Vorwort:
Es gibt Häuser, die Geschichten erzählen, und Häuser, die ihre Geheimnisse in den Schatten verbergen. Das Haus der Deetz war beides – ein Ort voller Erinnerungen, voller Veränderungen und voller Dinge, die sich nicht so leicht erklären lassen. Von außen mag es wie ein gewöhnliches Haus wirken, doch für diejenigen, die es betraten, wurde schnell klar, dass hier etwas Außergewöhnliches lauerte. Dies ist eine Geschichte über Leben und Tod – und über das, was dazwischen liegt. Es ist eine Geschichte über Geister, nicht nur die, die wir mit eigenen Augen sehen können, sondern auch jene, die wir mit uns tragen: Schuld, Angst, Zweifel. Es ist die Geschichte von Lydia Deetz, einem Mädchen, das zwischen den Welten lebt, und von einem Geist, der sich weigert, die Regeln zu akzeptieren. Beetlejuice ist nicht nur ein Name. Er ist eine Kraft, ein Chaos, das mit einem einzigen Atemzug alles aus den Fugen reißen kann. Er ist eine Erinnerung daran, dass das Übernatürliche nicht immer fern von uns ist, sondern oft direkt vor unserer Nase. Doch diese Geschichte handelt nicht nur von Dunkelheit. Es ist auch eine Geschichte über Freundschaft, Familie und den unerschütterlichen Willen, für das zu kämpfen, was wichtig ist. Barbara und Adam Maitland, die einst ein bescheidenes Leben führten und nun Geister in ihrem eigenen Haus sind, zeigen uns, dass der Tod nicht das Ende ist – und dass man auch als Geist Mut und Stärke finden kann. Dieses Buch ist für diejenigen, die sich jemals gefragt haben, was passieren könnte, wenn die Schleier zwischen den Welten dünn werden. Es ist für diejenigen, die wissen, dass ein Name Macht hat, und dass diese Macht ebenso verlockend wie gefährlich sein kann. Betritt dieses Haus, wenn du den Mut hast, und folge Lydia, Barbara, Adam und den anderen durch eine Geschichte voller Chaos, Humor und dunkler Magie. Aber sei gewarnt: Manchmal genügt ein einziger Name, um eine Katastrophe auszulösen.
Beetlejuice, Beetlejuice, Beetlejuice. Hörst du das Flüstern?
Prolog: Ein Name in der Dunkelheit
Die Dunkelheit der Totenwelt war anders als jede Dunkelheit, die man sich vorstellen konnte. Sie war nicht nur die Abwesenheit von Licht – sie war schwer, lebendig, voller flüsternder Stimmen, die sich wie Schlangen durch die Luft schlängelten. Ein Ort ohne Zeit, ohne Wärme, ohne Hoffnung. Hier, zwischen den Schatten und den Rissen der Realität, saß Beetlejuice. Er lehnte auf seinem grotesken Thron aus Knochen und verzerrten Gesichtern, seine schmierigen Haare standen wie wild ab, und sein breites, schiefes Grinsen war voller Trotz. Doch hinter der Fassade brodelte etwas – Wut, Ungeduld und ein Hunger nach Chaos, den nichts stillen konnte. Seine Hände trommelten auf die Armlehne, und seine Augen, die wie grün leuchtende Glühwürmchen funkelten, blickten in die Leere vor ihm. »Na, Babys«, murmelte er, seine Stimme tropfte vor Spott, »ihr denkt, ihr könntet mich einfach wegsperren? Mich? Ha! Das ist doch ein schlechter Witz.« Die flüsternden Stimmen wurden lauter, unruhig. Er konnte die Totenwelt nicht ausstehen – die starren Regeln, die Kontrolle, die Ordnung. Es war das Gegenteil von allem, was er war. Chaos, das war sein Element. Und die Welt der Lebenden war sein Spielplatz. Doch sie hatten ihn verbannt. Lydia, dieses kleine, schlaue Mädchen, hatte ihn ausgetrickst. Die Maitlands, diese langweiligen Geister, hatten mit ihr zusammengearbeitet. Zusammen hatten sie ihn aus seiner eigenen Welt geschleudert, zurück in diese trostlose Leere. Doch Beetlejuice wusste eines: Chaos fand immer einen Weg zurück. Er stand auf, und der Thron knackte unter seinem Gewicht. »Ihr habt keine Ahnung, wie schwer es ist, ein Genie wie mich hier festzuhalten«, sagte er laut, als ob die Leere ihn hören könnte. »Ihr glaubt, ich bleibe hier für immer? Pah! Wartet nur ab.«Er schritt durch die endlosen Schatten, seine Schritte hallten wie ein Echo, das nirgendwohin führte. Vor ihm erschien eine flimmernde Barriere, ein Portal zur Welt der Lebenden. Es war schwach, aber er konnte es spüren. Die Energie der Lebenden war wie ein lockender Duft, ein Versprechen von Chaos, das nur darauf wartete, entfesselt zu werden. »Lydia«, flüsterte er, seine Stimme war ein tiefes, bedrohliches Summen. »Du denkst, du hast mich besiegt. Aber das Spiel ist noch nicht vorbei. Du wirst mich wiedersehen. Und diesmal gibt es kein Zurück.« Er streckte eine Hand aus, und seine Finger berührten die Barriere. Ein leises Knistern erfüllte die Luft, und für einen Moment konnte er sie sehen – Lydia, in ihrem Zimmer, wie sie in ein Tagebuch schrieb. Ihr Blick war konzentriert, ihre Augen voller Entschlossenheit. Beetlejuice grinste. »Du bist klug, Baby. Aber bist du auch stark genug für das nächste Spiel?«
Hinter ihm bewegten sich die Schatten, als ob sie seinen Zorn spürten. Er spürte, wie seine Kräfte zurückkehrten, langsam, aber sicher. Alles, was er brauchte, war eine Verbindung zur Welt der Lebenden. Jemanden, der seinen Namen sagen würde. Jemanden, der bereit war, die Tür zu öffnen. Er schloss die Augen und dachte an das Haus, an die Menschen darin. Delia. Sie war die perfekte Zielscheibe – voller Unsicherheiten, voller Sehnsucht nach Anerkennung. Er musste nur geduldig sein. Ein Flüstern hier, eine Vision dort. Und schon würde sie seinen Namen sagen, ohne zu wissen, was sie entfesselte.
»Beetlejuice«, murmelte er zu sich selbst und grinste breiter. »Beetlejuice. Beetlejuice.« Das Flüstern wurde lauter, die Dunkelheit schien sich zu bewegen, und sein Lachen hallte durch die Totenwelt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er zurück war. Die Welt der Lebenden wusste es noch nicht, aber sie stand kurz davor, in Chaos zu versinken. Ein Name in der Dunkelheit – das war alles, was es brauchte, um den Sturm wieder zu entfachen.
1. Ein gewöhnliches Leben
Der Morgen brach über Winter River herein, und die ersten Sonnenstrahlen kämpften sich durch den leichten Nebel, der das Tal bedeckte. Die Vögel zwitscherten, als ob nichts auf der Welt sie stören könnte, und das Haus der Deetz stand still auf seinem Hügel, umgeben von einer trügerischen Ruhe. Von außen wirkte es wie jedes andere alte Haus in einer ruhigen Kleinstadt. Doch für die Menschen, die dort lebten, war das Leben alles andere als gewöhnlich. Im Esszimmer saß Charles Deetz am Tisch, die Zeitung vor sich ausgebreitet, während er mit einem großen Schluck seinen Kaffee hinunterstürzte. Seine Stirn war in Falten gelegt, und er murmelte vor sich hin, als er die Wirtschaftsnachrichten las. Neben ihm saß Delia, perfekt gestylt wie immer, mit einer leicht genervten Miene. »Charles«, begann sie und tippte mit ihren perfekt manikürten Fingern auf den Tisch, »wir müssen über das Atelier sprechen. Ich brauche mehr Platz. Die Energie in diesem Haus ist… blockiert.« Charles seufzte und legte die Zeitung zur Seite. »Delia, das ist ein großes Haus. Du hast schon zwei Zimmer für deine Kunst. Wie viel Platz brauchst du noch?« Delia zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme. »Es geht nicht um den Platz, Charles. Es geht um die Atmosphäre. Ich brauche Inspiration. Und ehrlich gesagt, dieses Haus… fühlt sich einfach nicht richtig an.« Charles wollte etwas erwidern, doch bevor er den Mund öffnen konnte, schlurfte Lydia in den Raum. In ihrem schwarzen Kleid, mit ihren dunklen Augenringen und dem mürrischen Gesichtsausdruck war sie das perfekte Bild einer rebellischen Teenagerin. »Morgen«, murmelte sie und schnappte sich eine Tasse Kaffee, obwohl sie ihn wahrscheinlich nicht trinken würde. Delia verzog das Gesicht. »Lydia, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dich ein bisschen… frischer geben könntest? Dieses ganze Schwarz ist deprimierend.« Lydia drehte sich zu ihr um, ihre Augen funkelten vor Sarkasmus. »Und wie oft muss ich dir sagen, dass ich keine lebende Deko-Puppe bin, die zu deinem seltsamen Geschmack passt?«
Charles unterdrückte ein Grinsen hinter seiner Tasse Kaffee. Es war immer dasselbe Spiel zwischen Lydia und Delia, und ehrlich gesagt genoss er es ein wenig, wie Lydia ihrer Stiefmutter die Stirn bot.
Oben auf dem Dachboden beobachteten Barbara und Adam Maitland das Geschehen durch einen kleinen Spalt in der Dielentür. Die beiden Geister hatten sich an ihre Rolle als stille Beobachter gewöhnt. Obwohl sie tot waren, fühlten sie sich immer noch für das Haus verantwortlich – und für Lydia, die sie inzwischen fast wie eine Tochter betrachteten. »Sie sind immer noch so chaotisch wie am ersten Tag«, murmelte Adam und schüttelte den Kopf.
Barbara nickte und lehnte sich gegen den alten Tisch, der mit Modellen und Werkzeugen bedeckt war. »Ich mache mir Sorgen um Lydia. Sie ist so… allein.« Adam sah sie an. »Sie hat uns.« Barbara seufzte. »Ja, aber wir sind Geister, Adam. Wir können nicht einfach in ihr Leben treten, so sehr ich es mir auch wünsche.« Adam nickte langsam. »Vielleicht. Aber sie weiß, dass wir da sind. Das ist wichtig.«
Lydia hatte sich nach dem Frühstück in ihr Zimmer zurückgezogen. Die dicken, schweren Vorhänge waren zugezogen, und nur eine kleine Lampe erleuchtete den Raum. Auf ihrem Schreibtisch lagen eine alte Kamera, einige Fotos, die sie in den letzten Tagen gemacht hatte, und ein schwarzes Tagebuch. Sie blätterte durch das Tagebuch und hielt bei einer Seite inne, die sie vor ein paar Wochen geschrieben hatte: „Es gibt etwas Seltsames an diesem Haus. Ich kann es fühlen, wie eine Präsenz, die mich beobachtet. Barbara und Adam sind freundlich, aber sie wirken hilflos. Und dann ist da noch Beetlejuice… Ich wünschte, ich könnte vergessen, was passiert ist. Aber er ist immer da, irgendwo in meinem Hinterkopf. Ich weiß, dass er zurückkommen wird. Und wenn er es tut, werde ich bereit sein.“ Lydia legte das Tagebuch zur Seite und seufzte. Seit Wochen versuchte sie, das Gefühl der ständigen Beobachtung zu ignorieren. Doch es ließ sie nicht los. Manchmal dachte sie, sie würde ihn hören – ein leises Flüstern, ein fernes Kichern. Doch wenn sie sich umdrehte, war da nichts. Sie griff nach ihrer Kamera und überprüfte die Bilder, die sie in den letzten Tagen gemacht hatte. Schatten, Spiegel, das alte Treppenhaus – sie suchte nach einem Zeichen, dass etwas nicht stimmte. Aber alles sah normal aus. Zu normal.
Am Abend saßen Charles, Delia und Lydia im Wohnzimmer. Der Fernseher lief, doch niemand achtete wirklich darauf. Charles las eine Zeitschrift, Delia kritzelte Ideen für ihre nächste Skulptur, und Lydia saß mit ihrem Notizbuch auf dem Sessel in der Ecke. Plötzlich flackerte das Licht. Es war nur ein Moment, aber es war genug, um Lydia aufzublicken. »Hast du das gesehen?«, fragte sie. Charles schaute von seiner Zeitschrift auf. »Was gesehen?« »Das Licht«, sagte Lydia, ihre Stimme klang angespannt. Delia verdrehte die Augen. »Es ist ein altes Haus, Lydia. Wahrscheinlich ein Wackelkontakt.«
Doch Lydia war nicht überzeugt. Sie konnte es spüren – die Kälte, die durch den Raum kroch, das seltsame Summen in der Luft. Es war kein Wackelkontakt. Es war etwas anderes. Barbara und Adam, die vom Dachboden aus zusahen, tauschten einen besorgten Blick. »Hast du das gespürt?«, fragte Barbara. Adam nickte. »Ja. Es fühlt sich an wie…« »Beetlejuice«, flüsterte Barbara, ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch. Lydia sah aus dem Fenster in die Dunkelheit hinaus. Sie wusste, dass der Frieden in diesem Haus nie lange anhielt. Und tief in ihrem Inneren spürte sie, dass etwas begann, sich zu bewegen – etwas, das sie nicht ignorieren konnte. Das Leben in diesem Haus mochte von außen gewöhnlich wirken. Aber Lydia wusste es besser. Nichts war jemals wirklich gewöhnlich – nicht hier.
2. Die neue Familie
Das Haus der Deetz thronte auf dem Hügel, umgeben von kahlen Bäumen und einer dünnen Nebelschicht, die sich in den frühen Morgenstunden wie ein Schleier über die Landschaft legte. Von außen wirkte es imposant, ein Relikt einer anderen Zeit, das die Gegenwart nicht vollständig berührt hatte. Doch im Inneren des Hauses war nichts so geordnet, wie die Fassade vermuten ließ. Lydia hatte sich ans Fenster ihres Zimmers gesetzt, die Knie angezogen, und beobachtete die Vögel, die über den Hügel kreisten. Sie hatte sich seit dem Umzug in dieses Haus nie wirklich zugehörig gefühlt. Ihre Familie bestand aus Menschen, die sie nicht verstand, und von denen sie sicher war, dass sie sie ebenfalls nicht verstanden. »Familie«, murmelte sie leise zu sich selbst, während ihre Gedanken zu Barbara und Adam wanderten.
