Es klingelt an der Wohnungstür. Meine Frau geht öffnen. Sie tritt in den Hausflur und schließt die Tür hinter sich wieder zu. Ich rufe noch: „Wer ist denn draußen ?“ Keine Antwort ! Neugierig geworden gehe ich selbst hinaus. Niemand ist im Hausflur. Wir wohnten damals in einem 4- Familienhaus mit unseren 2 Katerchen Felix und Cherie. Diese waren vor 2 Jahren in der Werkstatt unseres Haus- und Hoftischlers als Wurf einer verwilderten Katze zur Welt gekommen. Als ich nach dem Tod unserer ersten Katze ein Holzkistchen bei ihm bestellte, zeigte er mir die beiden. „Könnt ihr nicht eine davon aufnehmen ? Das hilft am besten über den Verlust hinweg.“ „Da muß ich erst noch mit meiner Frau sprechen, aber ich bin mir sicher, daß wir eine davon aufnehmen werden.“ Damals waren wir beide noch fest der Ansicht, es könne nur eine Katze in einem Haushalt leben. Welche also sollten wir uns holen ? Die beiden wurden acht Wochen alt und es wurde Zeit eine Entscheidung zu treffen. Also kamen wir überein, erst einmal alle beide mitzunehmen. Eine davon könnten wir ja versuchen weiterzuvermitteln. Zu dieser Zeit hatten wir noch unseren Robert, einen schwarzen Zwergschnauzer, der auch auf recht kuriose Art bei uns hängengeblieben war. Sein wahres Alter wußten wir nicht, aber bei uns lebte er schon das achte Jahr. Er war zu dieser Zeit schon sehr krank und wir fürchteten deshalb ihn einschläfern lassen zu müssen. Als ich die 2 Kätzchen mitbrachte, wurde er noch einmal richtig mobil. Er schleckte sie ab bis sie pitschnaß waren und als wir sie badeten, um sie von den tausenden von Flöhen zu befreien, stand er mit dem Kopf über den Wannenrand gelehnt auf seinen Hinterbeinen da und ließ keinen Blick von ihnen.

Leider war das nur ein kurzes Aufflackern, denn eine Woche später starb er. Da wir es nicht über uns brachten die beiden Kätzchen zu trennen, kamen wir überein alle beide zu behalten.

