Die Dunkelheit kommt näher. Und mit ihr die Kälte. Wegrennen lohnt sich nicht. Verbraucht nur wertvolle Energie. Das habe ich mit der Zeit gelernt. Ich zünde mir das Feuer an. Beim dritten Versuch klappt es endlich. So langsam spüre ich, wie meine ersten Muskeln anfangen zu zittern. Doch das Feuer erwacht langsam zum Leben und spendet somit Hoffnung. Hoffnung, dass diese Nacht einfacher werden würde. Das Feuer wird langsam kräftiger und erhellt einen größeren Umkreis. Ich kann langsam die Umrisse meiner Umgebung erkennen. Die kahlen, kalten, harten Wände, die näher zu kommen scheinen in dem Flackern des Lichts. Wenn ich mich umdrehen würde könnte ich meinen Schatten sehen. Doch ich drehe mich nicht um. Kann ich doch vor mir genug Schatten sehen. Große, dunkle verzerrte Gestalten, die mir gegenübersitzen und mich ansehen. Einige grinsen und zeigen dabei ihre dreckigen, spitzen Zähne. Es wirkt wie ein stark verzerrtes Grinsen, bei dem es mir kalt den Rücken runterläuft. Das Feuer knackt in der Stille, doch keiner reagiert. Weder ich noch meine Gäste. Ich starre ins Feuer und sehe aus dem Augenwinkel, wie sie langsam näher kommen. Langsam rücken sie auf und auf einigen freien Plätzen kommen neue hinzu. Doch langsam scheint jeder auf seinem Platz zufrieden zu sein. Jetzt sitzen sie mir nicht mehr nur gegenüber, sondern zwei auch direkt neben mir. Ich spüre sie, doch strahlen sie weder Wärme noch Kälte aus. Sie sind einfach präsent. Ich wende meinen Blick vom Feuer ab, da meine Augen austrocknen und zu tränen anfangen. Doch die Tränen hören nicht auf. Strömen immer weiter aus meinen Augen und ich kann nichts dagegen tun. Ich richte meinen Blick geradeaus auf eine Gestalt. Sie grinst mir zu, mit ihrem verzerrten Mund. Jetzt sehen mich alle an und ich lasse meinen Blick über sie streifen, während mir die Tränen über das Gesicht rollen. Ich fühle mich allein und verlassen. Allein mit den Gestalten und deren Grinsen. Ich kann ihrem Blick nicht standhalten und verberge mein Gesicht hinter meinen Händen. Schäme mich für meine Schwäche und schiebe es immer noch auf das Feuer. Doch plötzlich spüre ich etwas seltsam. Ich hebe meinen Kopf und blicke nach rechts. Dort hat eine der Gestalten ihre Hand auf meine Schulter gelegt. Ich sehe ihre schwarzen, langen, dürren Finger auf meiner Schulter doch spüre sie nicht. Ich blicke in das Gesicht und sehe das Grinsen. Doch zum ersten Mal sehe ich in die Augenähnlichen Organe in dem Gesicht, die mich durchdringend ansehen. Doch darin liegt keine Wertung. Keine Geringschätzung und kein Mitleid. Sie sieht mich einfach an und auch ihr Blick ist einfach präsent. Und plötzlich fühle ich mich nicht mehr allein und verlassen, während das Feuer langsam stirbt und die Gestalten noch verzerrter erscheinen lässt. Doch ich habe keine Angst. Die Gestalten werden immer da sein. Ob es hell ist oder dunkel. Und selbst wenn keiner da ist, bin ich dank ihnen doch nie allein. Sie werden immer bei mir sein. Mein Leben lang bin ich nie mehr allein. Und mit jedem Moment werden es mehr.


© Emilia H.


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