Ich widme diesen Text Diana Stefanescu, auf dass ihre Seele durch diese Geschichte hier ein wenig das All bereisen kann.

Gelangweilt schwebte Aadin in der Schwerelosigkeit ihres Cockpits ihres viel zu kleinen Raumschiffes und spielte ein Ballerspiel. Schon seit einer Woche wartete sie auf den Trans-porter der mit wertvoller Fracht aus einem unbekannten Grund diesen leeren Quadranten des Alls durchqueren sollte. Genervt schlug Aadin auf den Projektor als das holografische Bild ihres Fernsehers wieder zu flackern begann.
»Verdammte Technik! Zu meiner Zeit war das noch nicht so!«
Aadin hatte die letzten drei Jahrhunderte im Kryoschlaf verbracht. Ein paar Heinis beim Militär dachten sich wohl es wäre cool die Ideen von Science Fiction-Autoren zu übernehmen, da ihnen selber wohl nichts einfiele. Also erschafften sie Supersoldaten und Aadin war eine davon. Ein Klon der als leicht abwesend wirkendes Mädchen keinen Verdacht erregen würde und dennoch das Wissen über sämtliche Computer, Codes, Strategien und allem anderen Kram für den Krieg Bescheid wusste. Zusätzlich hatte man ihren Körper mit Nanobots ausgestattet und gewisse Organe sowie andere Teile des Körpers durch Maschinen ersetzt, die obwohl sie synthetisch hergestellt worden waren für den unbedarften Beobachter organisch wirkten. Sie war in jeder Beziehung die perfekte Soldatin. Nur dass sie nicht besonders gut mit Menschen umgehen konnte und häufig mit ihrem verklärten Blick abwesend wirkte. Aber nie hatte Aadin jemand gefragt was sie eigentlich wollte oder was sie außer dem Vorantreiben der gewaltigen Kriegsmaschinerie mit ihrem unendlichen Kapital und Geld sonst noch konnte. In der Militärakademie hatte sie mal einen Freund der ihr zeigte wie man auf Konsolen Videospiele spielte und das konnte sie wiederum, aber keinen ihrer Vorgesetzten interessierte es. Stattdessen fror man sie ein, damit sie am Tage an dem sie gebraucht wurde einsatzfähig war. Doch dann war Pustekuchen. Nach einem langen Schlaf fanden sie ein paar Höhlenfor-scher und gruben sie Jahrhunderte später aus. Scheinbar hatte man sie einfach vergessen.
Erwacht und ohne Führung wirkte Aadin hilflos. Alle die sie mal gekannt hatte waren tot und sie selbst hatte noch nie auf eigenen Beinen gestanden. Und wie sollte sie leben ohne eine Arbeit? In einem sinnlosen Krieg für das Geld anderer Leute zu kämpfen stand nicht unbe-dingt auf ihrer To-Do-Liste. Irgendwann wurde sie von einer kleinen Piratencrew gefunden und die nahmen das scheinbar teilnahmslose Mädel mit. Zwar hatte Aadin augenscheinlich so gewirkt, doch in Wirklichkeit hatte sie sich in sich selbst zurückgezogen um nachzudenken. Während dieser Zeit versuchte die Crew Aadin näher zu kommen und die Blockade zu über-winden, was ihnen nicht so recht gelang. Irgendwann jedoch wurde das ungewöhnliche Mäd-chen in Kampfhandlungen mit Söldnern verwickelt und ihr Kampfinstinkt meldete sich. Wie es ihr in ihrem harten Training eingetrichtert wurde hatte sie die Söldner auseinandergenom-men und ihnen nicht einmal eine Chance auf Gegenwehr gegeben. Von dem Tag an hatte man versucht sie erneut als Waffe zu missbrauchen. Doch Aadin war nicht der Sinn danach also floh sie, klaute sich ein Schiff welches sie nun als ihr eigen betrachtete und nahm Aufträge an um sich über Wasser zu halten. Sie war zwar noch immer eine Piratin aber nun war sie unge-bunden und durfte tun was sie wollte. Bloß dass sie selbst noch nicht so genau wusste was, aber diese Zeit überbrückte sie indem sie besagte Arbeiten annahm, solange sie keinen Mord beinhalteten, etwas das ihr bisher immer zuwider gewesen war.
