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Im Jahre 2356 ist die Menschheit, so wie wir sie kennen, ausgelöscht.
Vor 200 Jahren entwickelten die Wissenschaftler sogenannte Muges, mit denen sich die DNA eines Menschen verändern ließ. Zu Anfang wurden sie hauptsächlich in der Schönheitschirurgie und zum Beheben von Geburtsfehlern verwendet. Doch mit der Zeit waren sie so ausgereift, dass sie den menschlichen Körper nach Belieben verbessern konnten. Danach brauchten Polizisten keine Schusswesten mehr, sowie Köche keinen Herd mehr zum Feuermachen benötigten.
Doch das ständige verbessern und umprogrammieren der DNA hatte fatale Folge. Das Gehirn spielte verrückt. Die Menschen wurden wahnsinnig und aggressiv. Bei jedem traten andere Nebenwirkungen auf. Wer noch nicht betroffen war, musste die Muges nutzen um zu überleben.
Die Staatsoberhäupter beschlossen darauf, die Welt in einem dicken Giftnebel zu tauchen, der alle Mutanten umbringen sollte. Mit ein paar Auserwählten flüchteten die Staatsmänner in Schutzbunker, die tief unter der Erde lagen, weit ab von der giftigen Atmosphäre.
Der Giftnebel legte sich wie ein grün-gelbes Leichentuch über die Welt. Doch die Mutanten passten sich dem Gift an. Sie wurden zu grotesken Zerrbildern ihrer Selbst - sie wurden zu Genmas. Ihr Äußeres spiegelte ihren kranken Geist wider.
Der Nebel sollte drei Tage andauern, aber er verzog sich nicht wie geplant. Die Staatsoberhäupter konnten die Bunker nicht verlassen, ohne zu sterben. Nach einem halben Jahr gingen ihnen die Vorräte aus. Der letzte Mensch starb hungernd vor den abgenagten Knochen seiner Vorgesetzten, Kollegen und Freunden.
Die Genmas aber zogen sich in die großen Städte zurück. Dort bildeten sie Rudel, jeder von ihnen konnte bis zu einhundert der ihren fassen. Jeder, der nicht zum Rudel gehörte, wurde getötet. Die Genmas waren süchtig nach den Muges. Sie kämpften wie von Sinnen darum. Deswegen bauten sie Waffenprothesen um ihre Kampfkraft zu maximieren. Denn wer die Muges besaß, hatte die Macht über die jeweilige Stadt zu herrschen. Das größte Schlachtfeld aber waren die Fabriken in denen die Muges hergestellt wurden. Wer dort saß, konnte mit sich machen, was er wollte. Ihm waren keine Grenzen gesetzt. Jedes Rudel wollte in so einer Fabrik sein.
Aber die Genmas waren eine aussterbende Rasse. Unfruchtbar durch die Mutationen und durch die ständigen Kämpfe zermürbt, mussten sie aufpassen. Jedes Rudelmitglied war aufgrund einzigartiger Mutationen und Waffen unersetzbar.
In dieser rauen Welt beginnt die Geschichte.

Was bisher geschah: Der Genma Cannibal wollte mit seinen Getreuen eine der Fabriken übernehmen.
Jeder verfolgte dabei bestimmte Absicht. Von atomaren Explosionen über ein Upgrade zum Roboter bis hin zur scheinbarunmöglichen Schwangerschaft.
Ihr Anführer wollte dagegen sein altes Rudel auslöschen. Aufgrund von Unruhen wurde seine Position nur allzu gerne in Zweifel gezogen. Das konnte Cannibal nicht dulden. Er sann auf Rache und brauchte dafür die nötige Macht.
Allerdings mussten sie dazu erst einmal in die Fabrik eindringen, was sich als schwierig erwies. Die Genmas mussten einige Prüfungen bestehen, bis sie ins Allerheiligste eindringen konnten.
Dort trafen sie auf einen Genma, der glaubte ein Mensch zu sein. Vom Gedanken besessen, dass sich der giftige Nebel bald verflüchtigen würde und die Genmas dadurch aussterben würden, hatte er mit dem ihn zur Verfügung stehenden Mitteln, künstlich gezüchtete Menschen geschaffen.
Cannibal tötete ihn und war damit im Besitz der Fabrik mit all ihren Möglichkeiten und im Besitz von Menschen die man zu einer Armee ausbilden konnte. Doch was darauf folgte, konnte niemand erahnen, am wenigsten Cannibal selbst.

Zwei Monate, nachdem Cannibal und sein kleines Rudel die Fabrik eingenommen hatten, huschten drei maskierte Schatten durch die Dunkelheit des Nebels. Schnell und unerkannt rannten sie auf die stählernen, mit Beulen und Dellen übersäten stählernen Mauern der Fabrik zu. Sprangen mit Leichtigkeit über sie, so dass noch nicht einmal der krönende Stacheldraht sie zu fassen bekam. Als sie auf den Boden landeten, lösten sie einen versteckten Alarm aus.

Im Inneren der Fabrik tönten Sirenen und ließen die Menschen in ihren unterirdischen Käfigen durchdrehen. Sie jaulten, brüllten und heulten wie von Sinnen. Über ihren Gittern klang das mechanische Surren von Kettenrädern. R3, ein Genma der sich für einen Roboter hielt, fuhr auf die Schalttafeln zu. In den letzten zwei Monaten war seine Verwandlung in eine Maschine immer weiter fortgeschritten. Es erinnerte nur noch wenig an einen Mutanten, geschweige denn an einen Menschen. Auf dem Bildschirmen waren die drei maskierten Eindringlinge zu sehen. Die neuen Prozessoren von R3 erfassten die Situation sofort.
››Alarm! Eindringlinge erkannt!‹‹, tönte er mit einer mechanischen Stimme in das Mikrofon. ››Leite Abwehrplan C7 ein. Schizo, bitte ins System einloggen und Feinde ablenken, bis Verstärkung eintrifft.‹‹

Schizo, die sich selbst mit einem dicken Bauch in einem zersprungen Spiegel betrachtete, schritt sofort auf die kleinen Steckdosen neben einen heruntergekommenen Bett zu. Ihr Bauch bebte bei jedem Schritt. Seufzend ließ sie die Kabel ihres Körpers, die sich wie lebende Schlangen bewegten, ins System einklinken. ››Muss R3 eigentlich immer so nerven? Was hältst du davon, Other?‹‹, fragte sie in den menschenleeren Raum.

››So weit so gut‹‹, sagte der größte unter den Eindringlingen der zwei mächtige Gatlings als Unterarme besaß.
Ein anderer mit einem mechanischen Auge zeigte auf die Schwangere, die wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien. ››Wer ist die fette Sau?!‹‹
Schizo starrte betreten mit scharrenden Fuß zu Boden. ››Ich bin nicht fett‹‹, sagte sie kleinlaut. ››Ich bin schwanger‹‹, erklärte sie.
Das Dreiergespann fiel in lautes Gelächter.
Genmas konnten keine Kinder bekommen. Jeder der von sich behauptete Schwanger zu sein, hatte meistens einen Kinderkomplex. Im Bauch waren dann keine Kinder, sondern Schlangen, kleinere Genmas oder schlimmeres, was zwischen den Gedärmen wuchs und gedieh.
››Wieder einer dieser Kinderfanatiker‹‹, sagte der dritte mit Krallen statt Fingern.
››Es stimmt!‹‹, sagte Schizo nun mit fester Stimme. ››Other kann das bestätigen. Nicht wahr, Other?‹‹ Sie schien mit jemanden neben sich zu reden, der gar nicht da war. Other war Schizos zweite Persönlichkeit und ihre beste Freundin.
››Schluss jetzt!‹‹, sagte der mit den Gatlings. ››Wir haben keine Zeit für diesen Schwachsinn!‹‹
Die drei griffen sie mit ihren Waffenprothesen an. Der größte mit seinen Gatlings. Der mit dem mechanischen Auge klappte seinen Arm nach hinten und ließ klackend eine Pistole nach vorne schnellen. Nur der eine mit den Krallen ging in den Nahkampf.
Die zwei sind kein Problem. Nur der mit den langen Fingernägeln dürfte eine ernsthafte Gefahr darstellen, sprach Other beruhigend auf Schizo ein.
Schneller als man es bei ihrer Figur erwartet hätte, wich Schizo wiedererwartend jeden Angriff geschickt aus. Bei den Angriffen des Krallengenmas sprang sie nach hinten und musste die Hand in den staubigen Boden krallen, damit sie nicht zu weit weg wegrutschte, worauf sie dabei immer eine dicke Staubwolke heraufbeschwor. Wann trifft endlich die Verstärkung ein?, fragte sie sich leicht panisch.

