Die Eintreibung nach der Austreibung III

© EINsamer wANDERER

Seufzend setzte sich Alex auf den Beifahrersitz. Er steckte die Pistole weg. Scheinbar hielt er sie nicht mehr für nötig. Trotzdem fühlte sich Diane dadurch nicht besser. Sie hatte etwas unvorstellbares gesehen. Zuerst hatte dieser gewaltige Kerl mit dem Verstand eines Kindes sie genau dann entführt, als sie abhauen wollte und kurz nachdem dieser Irre neben ihr ihn berührte wird er scheinbar plötzlich wieder völlig normal. Wie konnte so etwas nur geschehen? Eigentlich war es doch vollkommen unmöglich.

    »Wir müssen zurück. Richtung der Anstalt. Ich sag Bescheid, wenn wir abbiegen müssen.«

    Diane tat wie befohlen. Sie musste es wissen. Also schluckte sie und nahm ihren gesamten Mut zusammen. »Dieses Ding ... ist dann nun wirklich in dir drin?«

    Alex wirkte überrascht. »Natürlich. Warum sollte ich sonst mit dir durch die Stadt ziehen?«

    »Und du bist immer noch du selbst?« Sie bemerkte wie Alex ihr unangenehm auf die Brüste schaute. Sie versuchte möglichst nicht zu verkrampfen, um diesen Kind in ihm nicht zu reizen.

    »Ja und nein. Ich bin mehr als noch vor ein paar Stunden als ich bei dir eingestiegen bin. Kann diese Ampel nicht mal ein bisschen schneller werden?«

    »Wieso bist du plötzlich so ungeduldig?«

    »Ich habe Blut geleckt. Ich möchte nach Möglichkeit nicht allzu lange warten bis ich den nächsten Dämon treffe.«

    »Wie viele von denen werden wir noch treffen?«, fragte Diane leicht entnervt.

    »Nur noch zwei.«

    Es trat ein Moment des Schweigens ein, den Alex mit einer ziemlich seltsamen Aussage unterbrach.

    »Seit wann duzen wir uns eigentlich?«

    »Hm? Tun wir das? Ist mir gar nicht aufgefallen.«

    »Scheint dann wohl auch nicht weiter wichtig zu sein. Es fällt mir schwer die Feinheiten bei sozialen Interaktionen zu erkennen. Mal scheinen banale Dinge wichtig zu sein, während scheinbar wichtige Dinge einfach nicht erwähnt werden.«

    »Aha.« Wie sollte sie diesen Typen jemals einordnen können? Aber wo sie nun zusammen waren und sich besser kannten, gab es da eine Frage die seit eh und je auf Diane lastete. »Sag mal, wie wird man eigentlich so?«

    »Eigentlich so ..., was?«

    »Na du weißt schon! Kein normaler Mensch kommt auf die Idee jemanden aufzufressen oder einfach zu töten und danach mit seinen Kumpels ganz sachlich zu reden. Ich habe mich immer gefragt was man dafür erlebt haben muss um so zu werden.«

    »Nichts.«

    »Absolut nichts? Das glaube ich nicht.«

    »Ich war schon immer so. Natürlich haben sich solche Dinge im Laufe der Zeit entwickelt. Aber letztlich bin ich so geboren worden.«

    »Wie geht das?«

    »Wie geht es, dass Menschen homosexuell werden? Es ist genau dasselbe Prinzip. Sie sind einfach so und trotzdem behaupten viele Menschen, dass es an der Erziehung oder einem anderen Erlebnis lag, dass sie so wurden. Der Unterschied liegt bloß darin, dass die meisten Leute darüber nicht aufgeklärt sind. Lass mich raten, du glaubst, du weißt wie Psychopathen – wie ich einer bin – ticken, weil du American Psycho gesehen hast? Ernsthaft?! Das macht dich zum Experten?!«

    Bei der Nennung des Filmtitels zuckte Diane unfreiwillig zusammen.

    »Ich meine, willst du mich verarschen?!«

    »Warum sind dann so viele Psychopathen Serienkiller, kannst du mir das mal sagen?«

    »Es sind nicht alle Psychopathen automatisch Serienkiller. Das ist ein Klischee. Wir Unmenschen sind enger mit unseren animalischen Trieben verbunden und gleichen damit das aus, was uns fehlt, wenn wir euch normale Menschen als Maßstab betrachten.«

    »Das verstehe ich nicht. Was fehlt euch denn?«

    »Hier links. Uns fehlt es an Empathie und Emotionen. Je nachdem wo bei uns der Schwerpunkt ist. Wir können nicht zusammenarbeiten, aber dafür haben wir keine Hemmungen oder Skrupel.«

    »Genau das meine ich. Das ist vollkommen krank.«

    »Das ist aber nur die dunkle Seite des ganzen.«

    »Du wirst mir nicht sagen wollen, dass es auch positive Aspekte geben soll?«

    »Ich für meinen Teil habe nur sehr schwache Gefühle. Keine Scham, keine Zweifel oder Wut. Deshalb tut es mir nicht leid, wenn ich einfach ich selbst bin, egal was andere denken mögen.«

    »Das ist tatsächlich bewundernswert.« Diane wünschte sie könnte auch nach ihren eigenen Maßstäben leben und einfach auf andere scheißen. Immer musste sie sich darüber Gedanken machen, was andere von ihr hielten. Andererseits war dieser Preis doch etwas zu hoch für sie.

    »Wir sind da.«

    »Ich komme mit«, warf Diane ein.

    »Das könnte gefährlich werden.«

    »Ich weiß auf mich aufzupassen.«

    »Ich möchte dich nicht davon abhalten. Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass du einen schmerzhaften Tod sterben könntest. Mir doch egal, ob du mitkommst oder nicht. Aber steh nicht im Weg rum, klar?«

    »Geht klar.« Zum ersten Mal seit ewiglanger Zeit lächelte Diane von sich aus.

    
Fortsetzung folgt...


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Beschreibung des Autors zu "Die Eintreibung nach der Austreibung III"

Teil Drei der Kurzgeschichte.

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