Bei einer ihrer vielen Weltraumfahrten war sie dann auch irgendwann auf eine Rettungs-kapsel gestoßen. In jener befand sich ein seltsames Wesen dessen Größe und körperliche Sta-tur an die einer Frau erinnerten doch vom Aussehen her eher einer Katze entsprachen. Dies war Frapei. Sie war wegen Diebstahls von ihrer Heimatwelt Furoir geflohen und hatte sich wegen Beschusses in eine Rettungskapsel flüchten müssen. Darauf war sie tagelang durch das All getrudelt bis Aadin sie aufgelesen hatte.
Die Piratin hatte zuvor noch nie von den Siedlern gehört die auf Furoir lebten. Dies war einer der ersten Planeten gewesen den Menschen überhaupt besiedelt hatten. Leider war man sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst gewesen WIE anpassungsfähig die Menschen an sich doch sein konnten. Angeblich lag es an der Umwelt und der menschlichen DNS, dass die Siedler dort immer mehr zu Tieren mutiert waren. Vermutlich lag es daran dass die Menschen immer noch die Gene der Lebewesen besaßen aus denen sie sich entwickelt hatten und die Umgebung des Planeten soll diese inaktiven Teile der DNS wieder aktiviert haben. Einige Siedler überkam mit der Verwandlung ein fast unstillbares Verlangen nach körperlicher Zu-wendung, während ihr Leib sich immer mehr veränderte. Bei manchen anderen gab es Ne-benwirkungen wegen des gesteigerten Aggressionspotenzials. Seitdem war das Betreten des Planeten auf eigene Gefahr. Manche Menschen zogen sogar freiwillig dorthin um wieder „zu-rück zu ihren Wurzeln“ zu gelangen und ihrem inneren Tier freien Lauf zu lassen. Anderen wurde geraten dort nur in Schutzanzügen herumzulaufen und bloß nichts aus der Natur zu verzehren wie etwa Früchte oder Obst. Offiziell galt die Besiedelung von Furoir als geschei-tert doch inoffiziell schieden sich da die Geister.
Frapei war dort geboren und kannte es nicht anders als als Tiermensch zu leben. Zwar trug sie dann und wann Kleidung in der Öffentlichkeit doch in den eigenen Privaträumen lief sie für gewöhnlich nackt herum, da ihr oftmals mit dem Fell und den zusätzlichen Klamotten eh immer zu warm war. Was man sich über den gesteigerten Sexualtrieb der Tiermenschen er-zählte stimmte allerdings. Im Bett war Frapei eine wilde Tigerin, das wusste Aadin aus erster Hand. Zwar bevorzugte sie es alleine zu leben, doch sah sie die Katzendame mehr wie ein Haustier an oder eine ungewöhnlich pelzige Freundin. Blöd nur wenn die beiden mal wieder einen Krach hatten, was unvermeidbar war wenn man lange Zeit auf so engen Raum lebte. Doch meist vertrugen sie sich wieder schnell und feierten die Wiedervereinigung mit einer feuchtfröhlichen Nacht.
Jetzt war jedoch nicht einer dieser Zeitpunkte. Die beiden Stritten wegen des Haushaltes. Frapei wollte ihr „Katzenklo“ – wie Aadin ihr Zimmer immer wieder gerne nannte – nicht putzen und die Piratin wollte nicht ihr Zimmer aufräumen, was wiederum Frapei störte. Die Unordnung des jeweils anderen war für die beteiligte Person nicht zu ertragen und so hatte sich Aadin ins Cockpit zurückgezogen und spielte nun schon seit drei Tagen dasselbe Video-spiel. Glücklicherweise herrschte zwischen dem ungleichen Paar gerade Funkstille, denn schon der leiseste Funke konnte das Fass zum Überlaufen bringen. Sie beide nervte es hier die ganze Zeit in einem kleinen Raumschiff zu sitzen und auf diesen gottverdammten Transporter zu warten.
Die Aufträge der Leichenpilze waren zwar immer gut bezahlt, warum auch nicht? Eine Rasse von außerirdischen intelligenten Pflanzen die sich in totem Gewebe niederließen und es als neues Heim benutzten und genau deshalb so unbeliebt waren. Wer mochte es schon dass die eigenen Toten von irgendwelchen Fliegenpilzen ferngesteuert wurden? Aber Aadin war das egal. Sie interessierte nur das Geld um über die Runden zu kommen. Da kam es ihr gut zupass, dass die Leichenpilze so verhasst waren dass niemand etwas mit ihnen zu tun haben wollte. Also waren ihre Aufträge immer sehr profitabel. Normalerweise waren auch ihre In-formationen immer korrekt. Schließlich erbten sie mit dem toten Körper auch dessen Erinne-rungen, Intelligenz und ähnliches wie Passwörter, Bankkonten, welcher Politiker wen wie erpresste. Die Liste war schier endlos. Ein weiterer Punkt warum sie verhasst waren. Aber dieses eine Mal schien ihre Information falsch zu sein.