››Sieht aus, als wenn hier endlich mal wieder richtige Action abgeht.‹‹ Burn knackste die Fingerknöchel und steckte sich mit seinem Flammenwerfer, der sich in seiner Handfläche befand, eine dicke Zigarre an. Betont lässig straffte er seine Tarnjacke mit den abgerissenen Ärmeln. ››Wurde auch Zeit. Mal sehen, was meine neuen Spielzeuge so alles drauf haben.‹‹
Big, der große, graue Muskelprotz, wusste aufgrund seiner geistigen Beschränktheit den ganzen Alarm nicht zu deuten und starrte irritiert auf die roten Warnleuchten. Was ihm an Verstand fehlte, machte er mit seiner Kraft wieder wett. Sein Körper bestand hauptsächlich aus Muskeln. Einige waren so stark, dass sie sogar als kleine Beulen auf der Haut hervortraten.
Seufzend zog Burn den Riesen an der Hand. ››Komm mit, du Riesenbaby.‹‹

Schizos Herz hämmerte wild in ihrer Brust. Vor Anstrengung keuchend, spürte sie wie das Blut unter großen Druck durch ihre Adern gepumpt wurde. Ein dicker Schweißfilm hatte sich auf ihrer Stirn gebildet. Der Genma mit den Krallen sprintete – einem Raubtier gleich grinsend – auf sie zu. Einen Meter vor ihr, sprang er in die Luft. Die Krallen waren bereit zum Zuschlagen. Schizo wollte einen Seitwärtsschritt machen, verharrte dann jedoch in der Bewegung. Das Kind trat wie verrückt um sich und ließ sie zusammenbrechen. Ihr Gegner flog dadurch über sie hinweg. Einzig eine schwarze Strähne ihres lichten Haares, konnte er ihr nehmen. Weniger als einen Herzschlag von ihr entfernt landete der Krallenträger auf beiden Füßen. Mit einem Tritt aus der Drehung, glitt sein Fuß durch ihren nichtvorhandenen Körper und brachte ihn ins Stolpern. Schizos Erscheinung begann daraufhin zu flackern.
››Ein Hologramm?!‹‹, fragte der Anführer verärgert.
Schizo lächelte matt. ››Ja, eine Hologramm.‹‹
››Sie wollte uns bloß hinhalten!‹‹, brüllte der Eindringling mit dem mechanischen Auge.
››Stimmt‹‹, gestand Schizo. ››Ich sollte euch nur so lange beschäftigen, bis die eigentlichen Kämpfer kommen.‹‹
››Du verdammte …!‹‹, weiter kam der Genma mit den Gatlings nicht, denn ein gewaltiger, grauer Fleischklops sprang mit großen Getöse unter sie. Brüllend warf er seine Feinde wie Spielzeug umher.
Lächelnd löste sich das Schizo-Hologramm auf.

Schweißgebadet und sich den runden Bauch haltend, setzte sich die Genma stöhnend auf. ››So. Jetzt ist es an euch, Jungs‹‹, sagte sie zu den beiden Kameraden, die am anderen Ende der Anlage den Kampf fortführten. Nicht mehr lange, dachte Schizo, als sie ihren Bauch mit dem tretenden Kind streichelte.

››Ist das wirklich schon alles?!‹‹, brüllte Burn überheblich.
Big kümmerte sich um den mit den Gatlings. Die anderen beiden waren mit Burn beschäftigt. Der Krallenträger war wie ein flinkes Wiesel. Er näherte sich Burn auf wenige Meter, sprang in die Höhe und versuchte einen Angriff aus der Luft. Burn lächelte hinterhältig. Er hielt seine Feuerhand von sich gestreckt. Aus diesem Schoss seinem Gegner ein weißer Strahl Napalm entgegen, der in sofort in ein Häufchen Asche verwandelte.
Der zweite blieb auf Distanz und versuchte Burn mit einem gezielten Schuss aus seiner Pistole zur Strecke zu bringen. Burn nutzte seine kleineren Löcher, welche sich seinen Armen entlang setzten, um die von seinen Körper produzierten Bomben auf den Gegner zu schleudern. Der Schütze wich mit einer Rolle zur Seite aus, was sich als tödlicher Fehler erwies.
Der gesamte Boden war von Burn mit Bomben übersät worden, die durch einen Gedankenimpuls von ihm gezündet werden konnten. Die Bomben strahlten etwas Wärme aus. Zu wenig für einen Wärmescanner, aber stark genug, um sich von der Kälte des Bodens abzuheben. Burn hatte seine Augen dementsprechend anpassen lassen, um sie sehen zu können.
Und auf solch einer Miene stand sein Gegner gerade. Mit einem fiesen Grinsen sendete der Genma sein Signal aus. Mit zwei aufeinanderfolgenden Pieptönen, aktivierte sich die Bombe und ließ ihren Opfer gerade noch genug Zeit, um einmal entsetzt zu Boden zu schauen, bevor sie ihn in Stücke riss. ››Jetzt heißt es zwei gegen einen‹‹, murmelte Burn fröhlich vor sich hin.

Im Zentrum der Fabrik befand sich das dunkle, mit abgenagten Knochen übersäte Zimmer von Cannibal. Die Sirenen drangen zu seinen deformierten Ohren, doch sie mussten warten. Der schmächtige Genma mit der blass-grauen Haut stand vor einem zerkratzten Spiegel und betrachtete seinen letzten menschlichen Zahn, der im krassen Gegensatz zu dem Rest der stählernen Reißzähne stand. Er betastete den gelblichverfärbten Querulanten, sah ihn sich im Spiegel an und prägte sich jede Kleinigkeit ein, bevor er ihn mitsamt der Zahnwurzel herausriss. Blut tropfte auf seine länglich-spitze Zunge.
Aufgrund der verschiedenen Genmanipulationen, schmeckten Fleisch und Blut jedes Genmas anders. Das Blut von Cannibal schmeckte nach Himbeere, welches er genüsslich herunterschluckte.
Er schaute auf seinen ausgerissenen Zahn und verglich ihn dann mit dem neuen Reißzahn in der anderen Hand. Einen Moment starrte er beide an. Dabei ließen sich die ganzen Pockennarben auf seinen Unterarmen blicken. Narben vom exzessiven Genuss verschiedenster Drogen.
Nach einem Moment des Innehaltens, warf Cannibal den alten Zahn mit dem letzten Rest seiner Menschlichkeit angeekelt in die Ecke und stieß sich den Reißzahn mit brachialer Gewalt in die Lücke. Das Fleisch heilte und behielt den Zahn im Mund. Probehalber lächelte Cannibal in den Spiegel. Zufrieden mit dem Ergebnis bleckte er die Zähne.
››Vollkommen‹‹, murmelte er zu sich selbst. ››Endlich.‹‹ Langsam berührte seine Hand das kalte, zerkratzte Spiegelbild. Fuhr über deren tiefschwarzen Augen, deren seelenlose Leeren schon mehr mit einem Hai als mit einem Genma gemein hatten. Dann wandte er sich von seinem Ebenbild ab.
Im Vorbeigehen nahm er seine blau-rote Mickymaus-Kappe vom Hacken, welche zu dem Dunkelbraun seiner kurzen und zerrissenen Hose überhaupt nicht passen wollte und machte sich auf, den Rest seines Rudels im Kampf zu unterstützen.