Auf dem Dachboden saßen die Maitlands nebeneinander, ihre Geistergestalten halb durch die Möbel schimmernd, während sie auf das Modell der Stadt blickten, das Adam so sorgfältig gebaut hatte. Es war ihr Rückzugsort, ihr eigenes kleines Universum, das sie kontrollieren konnten – im Gegensatz zu dem, was im Haus geschah. »Weißt du, Adam«, begann Barbara nachdenklich, »manchmal frage ich mich, ob wir wirklich das Richtige tun, wenn wir uns aus Lydias Leben heraushalten.« Adam legte einen kleinen Baum auf das Modell und seufzte. »Wir haben keine Wahl, Barbara. Wir sind Geister. Unsere Welt und ihre sind… unterschiedlich.« Barbara sah ihn an, ihre Augen voller Sorge. »Aber sie braucht uns. Sie hat niemanden, der sie wirklich versteht.« Adam nickte langsam. »Ich weiß. Aber wir können ihr nur helfen, wenn sie uns wirklich braucht.« Barbara schwieg und blickte auf das Modell, doch ihre Gedanken waren bei Lydia. Sie fühlte sich wie eine Mutter, die zusehen musste, wie ihr Kind allein kämpfte, ohne wirklich eingreifen zu können.
Im Wohnzimmer unten saßen Delia und Charles beim Frühstück. Charles war tief in seine Zeitung vertieft, während Delia nervös an ihrem Kaffee nippte. »Charles, wir müssen wirklich über Lydia sprechen«, begann Delia schließlich, ihre Stimme war angespannt. Charles senkte die Zeitung und sah sie über den Rand seiner Brille hinweg an. »Was ist mit Lydia?« Delia machte eine ungeduldige Geste. »Sie isoliert sich ständig. Sie redet kaum mit mir, und wenn sie es tut, dann ist sie… so abweisend. Ich meine, sie ist ein Teenager, ich verstehe das, aber… dieses ganze Dunkle, das sie umgibt. Es ist, als ob sie in einer anderen Welt lebt.« Charles zuckte mit den Schultern. »Sie hat ihre eigene Art, sich auszudrücken. Das ist normal in ihrem Alter.« Delia schnaubte. »Das ist nicht normal. Sie verbringt ihre ganze Zeit allein in ihrem Zimmer oder… Gott weiß wo in diesem Haus. Sie braucht Struktur. Ich könnte ihr zum Beispiel Kunstunterricht geben.« Charles unterdrückte ein Lächeln. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie daran interessiert wäre, Delia.« »Interessiert oder nicht«, fuhr Delia fort, »sie ist Teil dieser Familie. Und wenn sie sich nicht anpasst, wie sollen wir dann jemals hier ein Zuhause schaffen?« In diesem Moment kam Lydia in den Raum, ihre Schritte leise, doch ihre Präsenz war wie eine plötzliche Kälte im Raum. »Was habt ihr über mich zu reden?«, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Delia zuckte zusammen, doch sie fing sich schnell. »Lydia, Schatz, wir haben uns nur Gedanken über dich gemacht. Wir wollen sicherstellen, dass es dir gut geht.« Lydia schnaubte. »Gut? Ja, klar. Nichts sagt ‚gut‘ wie ein Stiefmonster, das ständig über einen urteilt.« Delia zog die Augenbrauen zusammen, doch bevor sie etwas sagen konnte, schnappte sich Lydia einen Apfel von der Theke und verließ den Raum.
Charles schüttelte den Kopf und wandte sich wieder seiner Zeitung zu. »Gut gemacht, Delia.« Delia starrte ihm hinterher und kniff die Lippen zusammen. »Ich versuche nur, eine Verbindung zu ihr aufzubauen, Charles. Aber sie macht es unmöglich.« Charles sagte nichts, doch in seinem Blick lag ein Hauch von Resignation.
Lydia wanderte ziellos durch das Haus, bis sie schließlich auf dem Dachboden landete. Sie öffnete die Tür und schloss sie leise hinter sich, ohne ein Geräusch zu machen. Sie wusste, dass Barbara und Adam hier oben waren – sie spürte ihre Anwesenheit, auch wenn sie sie nicht sehen konnte. »Ich wünschte, ihr könntet einfach mit mir reden«, murmelte sie und ließ sich auf einen alten Stuhl sinken. Barbara, die unsichtbar an der Seite stand, sah Adam mit einem traurigen Blick an. »Sie braucht uns wirklich.« Adam nickte. »Vielleicht ist es Zeit, dass wir ihr zeigen, dass wir da sind.« Barbara dachte einen Moment nach und lächelte dann leicht. »Aber wir müssen vorsichtig sein. Sie soll nicht denken, dass wir sie erschrecken wollen.«
Adam grinste. »Das wäre ziemlich kontraproduktiv.«
Lydia bemerkte ein leichtes Rascheln in der Luft, und die Tür zum Dachboden schloss sich plötzlich, obwohl kein Windzug zu spüren war. Sie hob den Kopf, ihre Augen wurden schmal. »Barbara? Adam? Seid ihr das?«, fragte sie leise. Ein kleiner Gegenstand – ein Holzstück von Adams Modell – rollte über den Boden und blieb direkt vor ihren Füßen liegen. Lydia bückte sich, hob es auf und betrachtete es. Ein schwaches Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Also doch«, murmelte sie. »Ihr seid hier.« Barbara und Adam standen unsichtbar vor ihr, und Barbara flüsterte: »Wir sind immer hier, Lydia.« Auch wenn Lydia die Worte nicht hören konnte, spürte sie sie. Für einen Moment fühlte sie sich nicht mehr ganz so allein. Das Haus mochte voller Spannungen und unausgesprochener Konflikte sein, aber an diesem Morgen begann Lydia, ihre Familie neu zu definieren – nicht durch Blut, sondern durch die Bande, die sie mit den Maitlands teilte. Denn manchmal ist Familie nicht das, was man hat, sondern das, was man findet.
3. Lydias Rückkehr
Es war ein düsterer Nachmittag, als Lydia nach der Schule die lange Auffahrt zum Haus hinaufging. Die Bäume warfen verzerrte Schatten auf den Weg, und der Wind trug das leise Rascheln von welkem Laub mit sich. Lydia zog ihren schwarzen Mantel enger um sich und schaute mit einem flüchtigen Blick zum Haus hinauf. Für die meisten Menschen mochte das Gebäude alt und unheimlich wirken, doch für sie war es ein Zufluchtsort. In der Schule war der Tag wie jeder andere gewesen: langweilige Lehrer, aufdringliche Mitschüler und das Gefühl, dass sie einfach nicht in diese Welt passte. Die Leute dort verstanden sie nicht – sie sahen nur das schwarze Kleid, die dunklen Haare und die distanzierte Haltung. Für sie war Lydia ein Rätsel, doch niemand nahm sich die Zeit, sie wirklich zu verstehen. Sie schob die Gedanken beiseite, als sie die Haustür öffnete und eintrat. Drinnen war es still, bis auf das entfernte Geräusch von Delias Radio, das aus ihrem Atelier kam. Lydia schnaubte leise – es war typisch für Delia, den gesamten unteren Bereich des Hauses mit klassischer Musik zu beschallen, um sich selbst „kreativ zu inspirieren“.
Auf dem Dachboden beobachteten Barbara und Adam, wie Lydia ins Haus zurückkehrte. Barbara stand am Fenster, während Adam an seinem Modell arbeitete. »Sie sieht so müde aus«, bemerkte Barbara, ihre Stimme war leise und voller Mitgefühl. Adam nickte. »Die Schule macht es ihr sicher nicht leichter. Und Delia…« Barbara legte eine Hand auf seine Schulter. »Wir müssen ihr helfen, Adam. Sie trägt so viel auf ihren Schultern.« Adam legte das Werkzeug weg und sah sie an. »Aber wie? Wir können ihr nicht einfach erscheinen und sagen: ‚Hey, wir sind hier, um dein Leben besser zu machen.‘« Barbara dachte einen Moment nach. »Vielleicht nicht. Aber wir können ihr zeigen, dass sie nicht allein ist.«
Lydia ging die Treppe hinauf in ihr Zimmer, warf ihre Schultasche in eine Ecke und ließ sich auf ihr Bett fallen. Ihr Blick fiel auf das alte Notizbuch auf ihrem Nachttisch, und sie griff danach. Sie hatte in letzter Zeit nicht mehr so viel hineingeschrieben, aber jetzt fühlte sie, dass sie ihre Gedanken ordnen musste. Sie schlug eine leere Seite auf und begann zu schreiben: „Heute war ein weiterer Tag, an dem ich mich fehl am Platz fühlte. Ich sehe die Leute um mich herum und frage mich, ob ich je in ihre Welt passen werde. Wahrscheinlich nicht. Aber das ist okay. Ich habe mein eigenes Universum, mein eigenes Zuhause. Barbara und Adam sind hier, auch wenn ich sie nicht sehe. Und ich weiß, dass sie mich verstehen. Manchmal wünschte ich, sie könnten mir sagen, dass alles gut wird. Aber ich spüre es – ich spüre, dass sie da sind.“ Plötzlich hörte sie ein leises Klopfen an ihrer Zimmertür. Sie blickte auf, doch als sie zur Tür ging und sie öffnete, war niemand da. Ein leichter Luftzug wehte durch den Flur, und sie spürte die vertraute Präsenz, die sie oft umgab. »Barbara? Adam?«, flüsterte sie, doch die Luft blieb still. Ein leichtes Rascheln hinter ihr ließ sie sich umdrehen. Auf ihrem Nachttisch lag eine kleine Figur aus Holz – eine Miniatur, die sie aus Adams Modell kannte. Lydia hob sie auf und betrachtete sie mit einem schwachen Lächeln. »Ich wusste es«, sagte sie leise. »Ihr passt auf mich auf.«
Im Wohnzimmer saß Delia auf der Couch, ein Glas Rotwein in der Hand, während Charles die Zeitung las. Die beiden hatten kaum miteinander gesprochen, seit Lydia nach Hause gekommen war. »Charles«, begann Delia schließlich, ihre Stimme hatte einen vorwurfsvollen Ton, »wir müssen wirklich etwas mit Lydia unternehmen. Sie isoliert sich immer mehr.« Charles sah über den Rand seiner Zeitung hinweg. »Delia, sie ist ein Teenager. Das ist normal.« »Das ist nicht normal«, widersprach Delia. »Sie redet kaum mit mir, und wenn sie es tut, ist sie sarkastisch oder abweisend. Ich versuche, eine Beziehung zu ihr aufzubauen, aber sie macht es unmöglich.« Charles legte die Zeitung beiseite und sah sie ernst an. »Vielleicht solltest du sie einfach in Ruhe lassen. Lydia ist nicht wie die meisten Kinder, das weißt du. Aber sie ist stark. Sie findet ihren Weg.« Delia schüttelte den Kopf. »Stark oder nicht, sie ist immer noch ein Kind. Sie braucht Struktur, und ich bin die Einzige, die versucht, ihr das zu geben.«
Charles sagte nichts mehr. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit Delia zu streiten, wenn sie einmal in Fahrt war.
Später am Abend saß Lydia auf dem Dachboden, wo sie sich heimlicher fühlte als in jedem anderen Raum des Hauses. Barbara und Adam beobachteten sie aus der Nähe, unsichtbar, doch voller Mitgefühl. »Sie hat uns wirklich vermisst«, flüsterte Barbara. Adam nickte. »Vielleicht ist es Zeit, dass wir ihr zeigen, dass sie nicht allein ist.« Barbara lächelte leicht. »Das denke ich auch.« Lydia starrte auf das Modell, das Adam so sorgfältig gebaut hatte, und ihre Finger strichen über die kleinen Gebäude. Sie konnte sich vorstellen, wie Barbara und Adam hier saßen, an ihrem eigenen kleinen Universum arbeiteten und sich um ihre Welt kümmerten. Plötzlich bewegte sich ein kleiner Baum auf dem Modell von selbst. Lydia zog überrascht die Hand zurück, doch sie lächelte, als sie verstand, was passiert war. »Danke«, flüsterte sie und sah sich im Raum um. »Ich weiß, dass ihr da seid.« Barbara und Adam sahen sich an, ein Gefühl der Freude durchströmte sie. Sie konnten nicht direkt mit Lydia sprechen, doch sie wussten, dass ihre Botschaft angekommen war. An diesem Abend fühlte Lydia zum ersten Mal seit langer Zeit, dass sie wirklich nach Hause gekommen war. Es war nicht die Familie, in die sie hineingeboren wurde, sondern die, die sie gefunden hatte – eine neue Familie, die sie verstand, ohne dass sie etwas sagen musste. Doch tief in ihrem Inneren wusste Lydia, dass dieser Moment der Ruhe nicht von Dauer sein würde. Denn während sie auf dem Dachboden saß, weit entfernt von den Sorgen der Welt, regte sich in den Schatten etwas Dunkles. Etwas, das darauf wartete, die Ruhe zu zerstören.
4. Der Name fällt
Die Nacht war kalt und still, doch im Haus der Deetz lag eine seltsame Spannung in der Luft. Lydia saß in ihrem Zimmer und starrte in den Spiegel, der vor ihr stand. Er war ein gewöhnlicher Spiegel, alt und mit einem leicht verblassten Rahmen, doch für Lydia war er mehr als das. Er war eine Grenze zwischen Welten – eine Tür, die sich öffnen konnte, wenn man nicht vorsichtig war. Seit Wochen hatte sie das Gefühl, dass Beetlejuice näher war, als es den Anschein hatte. Sie hörte das Flüstern, spürte die Kälte in den Wänden und sah die Schatten, die sich bewegten, obwohl niemand da war. Doch heute Nacht war es anders. Heute fühlte sie seine Präsenz klarer als je zuvor. »Du wirst nicht zurückkommen«, flüsterte Lydia und fixierte ihr eigenes Spiegelbild. »Nicht, solange ich hier bin.«
Im Atelier unten arbeitete Delia an einer neuen Skulptur, ihre Bewegungen hektisch und fast manisch. Seit Tagen hatte sie das Gefühl, von einer unsichtbaren Kraft angetrieben zu werden. Ihre Hände schufen Formen, die sie nicht verstand, doch sie konnte nicht aufhören. Die Musik aus ihrem Radio spielte leise im Hintergrund, doch Delia hörte sie kaum. Stattdessen hörte sie etwas anderes – ein Flüstern, das aus den Schatten zu kommen schien. »Deliaaa…«, säuselte die Stimme, kaum mehr als ein Hauch. Delia hielt inne, ihre Hände umklammerten das Werkzeug. Sie drehte sich langsam um, ihre Augen suchten den Raum ab. »Wer ist da?«, fragte sie leise. Die Stimme antwortete nicht direkt, doch das Flüstern wurde lauter, drängender. »Ich bin hier, um dir zu helfen, Delia. Du bist so talentiert, aber du wirst nicht anerkannt. Niemand versteht dein Genie. Aber ich tue es.« Delia biss sich auf die Lippe, ihre Gedanken rasten. Sie wusste, dass etwas nicht stimmte, doch die Stimme hatte etwas Verlockendes, etwas, das sie nicht ignorieren konnte. »Was… willst du von mir?«, fragte sie zögernd. Die Stimme lachte leise. »Ich will dir geben, was du verdienst. Freiheit, Inspiration, Anerkennung. Alles, was du dir je gewünscht hast.« Delia schüttelte den Kopf. »Das ist… das ist verrückt.« »Nichts daran ist verrückt«, flüsterte die Stimme. »Alles, was du tun musst, ist, meinen Namen zu sagen. Drei Mal. Und ich werde dir zeigen, wie großartig dein Leben sein kann.« Delia zögerte, ihre Hände zitterten. Der Name lag ihr auf der Zunge, doch ein Teil von ihr wollte ihn nicht aussprechen.
