Ich sitze auf meinem Platz im Stadion und schlürfe genüsslich meine Cola. Das Endspiel interessiert mich nicht die Bohne. Soll doch gewinnen wer will, mir ist es einerlei.
Ein unbeteiligter Beobachter würde sich sicher fragen, warum ich in einem Fußballstadion sitze, wenn mich das Endspiel eh nicht interessiert, während andere doch so gefesselt auf das Spielfeld starren.
Ich würde darauf erwidern, dass nicht alle auf das Spielfeld starren. Das Pärchen dahinten rechts küsst sich inniglich. Sie interessiert das Spiel auch nicht gerade, denn sie sind zu sehr ineinander vernarrt. Was auch schön und gut ist.
Oder man sehe sich das zankende ältere Ehepaar hinter mir an. Die sich lieber über das frevelhafte Verhalten des anderen streiten, statt ihre Mannschaft anzufeuern.
Ganz anders als die Fans links neben mir, die sich in die Farbe ihrer Nationalität angemalt haben. Sie kippen sich ein Bier nach dem anderen hinter die Binde. Halten selbstgemachte Schilder zum Anspornen hoch. Sie stehen jedes Mal erwartungsvoll auf, wenn der Ball ihrer Mannschaft in die Nähe des gegnerischen Tores kommt. Mal brechen sie in schallenden Jubel aus, mal setzten sie sich enttäuscht wieder hin oder brüllen den Schiedsrichter böse an. Je nachdem.
In Block H hat ein Funken das Pulverfass der verfeindeten Hooligans zum Explodieren gebracht. Die Sicherheitskräfte geben sich große Mühe die Kämpfenden auseinanderzubringen. Ich sehe wie Stühle, Bierdosen und Tränengas durch die Luft fliegen.
Aus dem Eingang der unter Block H ist, kommen zwei Sanitäter raus und tragen einen der Spieler mit einer Trage vom Spielfeld.
Der Spieler hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein. Auf diese Entfernung lässt sich schlecht sagen, ob er nur den Verletzten spielt um seiner Mannschaft einen Vorteil zu verschaffen oder ob er wirklich verletzt ist.
Die Trainer brüllen wildgestikulierend ihre Spieler auf dem Feld an, als wenn ihr Leben und das von einer Million anderer vom Ausgang dieses Spiels abhängen würde.
Manche Fans versenken ihre Gesichter in die Hände. Bei manchen lässt sich mit Sicherheit sagen, dass sie weinen bei anderen scheinen einfach nur vor Spannung die Nerven blank zu liegen.
Während all das passiert und ich mir dessen gewahr werde, sitze ich weiterhin unbeeindruckt auf meinem Stuhl und schlürfe meine Cola.
Ich bin nicht wegen dem Spiel hier, sondern wegen des Phänomens des Zusammenkommens.
Hier im Stadion kommt alles zusammen.
Armer Schlucker und reicher Schnösel. Ehrlich und Unehrlich.
Ich sehe sowohl den friedlichen Softy-Fan mit all seinen kreativen Schildern und leidenschaftlichen Lobhymnen, als auch den aggressiven Hardcore-Fan der alles für seinen Verein gibt, selbst wenn es mit Knast belegt wird.
Selbst hochrangige Firmenchefe die für ihr Image viel Geld in die Vereine investiert haben, sei es auch einfach nur um gut da zustehen.
Selbst mächtige Parteimitglieder sitzen in ihren Logen, wie einst die großen Imperatoren im Kolosseum des antiken Romas. Wahrscheinlich werden deswegen diese großen Veranstaltungen abgehalten.
Wen interessiert schon das aktuelle Weltgeschehen, wenn der Mittelpunkt dieser Welt – das Zentrum des Universums – nicht über dieses Stadion hinausgeht. Wen interessiert schon eine erneute Ölkatastrophe, wenn die eigene Mannschaft den Sieg vom Felde getragen und damit den Titel geholt hat?
Brot und Spiele, mehr ist das hier nicht.
Aber mich soll auch das nicht kümmern. Ich bin hier, weil die anderen hier sind. Auf den Zuschauerplätzen spiegelt sich das Leben in der Welt sowieso wieder. Es ist das was die Kameras nur selten auffangen. Etwas, das man nicht in der Glotze sehen kann.
Menschen. Menschen mit ihren Krieg, Frieden, Liebe, Schmerz, Sorgen, Nöte und alles andere. Alles sehe ich hier.
Hier in diesem kleinen Stadion kommt alles zusammen. So war es und so wird es für lange Zeit auch bleiben.
Dies ist der Ort an dem alles zusammenkommt.

The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "EM-Wettbewerb – Wo alles zusammenkommt"

So wieder einmal ein Wettbewerb.
Aus Zeitmangel konnte ich bloß so eine kleine Story zusammenbasteln.

Das Thema war EM. Die EM sollte darin vorkommen, ob nun mit Hauptaugenmerk auf die EM oder nur Nebenbei.
Der Wettbewerb endet mit der EM 2012.
Wünscht mir Glück.

Hier der Link zum Hörbuch: https://www.youtube.com/watch?v=1XlURal3yHM&feature=youtu.be




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