››Scheiße! Das kann doch nicht so schwer sein! ‹‹, schrie Burn über den Lärm des Kampfes hinweg.
Weder Big ´s Muskeln, noch die Bomben des Pyromanen konnten dem letzten Eindringling erledigen. Wie eine fleischgewordene Lawine rannte er durch die Defensive der beiden.
Big hatte fast das Ende seiner Kraft erreicht. Niemand hätte gedacht, dass das jemals möglich wäre, weshalb er auch am wenigsten von der Übernahme der Fabrik profitiert hatte.
Mit einem Tritt in die Magengegend knickte Big ein, worauf sein Gegner nochmal den Ellenbogen mit ganzer Kraft auf den dicken Schädel hernieder sausen ließ. Big brach nun endgültig unter der Kraft seines Gegners zusammen.
››Fuck!‹‹, schrie Burn, der auf einmal ganz alleine dastand und keine Fluchtmöglichkeit sah.
Geschickt hob der Gegner den Pyromanen mit den Läufen der Gatling am Kragen seiner Armeejacke hoch, doch Burn gab so schnell nicht auf. Er hielt mit seinen beiden Händen auf den Gegner und tauchte ihn in das weiße Feuer seines Napalms ein. Doch der andere blieb unbeeindruckt. Er war ein bisschen verrußt und kleine Flämmchen loderten noch in seinem Gesicht, doch er schien keine Schmerzen zu verspüren.
Wahrscheinlich hatte er seine Nervenenden zerstört, um überhaupt keinen Schmerz mehr zu empfinden, was viele taten. Aber keiner von Cannibals Leuten. Er hatte es ihnen strengstens Verboten und bisher hatte er sie immer gut geführt, doch nun war er nicht hier, um seinem Gefolgsmann zu helfen.
››Bring es endlich hinter dich‹‹, sagte Burn gequält, wobei er die Augen zukniff und das Gesicht schmerzverzerrt anspannte.
Der andere lächelte sadistisch. Mit seiner anderen Gatling zielte er auf Burns Kopf. Die Läufe begannen sich ratternd zu drehen. Schneller und schneller malten sie einen dunklen Kreis in der Luft. Burn kniff die Augen noch weiter zusammen. Jeden Moment erwartete er durchsiebt zu werden.
››Hinter dir!‹‹, hauchte jemand, wie ein Wispern im Dunkeln.
Plötzlich wich der freudige Gesichtsausdruck des Gatlingträgers Verwirrung. Von einer Sekunde auf die andere, hatte der große Genma ein dünnes, längliches Loch im Kopf, welches von einer Klinge zu stammen schien. Orangenes Blut floss sein Gesicht hinab. In der Luft perlte weiteres Blut von dem nichts, an dem es zu haften schien, zu Boden. Dabei ergab das scheinbare Nichts die Form einer gezahnten Klinge. Langsam wurde die Waffe sichtbar und der der sie führte. Es war Cannibal.
Mit einem saugenden Geräusch zog er die Klinge aus dem Schädel seines Opfers. Darauf fiel der feindliche Genma zu Boden und Burn konnte wieder auf seinen beiden Beinen stehen.
››Puh! Das war knapp‹‹, Burn wischte sich den Schweiß von der Stirn. ››Danke, Boss.‹‹
Cannibal achtete nicht weiter auf ihn. Mit leuchtenden Augen schaute er auf den Toten. Burn kannte dieses Funkeln nur zu gut. Manchmal bemerkte er, wie sein Anführer seine raue, reptilienartige Haut anstarrte, als wenn er den Pyromanen seine dunkelrote Schale gleich vom Leibe reißen wollte, um sie zu essen.
Cannibal leckte sich genüsslich über die Lippen. Dann verwandelte er mithilfe der Nanobots, die in seinem Körper waren, sein Messer, welches eigentlich seine rechte Hand war, in eine Axt und hackte dem Toten die Arme ab. Genüsslich riss er das Fleisch von den Knochen.
››Mh. Schmalz und Kokosnuss‹‹, schmatzte er genüsslich.
Burn wurde immer übel, wenn Cannibal davon sprach, wonach seine Mahlzeit schmeckte.
››Wer waren die?‹‹, fragte er schmatzend, bevor er einen weiteren Fleischfetzten von den Knochen riss. Ein unheimlicher Anblick, wie Burn fand.
››Keine Ahnung. Lass mich mal sehen.‹‹
Burn untersuchte die Haut nach dem Symbol des zugehörigen Rudels, welches alle Genmas eintätowiert hatten. Jeder konnte sich eine nicht sichtbare Stelle aussuchen. Schließlich sollte man bei einer verdeckten Operation nicht sehen, wem sie zugehörig waren.
Bei der Leiche war die Tätowierung auf das linke Schulterblatt gemalt worden. Es war ein erhobener Arm, der einen Totenschädel in der Hand hielt. Seltsamerweise war die Haut herum verbrannt.
››Sein Rudel muss vor kurzem übernommen worden sein‹‹, bemerkte Cannibal.
Burn entfernte die Maskierung. ››Moment mal. Ist das nicht Sick?‹‹
Cannibal schaute ihn schräg von der Seite an. ››Oh ja, das ist er‹‹, sagte der Kannibale, bevor er weiter sein Fleisch aß. ››Ich wollte ihn schon immer mal probieren‹‹, schmatzte er.
Cannibals Rudel und das von Sick waren bis aufs Blut verfeindet. Sie hatten immer nach einem Weg gesucht, um das Rudel dieses Hurensohnes zu zerschlagen. Aber so wie es aussah, war ihnen jemand zuvorgekommen.
Plötzlich drängte sich eine schreckliche Erkenntnis in Burns Bewusstsein. ››Das ist unser Zeichen!‹‹
››Scheinst ja übel was abbekommen zu haben, wenn es dir erst jetzt auffällt‹‹, merkte Cannibal trocken an.
Währenddessen kam Big im Hintergrund zu sich und ging torkelnd wieder in den Komplex zurück. Er hatte in so einer komplizierten Situation nichts verloren. Er war der Mann fürs grobe, der dringend wieder zusammengeflickt werden musste. ››Mein Schädel brummt‹‹, war alles, was er sagte.
››Und was ist daran zu schlimm?‹‹, fragte Cannibal kalt, bevor er damit begann den Knochen knacksend zu verzehren und sein Mark zu schlürfen.
››Was daran so …?!‹‹, fragte Burn entsetzt. ››Sie gehören zu uns! Wir sind ein Rudel!<<
››Nicht mehr, wenn sie uns angreifen‹‹, sagte Cannibal immer noch ruhig.
Burns Augen weiteten sich, als er das Ausmaß der Situation erkannte. ››Soll das heißen, dass wir kein Rudel mehr haben?!‹‹
Ohne Rudel konnte man sich in der rauen Welt der Genmas als tot betrachten. Niemand überlebte als Einzelgänger, egal wie stark er war.
››Nicht ganz. Was meinst du, warum ich nicht alle Menschen verspeist habe? Bestimmt nicht, weil ich so nett bin. Ich werde mein eigenes Rudel gründen, ein neues. Aber das‹‹, er zeigte mit dem halbaufgefressenen Knochen auf die Leiche von Sick, ››wird nicht toleriert.‹‹ Cannibal drückte auf den Knopf seines Funkgerätes im Ohr. ››R3‹‹, sprach er in das Gerät. ››Ich werde unserem alten Rudel mal einen Besuch abstatten. Mach alles soweit fertig.‹‹
››Wer geht mit?‹‹, fragte R3 mechanisch über Funk.
››Niemand. Nur ich.‹‹
››Was?!‹‹, mischte sich Burn ein. ››Bist du wahnsinnig! Du willst es doch nicht alleine mit dem ganzen Rudel aufnehmen?!‹‹
Ein Lächeln von Cannibal beantwortete die Frage. Burn wusste, dass sein Anführer ihn jederzeit den Kopf abreißen konnte, wenn er wollte. Also schwieg dieser lieber. Sein Anführer konnte immer eine Zwischenmahlzeit vertragen.
››Vorgabe akzeptiert‹‹, sagte R3. ››Ich schlage jedoch noch einen Besuch bei Schizo vor. Sie würde es mit hundertzehnprozentiger Wahrscheinlichkeit so wollen. Weitere Instruktionen?‹‹
››Ja. Während ich weg bin, werdet ihr mit diesen Menschen wie bisher weiter verfahren. Wenn ich zurückkomme, will ich eine Armee sehen und keine rosahäutigen Scheißhaufen.‹‹
››Verstanden!‹‹
››Okay‹‹, stöhnte Burn. ››Wenn´s denn sein muss.‹‹

