Eine neue Dimension

© EINsamer wANDERER

Dick und Stacey waren ein recht gewöhnliches Liebespaar, doch die Ereignisse in Rʼlyeh-City sollten ihre Leben schon ziemlich schnell durcheinander bringen. Dies begann damit, dass sie sich während der Schulzeit auf einen kleinen Hof in einem dunklen Winkel der Stadt trafen, um dort ungestört Dosenbier zu trinken und Zigaretten zu rauchen, ohne von ihren spießigen Vormündern dafür kritisiert zu werden. Aufgrund der gespenstischen Ruhe war dies ihr beider Lieblingsplatz. Was allerdings die morschen Holzkreuze mit den Federn und Garn sollten, wussten sie nicht. Keine Ahnung, was hier früher einmal gewesen war oder wieso die Menschen diese Gegend mieden wie die Pest. Aber dafür gaben die Dinger gute Rückenlehnen ab.

»Das Leben suckt echt!«, meinte Stacey, als sie sich die nächste Kippe anzündete.

Dick musste darauf den Oberkörper etwas nach hinten verlagern, um nicht den pinken Ihro seiner Freundin im Gesicht zu haben. »Du sagst es. Schule suckt. Eltern gehen einen auf den Sack. Und alle wollen, dass man sich um die eigene Zukunft kümmert.« Er nahm einen Schluck aus der Bierdose. »Was wissen die schon.«

Dick schmiss seine halbleere Dose gegen eines der Kreuze und stieß es damit um. »Strrrrrriiiiiiiike!!!«

»Du bist so ein Vollpfosten«, tadelte ihn Stacey glucksend.

»Aber ich bin dein Vollpfosten«, meinte Dick darauf und küsste sie.

Dabei achteten beide nicht darauf wie eine Geisterhaiflosse plötzlich aus dem Boden trat und auf das Liebespaar zusteuerte.

Stacey zog ihre Jacke aus, ebenso wie ihr weißes Shirt mit dem großen A und den BH darunter. Gerade als Dick ihre Brüste ordentlich durchkneten wollte, sprang ein geisterhafter Schemen durch sein Sichtfeld und ließ von Staceys Oberkörper nur noch den Kopf übrig.

»Scheiße, was soll das?!!« Der Punker wich gerade rechtzeitig zurück, denn wenn er es nicht getan hätte, wäre er zusammen mit den verbliebenden Beinen verschlungen worden.

»Oh Gott!«, war alles was er von sich geben konnte, während er aufsprang und versuchte vor diesem Monster zu fliehen, welches genauso gut einem Trash-Film entsprungen sein könnte. Ich meine, jetzt mal ehrlich, wer würde einem schon glauben, dass ein Dämonengeisterhai bei einer uramerikanische Stätte versiegelt worden wäre? Aber in Anbetracht, dass diese Handlung in Rʼlyeh-City angesiedelt ist, macht es halbwegs nachvollziehbar. Immerhin ist diese Stadt schon seit jeher ein Treffpunkt der merkwürdigsten Seltsamkeiten. Ironischerweise sind wir noch nicht an dem Punkt der Geschichte angelangt, wo es seltsam wird. Denn erst als das unlebendige Ungeheuer unseren lieben Dick im Flug den Kopf abriss und aß entfaltet diese Geschichte ihre wahre Wirkung...


»Auuuuuu. Mein Schädel. Ich hatte noch nie solche Kopfschmerzen.«

»Er ist wach! Er ist wach!«, drang Staceys Stimme an Dicks Ohren.

»Das sehe ich selbst, Trottel!«

Dick musste ganz schön was abbekommen haben. Hätte er es nicht besser gewusst, würde er behaupten, dass Stacey gerade mit sich selbst stritt. Als er die Augen öffnete sah er ihre verschwommenen Umrisse. »W-wo sind wir?«

»Wenn du mich fragst, sind wir im Bauch des Hais«, meinte Stacey.

»Dich hat er aber nicht gefragt, sondern mich!«, wieder Stacey.

»Hey, ich hatte einen echt krassen Traum. Wir waren an unserem Lieblingsort und sind dort von einem Geisterfischstäbchen gekillt worden.« Sein Blick wurde dabei scharf und ihn überkam die Kenntnis wie siedend heißes Öl das über seinen Rücken gegossen wurde. Ihm starrte nämlich ein kopfloser Oberkörper mit entblößter Brust entgegen, neben welchem der passende Unterkörper stand.

»Oh mein Gott! Stacey?! Bist du das?!«

Der Unterkörper machte einen Schritt nach vorne. »Ich bin es, Dick. Ich weiß, das kommt dir etwas merkwürdig vor, aber ich verspreche, wir stehen das durch.« Es war grotesk einem halben Leib dabei zuzusehen wie er mit einem sprach. Er hatte keinen Mund oder ähnliches, aber dennoch kamen die Laute eindeutig von ihm.

»Er hat mit mir geredet!«, fauchte der Oberkörper.

»Gar nicht!«

»Doch, Bitch!«

»WAS ZUM-?!« Erst jetzt erkannte Dick, dass sie nicht mehr in Rʼlyeh-City waren. Diese Welt war wie von einem wahnsinnigen Gott im Drogenrausch in seiner eigenen Kotze erschaffen worden. Es gab keinen Boden oder ähnliches, zumindest war er nicht zu sehen. Die Umgebung bestand nur aus Neonfarben die sich ständig in Wellen änderten und purer Dunkelheit. Nichtsdestotrotz schien es eine Art von Lichtquelle zu geben, denn die beiden Hälften von Stacey warfen Schatten. Alles was Dick sah, ergab überhaupt keinen Sinn. Es war als wäre er in einem Manga oder Anime gelandet.