Auf dem Dachboden spürten Barbara und Adam, dass etwas nicht stimmte. Die Luft war kälter geworden, und das Licht der alten Lampe flackerte. »Hast du das gespürt?«, fragte Barbara und sah Adam mit besorgten Augen an. Adam nickte. »Ja. Es fühlt sich an wie… wie damals.« Barbara trat ans Fenster und schaute hinaus. »Meinst du, er versucht, zurückzukommen?« Adam seufzte. »Ich weiß es nicht. Aber wir müssen Lydia warnen.«
Lydia hatte sich in ihr Bett gelegt, doch der Schlaf wollte nicht kommen. Sie hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmte – ein Kribbeln in der Luft, das sie nicht abschütteln konnte. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen, doch plötzlich hörte sie ein Geräusch. Es war ein Flüstern, leise und unheimlich, das aus dem Flur kam. Lydia setzte sich auf und lauschte, ihr Herz schlug schneller. »Delia…«, flüsterte die Stimme, und Lydias Augen weiteten sich. »Nein«, murmelte sie und sprang aus dem Bett. Sie rannte die Treppe hinunter, ihr Herz raste, als sie das Atelier erreichte. Die Tür stand einen Spalt offen, und aus dem Raum drang ein schwaches grünes Licht. Lydia stieß die Tür auf und sah Delia, die mitten im Raum stand. Ihre Augen waren weit geöffnet, und ihre Lippen bewegten sich, als ob sie etwas murmelte. »Delia, nein!«, rief Lydia und stürmte auf sie zu. Doch es war zu spät. Delias Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch die Worte hallten durch den Raum wie ein Donner. »Beetlejuice… Beetlejuice… Beetlejuice.« In dem Moment, als der Name zum dritten Mal ausgesprochen wurde, erhellte ein gleißendes grünes Licht den Raum, und Lydia wurde zurückgestoßen. Sie prallte gegen die Wand und sank zu Boden, während ein lautes, unheilvolles Lachen die Luft erfüllte. »Na, Babys«, sagte eine vertraute Stimme, und Lydia spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog. Beetlejuice war zurück. Mit einem Knall materialisierte er sich in der Mitte des Ateliers, seine schwarz-weiß gestreifte Kleidung und sein schmieriges Grinsen wirkten genauso grotesk wie in ihrer Erinnerung. Er breitete die Arme aus und drehte sich einmal im Kreis. »Habt ihr mich vermisst?«, rief er und lachte laut.
Delia stand wie versteinert da, ihre Augen starrten ihn an, als ob sie nicht glauben konnte, was sie gerade getan hatte. Lydia richtete sich mühsam auf, ihre Augen funkelten vor Wut. »Beetlejuice«, zischte sie. »Du solltest nicht hier sein.« Beetlejuice drehte sich zu ihr um und grinste. »Oh, hallo, kleines Mädchen. Schön, dich wiederzusehen. Ich hab dich vermisst.« »Geh zurück, wo du hergekommen bist«, sagte Lydia, ihre Stimme war fest, obwohl sie innerlich zitterte. Beetlejuice lachte und kam auf sie zu. »Oh, nein, nein, nein. Ich hab gerade erst angefangen. Ihr habt mich gerufen, und jetzt bin ich hier. Also… lasst uns ein bisschen Spaß haben.« Lydia ballte die Fäuste, während Barbara und Adam oben auf dem Dachboden spürten, dass das Chaos zurückgekehrt war. Beetlejuice war wieder in der Welt der Lebenden – und diesmal würde er nicht so leicht gehen.
5. Unruhige Geister
Die Luft im Haus der Deetz war schwer, fast erstickend. Seit Beetlejuice zurückgekehrt war, schien das Haus selbst sich verändert zu haben. Türen knarrten, obwohl niemand sie berührte, Schatten krochen über die Wände, und ein leises, unheilvolles Flüstern lag ständig in der Luft. Es fühlte sich an, als ob die Ruhe, die Lydia und die Maitlands sich hart erkämpft hatten, in einem einzigen Augenblick verschwunden war. Lydia saß in ihrem Zimmer, ihre Beine angezogen, und starrte auf den Spiegel vor ihr. Sie wusste, dass Beetlejuice irgendwo im Haus war. Seine Anwesenheit war wie ein schwelendes Feuer – sie konnte ihn nicht sehen, aber sie spürte ihn. Ihre Gedanken rasten, während sie versuchte, einen Plan zu schmieden.
Auf dem Dachboden herrschte angespannte Stille. Barbara und Adam standen über Adams Modell der Stadt gebeugt, doch ihre Hände bewegten sich nicht. Die beiden Geister waren blass, selbst für ihre Verhältnisse. »Er ist zurück«, sagte Barbara schließlich, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Adam nickte langsam, doch er sagte nichts. Er wusste, dass sie es beide gespürt hatten, in dem Moment, als Delia seinen Namen ausgesprochen hatte. Es war wie ein Riss, der durch die Wände der Realität gegangen war. »Was machen wir jetzt?«, fragte Barbara und drehte sich zu ihrem Mann um. Ihre Augen waren voller Sorge. Adam seufzte und rieb sich die Stirn. »Wir haben ihn schon einmal zurückgeschickt. Vielleicht… vielleicht können wir es wieder tun.« Barbara schüttelte den Kopf. »Es ist nicht mehr dasselbe. Er hat uns jetzt durchschaut. Er wird nicht die gleichen Fehler machen wie beim letzten Mal.« Adam sah sie an, und in seinen Augen lag dieselbe Angst, die auch sie fühlte. »Dann müssen wir einen neuen Weg finden.«
Barbara nickte langsam, doch sie konnte die Unsicherheit in ihrem Inneren nicht verdrängen. Sie wussten beide, dass Beetlejuice nicht nur ein Geist war. Er war Chaos in seiner reinsten Form – unberechenbar, gefährlich und fast unmöglich zu kontrollieren.
Im Atelier unten saß Delia auf dem Boden, die Knie an ihre Brust gezogen, während sie mit leeren Augen auf die Stelle starrte, an der Beetlejuice erschienen war. Sie hatte immer noch das Gefühl, dass die Luft von seinem höhnischen Lachen vibrierte. »Was habe ich getan?«, murmelte sie vor sich hin, ihre Stimme war brüchig. Charles betrat das Atelier, sein Gesicht war vor Sorge gezeichnet. Er hatte das grüne Licht und das laute Lachen ebenfalls bemerkt, doch er konnte es sich nicht erklären. Als er Delia dort sitzen sah, eilte er zu ihr und kniete sich neben sie. »Delia, was ist los?«, fragte er. Delia sah ihn an, ihre Augen waren voller Panik. »Ich… ich weiß es nicht. Etwas… Etwas ist passiert. Ich habe etwas gespürt, etwas… Dunkles.« Charles runzelte die Stirn. »Delia, du bist wahrscheinlich nur überarbeitet. Du solltest dir eine Pause gönnen.« Delia schüttelte den Kopf. »Nein, du verstehst nicht. Es war real. Da war jemand. Ich habe ihn gesehen.« Charles wollte etwas sagen, doch er hielt inne. Er wusste, dass Delia sich oft von ihrer Fantasie leiten ließ, aber diesmal war etwas anders. Ihr Blick war nicht wie sonst – es war, als ob sie wirklich etwas erlebt hatte, das sie zutiefst erschütterte. »Was hast du gesehen?«, fragte er schließlich. Delia zögerte, bevor sie antwortete. »Er hat… gesprochen. Er hat gesagt, dass er mir helfen kann. Aber… ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht.« Charles legte eine Hand auf ihre Schulter. »Es wird alles gut, Delia. Wir schaffen das.« Doch tief in seinem Inneren hatte er das Gefühl, dass etwas völlig aus dem Ruder lief.
Lydia betrat später den Dachboden, ihre Kamera um den Hals gehängt, und sah Barbara und Adam an. Die beiden standen reglos da, doch als Lydia den Raum betrat, drehten sie sich zu ihr um. »Er ist hier«, sagte Lydia direkt. Barbara nickte. »Das haben wir gespürt.« Lydia setzte sich auf einen der alten Stühle und sah sie ernst an. »Er ist stärker als zuvor. Ich weiß es. Delia hat ihn gerufen, und jetzt glaubt er, dass er die Kontrolle hat.« Adam sah sie an. »Aber wir können ihn stoppen. Wir haben es schon einmal geschafft.« Lydia schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn wir das Gleiche tun wie beim letzten Mal. Er wird uns durchschauen. Wir brauchen einen neuen Plan.« Barbara setzte sich neben sie. »Wir stehen hinter dir, Lydia. Was immer du brauchst, wir helfen dir.« Lydia dachte einen Moment nach, bevor sie sprach. »Wir müssen herausfinden, was er wirklich will. Er ist nicht einfach zurückgekommen, um Chaos zu verursachen. Er hat einen Plan. Und wenn wir ihn durchschauen, können wir ihn aufhalten.« Adam nickte. »Und wenn wir herausfinden, was er vorhat, können wir ihn vielleicht in eine Falle locken.« Lydia lächelte leicht, obwohl ihre Augen immer noch ernst waren. »Genau.«
Doch während Lydia und die Maitlands ihren Plan schmiedeten, schlich sich Beetlejuice durch das Haus, unsichtbar für die meisten, doch spürbar für diejenigen, die empfänglich für seine Präsenz waren.
Er schwebte über den Flur, sein höhnisches Grinsen schimmerte in der Dunkelheit. »Ach, Babys«, murmelte er zu sich selbst, »ihr glaubt wirklich, dass ihr mich aufhalten könnt? Wie süß.« Er hielt vor einem der Spiegel im Flur an und betrachtete sein eigenes, verzerrtes Spiegelbild. »Diesmal bin ich hier, um zu bleiben. Und diesmal… mache ich die Regeln.« Sein Lachen hallte durch die Flure, und im ganzen Haus zogen sich die Schatten enger zusammen. Die Geister waren unruhig – und mit gutem Grund. Denn Beetlejuice war nicht nur zurück. Er war bereit, alles, was sie kannten, zu zerstören.
6. Ein unerwarteter Besucher
Die Tage im Haus der Deetz waren seit Beetlejuice’ Rückkehr alles andere als gewöhnlich. Jeder Raum fühlte sich angespannt an, die Luft schwer, und selbst in den stillsten Momenten schien eine unsichtbare Präsenz die Bewohner zu beobachten. Lydia, Barbara und Adam arbeiteten fieberhaft an einem Plan, während Delia und Charles ahnungslos waren, was wirklich vor sich ging. An diesem Abend hatte sich Lydia wieder auf den Dachboden zurückgezogen, um mit Barbara und Adam zu sprechen. Sie hatte das Gefühl, dass die Zeit gegen sie arbeitete, dass Beetlejuice nur auf den richtigen Moment wartete, um zuzuschlagen. »Wir brauchen Informationen«, sagte Lydia, während sie auf einem der alten Stühle saß. »Wir wissen, dass Beetlejuice etwas plant, aber wir haben keine Ahnung, was es ist.«
Barbara nickte langsam. »Es fühlt sich an, als ob er stärker ist als zuvor. Er war schon immer unberechenbar, aber diesmal… es ist anders.« Adam lehnte sich über das Modell und stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch. »Vielleicht versucht er, mehr als nur dieses Haus zu übernehmen. Wenn er eine Verbindung zur Welt der Lebenden hat, könnte er unaufhaltsam werden.«
Lydia biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. »Wenn wir nur jemanden hätten, der mehr über die Regeln der Totenwelt weiß. Jemanden, der uns sagen könnte, wie wir ihn wieder zurückschicken können.« Barbara sah Adam an, und ein Ausdruck des Zögerns huschte über ihr Gesicht. »Es gibt jemanden«, sagte sie leise.
Lydia sah sie neugierig an. »Wen meinst du?« Barbara zögerte, bevor sie antwortete. »Juno.« Lydia runzelte die Stirn. »Juno? Wer ist das?« Adam sah Barbara an und seufzte. »Juno ist… war unsere Fallmanagerin in der Totenwelt. Sie hilft Geistern, sich an ihre neue Existenz anzupassen, und sorgt dafür, dass die Regeln eingehalten werden. Sie hat uns damals vor Beetlejuice gewarnt.« Lydia lehnte sich nach vorne. »Kann sie uns helfen?« Barbara nickte langsam. »Wenn jemand weiß, wie man Beetlejuice endgültig aufhält, dann sie.«
Das Problem war, Juno zu kontaktieren. Sie war kein Geist, der einfach auftauchte, wenn man nach ihr rief. Es bedurfte eines bestimmten Rituals, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Barbara und Adam hatten sich in einer Ecke des Dachbodens versammelt, während Lydia einen Kreis aus Kreide auf den Boden zog, wie es im Handbuch für die kürzlich Verstorbenen beschrieben war. Kerzen flackerten in der Dunkelheit, und die Luft schien sich mit jeder Sekunde schwerer anzufühlen. »Bist du sicher, dass das funktioniert?«, fragte Lydia, während sie die letzte Linie des Kreises zog. Adam zuckte mit den Schultern. »Es hat schon einmal funktioniert. Aber Juno ist… nun ja, nicht gerade der geduldigste Geist.«
Barbara nickte und fügte hinzu: »Wenn sie kommt, wird sie keine Zeit für Smalltalk haben. Wir müssen direkt zum Punkt kommen.« Lydia atmete tief durch und stellte sich in die Mitte des Kreises. »Dann lasst uns das tun.« Sie begann, die Worte zu lesen, die im Handbuch angegeben waren. Die Sprache war alt und fremdartig, und sie hatte Schwierigkeiten, die Wörter auszusprechen, doch sie machte weiter.