Cannibal schritt siegessicher über die mit Menschenviech gefüllten Käfige, die sich unterhalb der Fußböden befanden, zu Schizos Zimmer.
Während er über die schwachen Menschen schritt, hörte er öfters Wörter wie Dämon, Monster oder Teufel, die hinter vorgehaltener Hand getuschelt wurden. Verängstigt wichen die Menschen vor ihren Herren zurück. Er würde diese Momente schon ein wenig vermissen, sobald sie vollwertige Genmas waren. Seine Genmas. Seine Soldaten. Sein Eigentum.
Einen Moment zögerte Cannibal die Tür zum Zimmer seiner Gefährtin zu öffnen. Wieso tat er das? Schizo war seine Lebensgefährtin, sein Eigentum mit dem er beliebig umgehen konnte, mehr nicht! Weder musste er sich vor ihr für seine Handlungen rechtfertigen, noch musste er sie aus einem Gefühl falscher Liebe heraus behalten. Er konnte sie gegen jede andere austauschen lassen, wann immer er wollte. Aber warum legte er dann so viel Wert auf sie? Weil sie schwanger war? Ganz bestimmt nicht. Cannibal war ein Soziopath für den Andere nicht mehr als Werkzeuge waren, um seine eigenen Ziele zu erreichen. Wenn es nötig gewesen wäre, hätte er das ungeborene Etwas – dieses Ding in Schizos Körper – verscherbelt. Vielleicht sogar gegen ein paar neue Mugens? Was würde man für ein solches Ding bekommen? Wer würde nicht alles tun um es zu haben? Zum Glück wusste niemand von seiner Existenz. Und wenn doch, so würde er es gegen etwas Mächtiges tauschen oder bei einem gewalttätigen Versuch es an sich zu bringen sterben. Aber wie würde Schizo darauf reagieren? Und warum legte er jetzt nun überhaupt so viel Wert auf sie? Cannibal schüttelte den Kopf. Die Antwort war doch klar. Sie war die beste Hackerin von allen.
Sichtlich zufrieden mit der Erklärung öffnete er die Tür. Dahinter stand Schizo vor dem Spiegel und streichelte über ihren trächtigen Körper.
››Ist es nicht wunderschön?‹‹, fragte sie ohne sich umzudrehen. ››Wir werden endlich Eltern. Cannibal, hättest du das jemals gedacht?‹‹
Der Genma schwieg. Er hätte niemals damit gerechnet einen Schwangeren seiner Art zu sehen, geschweige denn der Vater von dem noch ungeborenen Ding zu sein. Noch nie war ein Genma geboren worden. Sie waren alle Produkte der Wissenschaft und ihrer Umwelt. Wer wusste schon, wie das Ding sein würde. Es wunderte ihn sowieso, dass die Schwangerschaft schon jetzt so weit fortgeschritten war.
Schizo drehte sich lächelnd um und ließ die beiden Herzen des Kannibalen einen Aussetzer machen. ››Wieso besuchst du uns?‹‹, fragte die schizophrene Genma.
Cannibal schaute zur Seite weg, damit sein Puls sich wieder beruhigen konnte. Der Anblick schockierte ihn doch mehr, als er zugeben wollte. ››Ich muss weg. Da gibt es noch etwas, dass ich erledigen will.‹‹
Schizo wirkte sichtlich enttäuscht. ››Wirklich? Aber … aber was wird aus unserem Kind? Ich will, dass du dabei bist, wenn es zur Welt kommt.‹‹
Cannibal ging auf sie zu, hielt ihre Hand und streichelte durch ihre lichten schwarzen Haare. ››Ich bin rechtzeitig wieder da. Versprochen.‹‹ Schizos Miene erhellte sich wieder. Auf ihren Bauch entstand für einen kurzen Moment eine Beule in der Form einer kleinen Hand.
››Ah sieh nur! Unser Kind will sich von dir verabschieden.‹‹
Cannibal lächelte stumm. Er hatte gelogen. Er hatte überhaupt nicht vor, pünktlich zurückzukommen. Er würde so lange fort bleiben, wie es eben nötig war.

Der Kannibale fuhr mit einem kleinen Mofa durch die leeren U-Bahnschächte der Stadt. Sein Rudel befand sich auf der East-Side. Dort würde er sie alle auslöschen. Keiner würde am Leben bleiben. Sie hatten an seinen Führungsqualitäten gezweifelt. Hatten gedacht, dass ihr Anführer durch seine stumpfsinnige Gefährtin schwach geworden sei. Jetzt würden sie seinen ganzen Zorn zu spüren bekommen.
Zwei Monate. Ganze zwei Monate hatte er damit verbracht, die Nanobots zu meistern. Nun war es an der Zeit zu zeigen, wie schrecklich und grausam ihre Kraft wirklich war. Animal und die anderen konnten sich auf was gefasst machen.
An der nächstgelegenen Station, parkte er und ging die Treppe hinauf an die Oberfläche.
Alles war noch so, wie er es in Erinnerung hatte. Zerstörung und Tod regierten die trostlosen Straßen, als hätte erst vor Kurzem eine Bombe eingeschlagen. Der gelb-grüne Giftnebel waberte ruhig vor sich hin. Kaum ein Sonnenstrahl schaffte es in die Tiefe und tauchte alles in ein düsteres Zwielicht.
Überall waren Graffitis und Symbole gemalt worden. Parolen wie Dehumanized oder Kill All Mutants! kündeten von einer Zeit, als diese Stadt noch von Menschen bevölkert gewesen war. Andere wiederrum hatten Aussagen wie Keep out or die! dazu waren noch die Zeichen des Rudels, der Arm mit dem Totenschädel, in Blut auf die Wände geschmiert, damit auch jeder wusste, wessen Territorium es war.
Behutsam huschte Cannibal durch die Straße. Bemüht möglichst unauffällig zu sein, denn er wollte Animal keine Zeit geben, sich auf ihn zu freuen.
Der Genma erreichte die erste Kreuzung, als plötzlich eine verdrängte Erinnerung aus einem für ihn längst vergangenen Leben sich aus dem Dunkel des Unterschwelligen in das düstere Licht seines Bewusstseins drängte.

Ich habe schnell ein paar Knöpfe an der Kamera gedrückt. Diesen Moment wollte ich nicht verpassen.
Es ist ein angenehm warmer Herbsttag gewesen und die Sonne hat die Glaspaläste, die sich zum Himmel strecken, zum Leuchten gebracht. Isabella hat den Schal getragen, den ich ihr zu unserem Jahrestag geschenkt hatte.
Schnell habe ich eine Aufnahme gemacht. Gerade noch rechtzeitig habe ich den Moment – wie Isabella einen ganzen Hotdog auf einmal vertilgt – mit dem Fotoapparat festgehalten.
››Hey!‹‹, hat sie mit vollem Mund gesagt und mich gespielt geschlagen. ››Du sollst mich nicht fotografieren, wenn ich gerade esse.‹‹
Ich habe sie angelächelt. ››Ich konnte einfach nicht wiederstehen.‹‹
Damals hat mein Herz ihr gehört. Ich habe ihr gehört.


