Sie kam den Waldweg herunter. Ganz langsam. Unter meinem Baum blieb sie stehen. Ihre Aura war so...so traurig, so verloren. Ihre Augen glitten über den Boden. Über meine Brüder und Schwestern. Sie suchte. Sie suchte so verzweifelt.
In diesem Moment wusste ich es: sie suchte mich! Sie war mein Finder, ich ihr Bringer.
Keine Kastanie weiß, wofür sie einmal gut ist. Es gibt kein kollektives Bewusstsein, nie erfahren wir, welchen Weg die anderen gehen. Wenn ich von oben auf meine plattgedrückten Brüder und Schwestern sehe, kommen mir Zweifel. Soll das alles gewesen sein?
Und dann kommt der Tag, die Stunde, die Sekunde, in der sich mir mein Weg offenbart. Ich werde ihr Bringer sein!
Sie suchte den Boden ab. Sie war verzagt, unentschlossen. Sie suchte, aber sie fand nicht. Dabei wollte sie finden. Und ich musste sehen, dass ich meinen Weg gehe. Ich löste die Verbindung zur großen Mutter. Vorsichtig, dankbar, bereit für diesen Moment. Dann ließ ich mich fallen.
Ich fiehl ihr direkt vor die Füße, aber ich lag nicht richtig. Also kullerte ich noch ein Stück, bis ich die richtige Seite hatte. Ich machte mich prall und rund. Hier! Hier! Ich bin es!
Ich hätte nicht rufen brauchen. Auch sie erkannte mich sofort. Es gab eine Verbindung. Ich wusste, was meine Aufgabe sein würde: Ich werde ihr Glück bringen. Ich heile sie, gebe ihr Zuversicht, Stärke, Hoffnung.
Sie hebt mich auf, hält mich behutsam in der Hand. Ihre Augen streicheln mich, ihre Finger berühren mich.
Und: ja, ich kann ihr helfen.
Nein, ich WERDE ihr helfen!
Immer habe ich einen Gegenstand in der Tasche, einen Stein oder, im Herbst, eine Kastanie. Von ihm erhoffe ich mir, dass er mir Glück bringt. Ein Hoffnungsträger. An irgendetwas muss man ja glauben.
Und manchmal funktioniert das sogar.
Wenn Macht regiert durch Angst und Schrecken,
Blutspuren manch Bürgersteig bedecken.
Mord und Totschlag den Tag „versüßen“,
Menschen mit ihrem Leben büßen.
Licht malt helle Leuchtspurbahnen
in den Alterungsprozess,
Dinge, die von weither kamen,
setzen sich in Träumen fest,
die dir längst Vergangenes bringen
und dein Hiersein noch [ ... ]
Du findest die Hose! Aber die
Strümpfe sind weg. Du suchst die
Strümpfe. Und findest das Hemd.
Und findest die Schuhe. Und den
Schal. Nur nicht die Strümpfe.
Dann setzt Du die Brille auf. [ ... ]
Heute habe ich die Wahl der Qual, denn ich will mir die Zeit vertreiben, die mich vertreibt, damit ich nicht auf ewig etwas Übles anstellen kann. Soll ich mich, aus Verlegenheit, einfach [ ... ]