Die Luft im Raum veränderte sich plötzlich. Eine eisige Kälte kroch durch die Wände, und die Flammen der Kerzen flackerten wild, bevor sie erloschen. Dann, ohne Vorwarnung, erschien eine Gestalt im Raum. Juno war klein und zäh, mit grauem Haar, das zu einem engen Knoten gebunden war, und einer Zigarette, die ständig in ihrem Mundwinkel hing. Ihre Präsenz war einschüchternd, obwohl sie nicht viel größer war als Lydia. »Was wollt ihr?«, fragte sie scharf und ließ ihren durchdringenden Blick durch den Raum wandern. Barbara trat vor. »Juno, wir brauchen deine Hilfe. Beetlejuice ist zurück.« Juno verzog das Gesicht und nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. »Natürlich ist er das. Ihr hättet besser aufpassen sollen.« »Wir haben alles getan, was wir konnten«, sagte Adam. »Aber er hat einen Weg gefunden, zurückzukommen.« Juno blies den Rauch aus und schüttelte den Kopf. »Das tut er immer. Er ist ein Schmarotzer, ein Störenfried. Aber diesmal könnte es schlimmer sein. Die Tatsache, dass er zurück ist, bedeutet, dass jemand seinen Namen gesagt hat.« Alle Augen wandten sich zu Lydia, die langsam nickte. »Delia. Sie wusste nicht, was sie tat.« Juno seufzte und rieb sich die Schläfen. »Natürlich. Menschen sind so leicht zu manipulieren.«
»Wie können wir ihn aufhalten?«, fragte Lydia, ihre Stimme fest. Juno betrachtete sie einen Moment lang, bevor sie sprach. »Beetlejuice ist gefährlich, weil er die Regeln ignoriert. Er spielt mit den Grenzen zwischen Leben und Tod. Um ihn zurückzuschicken, müsst ihr ihn in eine Situation bringen, in der er sich selbst verrät.« »Was bedeutet das?«, fragte Adam. Juno zog erneut an ihrer Zigarette. »Beetlejuice lebt vom Chaos. Aber Chaos ist unkontrollierbar, selbst für ihn. Wenn ihr ihn dazu bringt, einen Fehler zu machen, könnt ihr ihn zurückschicken. Aber das ist leichter gesagt als getan.« »Und wie machen wir das?«, fragte Lydia.
Juno sah sie mit einem durchdringenden Blick an. »Ihr müsst ihn in eine Falle locken. Aber seid gewarnt: Wenn ihr scheitert, wird er stärker. Und dann gibt es keinen Weg mehr, ihn aufzuhalten.« Lydia nickte entschlossen. »Wir schaffen das.«
Juno schnaubte. »Das hoffe ich für euch. Viel Glück. Ihr werdet es brauchen.« Mit diesen Worten verschwand sie, und die Kerzen flackerten wieder auf. Lydia drehte sich zu Barbara und Adam um. »Wir wissen, was wir tun müssen. Jetzt brauchen wir nur einen Plan.« Barbara legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Und wir werden da sein, um dir zu helfen.« Doch tief in ihrem Inneren wusste Lydia, dass die Aufgabe vor ihnen gefährlicher war, als sie es sich eingestehen wollten.
7. Das Handbuch schlägt Alarm
Die Luft im Haus der Deetz war schwer und aufgeladen, als ob die Wände selbst die Spannung spüren könnten, die sich darin ausbreitete. Seit Juno ihnen den entscheidenden Hinweis gegeben hatte, arbeiteten Lydia, Barbara und Adam fieberhaft daran, Beetlejuice eine Falle zu stellen. Doch die Zeit schien gegen sie zu arbeiten – die Präsenz des Chaosgeists wurde immer deutlicher. An diesem Nachmittag saß Lydia allein auf dem Dachboden, das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen vor sich aufgeschlagen. Die Seiten des Buches waren alt, die Ecken zerknittert, und der Text schien sich auf den ersten Blick nie wirklich zu verändern. Doch Lydia hatte gelernt, dass das Handbuch eine Art Bewusstsein hatte – es konnte warnen, wenn etwas nicht stimmte. Als sie die Seiten durchblätterte, spürte sie plötzlich, wie sich das Papier unter ihren Fingern veränderte. Die Seiten begannen zu flimmern, und die Worte auf ihnen schienen sich zu bewegen, als ob sie zum Leben erwachten. Ein leises Summen erfüllte den Raum, und Lydia hielt den Atem an. »Barbara! Adam!«, rief sie und sprang von ihrem Stuhl auf. Die beiden Geister materialisierten sich fast augenblicklich, ihre Gesichter voller Sorge. »Was ist los?«, fragte Barbara, als sie die flimmernden Seiten sah. Lydia deutete auf das Handbuch. »Es tut… das. Es bewegt sich. Das hat es noch nie zuvor gemacht.«
Adam trat näher und betrachtete das Buch mit zusammengekniffenen Augen. »Das Handbuch reagiert auf Störungen. Es warnt uns.« Barbara beugte sich über das Buch, während die Worte sich auf einer der Seiten zu formen begannen. »Es gibt eine Nachricht«, flüsterte sie. Langsam und mit zittriger Handschrift erschienen die Worte:
„Achtung: Eine Störung im Gleichgewicht zwischen den Welten. Gefahr durch Chaosenergie. Handlung erforderlich.“
Lydia runzelte die Stirn. »Das Gleichgewicht zwischen den Welten? Was bedeutet das?« Barbara setzte sich und starrte die Nachricht an. »Die Totenwelt und die Welt der Lebenden sind durch ein Gleichgewicht miteinander verbunden. Wenn jemand wie Beetlejuice diese Balance stört, könnte das verheerende Folgen haben.« Adam blätterte hastig durch die Seiten des Buches. »Es steht hier. Wenn das Gleichgewicht gestört wird, kann es dazu führen, dass die Grenzen zwischen den Welten verschwimmen. Geister könnten in die Welt der Lebenden eindringen, und umgekehrt.« Lydia sah ihn alarmiert an. »Du meinst, wenn wir ihn nicht aufhalten, könnte er das ganze System auseinanderreißen?« Adam nickte ernst. »Ja. Und wenn das passiert, wird nicht nur unser Haus betroffen sein. Es könnte die gesamte Stadt, vielleicht sogar die ganze Welt beeinflussen.« Barbara legte eine Hand an ihren Mund. »Das dürfen wir nicht zulassen.« Lydia ballte die Fäuste. »Das werden wir auch nicht. Wir müssen das Gleichgewicht wiederherstellen – und das bedeutet, Beetlejuice zurückzuschicken.«
Doch während sie auf dem Dachboden einen Plan schmiedeten, arbeitete Beetlejuice bereits an seinem eigenen. Er saß im Wohnzimmer, seine Beine lässig über die Armlehne eines Sessels geschwungen, und betrachtete das Chaos, das er bereits angerichtet hatte. »Ach, Babys«, murmelte er vor sich hin, »ihr habt keine Ahnung, wie lustig das hier für mich ist.« Er schnippte mit den Fingern, und die Wände des Raumes begannen, sich zu verformen. Bilder lösten sich von den Haken, Möbel schwebten in der Luft, und ein unheimliches grünes Licht flackerte durch den Raum. »Das Gleichgewicht zwischen den Welten«, sagte er und lehnte sich zurück, »ist ein ziemlich langweiliges Konzept. Zeit, die Dinge ein bisschen aufzumischen.« Mit einem weiteren Fingerschnippen erschienen Risse in den Wänden – winzige Spalten, durch die ein grauer Nebel sickerte. Es war, als ob die Totenwelt versuchte, sich durch die Realität zu drängen. Beetlejuice lachte. »Kommt nur her, Jungs. Zeit, das Chaos richtig loszutreten.«
Zur gleichen Zeit bemerkte Delia, dass in ihrem Atelier etwas nicht stimmte. Die Skulpturen, an denen sie gearbeitet hatte, schienen sich zu bewegen – nicht viel, aber genug, dass sie es bemerkte. Sie trat näher an eine der Skulpturen heran, die aus verdrehten Metallteilen bestand, und streckte die Hand aus, um sie zu berühren. Doch bevor ihre Finger sie erreichten, begann die Skulptur, sich wie von selbst zu drehen. Delia wich zurück, ihr Herz schlug schneller. »Was zum Teufel…?« Das Flüstern kehrte zurück, lauter als zuvor. »Deliaaa… du hast mich gerufen. Jetzt bin ich hier.« Delia drehte sich um und sah Beetlejuice, der plötzlich im Raum stand. Sein breites Grinsen ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. »Du…«, stammelte sie. »Was willst du?« Beetlejuice trat näher, seine Augen funkelten. »Ich will dir helfen, Delia. Du willst Inspiration? Freiheit? Ich bin dein Mann.« Delia schüttelte den Kopf. »Das ist falsch. Du bist falsch.« Beetlejuice lachte. »Oh, Süße, ich bin genau das, was du brauchst. Du hast mich gerufen, und jetzt sind wir ein Team.«
Oben auf dem Dachboden spürten Lydia, Barbara und Adam die Veränderung. Das Handbuch begann erneut zu flimmern, und eine weitere Nachricht erschien:
„Das Chaos breitet sich aus. Die Verbindung wird instabil.“
Lydia sprang auf. »Er macht etwas. Ich kann es fühlen.« Barbara nickte. »Wir müssen ihn stoppen, bevor es schlimmer wird.« Adam blätterte durch das Buch, suchte verzweifelt nach einer Lösung. »Es gibt eine Möglichkeit, das Gleichgewicht wiederherzustellen, aber wir brauchen Zeit.« Lydia schnappte sich die Kamera, die sie immer griffbereit hatte. »Dann sorgen wir dafür, dass wir sie bekommen.«
Mit einem entschlossenen Blick rannte sie zur Tür. Barbara und Adam folgten ihr, bereit, sich dem Chaos zu stellen, das im Haus lauerte. Beetlejuice war stärker als je zuvor, doch Lydia und die Maitlands waren entschlossen, ihn aufzuhalten – egal, was es kostete.
8. Dreimal gesagt
Die Atmosphäre im Haus der Deetz war fast unerträglich geworden. Die Schatten schienen sich zu bewegen, die Luft war kalt und schwer, und jedes Flüstern fühlte sich wie ein Schlag gegen die Nerven der Bewohner an. Seit Beetlejuice zurückgekehrt war, hatte das Chaos unaufhörlich zugenommen. Lydia wusste, dass sie keine Zeit mehr hatten – Beetlejuice wurde mit jeder Minute, die er in der Welt der Lebenden verbrachte, stärker.
Delia saß im Wohnzimmer, ein Glas Wein in der Hand, und starrte in den flackernden Fernseher. Sie versuchte, die seltsamen Dinge zu ignorieren, die im Haus passierten. Die flackernden Lichter, die kühlen Luftzüge, das unbestimmte Gefühl, dass sie beobachtet wurde – sie schob alles auf Stress. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass etwas nicht stimmte.
Plötzlich flackerte der Fernseher, und das Bild verzerrte sich. Eine vertraute Stimme drang aus den Lautsprechern. »Deliaaa…«, säuselte Beetlejuice, sein Ton war einladend und doch unheilvoll. Delia riss die Augen auf und ließ das Glas fallen, das mit einem dumpfen Geräusch auf den Teppich prallte. »Nein«, murmelte sie und schüttelte den Kopf. »Nein, ich will das nicht.« »Oh, komm schon, Süße«, sagte die Stimme, jetzt klarer und eindringlicher. »Du hast meinen Namen schon einmal gesagt. Einmal mehr, und ich kann dir all die Freiheit geben, die du dir wünschst.«
Delia stand auf, ihre Hände zitterten. »Ich… ich will das nicht. Geh weg.« Die Stimme lachte. »Ich bin schon hier, Baby. Du kannst mich nicht loswerden.«
Auf dem Dachboden spürten Barbara und Adam die Veränderung. Das Handbuch, das vor ihnen lag, begann wieder zu flimmern. Eine neue Nachricht erschien:
„Die Grenze ist am Schwanken. Die dritte Nennung wird die Verbindung stärken.“
Barbara sprang auf. »Er versucht, sie dazu zu bringen, seinen Namen noch einmal zu sagen.« Adam nickte, seine Hände zitterten. »Wenn das passiert, wird er unaufhaltbar.« Lydia, die am Fenster stand und hinaus in die Dunkelheit starrte, drehte sich abrupt um. »Dann müssen wir ihn aufhalten.« Barbara sah sie an, ihre Augen voller Sorge. »Aber wie? Wir können ihn nicht direkt konfrontieren. Er ist zu stark.« Lydia dachte kurz nach und griff dann nach ihrer Kamera. »Vielleicht nicht. Aber wenn wir Delia erreichen, bevor er es schafft, können wir ihn stoppen.«
Unten im Wohnzimmer trat Delia langsam vom Fernseher zurück, doch die Stimme verfolgte sie. Die Schatten an den Wänden schienen sich zu bewegen, und das Licht flackerte wild. »Delia, sag es einfach«, drängte Beetlejuice. »Du weißt, dass du es willst.« Delia schüttelte den Kopf, Tränen liefen über ihre Wangen. »Nein. Nein, ich will das nicht.« »Natürlich willst du das«, fuhr Beetlejuice fort, seine Stimme war jetzt sanfter, fast beschwichtigend. »Ich meine, schau dich an. Niemand hier versteht dich. Niemand schätzt deine Arbeit. Aber ich tue es. Ich sehe, wer du wirklich bist.« Delia schloss die Augen, ihre Gedanken rasten. Sie fühlte sich überwältigt, eingeklemmt zwischen Angst und Verlockung.