Cannibal sprang vor Schreck einen Schritt zurück. Was war das denn?!, fragte er sich. Das war seine Stimme gewesen. Aber er konnte es unmöglich gewesen sein. Diese Gefühle. Sie hatten nichts mit ihm gemein. Das war er nicht und doch wieder schon. Es war einfach verwirrend. Er konnte es nicht verstehen und das löste ihn ihm eine nie gekannte Wut aus.
Ein leiser Knall, unterbrach den Strudel seiner Gedanken. Eine Granate landete eine Sekunde später vor den Füßen des Kannibalen. Er reagierte zu spät. Aus der Granate drang weißer Rauch auf, der ihm in Sekundenschnelle die Sinne raubte.
Unbändiger Schmerz ließ den Genma aus seiner Ohnmacht hochschrecken. Seiner ganzen Pein ließ er Luft, indem er sie in den Raum schrie. Das erste was er wirklich wahrnahm, war das triste Licht einer nackten Deckenlampe. Das elektrisierte Flackern der Beleuchtung machte es schwer, sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen.
Danach fühlte Cannibal, wie jemand sich an ihm zu schaffen machte. Ein Genma im blutverschmierten Arztkittel und einem Mundschutz, wühlte sich vornübergebeugt durch seine Innereien.
››Was ist dies? Oh, was ist das?‹‹, murmelte er beständig zu sich selbst.
Cannibal konnte seine Beine nicht mehr spüren. Ein schneller Blick nach unten ließ ihn erkennen, dass sie ihm abgetrennt worden und nun nichts weiter als blutige Stümpfe waren.
››Kann man das gebrauchen? Aha! Das hängt mit dem zusammen. Und … was ist das? Mh.‹‹, murmelte unterdessen der geisteskranke Arzt weiter vor sich hin.
Währenddessen erkannte Cannibal weitere Details seiner Umgebung. Er war mit Gurten an einen metallenen Tisch geschnallt worden. Im Raum war es staubig und mit Blut, Mörtel und Dreck verschmutzt. Überall waren mit Kreide wirre Formeln gekritzelt worden. An den Wänden. Auf dem Boden. Selbst an den Tischen und den Gurten an denen er festgeschnallt war. Auf einen klapprigen, ebenfalls bekritzelten Holztisch lag verschiedenes blutbeschmiertes Gerät.
››Das reicht erst mal‹‹, der Arzt entfernte sich von seinem Gefangenen.
Als er sich zu dem Mutanten umdrehte, sah man, dass seine Augenlider fehlten, wodurch die nackten Äderchen seiner Augäpfel entblößt waren. Außerdem schienen ihm die Wände zum Bekritzeln nicht gereicht zu haben. Er hatte sich selbst auch noch vollgeschmiert. Seine Kleidung. Seine Haut. Alles war voll mit diesem Kauderwelsch.
Cannibal zeigte mit dem Kinn auf die abgesägten Beinstümpfe.
››Ach die? Die brauchst du nicht mehr. So wie ich meine … meine … äh … Augenlider? Ja, richtig. Augenlider. Sie haben mich immer gezwungen zu schlafen. Sind mir … ohne zu fragen, zugefallen. Jede Nacht! Ich wollte nicht mehr. Wollte sie zum Schweigen bringen. Jetzt sind sie tot und ich kann so lange wach bleiben, wie ich will. Aber deine Beine … Sie mussten ab. Sonst würdest du noch weglaufen. Aber du bist mein Freund. Und Freunde rennen nicht so einfach weg!‹‹ Er zeigte auf weitere Genmas, die ausgeschlachtet an rostigen Hacken von der Decke baumelten. ››Sie wollten nicht meine Freunde sein. Wollten mir nicht helfen zu verstehen. Zu verstehen. Wieso, weshalb, warum. Wer nicht fragt, bleibt dumm! Äh … Wollten wegrennen. Jetzt aber. Nachdem ich sie zum Schweigen gebracht habe. Jetzt sind sie meine Freunde. Meine schweigsamen Freunde, wie meine Augenlider.‹‹ Er näherte sich wieder seinem vermeidlichen Freund, der ihn aus hasserfüllten Augen anstierte. Vor Wut hob und senkte sich Cannibals Brust wie ein Blasebalg.
››Diese Augen … Diese seelenlose Leere … In diesen schwarzen Augen. Kannst du überhaupt lieben? Können diese Augen lieben?!‹‹, schrie er hysterisch.
Cannibal ließ durch die Verwandlungsfähigkeiten der Nanobots die Fettschicht seiner Haut in eine Lauge verwandeln, wodurch er die Gurte wegächzte und so frei kam.
Blitzschnell packte er den wahnsinnigen Arzt an der Schulter. Der wild schreiend mit den Armen fuchtelte. Cannibals andere Hand verwandelte ihre Finger in sich drehende Korkenzieher. Entsetzen und Faszination spiegelten sich in den Augen des Arztes, als die Finger auf ihn zurasten. Diese fraßen sich durch fünf Punkte seines bemalten Gesichtes. Zwei in die Wangenknochen, zwei weitere in die nackten Augäpfel und der Letzte in das Schmerzzentrum seines Gehirns. Egal ob er seine Nervenenden zerstört hatte oder nicht. Im Kopf konnte er immer noch Schmerzen empfinden.
Warmes Blut spritzte in Cannibals Gesicht, während sich sein Opfer unter Schreien windete. In wenigen Sekunden war es vorbei.
Der Kannibale rollte sich vom Tisch. In einer dunklen Ecke entdeckte er seine Beine. Unter Ächzen und Stöhnen zog er seinen geschundenen Körper zum anderen Ende des Raumes. Dort hielt er seine Beine an die blutenden Stümpfe. Die Nanobots erledigten den Rest. Schnell heilten die Beine wieder an, ohne weitere Schäden davongetragen zu haben. Cannibal ging aus dem dunklen Raum. Er kam durch ein verlassenes Apartment. Sein Blick fiel auf eine Couch mit einem kleinen Tisch, vor einem Fernseher. Wieder drängte sich ein Fetzen Erinnerung vor seinem Leben als Menschenfresser in sein Bewusstsein.

Ich habe diese Fernsehabende immer geliebt.
Isabella und ich haben uns aus der Videothek den schlechtesten Film geholt, den wir finden konnten. Dann haben wir dazu Chips gegessen und Bier getrunken.
Es ist wie eine Art Ritual gewesen, wenn ich meine Füße auf den Tisch gelegt habe und Isabella sie immer wüst schimpfend runter werfen musste.
Wie sie sich diese Abende immer an mich gekuschelt hat.
Damals dachte ich, wir würden auf ewig so zusammenbleiben.


Wütend schritt Cannibal auf die Couch und den Fernseher zu.
Sie waren schuld. Sie hatten menschliche Gefühle in ihm wachgerufen. Gefühle die nicht mehr die seinen waren. Die er nicht mehr wollte. Die er verabscheute, wie eine ansteckende Krankheit. Es wurde immer schlimmer.
Brüllend warf er die Couch aus dem Fenster, den Fernseher zerschlug er mit seinen Fäusten und er biss in den Tisch und schüttelte dabei einem Terrier gleich seinen Kopf, worauf der Tisch zerfiel und seine Einzelteile im gesamten Raum verstreute.
Dabei fiel Cannibals Blick auf einen Stuhl der durch einen Spalt in der Tür zu sehen war. Wieder wurde ein unerwünschter Teil seiner Erinnerung ans Tageslicht gebracht.

Ich bin klitschnass in die Wohnung reingekommen.
Habe gesehen, wie Isabella einsam und verlassen auf einem Stuhl saß. Die Arme hat sie um ihren Körper geschlungen. Ihr Blick ist ins Leere gegangen. Die Regentropfen sind beständig gegen das Fenster geprasselt und unterstrichen ihre depressive Stimmung noch zusätzlich.
Dann ist mein Blick auf ein Dokument gefallen. Meine Augen sind über die Zeilen hinweg gerast. Ein verstehender und zugleich entsetzter Ausdruck hat sich auf meinem Gesicht breit gemacht.
Schnell bin ich zu Isabella gegangen und habe sie in den Arm genommen.
Unter Tränen habe ich ihr gesagt: ››Es tut mir leid. So unendlich leid.‹‹
Sie hat angefangen zu schluchzen. ››Es ist nicht deine Schuld. Es sind … die Mugens. Sie … sie machen Menschen unfruchtbar‹‹, hat sie mir mit brüchiger Stimme erklärt. Dabei ist ihr eine Träne die Wange hinab gekullert.
Beim Gedanken, wie sehnlichst sie sich Kinder gewünscht hatte, ist mir fast das Herz in der Brust zersprungen.
Ich habe sie hin und her gewogen. Inzwischen hat sie angefangen zu weinen. ››Wir werden schon einen Weg finden. Versprochen‹‹, habe ich gesagt, auch wenn es gelogen war, dabei habe ich ihr Parfüm wahrgenommen. Es hat nach … Himbeere gerochen. Mein Lieblingsduft.
Damals habe ich mich zum ersten Mal gefragt, wie wohl ihr Fleisch schmecken würde.


