Die größte Überraschung

© J.Me.

Als kleines Mädchen wurde ich von meinen Eltern in Reiterferien gesteckt. Ich wollte da nicht hin. Meine Mutter hatte Angst vor großen Tieren und wollte unbedingt verhindern, dass es mir auch so ergehen wird. Aber mein elfjähriges Ich fand Pferde einfach doof, weil jedes Mädchen Pferde liebte. Ich hatte meinen Hund und wollte nicht wie alle sein. Doch gegen meinen Willen fand ich es eigentlich ganz schön in dem Stall. Ich war von den Anfängerinnen die Größte und bekam deshalb ein Islandpferd zugeteilt, das auch recht groß und nicht ganz so lieb war, da nicht genug von den ruhigen Pferden da waren. Die erste Reitstunde verlief reibungslos und ich fand reiten dann irgendwie langweilig.
Doch schon bei meinem ersten Ausritt durfte ich lernen, dass Pferde keineswegs langweilig sind und ihren eigenen Kopf haben. Littur* - so hieß mein Reitpferd -
beschloss ziemlich schnell, dass er keine Lust mehr hatte, mich durch den Wald zu tragen und drehte stattdessen um und galoppierte mit mir zurück an den Hof um sich direkt an seinen Futterplatz zu begeben.
So ging die Woche weiter, das Pferd bugsierte mich zu Boden, rannte ungefragt mit mir durch den Wald und machte auch sonst wenig von dem, was ich wollte. Und um mich war es geschehen, ich verliebte mich ins Reiten und in dieses Pferd.
Nur kurze Zeit später hatten meine Eltern akzeptiert, dass ich an dem Hof weiter Reitstunden nehmen wollte und ich bettelte jedesmal darum wieder Littur reiten zu dürfen. Doch eines Tages, etwa drei Jahre später war er einfach weg, verkauft. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Ich hatte in der Zwischenzeit einige andere Pferde kennengelernt, aber Littur war einfach was besonderes für mich.
Lange Zeit bearbeitete ich trotzdem meine Eltern, dass ich ein eigenes Pferd wolle, eines wie Littur und schließlich durfte ich einige Verkaufspferde probereiten, darunter waren sogar Pferde, die mittlerweile sehr erfolgreich auf Turnieren laufen. Aber es waren eben nicht meine Pferde.
Irgendwann nach dem gefühlt 97 - Nein, dieses Pferd will ich nicht - platzte auch meiner Reitlehrerin der Kragen. Sie sagte: "So, damit du mal bemerkst, was du für tolle Tiere reiten darfst, bekommst du mal ein paar Schwierigere zu reiten!"
Daraufhin ritt ich die Prydi, die die ganze Stunde versuchte mich an der Bande abzustreifen und hatte dabei tatsächlich denkbar wenig Spaß.
Für die nächste Stunde hatte meine Lehrerin eine kleine, schwarze, traurig dreinblickende Stute ausgewählt. Sie warnte mich auch gleich vor, dass dieses Pferd am liebsten alle abwirft. Doch ich sah nur die großen, traurigen Augen und es war um mich geschehen. In der Reitstunde rannte das kleine Pferdchen zwar mehrfach einfach los, doch versuchte sie nicht mich loszuwerden.
Zuhause angekommen knallte ich meinen Eltern mein Sparbuch auf den Tisch und sagte ihnen, dieses Pferd oder keines. In den nächsten Wochen ritt ich die Rispa, so hieß das kleine Pferdchen mit den großen traurigen Augen, immer im Unterricht, doch eines Tages im November, war auch sie weg. Verkauft.
Ich weinte und weinte und weigerte mich auch nur einen Tag wieder reiten zu gehen. Meine Welt war zusammengebrochen.
An Weihnachten fuhr meine Familie mit mir dann an die Kirche in dem Ort, in dem auch der Stall war, doch es fand kein Gottesdienst statt, sodass meine Mutter vorschlug, durch den Stall zu laufen. Ich wollte das zwar nicht, aber ließ mich dann doch überreden.

Und mitten in der Stallgasse, blickten mich große traurige Augen an, blickten heraus aus einer weihnachtlich geschmückten Stallbox. Und an ihrer Tür stand groß:

Deine Islandpferdestute Rispa

Das war vor über 13 Jahren und heute blickt sie nicht mehr traurig, und sie hat es dann doch einige Male geschafft, mich abzusetzen. Aber wir sind ein Team und werden es bleiben!


© Schmuskatz-revival


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Beschreibung des Autors zu "Die größte Überraschung"

Da ich nicht mehr in meinen alten account (Schmusekatze) komme, schreib ich jetzt so weiter.

*Littur (Isländisch- Farbzwerg)

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