Lydia rannte die Treppe hinunter, Barbara und Adam dicht hinter ihr. Sie wusste, dass sie nicht viel Zeit hatten. Als sie das Wohnzimmer erreichte, blieb sie abrupt stehen. Delia stand in der Mitte des Raumes, ihr Gesicht war bleich, und ihre Lippen bewegten sich, als ob sie etwas sagte. Die Schatten um sie herum schienen lebendig zu sein, und in einer Ecke des Raumes sah Lydia die vertraute Gestalt von Beetlejuice, der ein breites, triumphierendes Grinsen trug. »Delia, stopp!«, schrie Lydia, ihre Stimme war durchdringend. Delia drehte sich um, ihre Augen waren glasig, als ob sie in einem Traum gefangen wäre. »Lydia…«, murmelte sie. »Du darfst ihn nicht sagen«, rief Lydia und trat näher. »Was auch immer er dir versprochen hat, es ist eine Lüge!«
Beetlejuice lachte laut. »Ach, komm schon, Lydia. Lass uns doch ein bisschen Spaß haben. Sie gehört mir.« »Nein, tut sie nicht«, sagte Lydia fest und stellte sich zwischen Delia und Beetlejuice. »Delia, hör auf mich. Er wird alles zerstören. Du darfst ihm nicht vertrauen.« Delia schwankte, ihre Lippen bewegten sich wieder. »Bee…«
»NEIN!«, schrie Lydia, und ihre Stimme war voller Verzweiflung. Doch es war zu spät. Mit einer einzigen Bewegung drehte Delia sich um, und mit einer Stimme, die wie aus einer anderen Welt klang, sprach sie die letzten Worte aus: »Beetlejuice.« Ein ohrenbetäubender Knall erfüllte den Raum, und Lydia wurde zurückgeschleudert. Die Schatten an den Wänden wurden dichter, und ein grelles, grünes Licht explodierte in der Mitte des Raumes. Als Lydia sich mühsam aufrichtete, sah sie Beetlejuice in seiner vollen Gestalt, wie er triumphierend in der Luft schwebte. »Na, Babys«, sagte er mit einem breiten Grinsen. »Ich bin zurück. Und diesmal spiele ich nicht nach euren Regeln.« Barbara und Adam erschienen hinter Lydia, ihre Geistergestalten flackerten vor Anspannung. »Das ist nicht vorbei«, sagte Lydia leise, ihre Augen voller Entschlossenheit. Beetlejuice lachte laut und breitete die Arme aus. »Oh, Lydia, es hat gerade erst angefangen.« Die Dunkelheit kroch tiefer in das Haus, und Lydia wusste, dass sie vor ihrem bisher größten Kampf stand. Beetlejuice war frei – und dieses Mal würde er keine Gnade zeigen.
9. Er ist zurück
Das Haus der Deetz war von einer Dunkelheit erfüllt, die mehr als nur das Fehlen von Licht war. Es fühlte sich an, als ob etwas Lebendiges die Wände durchdrang, ein pulsierendes Chaos, das seine Spuren in jeder Ecke hinterließ. Beetlejuice war zurück, und mit ihm eine Welle von Unheil, die sich mit jeder Sekunde ausbreitete. Lydia saß am Fuß der Treppe, ihre Atmung war schwer, und ihre Hände zitterten, während sie sich mühsam vom Staub befreite, der durch den Raum gewirbelt war. Das Geräusch von Beetlejuice’ Lachen hallte durch das Haus, dröhnend und allgegenwärtig. Es schien, als ob die Wände selbst über seine Rückkehr jubelten. Barbara und Adam standen neben ihr, ihre Geistergestalten wirkten blasser als sonst. Beide sahen zu Beetlejuice, der in der Mitte des Wohnzimmers stand, triumphierend, als ob die Welt ihm gehörte. »Na, Babys«, sagte er mit einem breiten, schmierigen Grinsen. »Habt ihr mich vermisst?« »Du bist nicht willkommen hier«, sagte Lydia leise, ihre Stimme zitterte vor Wut. Beetlejuice drehte sich zu ihr um, sein Grinsen wurde noch breiter. »Ach, komm schon, Lydia. Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, so ein Empfang? Das enttäuscht mich.« Barbara trat vor, ihre Stimme war angespannt. »Du solltest nicht hier sein. Du gehörst nicht in diese Welt.« Beetlejuice hob eine Augenbraue und leckte sich über die Lippen. »Oh, Barbara, du bist so süß. Aber weißt du was? Eure Regeln interessieren mich nicht. Ich mache meine eigenen.« Adam ballte die Fäuste und trat neben Barbara. »Wir haben dich schon einmal zurückgeschickt. Wir können es wieder tun.« Beetlejuice lachte laut, ein Geräusch, das wie zerbrechendes Glas durch den Raum hallte. »Ihr habt mich beim letzten Mal überrascht, ich gebe es zu. Aber diesmal bin ich vorbereitet. Und glaubt mir, Babys, ich bleibe hier.«
Delia saß auf dem Boden, ihre Augen waren weit geöffnet, und sie zitterte am ganzen Körper. Sie hatte immer noch das Gefühl, dass die Worte, die sie gesprochen hatte, nicht von ihr kamen – als ob jemand anderes durch sie gesprochen hätte. Charles stürmte ins Wohnzimmer, sein Gesicht war vor Sorge gezeichnet. »Was ist hier los? Delia, was ist passiert?« Delia sah zu ihm auf, ihre Stimme war ein Flüstern. »Er… er ist hier.« Charles runzelte die Stirn. »Wer ist hier? Wovon redest du?« Bevor Delia antworten konnte, trat Beetlejuice nach vorne, die Hände in die Hüften gestemmt, und grinste Charles an. »Hey, großer Mann. Ich bin Beetlejuice. Schön, dich endlich kennenzulernen.« Charles starrte ihn an, sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Verwirrung und Unglauben. »Was… bist du?« Beetlejuice schnappte sich einen der Sessel, ließ sich hineinsinken und legte die Füße auf den Couchtisch. »Was ich bin? Nun, Charles, ich bin dein neuer Mitbewohner. Und glaub mir, ich mache das Leben hier erst so richtig interessant.«
Lydia stand auf und ging entschlossen auf Beetlejuice zu. »Das reicht. Du wirst nicht hierbleiben. Nicht dieses Mal.« Beetlejuice sah sie amüsiert an. »Oh, Lydia, ich liebe deine kämpferische Einstellung. Aber lass mich dir was verraten: Ich habe keine Lust, wieder in die Totenwelt verbannt zu werden. Also schlage ich vor, dass du dich einfach zurücklehnst und das Chaos genießt.«
»Wir werden einen Weg finden, dich aufzuhalten«, sagte Lydia, ihre Stimme fest. Beetlejuice grinste noch breiter. »Viel Glück dabei, Kleines. Aber ich habe ein paar Tricks auf Lager, die ihr noch nicht kennt.« Er schnippte mit den Fingern, und plötzlich begannen die Möbel im Raum, sich zu bewegen. Stühle tanzten, Lampen flackerten, und die Wände verzerrten sich, als ob das Haus lebendig wurde. Barbara und Adam wichen zurück, während Delia und Charles entsetzt zusahen. »Gefällt euch meine neue Deko?«, rief Beetlejuice und lachte lauthals. »Ich dachte, das Haus könnte ein bisschen… Schwung vertragen.« Lydia biss die Zähne zusammen. Sie wusste, dass sie keine Zeit zu verlieren hatte. Sie musste einen Plan schmieden – und zwar schnell.
Barbara zog Lydia beiseite, während Beetlejuice weiter Chaos verbreitete. »Lydia, wir müssen ihn stoppen, bevor es schlimmer wird.« Lydia nickte. »Ich weiß. Aber wir brauchen Zeit, um herauszufinden, wie.« Adam sah sich um, seine Augen suchten verzweifelt nach einer Lösung. »Vielleicht können wir ihn ablenken. Wenn wir ihn lange genug beschäftigen, können wir einen Weg finden, ihn zurückzuschicken.« Barbara stimmte zu. »Aber wir müssen vorsichtig sein. Je länger er hier bleibt, desto stärker wird er.« Lydia holte tief Luft und sah zu Beetlejuice, der jetzt auf dem Tisch tanzte und dabei wild mit den Armen fuchtelte. »Wir schaffen das«, sagte sie entschlossen. »Wir haben keine andere Wahl.«
Während das Chaos weiter eskalierte, wusste Lydia, dass dies erst der Anfang war. Beetlejuice war zurück, und er war gefährlicher als je zuvor. Doch sie würde nicht aufgeben – nicht, solange sie eine Chance hatte, das Haus und ihre Familie zu retten. Beetlejuice mochte triumphieren, doch Lydia wusste eines: Auch Chaos konnte Fehler machen. Und sie würde diese Fehler nutzen, um ihn endgültig aufzuhalten.
10. Ein teuflisches Angebot
Die Nacht war wie eine lebendige Präsenz über das Haus der Deetz hereingebrochen. Die Schatten schienen sich zu bewegen, als ob sie eigene Gedanken hätten, und die Kälte der Totenwelt kroch unbemerkt in jeden Raum. Das Chaos, das Beetlejuice entfesselt hatte, war kein zufälliges Durcheinander – es war gezielt. Jedes Flüstern, jede Verzerrung in der Luft schien auf einen größeren Plan hinauszulaufen. Im Wohnzimmer herrschte eine gespannte Stille, die nur durch das Knistern des Kamins unterbrochen wurde. Beetlejuice hatte es sich auf der Couch bequem gemacht, seine Schuhe auf dem Couchtisch, während Delia, Charles und Lydia ihn misstrauisch beobachteten. Barbara und Adam standen unsichtbar in einer Ecke, bereit, einzugreifen, wenn es nötig war.
Beetlejuice grinste breit, als er sich aufrichtete und sich demonstrativ den Staub von seinem schwarz-weiß gestreiften Anzug klopfte. »Na, Babys, ich denke, es ist an der Zeit, dass wir mal über die Zukunft sprechen.« Lydia verschränkte die Arme vor der Brust und fixierte ihn mit einem eiskalten Blick. »Welche Zukunft? Du wirst hier keine haben.« Beetlejuice lachte leise, ein Geräusch, das wie ein schmieriges Kratzen durch den Raum hallte. »Ach, Lydia, immer so ernst. Aber weißt du was? Genau deswegen mag ich dich. Du bist klug, du hast Biss. Und genau deshalb werde ich dir ein Angebot machen.« »Wir wollen nichts von dir«, sagte Lydia scharf, doch Beetlejuice ignorierte sie. Er stand auf, ging langsam durch den Raum und sprach mit seiner tiefen, einschmeichelnden Stimme weiter. »Hört mich doch erst mal an. Ihr könntet alles haben, wovon ihr jemals geträumt habt. Freiheit, Macht, ein Leben ohne Sorgen.« Delia hob den Kopf und sah ihn skeptisch an. »Freiheit? Macht? Was meinst du damit?« Beetlejuice wandte sich zu ihr um, sein Grinsen wurde breiter. »Ach, Delia, mein kleiner kreativer Schatz. Stell dir vor: deine Skulpturen wären in den größten Galerien der Welt ausgestellt. Kritiker würden sich um deine Aufmerksamkeit reißen. Du wärst ein Star, und niemand würde dich jemals wieder unterschätzen.« Delia zögerte, ihre Augen weiteten sich bei der Vorstellung. Doch Lydia trat dazwischen, ihre Stimme war hart. »Delia, glaub ihm kein Wort. Alles, was er dir verspricht, wird mit einem Preis kommen.« Beetlejuice rollte die Augen und schnippte mit den Fingern. »Ach, komm schon, Lydia. Muss immer jemand die Spielverderberin sein?« Er drehte sich zu Charles, dessen Stirn in tiefe Falten gelegt war. »Und du, Charles. Stell dir vor, deine Investitionen würden sich endlich auszahlen. Du wärst reich, mächtig, jemand, der wirklich zählt.« Charles schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück. »Ich weiß nicht, was du bist, aber ich weiß, dass ich dir nicht trauen kann.«
Beetlejuice zuckte mit den Schultern und wandte sich schließlich wieder Lydia zu. »Und du, mein kleines Lieblingsmädchen. Ich weiß, was du wirklich willst.« Lydia hob eine Augenbraue. »Ach ja? Und was soll das sein?« Beetlejuice trat näher, sein Gesicht wurde ernst, doch sein Grinsen blieb. »Frieden. Du willst, dass die Kämpfe aufhören, dass dieses Chaos verschwindet. Du willst,dass deine Familie endlich wieder normal wird. Ich kann dir das geben, Lydia. Alles, was du tun musst, ist, Ja zu sagen.« Lydia verschränkte die Arme und sah ihm direkt in die Augen. »Und was willst du im Gegenzug?« Beetlejuice lachte leise. »Nichts Großes. Nur, dass ich bleiben darf. Keine Tricks, kein Ärger. Ich bin ein einfacher Mann, weißt du? Ich will nur ein bisschen Spaß haben, ein bisschen Freiheit genießen. Und dafür bringe ich alles wieder in Ordnung.« Barbara, die immer noch unsichtbar war, flüsterte: »Lydia, hör nicht auf ihn. Das ist eine Falle.« Lydia wusste, dass Barbara recht hatte. Doch sie konnte spüren, wie Delia schwankte, wie Charles in Gedanken versunken war. Beetlejuice war geschickt – er wusste genau, wie er die Menschen manipulieren konnte, um sie an ihre Schwachstellen zu packen. Lydia trat einen Schritt näher an ihn heran, ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. »Du denkst, du kannst uns mit ein paar hohlen Versprechungen täuschen? Das wird nicht passieren.« Beetlejuice grinste, doch in seinen Augen blitzte ein Hauch von Ärger auf. »Ach, Lydia, du enttäuschst mich. Aber weißt du was? Ich gebe euch Zeit. Denkt darüber nach.« Er schnippte mit den Fingern, und plötzlich begann sich die Umgebung zu verändern. Die Möbel schwebten in der Luft, die Wände verzogen sich, und das Licht flackerte. »Nur damit ihr es wisst, Babys: Das Chaos, das ihr hier seht? Das ist nur der Anfang. Ihr könnt mich entweder akzeptieren, oder… na ja, sagen wir, es wird interessant.« Mit einem letzten, höhnischen Lachen verschwand Beetlejuice in einer Wolke aus grünem Rauch, und die Möbel fielen krachend zurück an ihren Platz.
Delia sackte auf die Couch und vergrub das Gesicht in den Händen. »Das… das war nicht real. Das kann nicht real gewesen sein.« Charles legte eine Hand auf ihre Schulter, doch er sah genauso erschüttert aus. »Was auch immer er ist, wir müssen einen Weg finden, ihn loszuwerden.« Lydia stand mitten im Raum, ihre Hände zu Fäusten geballt. »Wir werden ihn los. Aber wir dürfen nicht auf seine Spielchen eingehen. Er will uns manipulieren, uns dazu bringen, einen Fehler zu machen.« Barbara und Adam materialisierten sich schließlich, ihre Gesichter waren angespannt. »Er wird nicht aufgeben«, sagte Barbara leise. »Er ist gefährlich, Lydia. Vielleicht gefährlicher als jemals zuvor.« Lydia nickte, ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. »Dann müssen wir klüger sein als er. Wir finden einen Weg, ihn zu überlisten.« Doch während Lydia diese Worte sprach, wusste sie, dass Beetlejuice nicht nur eine Bedrohung war – er war eine Kraft des Chaos, die nichts als Zerstörung hinterlassen würde. Und sie mussten ihn aufhalten, bevor er das Haus, ihre Familie und die Grenze zwischen den Welten endgültig zerstörte.