Brüllend schritt Cannibal auf den Stuhl zu, riss die Tür aus ihren Angeln und zerschmetterte das verhasste Objekt zu Holzsplittern. Wütend schnaubend starrte er auf die Überreste. ››Scheiße!‹‹, keuchte er vor Anstrengung und Wut. ››Scheiße! Scheiße! Scheiße! Ich will das nicht mehr‹‹, sagte er mit unterdrückter Wut durch seine festzugebissenen Zähne.
Durch das Fenster flog eine Rakete. Cannibal konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken. Das Geschoss blieb in der Wand stecken. Mit einem Piepton explodierte es, doch der Kannibale machte einen Hechtsprung zurück in den Raum in welchem er die Couch aus dem Fenster geworfen hatte. Die Druckwelle schleuderte ihn gegen die Wand.
Schnell wurde die Wohnung von den Genmas seines ehemaligen Rudels überrannt. Cannibal tötete so viele, wie er konnte, doch sie waren zu zahlreich. Er wurde überwältig, in Ketten gelegt und dann zu einem Einkaufzentrum dem Hauptsitz seines Rudels gebracht.
Dort wurde er in einen tiefen Krater geworfen, dessen Ursache wohl eine größere Bombe gewesen war. Am Rande sammelten sich schnell andere Genmas. Böse Grinsend schauten sie auf ihn hinab. Durch eine entstehende Gasse schritt ein großer Genma mit stahlgrauen Augen.
Er hatte kleine Messer, deren Klingen aus seinen Rücken durch die Löcher seiner ärmellosen Lederjacke traten. Längere Metallstacheln bildeten einen stählernen Ihro auf seinen ansonsten kahlrasierten Schädel. Passend dazu trug er einen großen Nasenring. Den linken Arm entlang waren unzählige tätowierte Augen aufgemalt, die bis zu seinem Hals verliefen. Sein schmieriges Lächeln entblößte gelbliche Zähne und einen silbernen Reißzahn, der als Ersatz für einen verlorenen Eckzahn diente. Animal. Der größte Aufrührer seines ehemaligen Rudels. Immer hatte er Cannibals Position angezweifelt. Hatte immer seine Pläne bespuckt, ohne bessere Vorschläge vorbringen zu können. Er war machthungrig. Er war es immer gewesen. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb Cannibal ihn nicht leiden konnte. Sie waren sich zu ähnlich.
››So sieht man sich wieder.‹‹ Übertrieben verschränkte Animal die Arme. ››Du hast uns verraten. Wolltest uns ohne Anführer zurücklassen. Doch ich habe das Rudel nach deinem Verrat geführt. Ich werde die Fabrik erobern und dann über die gesamte Stadt herrschen. Seit du weg warst, lief es gut für uns. Ich habe unsere schlimmsten Feinde vernichtet und zerschlagen. Die Überlebenden hatten die Chance zu mir überzuwechseln.‹‹ An Animal drängten sich hübsche Weibchen, die sich nach ihm verzerrten. Er hatte schon immer eine Schwäche für Sexsüchtige gehabt.
››Aber das muss noch warten. Heute werde ich den großen Kannibalen töten.‹‹ Mit diesen Worten wurden andere Genmas in den Krater gestoßen. Unter dem Gejohle der Zuschauer, mussten sie um ihr Leben kämpfen. Cannibal erinnerte es an damals, als …

Ich habe sie bemerkt, seit sie das Gebäude betreten haben.
Draußen ist die Hölle los gewesen. Genmas und Menschen sind sich auf den Straßen gegenseitig an die Gurgel gegangen und die Menschen scheinen den Kürzeren zu ziehen.
Ich habe zu Isabella rüber geschaut, die ich ans Bett fesseln musste.
Vor unserem Fenster scheint die Welt zu Gunsten einer anderen unterzugehen. In der neuen Ordnung ist kein Platz für Menschen und es wird auch niemals einen geben.
Nur als Mutanten hätten wir überleben können. Aber sie hat es nicht einsehen wollen. Hat es nicht gewollt – niemals. Lieber würde sie den Tod wählen, als so zu leben. Aber ich kann nicht ohne sie sein. So habe ich sie niedergeschlagen und ans Bett gefesselt.
Sie hat mich gebeten sie loszubinden. Doch ich konnte nicht. Es war nicht fair. Als Mensch hat sie nicht überleben können und als Mutant – als Genma, wie sie uns inzwischen getauft haben – hat sie nicht leben wollen. Doch ich habe zu ihren Gunsten entscheiden müssen. So habe ich sie den Veränderungen unterzogen. Aber nur den Nötigsten. Sie soll bleiben, wie sie ist. Wer sie ist. Doch auch sie scheint sich verändert zu haben. Sie hat geredet. Hat mit sich selbst geredet, wenn keiner da ist. Die Menschen haben versucht sie mir wegzunehmen. Sollen sie es doch versuchen. Ich werde sie erwarten.
Die Tür ist zu Boden gekracht. Drei maskierte Männer mit MP ´s und Rammbock sind in unsere Wohnung gestürmt. Das Spiel hat begonnen.
Ich bin auf einen Schrank geklettert und habe von dort aus gelauert. Die Soldaten sind in das Zimmer gestürmt, wo ich und Isabella sind.
››Oh mein Gott!‹‹, hat einer der Soldaten entsetzt gesagt. ››Dieser Genma wollte sie vergewaltigen.‹‹
Ich habe den Kopf darüber geschüttelt, wie wenig diese Kreaturen doch wissen.
Das Team hat sich aufgeteilt, um nach mir zu suchen. Gut für mich. Ich habe eine Waffe mit Schalldämpfer gezogen.
Einer von ihnen hat Isabella losbinden wollen, das habe ich nicht zulassen können. Ich habe bei einer günstigen Gelegenheit auf sein Rückgrat gezielt. Der Schuss ist lautlos gewesen. Hat sein Genick durchdrungen. Ich bin daraufhin vom Schrank gesprungen. Zum Glück habe ich Isabella geknebelt. Sie hat wie am Spieß geschrien, als sie das ganze Blut gesehen hat. Ich habe den toten Körper genommen und ihn unters Bett geschafft.
Der Zweite ist unerwartet durch die Tür getreten. Wieder habe ich ihn am Hals getroffen und damit sein Rückgrat zerstört. Laut ist der Körper zu Boden gepoltert. Vorrausschauend habe ich mich daraufhin seitlich an die Tür gestellt.
Der letzte ist – seiner Natur nach dämlich - wieder durch die Tür gekommen. Er hat auf die Leiche seines Kollegen geschaut. Wie sein Training es verlangte, hat er erst einmal die Seiten der Tür gesichert, doch ich bin schneller als er gewesen. Ich habe noch vier Schüsse und drücke den Lauf meiner Waffe gegen seinen Unterkiefer. ››Zu langsam. Ihr werdet nie überleben‹‹, habe ich lächelnd zu ihm gesagt, dann habe ich abgedrückt. Aus den Augen des Menschen ist das Leben gewichen. Blut ist aus den Rändern seines Helms getropft. In dem Moment habe ich mich mal wieder ernsthaft gefragt, wie wohl …
Damals habe ich zum ersten Mal Menschenfleisch gegessen.


Ohne Gnade tötete Cannibal den letzten Wiedersacher. Er riss ihm den Arm aus und schlitzte ihm nebenbei die Gurgel durch. Den Arm behielt er und biss genüsslich davon ab. Die Haut war kross und knusprig, während das Fleisch fest und süßlich war.
››Ist das alles?‹‹, fragte Cannibal ruhig. Er aß den Knochen mit, der knirschend von seinen Zähnen zerkleinert wurde.
Für einen kurzen Moment flackerte Furcht in den Augen Animals auf. Dann verbarg er sie wieder unter seiner dünnen Schale aus Siegessicherheit. ››Wusstest du schon, was passiert, wenn du einen Hund ausschließlich mit Ratten aus der Kanalisation fütterst?‹‹
Darauf wurden Käfige in die Grube entleert. Große Hunde mit dickem Fell, gefletschten Zähnen von deren Schnauzen giftiger Geifer tropf fielen nun über den Kannibalen her. Sie warfen ihn zu Boden und versuchten ihn zu zerfleischen. Durch die Nanobots wurde Cannibals Haut hart wie Granit. So konnte er verhindern, dass ihn die Köter in Fetzten rissen. Einer der Hunde drückte mit seiner Pfote seinen Kopf zu Boden. Dieser Knackste dabei gefährlich. Doch die schwarzen Augen des Kannibalen sahen nur die unstetigen Blicke von Animal, der Schadenfroh grinsend und von seinen Sexsüchtigen umgeben auf ihn niederblickte, wie ein feiger König auf einen aufmüpfigen Bauern. Wieder fühlte Cannibal sich an etwas erinnert.