Aadin überlegte schon zurückzufliegen und von ihrer Auftraggeberin Nemrac das Geld für Sprit und Spesen zu verlangen. Aber zuvor wollte sie noch diesen Endboss hier zum hunderts-ten Male verdreschen. Plötzlich war das Bild weg, die Konsole aus und ehe sich die Piratin versah lag sie auf dem metallenen Boden und ihre Beine auf der Rückenlehne des Pilotensit-zes.
»Scheiße«, meinte sie tonlos und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht um die schwarzen Haare deren Spitzen in ein etwas dunkleres Rot gefärbt waren aus den Augen zu bekommen. Seufzend schlang sie ihre Beine vom Sitz und setzte sich im Schneidersitz auf das kalte Me-tall. Murrend zupfte sie sich das fliederfarbene T-Shirt mit der fetten sechsundsechzig darauf zurecht, während sie sich den schmerzenden Hinterkopf rieb.
»Verdammt! Frapei! Ich habe dir schon hundertmal gesagt, dass die künstliche Schwer-kraft uns zu viel Saft abzieht!«
»Entschuldige, aber ich schlafe nicht gerne in der Schwerelosigkeit«, kam es ätzend zu-rück.
Aadin deutete mit dem Controller in ihrer Hand auf den nun ausgeschalteten Bildschirm sowie die Konsole und wollte sich gerade darüber beschweren ihren Spielstand seit fünf Stun-den nicht mehr gespeichert zu haben, als sie inne hielt. Dort draußen, direkt vor ihrer Nase befand sich der Transporter. Hastig beugte sich die Weltraumpiratin vor um auch ganz sicher zu gehen das richtige Schiff erwischt zu haben, als über ihr in der Geräuschlosigkeit des Alls ein kleiner Jäger über ihrem Kopf hinweg glitt. Offensichtlich hatte er sie noch nicht bemerkt, doch nun war Aadin aufmerksam. Konzentriert sah sie sich um und sah eine ganze Staffel dieser Schiffe, welche den Transporter umkreisten und die Flagge der United Worlf of Ame-rica aufwiesen. In was hatte sie Nemrac da bloß hineingeritten?
Fieberhaft arbeitete es im Kopf der Piratin. Sollte sie nun angreifen oder abhauen? Gegen eine ganze Staffel kam sie mit ihrer kleinen Klapperkiste nicht an. Nachdenklich befühlte sie ihre Hundemarke die sie seit ihrer Geburt trug.
Dann jedoch beschossen die Amis den Transporter. Aadin entschied sich schnell. Sie ging in den Tarnmodus um den Radar aller beteiligten zu entwischen und rauschte zwischen die Reihen der Feinde durch, während die Amis die Hülle bombardierten.
»Frapei! Es geht los!«, brüllte sie hinter sich. Sofort raste ihr Kopf wieder nach vorne und sie sah gerade noch wie sie durch das Loch in der Hülle rasten. Glücklicherweise besaßen die heutigen Schiffe einen Schild für Hüllenbrüche durch welches der kräftige Sog des Vakuums die Anwesenden nicht ins All schleuderte. Schnell schnallte sich Aadin ab, nahm im vorbei-gehen ihr Sturmgewehr aus der Halterung und machte sich auf den Weg zur Tür. Dort wurde sie auch von Frapei erwartet die eine orange Baskenmütze locker quer auf dem Kopf trug und eines ihrer Katzenohren damit verdeckte. Ihre schwarzen Haare wallten über ihren bepelzten Rücken und boten einen krassen Kontrast zu ihrem ansonsten braun und gelb gefleckten Fell.
»Bereit?«, fragte Aadin mit dem Gewehr im Anschlag.
»Worauf du deinen süßen Hintern verwetten kannst«, erwiderte Frapei und entblößte ihre spitzen Zähne, während sie angriffslustig ihre beiden Pistolen erhob. Der Disput von eben war vergessen. Jetzt ging es an die Arbeit. Später konnte immer noch gestritten werden.
Die Piratin drückte den Knopf um die Tür zu öffnen und beide stürmten hinaus in die Hal-le in welcher sich bereits amerikanische Soldaten mit den Wachen des Transporters ein Kräf-temessen veranstalteten.