»Hi, ich bin Bob.«

Am liebsten wäre der Punker zusammengezuckt, statt wie ein Mädchen kurz aufzuschreien, als er den auf seinen Hoden watschelnden Penis sah, welcher sich gerade eben vorgestellt hatte.

»Ja, ja, ich weiß, es ist echt seltsam hier. Aber man gewöhnt sich daran. Und seht es doch mal positiv, wenigstens seid ihr mehr als eure Geschlechtsteile, he!«, machte er und versuchte es irgendwie aufmunternd klingen zu lassen, als das jedoch nicht funktionierte fügte er ein weiteres »He!« hinzu, dieses Mal jedoch mit ein wenig mehr Nachdruck. Allerdings trat darauf ein Moment peinlichen Schweigens ein.

»Hallo und herzlich Willkommen, hier in meiner Dimension.« Aus dem Nichts manifestierte sich eine abstrakte Gestalt oder ein Gegenstand, an diesem Ort war so etwas schwer zu bestimmen. Zuerst erschien die Silhouette, welche in grelles Licht getaucht war. Es besaß die Form einer Ananas, doch nachdem das Licht verblasste und einen genaueren Blick auf das Ding zuließ, erkannte man, dass es zwar wie eine Frucht geformt, jedoch keinerlei Ähnlichkeit damit aufwies. Die Haut war von einem gräulichen Rot, das eine Auge war geformt wie ein Ei und schien zugleich sein Mund zu sein. Vier längliche Gliedmaßen ragten aus seinem Körper und erinnerten entfernt an Schnürsenkel. Die Haare waren statische Tentakel mit Saugnäpfen, aus denen federlose Hähne ihre Häupter entgegenstreckten und sich unwillkürlich wieder zurückzogen.

»Hey, Jɘff«, grüßte Bob die skurrile Erscheinung. »Wieder hier für ein Status-Update?«

»Schnell geschaltet, Kleiner. Also, ihr seid die Neuen, von daher erkläre ich euch mal eben alles. Aber das tue ich nur einmal. Der Jɘff sagt nie etwas ein zweites Mal.«

»Wie war das?«, fragte der Unterkörper. »Sorry, ich war grade etwas von Dick abgelenkt. Sieht er nicht hinreißend aus?«

»Der Jɘff sagt nie etwas ein zweites Mal.«

»Wie war das? Sorry, könntest du es nochmal wiederholen«, neckte Staceys Oberkörper.

»Wie ich bereits sagte, der Jɘff... Wobei ... Jetzt habe ich es ein zweites Mal gesagt. Nein, sogar drei- Ist ja auch egal. Ihr Menschen wisst ja, was Social Medias und Götter sind.«

»Klar, aber was hat das eine mit dem anderen zu tun?«, fragte der Oberkörper.

»Wisst ihr, wir Götter haben ebenfalls soziale Netzwerke und eigene kleine Projekte und das hier ist meins. Ich lasse Geisterhaie Menschen und Gegenstände fressen und diese dann hier in dieser zu diesem Zweck geschaffenen Dimension gegeneinander kämpfen.«

»Klingt ziemlich dämlich«, erwiderte Dick trocken.

Mit einem Mal veränderte sich die Atmosphäre. Alles wurde düster und Dick fühlte wie die Existenz auf dieser Ebene in ihrer Essenz kochte und zu zerspringen drohte vor lauter Wut. »Nenn mich NICHT dämlich!«

»Sorry, mein Fehler«, ruderte der Punker panisch zurück. »Echt mal, eine eigene Dimension für Social Medias zu bauen ist voll töfte. Echt, man!«

Mit einem Male normalisierte sich alles. Scheinbar hatte dieser Jɘff die Spitzfindigkeit von Dick nicht bemerkt. »Ganz meine Meinung. Es ist halt Cool für Götter zu sehen wie abgetrennte Körperteile gegen gefressene Gegenstände kämpfen, die zum Leben erweckt wurden. Also: Unterhaltet die Menge und zeigt allen was für ein großer Künstler ich bin. Und was euch angeht, meine lieben Zuschauer: Abonniert mich, folgt mir, watcht mich oder kackt mir vor die Haustür. Mir egal was ihr macht, um mir eurer Wohlwollen zu zeigen. Für ein wenig Aufmerksamkeit tue ich absolut alles. Ich bin eine totale Hure. Bis zum nächsten Mal, Leute.« Und damit tauchte die Gestalt sich selbst in Licht um daraufhin zu verschwinden.

Dick starrte immer noch fassungslos zu dem Fleck wo die Kreatur eben noch schwebte, doch dann wurden sie von einem Autorreifen und einer Wagentür attackiert. Das war von nun an ihr Leben, zumindest bis die zum Leben erwachten Gegenstände sie töten würden.

 

The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Eine neue Dimension"

Was tut man nicht alles für ein paar gute Stats.

Sämtliche Rechte liegen bei mir. Das Kopieren oder Veröffentlichen unter eigenen Namen ist illegal!




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