Was ist das? Ich habe das klirren von zerspringendem Glas gehört. Es kam aus Isabellas Zimmer! Schnell bin ich hingerannt.
Neben ihren Bett hat ein, mit einer Pistole bewaffneter Irokesen-Genma, gestanden, der seine Waffe gegen Isabella Kopf gedrückt hat. ››Ich will deine Mugens!‹‹, hat er gesagt.
››Ich habe keine‹‹, habe ich gelogen und versucht unbedrohlich zu wirken.
››Verarsch mich nicht! Gib sie mir!‹‹
Ich habe zum Fenster geschaut. Der giftige Nebel ist langsam ins Zimmer gekrochen und Isabella ist noch nicht gegen ihn gewappnet. Ich habe sie impfen müssen. Sofort!
››Okay‹‹, habe ich schließlich gesagt.
Langsam habe ich mich dann dem Bett genähert und eine Aktentasche darunter hervorgeholt. Zögerlich habe ich sie ihm überreicht. ››Hier.‹‹
Er hat die Tasche mit einem überheblichen Funkeln in den Augen genommen, doch ich wollte sie nicht loslassen. Noch nicht. War es eigentlich das, was ich wollte? Wollte ich all diese Macht, die eigentlich mir gehörte einfach so aufgeben? All die mühsam erbeuteten Mugens einfach so kampflos übergeben? All die damit verbundene Macht? Sollte ich das wirklich aufgeben?
››Eines Tages‹‹, fing ich an zu sprechen. ››komme ich und fresse dich.‹‹ Das war das erste Mal, dass ich offen zugab ein Kannibale zu sein.
Dann habe ich den Koffer losgelassen. Der Genma ist schallendlachend durch die zerbrochene Glasscheibe gesprungen. Sobald er wieder draußen war, bin ich unters Bett gesprungen und habe eine Spritze hervorgeholt. Schnell habe ich sie Isabella verabreicht. Leider habe ich sie unter Beruhigungsmittel setzen müssen, da sie mir ansonsten geflohen wäre. Deswegen hat sie während der Impfung ins Leere gestarrt. Der einst süßliche Duft von Himbeere ist kaum noch wahrnehmbar. Wie sehr ich ihn in dieser Stunde vermisst habe. Ihre wundervollen Lippen haben sich ständig bewegt. Immer wieder hat sie ein Wort wiederholt. Other.
Damals hat Isabella sie zum ersten Mal erwähnt.


Der Gestank aus dem Maul des tollwütigen Köters riss Cannibal aus seinen Gedanken. Er konnte sogar noch die Überreste seiner letzten Mahlzeit zwischen den Zähnen erkennen. Wie wohl diese Töle schmeckt?, durchzuckte es ihn plötzlich. Mithilfe seiner Nanobots, öffnete der Kannibale seinen Mund unnatürlich weit und riss dem Hund mit einem Bissen den Kopf ab. Zuckend brach der Köter zur Seite weg. Knirschend kaute Cannibal auf seiner Mahlzeit. Das Mark der Knochen war wie eine salzige Creme, gemischt mit dem Geschmack von harzigem Holz und blanken Stein.
Den Zweiten spaltete er mit seiner Handaxt den Kopf und dem Dritten riss er den selbigen ab.
Der Menge schien der Ausgang des Kampfes nicht zu gefallen, hatten sie doch mit dem Ableben des Kannibalen gerechnet. So schossen sie von ihren erhöhten Positionen auf Cannibal. Die Kugeln durchsiebten seinen Körper. Drangen zur einen Seite ein und zur anderen wieder aus. Die Nanobots heilten die Wunden jedoch sofort wieder. Dennoch spürte Cannibal die Schmerzen. Das war einer der Momente, wo er sich wünschte, seine Nervenenden zerstört zu haben.
››Genug!‹‹, schrie Animal über den Lärm hinweg. Bis auf eine Ausnahme hörten alle sofort auf seinen Befehl auf zu schießen.
Animal schritt wütend auf das sinnlosschießende Rudelmitglied zu und warf ihn kurzerhand in die Grube, wo er von dem vor Schmerzen wahnsinniggewordenen Cannibal in Stücke gerissen wurde. Er genoss Herz und Leber seines Opfers, während Animal gebieterisch zu seinem Rudel sprach: ››Wir sollten ihn nicht erschießen. Wir sollten seinen Kadaver öffentlich zur Schau stellen. Jeder soll wissen, dass ich ihn getötet habe.‹‹
Dieser Einfall fand gemurmelte Zustimmung, was kleiner ausgefallen wäre, hätten sie nicht gesehen, was Cannibal mit dem letzten Querulanten gemacht hatte.

Sie setzten den Kannibalen unter Drogen und nagelten ihn mit großen Nieten an der Wand des Hauptquartieres fest. Mit einem Lift, der früher zur Reinigung von Hochhäusern genutzt wurde, befestigten sie ihren Feind am höchstmöglichsten Punkt. Wenigstens habe ich eine gute Aussicht, dachte der Kannibale benebelt, während ein Genma die Nieten mit einem Hammer befestigte.
Von hier aus konnte er, soweit es seine eingeschränkten Sinne zuließen, die Seile sehen, mit denen ein schnelles Transportieren des Rudels möglich war. Die Seile waren mit anderen Gebäuden verbunden. In Falle eines Angriffs, konnte man sich mit einem Hacken innerhalb von Sekunden vom Hauptquartier, welches sich im Zentrum befand und das größte seiner Gebäude Art war, ans andere Ende des Territoriums bewegen.
Genüsslich sah Animal zu, wie Cannibal unter den wuchtigen Schlägen des Vorschlaghammers litt. Langsam kroch der Schmerz über die Arme in sein Gehirn.
››Ist das alles?‹‹, fragte Animal höhnisch. ››Das soll die letzte Auflehnung des großen Cannibal sein? Diese seelenlose Leere in deinen Augen. Wie ein Haifisch. Sie versprechen Dinge. Dinge von unermesslicher Grausamkeit – Kaltblütigkeit. Dinge die nicht wahr sind. Wie beim ersten Mal, als du nur tatenlos zugesehen hast, wie ich diese kleine Hure bedroht habe. Dir fehlt einfach der nötige Biss, um zu überleben.‹‹
Cannibal schaute Animal an. Jetzt erkannte er ihn wieder. Animal war der Ihro-Genma gewesen. Der der ihn bestohlen hatte. Der der seine Liebste bedroht hatte.
Von einer Sekunde auf die andere verflog die Wirkung der Drogen. Die Emotionen des Genmas kochten über. Gefühle die totgeglaubt waren – verschleiert vom Nebel des Wahnsinns – brannten sich durch seinen Leib. Es war als wenn man einer verruchten Kreatur eine Seele einhauchen würde. Eine Seele schwärzer als der Tod. Wie toll wand sich Cannibal unter den Nieten.
Vor Schreck machte Animal einen Schritt nach hinten und brachte den Fahrstuhl stark zum Schwanken.
Der Hass brannte sich einem Leuchtfeuer gleich durch Cannibals Herz. Um seine schwarzen Augen begannen die Adern wie blutrote Blitze des Zorns hervorzutreten. Mit einem Ruck riss er einen der Nieten aus der Wand und jagte ihn in den Schädel des Hammerträgers. Entsetzen machte sich in seinem Gesicht breit, als er erkannte, was ihm bevorstand. Aber ändern konnte er es nicht. So flog er mit der Niete im Kopf in die Tiefe.
Animal sprang vor lauter Furcht aus dem Fahrstuhl, holte in der Luft einem Harken hervor und rutschte eines der Seile hinunter.
Cannibal riss die zweite Niete heraus und sprang ihm hinterher. Im Sprung bekam er Animals Bein zu fassen. Seine Finger krallten sich in das muskelgestählte Fleisch von Animals Oberschenkel.
Brutal trat Animal auf sein ungewolltes Anhängsel ein, dabei rutschte Cannibal eine Hand ab, aber die andere klammerte sich sofort wieder an das Bein. Über den Abgrund hangelnd, sah der Kannibale seiner herabfallenden Mickymaus-Kappe hinterher. Wieder wollte Animal nach ihm treten, aber Cannibal fing den Tritt mit seinem Mund ab. Seine Zähne bohrten sich durch den Schuh in das Fleisch seiner Beute. Animal schrie seinen Schmerz in den Himmel. Er versuchte krampfhaft seinen Gegner von sich zu schütteln. Das Gewicht der beiden zog sie, gefährlich nahe an den Hochhäusern, in die Tiefe. Unaufhaltsam glitten die Beiden auf eines der Häuser zu. Durch das ganze Kämpfen und Zappeln aber, löste sich der Hacken vom Seil, bevor es zu einer Kollision kommen konnte.
Die beiden fielen auf eines der Dächer. Cannibal begrub durch seinen Sturz einen Wachposten unter sich. Mit einem schnellen Streich seiner Handklinge, tötete er den noch bewusstlosen Genma. Zusätzlich hackte er ihm eine Hand ab.
Nun kam auch Animal auf die Beine.
Sie standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Aus Cannibals Mund guckte seitlich eine grotesk zuckende Hand hervor, um die sich seine spitze, lange Zunge windete. Animal lächelte überheblich. Sein Silberzahn glänzte dabei. Doch ihm gelang es nicht recht gegenüber der Unerschütterlichkeit seines Gegners diese Überheblichkeit aufrechtzuerhalten.
Mit einem Happ ´s schlang der Genma sein Essen hinunter. Der Geschmack von schmierigem Öl und plastikartigen künstlichen Gewebe machte seine Zunge taub.
Der Nebel lichtete sich so langsam und zeigte die Ruinen einer einst schönen Stadt. Die Trümmer waren die stummen Zeugen eines täglichen Krieges. Dass sich der Nebel verzog, war ein sicheres Zeichen für Regen. Aber es würde nicht derselbe Regen sein, wie damals als Isabella herausgefunden hatte, dass sie keine Kinder bekommen würde. Dieser Regen würde ächzen. Wie Feuer würde er auf Haut und Fleisch brennen und tanzen. In weiter Ferne grollte der Donner.
Cannibal sah seinen Gegner in die Augen und Animal blickte in die schwarzen, blutunterlaufenen Augen seines Henkers.
Ein paar Tropfen klatschten auf das Dach. Dann begann der Wolkenbruch. Die Säure war zu schwach, um durch Kleidung und Stein zu kommen, aber stark genug um auf der Haut zu brennen. Cannibal spürte die Schmerzen jedoch nicht. Er hatte nur Augen für seinen Gegner.
››Heute‹‹, begann Cannibal, ››komme ich und fresse dich‹‹, bei diesen Worten erhellte ein Blitz seine Züge und warf unheimliche Schatten auf ihnen. Darauf rannte Cannibal schreiend auf seinen Feind zu.
Mit einem schnellen Ruck riss er Animal die Haut vom Gesicht ab. Schreiend hielt sich der Genma das blutende Antlitz. Mit unglaublicher Kraft packte Cannibal das Handgelenk, zog es von Animals entstellter Fratze weg und schlug knacksend in das Gesicht seines Kontrahenten, dabei flog Animals silberner Zahn heraus.
Cannibal folgte mit dem Augen der Flugroute des Zahns. Seine schwarzen Pupillen fingen den fliegenden Gegenstand wie eine sich spiegelnde Linse ein. Ist das … Liebe?, fragte er sich, während sein Blick den Zahn mit all seinen Einzelheiten einfing.
››Es wird nicht schnell gehen‹‹, knurrte er, als Animal in einer Lache sauren Regens lag, die sich zischend in sein verwundetes Gesicht brannte. ››Es wird auch nicht leise sein‹‹, fuhr der Kannibale fort und zerstampfte mit einem Tritt den Brustkorb seines Feindes. Mehrere Rippen knacksten weg und dem Gurgeln nach zu urteilen hatte es Animals Lungen erwischt.
Nackte Angst und Panik spiegelten sich bei Cannibals Worten in den entblößten Augäpfeln des Genmas. Sein Mund voller zertrümmerten Zähnen war vor Entsetzen weitaufgerissen. Mit einem Schlag durchbrach der Kannibale die Bauchdecke des Tieres, packte mit seiner Hand die glitschigen Gedärme seines Feindes, die zuerst versuchten sich aus seinem Griff zu befreien, aber am Ende riss er sie mit einem Ruck heraus. ››Bin ich dir nun grausam genug?! Passt die Grausamkeit meiner Augen nun zu meinen Taten?!‹‹, brüllte der Kannibale, während der Donner seine Worte begleitete. Mit einem Schlag stopfte er die Innereien in den Rachen von Animal. ››Dabei fange ich gerade erst an‹‹, sagte Cannibal mit einem psychopathischen Lächeln.