»Für einen normalen Transporter ganz schön gut bewacht«, erkannte die Katzendame.
»Ist mir auch schon aufgefallen. Komm, lass uns die Ware holen.«
Unermüdlich schossen sich die beiden durch die Halle ans andere Ende. Wobei natürlich niemand starb. So ähnlich wie beim A-Team.
»Gib mir Feuerschutz während ich die Kiste suche«, sagte Aadin zu Frapei.
Zum Glück hatte das unscheinbare Mädchen ein fotografisches Gedächtnis verliehen be-kommen mit welchem sie sich alles merken konnte. So war es kein Problem die Kennung der Kiste auf Anhieb zu finden.
»Helf mir mal«, stöhnte Aadin, als sie versuchte die Kiste zu haben.
Die Katzendame hob mit an und beide versuchten sie die Kiste zum Schiff zu schleppen, was mitunter sehr Problematisch war während eines Feuergefechtes. Die beiden Piratinnen mussten sich jedoch später auf das Schieben verlegen nachdem Frapei eine kleine Wunde am Arm davongetragen hatte. Es war zwar keine tödliche Verletzung aber dennoch stark genug dass die Ware nicht mehr getragen werden konnte. So nutzten sie die Kiste während des Schiebens als Deckung und hievten sie mit letzter Kraft auf die kleine Rampe ihres Schiffes ehe sie wieder davon düsten.
Im All gab Aadin noch mal richtig Stoff um einen möglichst großen Abstand zwischen ih-rer Beute und den Kämpfenden zu bekommen. Mit übermenschlichem Geschick umflog sie die Trümmerteile und vereinzelte Asteroiden, als ein rotes Lämpchen ihr verkündete dass ein Anruf darauf wartete entgegengenommen zu werden.
»Tut mir leid, Nemrac, aber du hättest uns auch sagen können dass die Amis hinter diesem verdammten Scheißding her sind«, war das erste was die Piratin nach der Annahme des Anru-fes brüllte während sie weiter durch die endlose Leere raste.
»Hallo. Wir schätzen, du hast etwas das uns gehört.«
Aadin schluckte. »Wer ist da?«
»Wir sind nicht der Verschwörungstheoretikerorden, falls du das meinst. Uns gibt es nicht. Wir sind lediglich eine hanebüchene Verschwörungstheorie.«
Für eine Schrecksekunde setzte Aadins Herz aus.
Der Verschwörungstheoretikerorden war der große Bruder der Freimaurer. Ziel dieser Or-ganisation der Amerikaner war so viele Verschwörungstheorien wie möglich im Universum zu verbreiten von denen eine beknackter war als die andere. Dadurch wurden selbst die stich-haltigsten Aufdeckungen von Verschwörungen unglaubwürdig, da wenn eine unter zigtausend Theorien stimmte sich niemand mehr die Mühe macht sie zu hinterfragen wenn man sie als absurd bezeichnete. Wie etwa Beispielsweise dass die meisten Regierungen nur das Tun was Papa UWA sagt oder dass die Medien nicht mehr versuchen möglichst subjektiv zu berichten indem sie viele unterschiedlichen Sichten schildern, sondern bewusst Partei ergreifen. Diese Dinge sind natürlich reine Verschwörungstheorien die vollkommen aus der Luft gegriffen sind. Es ist ja nicht so als wenn unser Datenverkehr von irgendjemand abgehört werden würde oder mir jemand befiehlt, dass ich ihre allgemeingültige Meinung einfach so wiedergebe. Aber zurück zur Geschichte.
»Scheiße, diese Typen haben mir gerade noch gefehlt«, murrte Aadin.
»Ihr habt fünf Minuten ehe wir euer Schiff abschießen werden. Aber dass ihr dabei sterbt ist natürlich nichts weiter als eine absurde Verschwörungstheorie.«
Aadin sah gerade noch wie sich auf dem Radar viele rote Punkte ihrer Position näherten. Sie atmete einmal tief durch um sich zu beruhigen, ehe sie einen kühnen Plan fasste.

The End


© EINsamer wANDERER


1 Lesern gefällt dieser Text.



Beschreibung des Autors zu "Überfall im All"

Ein Text für Prifea
Damit auch sie mal etwas von den Weiten des Universums mitbekommt.




Kommentare zu "Überfall im All"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Überfall im All"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.