.Das war vor 2 Jahren. Also gehe ich die Haustreppe hinunter, gespannt wer da wohl geklingelt haben mag und wohin meine Frau mit ihm verschwunden ist. Im Hof steht eine ältere Frau. Sie hat ein Körbchen auf dem Gepäckträger ihres Fahrrades befestigt in das sie zusammen mit meiner Frau hineinsieht. Ich habe sofort eine schreckliche Vorahnung. Tatsächlich, im Korb sitzt, ängstlich in eine Ecke gedrückt, eine Katzenmutter mit einem jungen Kätzchen. Das erste, was uns auffällt, ist ihr dreifarbig gemustertes, glänzendes seidiges Fell. Das Wort „Schildplattkatze“ kannten wir damals noch nicht. Sie schaut uns mit großen, ausdrucksvollen Augen an. „Sie sind doch im Tierschutzverein“, fleht uns die Dame an. „Können sie sich nicht um diese Katzen kümmern ? Sie streunen seit einiger Zeit um unser Altersheim herum. Die Bewohner haben sie immer gefüttert. Nun will der Leiter des Heimes die beiden vergiften. Er meint, sie zögen nur Ungeziefer heran.“ Uns fällt das alte Waschhaus im Kellergeschoß ein, das seit Jahren schon nicht mehr benutzt worden ist. Dort könnten wir sie unterbringen, bis wir eine bessere Lösung für sie gefunden hätten. Die Frau ist damit zufrieden und überläßt uns das weitere. Miezel, so hatten wir die Katzenmutter bei ihrer Ankunft genannt, lebt nun im alten Waschhaus, versorgt ihr Baby und wir versorgen sie mit Futter und Streicheleinheiten. In der Zwischenzeit halten wir Ausschau nach tierlieben Menschen, die den Zweien ein neues Zuhause bieten könnten. Für das Katzenbaby haben wir auch schon bald Anwärter aus unserer Bekanntschaft gefunden, aber wer nimmt schon eine erwachsene Katze, die noch dazu das herumstreunen gewohnt ist, auf. Nach kurzer Zeit schon tun uns die zwei im Waschhaus leid. Wir nehmen sie mit in die Wohnung und quartieren sie im Kinderzimmer ein. Unsere Kinder sind zu diesem Zeitpunkt schon erwachsen und nur eine Tochter lebt noch mit bei uns. Miezel hat aber scheinbar noch nie in einer menschlichen Behausung gelebt, noch nie ein Katzenklo gesehen und verrichtet prompt ihr Geschäft mitten ins Bett unserer Tochter. Infolgedessen bekommt sie die fristlose Kündigung mit nachfolgender Zwangsräumung und wird wieder ins Waschhaus einquartiert. Das Katzenbaby, das wir Isabell getauft haben, macht langsam seine ersten tapsigen Schritte außerhalb des Körbchens. Damit ihr Leben nicht ganz so trostlos verläuft, setzen wir die beiden jeden Tag für ein paar Stunden auf die Wiese, die sich hinter unserem Haus befindet. Das geht ein paar Tage gut, doch plötzlich packt unser Miezel ihr Kleines am Genick und marschiert schnurstracks zur Haustür hinein. Wir laufen ganz verwundert hinterher. Sie jedoch läßt sich nicht beirren, läuft die Treppen zum ersten Stockwerk hinauf und bleibt erst vor unserer Wohnungstür stehen. Dort setzt sie ihr Baby ab und läßt ein eindringliches Miau ertönen. Nachdem wir ihr die Tür geöffnet haben, trägt sie ihr Kleines in das ihr schon bekannte Kinderzimmer und macht uns begreiflich, daß sie hier nun zu bleiben gedenkt. Anscheinend hatte sie in der Zwischenzeit Einspruch gegen ihre Zwangsräumung erhoben und gelobt, sich in Zukunft ordentlich zu benehmen. Woran sie sich auch hielt, denn seit dieser Zeit hat sie nie wieder das Bett oder andere Örtlichkeiten mit der Toilette verwechselt.

Isabell hat später bei unseren vorhin erwähnten Bekannten ein neues Zuhause gefunden, aber das Miezel blieb von da an bei uns. Leider starb sie vor 5 Jahren, aber einen Sohn von ihr, unseren Puppi, haben wir noch bis heute. Auch Felix und Cherie, die vor 2 Wochen 12 Jahre alt geworden sind, leben noch heute bei uns. Dazu kommt noch unser Katerfreund, der als dreijähriger, todkranker, von einem chronischen Katzenschnupfen geplagter Kater bei uns anklopfte, beharrlich Einlaß verlangte und der sich heute unter der Voraussetzung ständiger medikamentöser Behandlung als nunmehr auch 12-jähriger auch recht wohl bei uns fühlt. Als letztes Mitglied der Familie kam noch unser Mäusel dazu. Die war vor 4 Jahren von verantwortungslosen Zeitgenossen auf dem Parkplatz eines Großmarktes auf der grünen Wiese ausgesetzt worden. Vieles gibt es noch zu berichten, über unseren Umzug in eine neue Wohnung, über die Autofahrten mit der ganzen Katzenfamilie in unser Sommerdomizil im Walde und über die verschiedenen Abenteuer, die unsere vierbeingen Familienmitglieder zusammen mit uns erlebten. Das aber soll Thema eines Buches sein, das wir schon immer zu schreiben uns vorgenommen haben.


© geisterhaus


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Beschreibung des Autors zu "Das Wochenbett im Waschhaus"

Da ich diese Geschichte bereits im Jahr 2000 aufgeschrieben habe, sind alle darin vorkommenden vierbeinigen Mamilienmitglieder nicht mehr am Leben. Sie haben ihr Plätzchen aber an andere, die ihnen nachfolgten, weitervererbt.

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