Episode 5: Der Pfad des Friedens

Am kommenden Morgen klingelte es in aller Frühe an Altis Tür. Es war Penny. Sie hatte noch keine Sekunde geschlafen und sah furchtbar schlecht aus. Sie wollte nur nach ihrer Tochter sehen und Bescheid geben, dass sie zur Hochzeit nicht kommen werde. Sie litt unter dem Verlust von Lui. Sie hatte noch nicht einmal damit angefangen, etwas zu verarbeiten geschweige denn zu realisieren, was vorgestern passiert war. Sie kam aber auch aus einem anderen Grund zu Alti. Seit dem Tod ihres Freundes spürte auch sie diesen Hass in ihrem Inneren. Es war eine ungeheuer große Wut. Es fühlte sich an wie eine Mischung aus Trauer und Schmerz gepaart mit Anspannung und Frust. Sie fand quasi kein Ventil für ihren Schmerz und projizierte das, was geschehen war, auf den Fahrer des anderen Wagens. Er war Schuld am Tod ihres Freundes. Am liebsten würde sie ihn im Krankenhaus besuchen und in Stücke reißen. Denn er hatte den Unfall überlebt und Lui nicht. Sie kam damit nicht klar. Das war keine Gerechtigkeit mehr. Es gab sowas wie Gerechtigkeit im Leben doch auch gar nicht. Wer glaubte denn noch an so einen Scheiß? Gott dreht einfach wahllos am Todesrad und entlässt alle diejenigen ins Dunkel, die durch Zufall ausgewählt wurden. Nichts daran hat mit Gerechtigkeit zutun.

Penny wirkte auf Alti wie Zip noch vor einigen Wochen. Diesen Ärger und Frust, den sie ihn sich trugen, weil sie einen Verlust erlitten hatten. Das war ein Schmerz, den man nie ganz überwand. Es gab dagegen kein Medikament oder sofortige Hilfe. Nur die Zeit heilt die Wunden derjenigen, die eine geliebte Person verloren haben. So war es auch bei Penny. Doch Alti konnte ihr trotzdem helfen. Sie erzählte ihr von Zip und wie es ihm ging, nachdem seine Tochter Clementine entführt und ermordet worden war. Unzählige Stunden, Tage und Wochen hatte er bei Alti verbracht, um darüber zu reden und alles zu verarbeiten. Er war auf einem guten Weg, doch noch lange nicht am Ziel angekommen. Penny war jetzt am Anfang. Und niemand konnte ihr besser helfen als Zip. Er hatte Altis Lehre und den Pfad des Friedens angenommen und lebt ihn mittlerweile in seinem Alltag. Er verzichtet auf jegliche Art von Gewalt. Er wird nicht mehr handgreiflich, würde niemals zu einer Waffe greifen und versucht sich auch verbal angemessen zu artikulieren. Wutausbrüche hat er mittlerweile im Griff. Er ist von Mal zu Mal ruhiger geworden. Er ist lange noch kein Engel, aber das Dunkle hat ihn ein Stück weit verlassen.

Und das musste auch Penny nun versuchen. Trauer und Wut über einen Verlust liegen nah beieinander und Alti wusste aus ihrem Kartenbild bei Penny, dass ihr noch ein weiterer Verlust bevorstand. Wie würde sie das nur überstehen? Zip hatte viele Male Verluste hinnehmen müssen und sollte jetzt so oft wie möglich bei ihr sein. Nur seine Worte konnten ihre tiefen inneren Wunden heilen. Lui war tot. Und er kam auch nicht wieder. Das war ihr noch nicht bewusst. Auch die kleine Clementine würde nie mehr das Licht der Welt erblicken. Für Alti war es einfach wichtig, Penny einmal lange im Arm zu halten und sie fest zu drücken. Sowas tat immer gut. Und gemeinsam beschlossen sie, dass Penny direkt nach der Hochzeit mit Zip sprechen und ihn fragen würde, ob er sich nicht einen Tag Zeit für sie nehmen konnte, um über ihren Schmerz und ihre Trauer zu reden. Es gab dafür niemand besseres als ihn.

Penny war einverstanden und Alti wollte mit Zip während der Hochzeit sprechen und ihn fragen, ob er morgen Zeit habe. Alti schaute auf die Uhr. Schon 12.00Uhr. Wo war nur die Zeit hin? Sie schaute noch einmal nach Pennys Baby und zog sich im Anschluss um. Die ersten Gäste für die Hochzeit würden in 2 Stunden bereits eintreffen im "Bordell Türkis". Und Alti hatte Angst. Diese Hochzeit stand unter keinem guten Stern. Noch 4 Katastrophen würden sie in naher Zukunft laut ihrem Kartenbild heimsuchen. Lui war bereits tot. Was kam als Nächstes?

Fortsetzung Folgt!!

Seralgo Refenoir


© Seralgo Refenoir


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