11. Adam und Barbaras Einwand
Die Nacht legte sich schwer über das Haus der Deetz, doch an Schlaf war nicht zu denken. Lydia saß mit Barbara und Adam auf dem Dachboden, während Delia und Charles unten versuchten, einen Sinn aus dem Wahnsinn zu machen, den Beetlejuice hinterlassen hatte. Die Luft im Haus war kälter geworden, und die Schatten an den Wänden wirkten lebendiger als je zuvor.
Lydia starrte auf das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen, das vor ihr aufgeschlagen lag. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt, und ihre Augen funkelten entschlossen. »Wir müssen ihn aufhalten. Jetzt, bevor er noch mehr Schaden anrichtet.« Barbara und Adam sahen sich an, ihre Gesichter waren von Sorge gezeichnet. Adam brach schließlich das Schweigen. »Lydia, wir wissen, wie wichtig es ist, ihn loszuwerden. Aber wir müssen vorsichtig sein.« Lydia sah auf, ihre Stirn in Falten gelegt. »Vorsichtig? Er verwandelt unser Zuhause in eine Albtraumwelt. Wieso sollten wir warten?« Barbara setzte sich neben sie und sprach mit ruhiger Stimme. »Weil Beetlejuice nicht wie andere Geister ist. Er spielt nicht nach den Regeln. Je mehr wir uns von ihm provozieren lassen, desto stärker wird er.« Adam nickte und trat näher. »Er lebt vom Chaos, Lydia. Jede Entscheidung, die wir impulsiv treffen, könnte genau das sein, was er will.« Lydia sprang von ihrem Stuhl auf und begann, im Raum auf und ab zu gehen. »Und was sollen wir dann tun? Warten, bis er das ganze Haus in die Hölle verwandelt? Bis er uns alle manipuliert hat?« Barbara griff nach Lydias Hand, um sie zu beruhigen. »Wir sagen nicht, dass wir nichts tun sollen. Aber wir müssen klug sein. Beetlejuice ist ein Trickster. Wenn wir einen Plan machen, muss er wasserdicht sein. Sonst riskieren wir, dass er uns austrickst.« Lydia riss ihre Hand weg und drehte sich zu ihnen um. »Er hat Delia schon fast völlig unter Kontrolle. Charles ist genauso verängstigt. Und ihr sagt mir, ich soll noch warten?« Barbara seufzte tief. »Es geht nicht um Warten, Lydia. Es geht darum, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Wenn wir zu früh handeln, könnte er noch mehr Schaden anrichten. Er ist bereits stärker als jemals zuvor.« Adam sprach leise, aber bestimmt. »Wenn wir ihn jetzt konfrontieren, ohne einen klaren Plan, spielen wir ihm in die Hände.« Lydia blieb stehen, ihre Schultern sanken, und sie schloss die Augen. Sie wusste, dass sie recht hatten. Beetlejuice war gefährlich, und wenn sie ihn frontal angriffen, ohne genau zu wissen, wie sie ihn besiegen konnten, könnten sie alles verlieren.
Unten im Wohnzimmer saß Delia immer noch auf der Couch, ein Glas Wein in der Hand, das halb leer war. Charles stand am Fenster und starrte hinaus in die Dunkelheit, als ob er dort eine Antwort finden könnte. »Charles«, begann Delia, ihre Stimme war zögerlich. »Glaubst du, dass er wirklich… gefährlich ist?« Charles drehte sich zu ihr um, seine Stirn in tiefen Falten. »Delia, er ist ein Geist. Oder ein Dämon. Oder… was auch immer er ist. Natürlich ist er gefährlich.« Delia drehte das Glas in ihren Händen und sprach leise. »Aber… er hat etwas gesagt. Über Freiheit. Über Anerkennung. Was, wenn er wirklich helfen kann?« Charles ging zu ihr und setzte sich neben sie. »Delia, hör mir zu. Was auch immer er dir verspricht, es ist eine Lüge. Du hast ihn doch gesehen. Glaubst du wirklich, dass jemand wie er etwas ohne Hintergedanken tut?« Delia schwieg, doch in ihren Augen lag ein Hauch von Zweifel.
Zurück auf dem Dachboden hatte Lydia sich wieder hingesetzt, ihre Hände lagen auf dem Tisch, und sie sprach mit leiserer Stimme. »Okay. Was schlagt ihr vor? Wie können wir ihn stoppen, ohne ihn stärker zu machen?« Barbara und Adam sahen sich an, bevor Barbara antwortete. »Wir müssen ihn dazu bringen, einen Fehler zu machen. Juno hat es uns gesagt: Beetlejuice lebt vom Chaos, aber Chaos ist schwer zu kontrollieren. Wenn wir ihn in eine Situation bringen, in der er sich selbst überschätzt, können wir ihn austricksen.« Lydia dachte einen Moment nach. »Und wie sollen wir das machen? Er ist schlau, und er kennt unsere Schwächen.« Adam zog das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen zu sich heran und blätterte durch die Seiten. »Es gibt hier etwas über Geister, die die Grenzen zwischen den Welten überschreiten. Sie werden anfällig, wenn sie zu sehr in die Welt der Lebenden eintauchen. Je mehr er hier bleibt, desto stärker wird er – aber auch desto nachlässiger.« Barbara nickte. »Wir müssen ihn glauben lassen, dass er die Kontrolle hat. Dass wir keine andere Wahl haben, als uns ihm zu beugen. Wenn er sich sicher fühlt, wird er Fehler machen.« Lydia sah sie skeptisch an. »Also sollen wir so tun, als würden wir auf sein Angebot eingehen?« Barbara seufzte. »Es ist riskant. Aber es könnte funktionieren.« Adam legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir wissen, dass du stark bist, Lydia. Aber du darfst dich nicht von ihm provozieren lassen. Er will, dass du impulsiv handelst.« Lydia sah zwischen den beiden hin und her, ihre Gedanken rasten. Schließlich nickte sie langsam. »Okay. Wir tun, was ihr sagt. Aber wir müssen uns beeilen. Ich habe das Gefühl, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt.« Barbara lächelte schwach. »Das schaffen wir, Lydia. Zusammen.« Doch während sie auf dem Dachboden ihren Plan schmiedeten, wusste niemand, dass Beetlejuice bereits seine eigenen Vorbereitungen traf. Seine Manipulation war subtil, seine Worte wie Gift, das langsam, aber sicher in die Köpfe der Menschen sickerte. Er war nicht nur ein Geist. Er war das Chaos selbst. Und er würde nicht kampflos zurückkehren.
12. Die Rückkehr der Sandwürmer
Die Nacht war still, doch es war eine trügerische Stille, die jeden im Haus der Deetz auf eine seltsame Weise erdrückte. Es fühlte sich an, als ob das Chaos, das Beetlejuice entfesselt hatte, nur die erste Welle einer größeren Bedrohung war. Lydia saß mit Barbara und Adam auf dem Dachboden und blätterte durch das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen, während sie verzweifelt nach einer Lösung suchten. »Es gibt hier nichts, das uns helfen könnte«, sagte Lydia frustriert und schlug das Buch zu. »Alles, was wir finden, beschreibt nur, wie gefährlich er ist. Nichts darüber, wie wir ihn wirklich loswerden.« Barbara setzte sich neben sie. »Wir müssen weitersuchen. Es muss einen Weg geben.« Adam lehnte sich über das Modell der Stadt und runzelte die Stirn. »Wenn wir ihn nicht direkt aufhalten können, müssen wir ihm etwas entgegensetzen, das genauso unkontrollierbar ist wie er selbst.« Barbara sah ihn skeptisch an. »Was meinst du?« Adam zögerte, bevor er antwortete. »Die Sandwürmer.« Lydia sah auf, ihre Augen wurden groß. »Die Sandwürmer? Die aus der Totenwelt?«
Barbara schüttelte sofort den Kopf. »Adam, das ist zu gefährlich. Die Sandwürmer sind nicht wie Beetlejuice. Sie sind unberechenbar und zerstören alles, was ihnen in die Quere kommt.«
Adam sah sie an, seine Augen waren ernst. »Genau deswegen könnten sie uns helfen. Beetlejuice hat Angst vor ihnen, das wissen wir. Wenn wir sie irgendwie hierher locken könnten…« Lydia stand auf, ihre Gedanken rasten. »Es ist riskant, aber es könnte funktionieren. Wenn er denkt, dass er die Kontrolle hat, und dann plötzlich die Sandwürmer auftauchen, könnte er einen Fehler machen.« Barbara schüttelte den Kopf. »Das ist Wahnsinn. Die Sandwürmer würden nicht nur Beetlejuice angreifen – sie könnten auch uns gefährden.« »Ich weiß«, sagte Adam leise. »Aber wir haben keine andere Wahl. Wenn wir nichts tun, wird Beetlejuice stärker, und dann wird es keinen Weg mehr geben, ihn aufzuhalten.« Lydia sah Barbara an. »Barbara, ich weiß, dass es gefährlich ist. Aber Adam hat recht. Die Sandwürmer könnten unsere einzige Chance sein.«
Barbara zögerte, bevor sie schließlich nickte. »In Ordnung. Aber wir müssen einen Plan haben. Wir können sie nicht einfach herbeirufen und hoffen, dass alles gut geht.«
Währenddessen saß Beetlejuice im Wohnzimmer, seine Füße lässig auf dem Couchtisch, während er eine Zigarre anzündete. Die Möbel im Raum hatten begonnen, sich zu verformen – der Tisch schien sich zu winden, als ob er lebte, und die Wände flimmerten wie ein gestörtes Fernsehbild. »Ach, Babys«, murmelte Beetlejuice vor sich hin und blies eine Rauchwolke in die Luft. »Ihr denkt, ihr könnt mich austricksen? Viel Glück dabei.« Doch trotz seines Selbstvertrauens war da eine unruhige Energie um ihn herum. Er spürte, dass etwas in der Luft lag – etwas, das er nicht vollständig kontrollieren konnte. Er stand auf und sah in einen der großen Spiegel an der Wand. Sein eigenes verzerrtes Spiegelbild grinste ihn an, doch dahinter war etwas anderes – ein Schatten, der sich bewegte. »Oh nein«, murmelte Beetlejuice, als ihm klar wurde, was er sah. »Nicht die Würmer.«
Auf dem Dachboden hatten Lydia, Barbara und Adam das Ritual vorbereitet, das die Sandwürmer anlocken sollte. Es war eine gefährliche Prozedur, die aus dem Handbuch für die kürzlich Verstorbenen stammte. Der Text warnte ausdrücklich vor den Konsequenzen, doch sie wussten, dass sie keine andere Wahl hatten. Lydia kniete sich in die Mitte des Kreises aus Kreide und sprach die Worte, die im Buch standen. Ihre Stimme war fest, obwohl ihr Herz vor Angst raste. Plötzlich begann der Boden unter ihnen zu vibrieren, und ein tiefes Dröhnen erfüllte die Luft. Barbara packte Adams Arm, ihre Augen waren voller Angst. »Adam, bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?« Adam antwortete nicht, doch sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Ein kühler Wind fegte durch den Raum, und der Boden begann zu knirschen. Plötzlich öffnete sich in der Mitte des Dachbodens ein Riss, und ein dunkler Schatten schoss daraus hervor. Ein Sandwurm. Sein massiver, schlangenartiger Körper wand sich durch die Luft, während er ein ohrenbetäubendes Brüllen ausstieß. Sein Maul war mit scharfen Zähnen gespickt, und seine Augen funkelten vor Hunger.
Barbara schrie auf und wich zurück, doch Lydia blieb stehen und sah den Sandwurm entschlossen an. »Wir brauchen dich, um Beetlejuice zu stoppen. Geh zu ihm.« Der Wurm brüllte erneut, bevor er sich mit einem mächtigen Ruck nach vorne bewegte und durch die Wände des Dachbodens verschwand.
Im Wohnzimmer spürte Beetlejuice die Ankunft der Kreatur, bevor er sie sah. Die Luft wurde schwerer, und ein lautes Dröhnen ließ die Wände zittern. »Oh, ihr kleinen Mistkerle«, murmelte er und zog seine Jacke zurecht. »Ihr wollt die großen Jungs spielen, was?« Doch bevor er reagieren konnte, brach der Sandwurm durch die Wand und landete mitten im Raum. Sein riesiger Körper füllte den Raum aus, und sein Maul öffnete sich, um Beetlejuice zu verschlingen. Beetlejuice wich zurück, sein Grinsen verschwand für einen Moment. »Hey, Wurm, können wir nicht reden?« Der Sandwurm brüllte, und Beetlejuice schnippte mit den Fingern, um sich in Sicherheit zu bringen. Doch der Wurm war schneller. Er wand sich um ihn herum und zog ihn näher an sein Maul.
Lydia, die mit Barbara und Adam in den Raum gerannt kam, beobachtete das Geschehen mit angehaltenem Atem. »Es funktioniert«, flüsterte sie. Doch in diesem Moment geschah etwas Unerwartetes. Beetlejuice schnappte sich einen Gegenstand aus der Luft – eine Art leuchtende Kugel – und hielt sie hoch.
»Ihr denkt, ihr könnt mich austricksen?«, rief er und lachte. »Ich bin Beetlejuice, Babys. Ich bin das Chaos!« Er zerbrach die Kugel, und ein grelles Licht erfüllte den Raum. Der Sandwurm schrie auf und verschwand so schnell, wie er gekommen war. Lydia sank zu Boden, ihre Augen weit vor Schock. »Nein…« Beetlejuice drehte sich zu ihr um, sein Grinsen war breiter denn je. »Netter Versuch, Kleines. Aber ich bin nicht so leicht zu stoppen.« Barbara und Adam sahen entsetzt zu, wie Beetlejuice triumphierend im Raum stand. Die Sandwürmer waren fort, und er war stärker als je zuvor. Lydia wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatten – und dass Beetlejuice jetzt unaufhaltbar schien. Doch tief in ihrem Inneren brannte noch ein Funke Hoffnung. Sie hatten verloren, aber sie würden nicht aufgeben. Noch nicht.
13. Ein neuer Plan
Die Atmosphäre im Haus der Deetz war bedrückender als je zuvor. Die gescheiterte Beschwörung der Sandwürmer hatte Beetlejuice nicht nur nicht geschwächt, sondern ihn noch stärker gemacht. Die Wände des Hauses flimmerten mit einer unnatürlichen Energie, und Schatten krochen wie lebendige Wesen über den Boden. Lydia, Barbara und Adam saßen erschöpft auf dem Dachboden, während sich die Realität ihrer Niederlage schwer auf ihre Schultern legte. »Das war unsere beste Chance«, murmelte Lydia, ihre Stimme klang müde und resigniert. »Und wir haben sie vergeudet.« Barbara legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir haben es versucht. Aber Beetlejuice ist nicht unbesiegbar. Wir müssen nur einen besseren Weg finden.« Adam, der auf einen der Stühle gesunken war, nickte langsam. »Die Sandwürmer waren zu unkontrollierbar. Wir dürfen uns nicht noch einmal auf etwas verlassen, das wir nicht vollständig verstehen.« Lydia hob den Kopf und sah die beiden an. »Dann was? Er wird nicht einfach aufhören. Er wird weiter Chaos anrichten, bis wir nichts mehr haben. Was sollen wir tun?«
Barbara dachte einen Moment nach, bevor sie leise sagte: »Wir müssen ihn in seinem eigenen Spiel schlagen.«
Währenddessen saß Beetlejuice im Wohnzimmer und schien es sich gemütlich gemacht zu haben. Er hatte einen Thron aus schwebenden Möbelstücken gebaut, und seine Präsenz erfüllte den Raum mit einem unheimlichen, grünlichen Schimmer. Charles und Delia saßen zusammengekauert in einer Ecke des Raumes, unfähig, das Chaos zu begreifen, das sich vor ihnen abspielte. Beetlejuice lehnte sich zurück und grinste zufrieden. »Ach, ich liebe es, hier zu sein. Alles ist so… lebendig.« Delia hob den Kopf, ihre Augen waren glasig. »Was willst du von uns? Warum tust du das?« Beetlejuice schwang sich von seinem Thron und ging langsam auf sie zu. »Oh, Delia, es geht nicht um euch. Ihr seid nur… ein kleiner Teil des Spiels. Es geht um das größere Bild. Und ich gewinne immer.« Charles wollte etwas sagen, doch ein einziger Blick von Beetlejuice ließ ihn verstummen. »Keine Sorge, großer Mann. Ich tue euch nichts – solange ihr keine Dummheiten macht.«
Zurück auf dem Dachboden schmiedeten Lydia, Barbara und Adam einen neuen Plan. »Was hat Juno gesagt?«, fragte Lydia und griff nach dem Handbuch, das immer noch aufgeschlagen auf dem Tisch lag. »Sie meinte, Beetlejuice könne Fehler machen, wenn er sich zu sicher fühlt.«
Barbara nickte. »Ja. Chaos ist seine größte Stärke, aber auch seine größte Schwäche. Wenn wir ihn glauben lassen, dass er gewinnt, könnte er unvorsichtig werden.« Adam rieb sich das Kinn. »Aber wie bringen wir ihn dazu, zu glauben, dass er die Oberhand hat? Er weiß, dass wir ihn austricksen wollen.«
Lydia dachte nach und sprach schließlich langsam: »Was, wenn wir ihm genau das geben, was er will?« Barbara runzelte die Stirn. »Was meinst du?« Lydia stand auf und begann, im Raum auf und ab zu gehen. »Er will Freiheit, oder? Er will in der Welt der Lebenden bleiben. Wir lassen ihn glauben, dass wir ihm diese Freiheit geben – dass wir aufgeben.« Adam schüttelte den Kopf. »Das ist gefährlich. Was, wenn er merkt, dass es eine Falle ist?« Lydia hielt inne und sah ihn an. »Dann müssen wir sicherstellen, dass er es nicht merkt. Wir müssen überzeugend sein.« Barbara seufzte. »Das ist ein großes Risiko, Lydia. Wenn wir scheitern…« Lydia unterbrach sie. »Wenn wir scheitern, ist das Haus ohnehin verloren. Vielleicht sogar mehr. Wir haben keine andere Wahl.«
Die drei arbeiteten bis spät in die Nacht daran, den Plan auszuarbeiten. Sie mussten jede Kleinigkeit bedenken – wie sie Beetlejuice in Sicherheit wiegen, wie sie ihn in eine Position bringen konnten, in der er sich selbst verriet, und wie sie ihn dann endgültig zurück in die Totenwelt verbannen konnten. Lydia wusste, dass sie eine Schlüsselrolle in diesem Plan spielen würde. Beetlejuice hatte eine besondere Verbindung zu ihr, eine Art verdrehte Zuneigung, die sie für ihren Vorteil nutzen musste.
Am nächsten Morgen trat Lydia ins Wohnzimmer, wo Beetlejuice immer noch auf seinem Thron saß. Sein Blick war neugierig, als er sie sah. »Na, Lydia«, sagte er mit einem breiten Grinsen. »Kommst du, um mir zu gratulieren?«
Lydia blieb stehen, ihre Arme locker an den Seiten, und sah ihn direkt an. »Nein. Ich komme, um dir ein Angebot zu machen.« Beetlejuice hob eine Augenbraue. »Ein Angebot? Interessant. Erzähl mir mehr.« Lydia ging näher, ihre Schritte ruhig und kontrolliert. »Du hast gewonnen. Wir können dich nicht aufhalten. Also wollen wir einen Deal machen.« Beetlejuice lehnte sich interessiert nach vorne. »Ich höre.« Lydia hielt seinem Blick stand. »Du kannst bleiben. Aber nur unter einer Bedingung: Du hältst das Chaos unter Kontrolle. Du kannst das Haus haben, aber du lässt meine Familie in Ruhe.« Beetlejuice lachte, ein tiefes, kehliges Geräusch, das den Raum erfüllte. »Ach, Lydia, ich wusste, dass du irgendwann vernünftig wirst. Aber warum sollte ich aufhören, Spaß zu haben?« »Weil du weißt, dass ich einen Weg finden werde, dich zu stoppen, wenn du nicht aufhörst«, sagte Lydia kühl. »Ich bin vielleicht nur ein Mensch, aber ich bin hartnäckig.« Beetlejuice starrte sie an, und für einen Moment schien es, als ob er nachdachte. Dann grinste er. »Okay, Kleines. Ich nehme deinen Deal. Aber glaub nicht, dass ich dir vertraue.« Lydia lächelte schwach. »Das Gleiche gilt für dich.«
Während Beetlejuice lachte und sich wieder auf seinen Thron zurücklehnte, wusste Lydia, dass dies nur der erste Schritt war. Der echte Kampf würde noch kommen – und sie musste bereit sein. Oben auf dem Dachboden sahen Barbara und Adam zu, wie Lydia den Raum verließ. »Glaubst du, das funktioniert?«, fragte Adam leise. Barbara antwortete nicht sofort. »Ich weiß es nicht. Aber Lydia ist klug. Wenn jemand ihn austricksen kann, dann sie.«
Doch tief in ihrem Inneren wussten sie beide, dass das Risiko größer war, als sie sich eingestehen wollten.
14. Die Behörde der Toten
Die Luft im Haus der Deetz war stickig, voller Spannung, die sich wie ein unsichtbares Netz durch jeden Raum zog. Lydia wusste, dass Beetlejuice nicht aufgeben würde – er war ein Meister der Täuschung, und obwohl sie ihn glauben ließ, dass sie ihm nachgegeben hatte, konnte sie die Bedrohung, die von ihm ausging, fast körperlich spüren. Während Beetlejuice in seinem selbsternannten Thronzimmer, dem Wohnzimmer, hockte und weiter Chaos in kleinen, scheinbar harmlosen Dosen verbreitete, hatte Lydia, zusammen mit Barbara und Adam, einen neuen Plan gefasst. Sie brauchten Hilfe. Doch nicht irgendeine Hilfe – sie brauchten die Behörde der Toten.
Der Dachboden war ihr sicherer Hafen geworden, der einzige Ort im Haus, den Beetlejuice nicht völlig vereinnahmt hatte. Lydia, Barbara und Adam hatten das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen aufgeschlagen und blätterten hastig durch die Seiten. Die Schrift im Buch war ungleichmäßig, als ob sie sich der Anspannung angepasst hätte, die die drei empfanden. »Hier«, sagte Adam plötzlich, seine Finger zeigten auf eine Seite mit einer skizzenhaften Zeichnung eines Gebäudes. Es sah alt und seltsam aus, mit Fenstern, die schief zu sein schienen, und einem Eingang, der wie ein gähnendes Maul wirkte. Über der Zeichnung standen die Worte: „Die Behörde der Toten – Verwaltungszentrale für das Jenseits“. Barbara lehnte sich über das Buch. »Die Behörde… Ich habe davon gehört, als wir neu hier waren. Sie überwacht die Geisterwelt, sorgt dafür, dass die Regeln eingehalten werden.« Lydia runzelte die Stirn. »Und sie haben Beetlejuice nicht schon längst gestoppt?«
Adam schüttelte den Kopf. »Er fällt durch jede Lücke im System. Sie haben ihn damals gebannt, aber er hat immer Wege gefunden, sich durchzumogeln.«
Barbara seufzte. »Wenn jemand weiß, wie man ihn endgültig aufhält, dann sie.«
Lydia nickte. »Wie kontaktieren wir sie?«
Adam blätterte weiter, seine Stirn in Falten gelegt. »Es gibt hier ein Ritual, um eine Verbindung herzustellen. Aber es braucht viel Energie.« Barbara sah Lydia besorgt an. »Es wird nicht leicht sein. Und es gibt keine Garantie, dass sie uns helfen.« Lydia atmete tief durch und stand auf. »Wir haben keine Wahl. Wenn wir ihn nicht stoppen, wird er das Haus und alles darin zerstören. Bereitet das Ritual vor.«
Später am Abend hatten sie die Vorbereitungen abgeschlossen. Der Dachboden war in einen provisorischen Ritualraum verwandelt worden – Kreidekreise bedeckten den Boden, Kerzen flackerten in den Ecken, und das Buch lag in der Mitte eines großen Symbols aus Salz. Lydia kniete sich in den Kreis und begann, die Worte zu sprechen, die im Handbuch beschrieben waren. Ihre Stimme zitterte am Anfang, doch sie wurde mit jedem Wort fester. Barbara und Adam standen an ihrer Seite, unsichtbar für die Welt, doch bereit, Lydia zu unterstützen, falls etwas schiefging. Die Luft im Raum veränderte sich. Eine eisige Kälte kroch durch die Wände, und ein tiefer Ton hallte in der Ferne, als ob ein gigantisches Tor langsam geöffnet würde. Plötzlich begann der Raum zu flimmern, und eine dicke, graue Nebelwand breitete sich aus der Mitte des Kreises aus. Aus dem Nebel formte sich langsam ein gigantisches Gebäude – das Hauptquartier der Behörde der Toten. Es wirkte gleichzeitig real und surreal, wie etwas, das nicht vollständig in diese Welt gehörte. Die drei wurden in den Nebel gezogen, und als sie ihre Augen wieder öffneten, standen sie in einer gewaltigen Halle. Der Boden bestand aus dunklem, glänzendem Stein, und endlose Reihen von Schreibtischen erstreckten sich bis zum Horizont. Geister in grauen Anzügen hetzten von einem Ort zum nächsten, Akten in den Händen, während der Klang von Schreibmaschinen und murmenden Stimmen die Luft erfüllte. Ein kleiner, grauhaariger Beamter mit rundem Bauch und übergroßer Brille trat auf sie zu. »Name?«, fragte er mit einer Stimme, die so monoton war, dass sie Lydia beinahe zum Lachen gebracht hätte. »Äh, Lydia Deetz«, sagte sie unsicher. Der Beamte schob seine Brille zurecht und blätterte durch eine schwebende Akte, die vor ihm erschien. »Lydia Deetz… Ah, lebend. Das erklärt den Zustand.« Sein Blick wanderte zu Barbara und Adam. »Und ihr seid… Geister, die im System registriert sind. Gut. Was wollt ihr?« Barbara trat vor. »Wir brauchen Hilfe. Beetlejuice ist zurück. Er hat die Regeln gebrochen.« Der Beamte runzelte die Stirn. »Beetlejuice… Beetlejuice… Ah, hier. Ein Problemfall. Ein Wiederholungstäter. Hat sich mehrfach gegen die Behörde gestellt.« »Er ist eine Bedrohung«, fügte Adam hinzu. »Er wird nicht nur uns, sondern das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod zerstören.« Der Beamte kratzte sich am Kopf. »Das klingt nach einem größeren Problem, als wir hier bearbeiten können.« Lydia machte einen Schritt nach vorne, ihre Stimme war fest. »Wir brauchen jemanden, der uns zeigt, wie wir ihn endgültig aufhalten können. Es muss doch eine Möglichkeit geben.« Der Beamte musterte sie und seufzte. »Das ist keine einfache Angelegenheit. Aber vielleicht… vielleicht kann euch jemand helfen.« Er drehte sich um und winkte ihnen, ihm zu folgen. Sie wurden durch endlose Korridore und vorbei an unzähligen Aktenbergen geführt, bis sie schließlich vor einer großen, massiven Tür ankamen. »Juno wird euch empfangen«, sagte der Beamte und klopfte dreimal an die Tür. Die Tür öffnete sich, und sie traten ein. Juno, die einstige Fallmanagerin von Barbara und Adam, saß an einem großen Schreibtisch, eine Zigarette hing wie immer aus ihrem Mund. Sie sah auf und runzelte die Stirn, als sie Lydia erblickte. »Was wollt ihr?«, fragte sie scharf. Barbara trat vor. »Juno, Beetlejuice ist zurück. Und diesmal ist er stärker. Wir brauchen deine Hilfe.« Juno lehnte sich zurück, blies eine Rauchwolke aus und sagte trocken: »Natürlich ist er das. Und wenn er nicht aufgehalten wird, könnte er das gesamte System auseinanderreißen.« Lydia trat vor, ihre Augen voller Entschlossenheit. »Dann sag uns, wie wir ihn aufhalten können.«
Juno musterte sie einen Moment lang, bevor sie antwortete: »Es gibt einen Weg. Aber ihr werdet alles riskieren müssen.«
Die Luft im Raum wurde schwerer, und Lydia wusste, dass dies der Anfang des wahren Kampfes war.
15. Lydia im Zwiespalt
Das Gespräch mit Juno hatte eine düstere Schwere hinterlassen, die Lydia nicht abschütteln konnte. Die Worte der Fallmanagerin hallten in ihrem Kopf wider, während sie mit Barbara und Adam zurück in das Haus der Deetz ging. Es gab einen Weg, Beetlejuice endgültig aufzuhalten, aber der Preis war hoch – zu hoch, um ihn leichtfertig zu akzeptieren.
»Ihr müsst ihn in die Falle locken, die er selbst nicht kommen sieht«, hatte Juno gesagt, während sie an ihrer Zigarette zog. »Das wird ihn nicht nur zurück in die Totenwelt verbannen, sondern auch seine Verbindung zur Welt der Lebenden endgültig kappen. Aber dafür braucht es eine Brücke zwischen seinen beiden Welten – eine Verbindung, die er nicht ignorieren kann.« Lydia hatte nicht gefragt, was Juno meinte. Sie wusste es bereits. Sie selbst war die Brücke.
Die Stille im Dachboden war erdrückend. Lydia saß auf dem alten Sessel, den Blick auf das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen gerichtet, das vor ihr aufgeschlagen lag. Barbara und Adam standen in der Nähe, ihre Geistergestalten wirkten blasser als sonst. Beide wussten, dass Lydia mit einem inneren Konflikt kämpfte, doch sie wussten auch, dass sie sie nicht drängen durften. Barbara brach schließlich das Schweigen. »Lydia, du musst das nicht tun. Es gibt vielleicht einen anderen Weg.« Lydia sah auf, ihre Augen waren müde, aber entschlossen. »Juno hat gesagt, dass ich die Verbindung bin, die ihn in die Falle locken kann. Es gibt keinen anderen Weg.« Adam trat näher und setzte sich auf einen der Hocker. »Aber was, wenn es schiefgeht? Was, wenn er dich… mitzieht?« Lydia sah ihn an, ihre Stimme war ruhig, aber fest. »Dann werde ich ihn mitnehmen, egal was passiert.« Barbara schüttelte den Kopf, Tränen schimmerten in ihren Augen. »Das ist zu gefährlich. Du bist noch so jung. Du hast dein ganzes Leben vor dir.« Lydia lächelte schwach. »Barbara, ich weiß, dass ihr euch um mich sorgt. Aber das hier ist nicht nur euer Kampf. Es ist meiner. Beetlejuice hat mein Zuhause übernommen, meine Familie bedroht. Ich kann nicht einfach zusehen, wie er alles zerstört.« Adam wollte etwas sagen, doch er hielt inne. Er wusste, dass Lydia recht hatte. Doch die Angst, sie zu verlieren, nagte an ihm.
Später am Abend ging Lydia in ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf ihr Bett. Das Haus fühlte sich fremder an als je zuvor, als ob es nicht mehr wirklich zu ihrer Welt gehörte. Die Schatten waren tiefer, die Kälte schärfer, und die Geräusche wirkten, als kämen sie von weit weg. Lydia nahm ihr Tagebuch zur Hand und schlug eine leere Seite auf. Sie hielt den Stift eine Weile in der Hand, bevor sie zu schreiben begann: „Ich weiß, dass ich keine Wahl habe. Juno hat mir klar gemacht, dass Beetlejuice nur dann aufgehalten werden kann, wenn ich mich ihm stelle. Aber was, wenn sie recht hat? Was, wenn ich dabei alles verliere? Barbara und Adam sagen, dass ich vorsichtig sein soll. Dass ich nicht alles riskieren darf. Aber wie kann ich das nicht tun, wenn alles, was ich liebe, auf dem Spiel steht? Beetlejuice ist stark, aber er hat Schwächen. Er ist arrogant, impulsiv. Ich kann das gegen ihn nutzen. Ich muss es tun. Vielleicht habe ich Angst. Aber ich werde nicht zulassen, dass er gewinnt.“ Lydia legte den Stift beiseite und schloss das Tagebuch. Sie wusste, dass sie keine Zeit zu verlieren hatte.
Im Wohnzimmer saß Beetlejuice auf seinem Thron aus schwebenden Möbeln und betrachtete sein Werk. Das Haus war nicht mehr das, was es einmal gewesen war – die Wände schienen lebendig zu sein, verzerrte Gesichter und Hände, die aus der Dunkelheit auftauchten, nur um wieder zu verschwinden. Beetlejuice schnippte mit den Fingern, und eine Lampe verwandelte sich in einen tänzelnden kleinen Teufel. Er lachte, ein kehliges, unheimliches Geräusch, das durch das Haus hallte. »Na, Babys«, murmelte er zu sich selbst, »ihr denkt, ihr könnt mich austricksen? Das wird lustig.« Doch selbst Beetlejuice spürte, dass Lydia anders war. Sie hatte eine Stärke, die er nicht ganz verstand. Und obwohl er sich selbst als unaufhaltbar sah, wusste er, dass sie eine Bedrohung für ihn war. »Mal sehen, wie weit du gehst, Kleines«, flüsterte er und lehnte sich zurück.
In der Nacht lag Lydia wach, ihre Gedanken rasten. Sie wusste, dass sie eine Entscheidung treffen musste – und zwar bald. Sie hatte Angst, ja. Aber sie wusste auch, dass Angst sie nicht aufhalten durfte. Der Zwiespalt in ihr war wie ein Sturm, der sie von innen heraus zerriss. Sie wollte ihre Familie beschützen, Barbara und Adam nicht enttäuschen und gleichzeitig ihr eigenes Leben nicht opfern. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es keine perfekte Lösung gab. Es gab nur Mut. Und Lydia war bereit, mutig zu sein.
16. Das Chaos in der Stadt
Die Stadt Winter River war in vielerlei Hinsicht typisch für eine Kleinstadt. Ruhig, geordnet und ohne größere Überraschungen. Die Menschen kannten sich, grüßten einander auf der Straße, und die Tage verliefen in einem gemächlichen Rhythmus. Doch an diesem Morgen war nichts wie gewohnt.
Eine unheimliche Energie lag in der Luft. Die Straßenlaternen flackerten, obwohl es helllichter Tag war, und ein kühler Wind wehte durch die Gassen, obwohl der Sommer noch nicht vorbei war. Schatten schienen an den Hauswänden zu tanzen, als ob sie ein Eigenleben hätten, und die Menschen fühlten sich beobachtet, ohne zu wissen, warum. Im Zentrum des Chaos stand das Haus der Deetz, das jetzt wie ein pulsierender Fremdkörper auf dem Hügel wirkte. Die Verzerrungen, die Beetlejuice in den Mauern des Hauses verursacht hatte, schienen sich auszudehnen und die Umgebung zu berühren.
Lydia stand am Fenster ihres Zimmers und beobachtete die Stadt. Sie konnte es sehen – wie sich die Energie von Beetlejuice ausbreitete und die Realität zu verändern begann. Ein schauriger Nebel kroch durch die Straßen, und die Menschen liefen hektisch hin und her, verwirrt und verängstigt. Barbara und Adam traten in ihr Zimmer, beide mit angespannten Gesichtern. »Es fängt an«, sagte Barbara leise. »Das, wovor wir Angst hatten.« Adam nickte. »Beetlejuice dehnt seinen Einfluss aus. Die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Toten wird dünner.«
Lydia wandte sich zu ihnen um. »Wie weit kann das gehen?« Barbara zögerte. »Wenn er nicht gestoppt wird, könnte er die gesamte Stadt in einen Zustand des Chaos versetzen. Und danach…« Adam beendete den Satz für sie. »Danach könnte er sich in die Welt hinaus ausbreiten. Seine Macht wächst mit jeder Sekunde, die er hier bleibt.« Lydia ballte die Fäuste. »Wir müssen handeln. Jetzt.«
Im Stadtzentrum spürten die Menschen die Veränderungen immer stärker. Autos blieben auf offener Straße stehen, weil die Motoren plötzlich ausgingen. Schilder und Reklametafeln drehten sich wild im Wind, obwohl keine Böe zu spüren war. Und dann waren da die Stimmen – Flüstern, das aus den Schatten kam, unverständlich, aber zutiefst beunruhigend. Der örtliche Ladenbesitzer Mr. Henson, ein Mann, der immer an das geglaubt hatte, was er sehen konnte, stand vor seinem Laden und starrte entsetzt auf seine Schaufenster. Sie hatten sich in Spiegel verwandelt, die nicht sein eigenes Spiegelbild zeigten, sondern verzerrte, groteske Gestalten, die ihn mit schwarzen Augen anstarrten. »Das ist nicht möglich«, murmelte er und trat einen Schritt zurück. Doch je weiter er zurückwich, desto mehr schien der Spiegel ihn zu verfolgen.
Zur gleichen Zeit saßen Charles und Delia im Wohnzimmer, unfähig, das Ausmaß des Chaos zu begreifen. Charles hielt eine Zeitung in der Hand, doch die Worte auf den Seiten schienen sich ständig zu verändern. Mal waren es Nachrichten, mal unverständliche Symbole, und einmal glaubte er, dass die Zeitung zu ihm sprach. Delia starrte in die Ecke des Raumes, wo eine ihrer Skulpturen plötzlich angefangen hatte, sich zu bewegen. Die Metallteile, die sie einst sorgfältig zusammengeschweißt hatte, wanden sich wie Schlangen und bildeten ein groteskes Gesicht, das sie anzugrinsen schien. »Charles«, flüsterte sie, ihre Stimme zitterte. »Was passiert hier?« Charles war bleich, sein Griff um die Zeitung wurde fester. »Es… es ist dieses Ding. Dieser Geist. Er wird immer stärker.« Delia sprang auf, Tränen standen in ihren Augen. »Wir hätten nie in dieses Haus ziehen sollen! Wir hätten nie…« Bevor sie ihren Satz beenden konnte, ertönte ein lautes Lachen, das den Raum erfüllte. Beetlejuice materialisierte sich in der Mitte des Zimmers, seine Arme weit ausgebreitet. »Na, Babys! Wie gefällt euch mein kleines Kunstwerk? Ich finde, die Stadt sieht schon viel interessanter aus, oder nicht?« Delia wich zurück, während Charles vor Schock erstarrte. »Was hast du getan?«, fragte Charles schließlich, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Beetlejuice grinste und schnippte mit den Fingern. »Ich? Oh, ich bringe nur ein bisschen Leben in die Bude. Ist doch langweilig, immer nur Normalität, oder?« Delia schrie: »Du bist verrückt!« Beetlejuice verbeugte sich theatralisch. »Danke, Süße. Ich nehme das als Kompliment.«
Oben auf dem Dachboden versuchten Lydia, Barbara und Adam, einen Weg zu finden, das Chaos einzudämmen. »Wir müssen ihn in eine Falle locken«, sagte Lydia entschlossen. »Wir wissen, dass er arrogant ist. Wenn wir ihm glauben lassen, dass er unbesiegbar ist, könnte er einen Fehler machen.« Barbara nickte. »Aber wie locken wir ihn an?« Lydia dachte kurz nach, bevor sie antwortete. »Ich werde ihn zu mir rufen. Ich bin der Schlüssel. Er sieht mich als Verbindung zwischen den Welten. Ich bin seine Schwäche.« Adam wollte protestieren, doch Lydia hielt eine Hand hoch. »Ich weiß, dass es gefährlich ist. Aber wir haben keine Wahl. Wenn wir nichts tun, wird er diese Stadt zerstören.«
Zur gleichen Zeit geriet die Stadt weiter in Aufruhr. Die Grenzen zwischen den Welten verschwammen immer mehr, und die Menschen begannen, Erscheinungen zu sehen – Geister, die durch die Straßen wandelten, und groteske Kreaturen, die aus den Schatten auftauchten. Ein Mann, der auf dem Marktplatz stand, zeigte plötzlich auf den Himmel. »Seht! Was ist das?« Die Menschen drehten sich um und sahen, wie sich der Himmel zu verdunkeln begann. Ein gigantisches Gesicht, verzerrt und unheimlich, erschien zwischen den Wolken. Es war Beetlejuice, der mit einem höhnischen Lachen auf die Stadt herabsah. »Na, Babys! Genießt die Show?«, rief er, während das Chaos seinen Höhepunkt erreichte. Doch in diesem Moment fühlte Beetlejuice etwas. Eine vertraute Präsenz. Er drehte sich um, und sein Lachen verstummte. Lydia stand am Fenster des Hauses und sah ihn direkt an. Ihr Blick war ruhig, aber entschlossen. »Komm zu mir«, flüsterte sie. Beetlejuice grinste. »Wie du willst, Kleines.« Das Chaos in der Stadt war erst der Anfang, doch Lydia wusste, dass der wahre Kampf unmittelbar bevorstand.
17. Der Riss zwischen den Welten
Die Grenzen zwischen den Welten waren brüchig geworden, und die Realität begann sich zu verzerren. Der Einfluss von Beetlejuice hatte nicht nur die Stadt erfasst, sondern die Naturgesetze selbst gebrochen. Der Himmel über Winter River war von einer unheimlichen, grünen Energie erfüllt, die wie eine offene Wunde pulsierte. Schatten krochen über den Boden, trotz des hellen Tageslichts, und ein unnatürliches Heulen erfüllte die Luft. Im Haus der Deetz vibrierte die Luft wie unter einem unsichtbaren Druck. Lydia stand am Fenster und beobachtete die Stadt. Die Menschen liefen panisch durch die Straßen, während geisterhafte Gestalten und groteske Kreaturen aus den Rissen in der Realität hervorkrochen. Barbara und Adam standen neben ihr, ihre Geistergestalten wirkten blass und angespannt. »Das ist schlimmer, als ich erwartet hatte«, flüsterte Barbara, während sie den verzerrten Himmel betrachtete. Adam nickte. »Es ist, als ob die Welten ineinanderfließen. Wenn wir ihn nicht aufhalten, wird es keine Grenze mehr geben.« Lydia drehte sich zu ihnen um, ihr Blick entschlossen. »Dann dürfen wir keine Zeit verlieren. Wir müssen ihn in die Falle locken – jetzt.«
Im Wohnzimmer hatte Beetlejuice seine Macht ausgedehnt. Die Möbel schwebten chaotisch durch die Luft, während verzerrte Gesichter aus den Wänden blickten. Er saß auf einem Thron aus zusammengeflickten Stühlen und lachte, während er die Welt um sich herum betrachtete. »Na, Babys, ich hätte nie gedacht, dass es so viel Spaß machen würde, die Realität zu zerstören«, rief er, seine Stimme war wie ein tiefes Echo, das durch das Haus hallte. Charles und Delia saßen zusammengekauert in einer Ecke, unfähig, das Chaos um sie herum zu begreifen. Delia hielt eine ihrer Skulpturen in den Armen, als ob sie ihr Halt geben könnte, während Charles sie schützend umarmte. Beetlejuice grinste und schnippte mit den Fingern. Ein leuchtender Riss erschien mitten im Raum, und dahinter war die Totenwelt zu sehen – ein endloser, grauer Abgrund voller Schatten und Schreie. »Schaut euch das an«, sagte Beetlejuice begeistert. »Ist das nicht wunderschön? Ein kleines Fenster in meine Heimat. Vielleicht sollten wir es ein bisschen größer machen.«
Lydia, Barbara und Adam stürmten ins Wohnzimmer, ihre Augen auf den Riss gerichtet, der sich immer weiter öffnete. Die Wände des Hauses schienen sich zu dehnen, und die Luft war schwer von der Energie, die zwischen den Welten floss.
»Beetlejuice!«, rief Lydia, ihre Stimme fest und durchdringend. Beetlejuice drehte sich langsam um, ein höhnisches Grinsen auf seinem Gesicht. »Na, da ist sie ja, meine kleine Lieblingssterbliche. Was kann ich für dich tun, Kleines?« