wollte, deren Auto auf dem Parkplatz dann von muskelbepackten, sächsisch sprechenden Deutsche-Bahn-Mitarbeitern zugeparkt wird, an denen man sich erstmal verbal vorbeikämpfen muss, um schließlich schweißgebadet wegen eines Toastbrotes und zwei Paketen Butter endlich im Auto zu sitzen...grinsend natürlich.


Dann ist mein größter Wunsch, einmal völlig anonym in einer Großstadt einkaufen zu gehen und jeden Menschen vor sich liegen zu lassen, den man findet...und einmal richtig unmenschlich zu sein.


© beim Autor


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