Schriften im Inneren

© EINsamer wANDERER

Diese Legende ist eine der ältesten aus der Stadt R´lyeh-City. Angeblich trug sie sich 1692 zu während die Hexenprozesse in Salem im vollen Gange stattfanden, was vermutlich auch der Grund für den geringen Bekanntheitsgrad dieser Geschichte ist. Vielleicht ist es auch besser so, denn wer weiß was die Menschen aus diesen Ereignissen mitgenommen hätten.

    Zu jener Zeit war die Stadt noch eine kleine Siedlung, doch schon damals war New Hope, wie die Stadt in ihren Anfängen hieß, eine Tummelplatz für kuriose bis zwielichtige Gestalten. Zur letzteren Sorte gehörte Adam Smith. Wer dieser Mann war oder was er tat, ehe er amerikanischen Boden betrat bleibt völlig im Dunkeln. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es sich bei seinem Rufnamen nicht um seinen Taufnamen handelt. Sogar seine durch den Namen zu erwartende Konfession darf angezweifelt werden. Laut damaliger Zeitzeugen soll es sich bei Adam um eine hagere Gestalt handeln mit pergamentähnlicher Haut. Zumindest ließ sich dies aus seinem faltigen, scharfkantigen Gesicht schließen, da er peinlichst darum bemüht war seinen Leib Unterhalt des Kinns zu verhüllen. Allerdings war seine Kleidung alt fleckig und mitunter sogar zerrissen, doch was sich unter dieser Schicht Stoffes verbarg ließ sich seltsamerweise nicht ergründen. Ebenso wenig wie das Alter des Fremden. Er wurde allerdings auf gut achtzig Jahre geschätzt. Auch wenn seine stechend blauen Augen ihn noch älter wirken ließen und dazu noch hart wie den unbarmherzigen Winter im neunten Kreis der Hölle. Wenn all die zuvor genannten Fakten in Kombination mit seinen langen schlohweißen Haaren in Verbindung gebracht wird, so muss dieser Mann wie ein Monster aus einer alten Gruselgeschichte angemutet haben.

    Zu Anfang war Adam noch relativ unauffällig. Wie bereits erwähnt, gab es etliche seltsame Leute die sich hier versammelten, ein Umstand der bis heute noch anhält, aus diesem Grunde fiel er den Leuten am Anfang wenig auf. Sicher mieden alle seine Gegenwart, doch dies traf nicht auf die naivsten und kleinsten Bewohner zu. Es schien eine unsichtbare Anziehungskraft von ihm auszugehen, welche ihn für die Kinder unwiderstehlich machte. Trotz Verbote seitens der Eltern tummelten sich die kleinen Leute um ihn wie Bienen um eine besondere Blume.

    Sie ließen erst von ihm ab, als er die erste Stufe zur Veranda seines Hauses erklomm, da erst die Ausstrahlung dieses Haufen Holzes sie davon abhielt ihm weiter zu folgen. Es lag sehr weit am Rand der Siedlung und war eine Ansammlung schiefer Holzbretter die verschiedener nicht sein könnten. Es wirkte wie die Karikatur eines Hauses mit seiner unförmigen Fassade und den verschiedenen Hölzern in ihren ebenso verschiedenen Zuständen der Verwahrlosung und Verrottung.

    Als die Kette von verschwundenen Kindern begann wurde Adam Smith recht schnell der Ketzerei und Hexerei beschuldigt, doch es gelang ihm die Beschuldigungen auf recht verblüffende Weise von sich abzuweisen. Die genauen Hintergründe sind im Laufe der Zeit leider verloren gegangen. Manche meinen, dass er selbst viel zu verdächtig war, so dass er als wahrer Täter viel mehr darum bemüht gewesen wäre sich unscheinbarer zu geben. Andere meinen, dass es an seiner ruppigen Art lag mit der er die Gören behandelt hatte, um sie von sich wegzustoßen. Vielleicht besaß er auch nur eine große Überzeugungskraft gepaart mit Charisma.

    Es brauchte noch unzählige weitere verschwundene Kinder ehe Adam überführt wurde. Eines besagter Sprösslinge schaffte es aus seinem Haus zu entkommen. Es sprach wie von Sinnen und meinte, dass unter der Kleidung beim Bauch eine klaffende Wunde sei, welche sich wie ein Maul öffnete und dort im Inneren befand sich ein Buch, welches danach trachtete das arme Ding zu fressen. Nach Aussage des Kindes sollte Adam aus einem vergessenen afrikanischen Land stammen und sich über Jahrtausende hinweg vom Blute unschuldiger Kinder sein Leben verlängert haben, einem Vampir nicht unähnlich. Das Zauberbuch soll dabei die Quelle seiner Macht sein. Mächtige Schutzzauber die in seine Haut mit Tinte geritzt worden sind, sollen ihn darüber hinaus gegen die meisten körperlichen Schäden schützen.

    Als die Bewohner dies hörten, beriefen sie sich auf die reinigende Kraft des Feuers, welches jeden Frevel von dieser Erde zu tilgen vermochte. Sie verbarrikadierten das Haus des seltsamen Kauzes und zündeten es an. Abgesehen vom Prasseln des Feuers war kein Laut im Inneren zu vernehmen. Selbst als es vollständig niederbrannte war von Adam Smith keine Spur zu sehen gewesen. Dafür wurde jedoch ein weitaus grausigerer Fund gemacht. In den Wänden befanden sich etliche Skelette von Kindern. Nach eingehenden Begutachtungen war zu sehen, dass ihnen das Knochenmark ausgesaugt worden war. Was aus der Haut, dem Fleisch, Muskeln, Sehnen, Organen und anderem passiert war wollte sich gar niemand vorstellen, aber der Brandgeruch selbiger hing in der Luft. Sie bekreuzigten sich und der Priester gab sein bestes um den Boden von allen Übeln des Satans zu befreien. Schnell vergaß man diese Sache, da sich niemand mehr an sie erinnern wollte.

    Nur das überlebende Kind vergaß nie. Es soll angeblich häufig bei den Ruinen des Hauses im Dreck gewühlt und anschließend ein von Grauen behaftetes Buch gefunden haben, dessen Name niemals Erwähnung finden darf. Kurz darauf verschwand es und von dem Buch wurde nie wieder etwas gehört. Einige der letzten Worte des verschwundenen Kindes sollen gewesen sein, dass es noch mehr solche Bücher auf der Welt geben sollte. Jedes auf seine Weise grausig und mächtig und ein jedes von ihnen Böse bis in den Abgrund der Finsternis.

    Dies ist wahrscheinlich auch der Grund warum diese Geschichte bis heute noch Erwähnung in der Volksfolklore findet. Tief im Inneren war die Angst vor Adam Smith nie verschwunden, sondern war von einer Generation zur nächsten weitergereicht worden. Aber war es wirklich der Mann, den es zu fürchten galt, oder die Schrift in seinem Inneren und das Wissen, dass es noch mehr davon gibt?

     

    (Auszug aus den Aufzeichnungen von Dieter Nickerbocker III.)

     

    The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Schriften im Inneren"

Manche Bücher sollten wirklich verbrannt werden.

Sämtliche Rechte liegen bei mir. Das Kopieren oder Veröffentlichen unter eigenen Namen ist illegal!




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