Die Nacht senkt sich über das Land. Langsam, ganz allmählich verklingen die Lieder der Vögel und die Natur verfällt in Schweigen. Nicht hörbar steigt der Nebel aus Feld und Wiese. Steigt gen Himmel, als wolle er zu den weit entfernten Sternen, doch der Hauch des Windes unterbricht die Reise. In den Wäldern strecken die ersten Nachtschwärmer die Köpfe hinaus. Misstrauisch werden die Gegebenheiten erkundet, denn bewusst sind sich alles, dass die Nacht so manchen Schrecken verbirgt. Doch je mehr Zeit vergeht, desto größer wird ihre Sicherheit und mit dieser Erkenntnis wagen sie sich gänzlich hervor. Strömen zu einer Lichtung im Wald und warten. Wie lange sie warten weiß keiner mehr. Ist es aber schon von Alters her überliefert, das in jenen dunklen Nächten, Tore sich öffnen und ein Beginn eingeläutet wird. So wundert sich keiner der Schwärmer über die Schemen, welche kommen. Bleich, fast durchscheinend muten sie an und die langen Kleider wiegen sich in unsichtbaren Strome. Wie auf ein Zeichen hin bildet sich ein Kreis und, in immer schneller werdenden Reigen, wird begrüßt was erwartet wird. Keine Erschöpfung schleicht sich auf die Gesichter, als wäre dieser Reigen auf ewig zum Tanze verdammt.
Knackt ein Zweig und Licht erstrahlt durch den Wald. Was in der Nacht schläft wird nun geweckt. Näher kommen die Geräusche der Lichtung, der Reigen zerbricht und zurückgeblieben sind die Schwärmer. Betritt nun der Störenfried die Lichtung und sieht das Nachtgetier, so wundert er sich warum sie hier so zahlreich erscheinen. Hat vergessen, dass auch er einst Teil des Reigens. Wie die Natur es hat gewollt, doch nun hat er vergessen, was er einst war und für was er da war. Nun ist auf ewig verdammt sich gegen die Natur zustellen und wird nie wieder den Frieden finden, den er sich so sehr hat gewünscht.
Tief in seinem Herzen jedoch, fühlt er, dass etwas Verlorenes ihm ist so nah. Doch je näher er ihm zu kommen vermag, desto weiter rückt es für ihn weg. Auf ewig währender Suche zerstört er was ihm sich in den Weg stellt und verliert sein letztes bisschen Selbst. Bis er eines Tages erkennen muss, dass was er gesucht direkt bei ihm war und er es in seinem Wahn zerstört hat.


© von S.H.


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