Tagelang wurde bloß geschrien. Wie Cannibal vorhergesagt hatte, war es nicht leise abgelaufen. Kein anderes Rudel hatte sich blicken lassen, um nachzusehen, was passiert war. Erst jetzt, wo eine gespenstische Stille eingekehrt war, trauten sich die mutigsten Späher vor.
Cannibal aber ging wieder zurück zur Fabrik. Schließlich wollte er die Geburt seines Kindes nicht verpassen. Er würde Schizo in den Arm nehmen, so wie früher. Alles würde sich zum Besten wenden.
Während seine Schritte auf der Treppe widerhallten und die Dunkelheit ihn langsam umfing, gewährte sein Verstand ihn noch einmal einen Blick in die Vergangenheit.

Ich habe die leblose Hülle Isabellas vom Bett losgebunden.
Leider hatten die Mugens einige Nebenwirkungen. So hat Isabella nun eine gespaltene Persönlichkeit. Sie ist ein Schizo. Mein Schizo.
Inzwischen haben sich in unserer Wohnung die abgenagten Knochen derer aufgestapelt, die vorhatten hier einzudringen. Und das auf meinem Bett ist nicht mehr länger Isabella gewesen. Sie ist als Schizo wiedergeboren worden. Als meine Braut. Mein Eigentum. Egal was passieren würde, sie gehört mir. Sie hat immer mir gehört.
Als es still geworden ist, habe ich sie bei der Hand genommen und wir sind in die Dunkelheit dieser neuen Welt geflohen.
Damals habe ich auch zum letzten Mal ihr Himbeerparfüm gerochen.
Die Erinnerungen an unsere Menschlichkeit ist immer mehr verblasst. Wir sind nicht länger Menschen. Wir sind wiedergeboren. Wiedergeboren als Genmas. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis meine Gefährtin es einsehen würde.
Mein Name ist Cannibal, der Kannibale. Ich werde jeden töten und fressen, der sich mir in den Weg stellt.


Nicht weit von Cannibals Abstieg in die verlassenen Tunnel der zerstörten Stadt, stieg eine Gestalt mit schwarzer Gasmaske an die zerstörte Oberfläche. Mit einem blinkenden Gerät maß sie die Luftverschmutzung. Der Zeiger auf der Anzeige schlug nur zur Hälfte aus. ››Hier ist Späher Nummer Sieben. Luftverschmutzung liegt nur noch bei fünfzig Prozent.‹‹
››Wie sieht es mit den Mutanten aus?‹‹, fragte eine Frau herrisch über Funk. Sie schien keine Widerworte gewöhnt.
Der Späher schaute sich auf der zerbombten mit Leichenübersäten Straße um. ››Sieht so aus, als wenn sie sich noch immer gegenseitig zerfleischen würden.‹‹
››Das können wir zu unserem Vorteil ausnutzen. Wenn sie sich gegenseitig töten, müssen wir die Oberfläche nicht zwangsläufig zurückerobern.‹‹
››Befehle?‹‹
››Nehmen Sie noch ein paar Gesteinsproben und wenn möglich noch einen toten Mutanten als Probeexemplar für unsere Wissenschaftler, aber ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Dann kehren Sie unverzüglich nach Undercity zurück.‹‹
››Das mit dem toten Genma dürfte kein Problem darstellen‹‹, sagte der Sammler, während er sich umblickte, umringt von Leichen der wahnsinnigen Kreaturen, die nun die Erdoberfläche beherrschten. Die Kreaturen waren auf grausamste Weise dahin gemetzelt worden. Einige hatten sogar Biss spuren oder abgetrennte Körperteile. Kann das ein Tier gewesen sein?, fragte sich der Späher. Aber welches Tier wäre so grausam?

The End


© EINsamer wANDERER


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Beschreibung des Autors zu "Ist das Liebe in der seelenlosen Leere seiner Augen? (Keine Jugendfreigabe!)"

Hier mal wieder etwas für einen Wettbewerb auf der Seite geschichten123.de http://www.geschichten123.de/

Es basiert auf einer Kurzgeschichte, die ich mal geschrieben habe. Hoffe sie ist trotzdem verständlich. Außerdem wollte ich mal wissen, ob ich das Wissen der letzten zwei Jahre kombinieren kann, statt mir einfach nur Schwerpunkte zu setzen. Ich denke mal, es ist gelungen.

Sollte es noch irgendwelche Rechtschreibfehler geben, so wünsche ich darüber unterrichtet zu werden.

Beitrag Nr. 2: https://www.schreiber-netzwerk.eu/de/2/Geschichten/9/Liebe/46355/Heirat-auf-dem-Schrottplatz/
Beitrag Nr. 3: https://www.schreiber-netzwerk.eu/de/2/Geschichten/13/Kurze/46337/Ist-das-Liebe-in-der-seelenlosen-Leere-seiner-Augen-Keine-Jugendfreigabe/

Edit: Der Wettbewerb endete am 31.12.´11




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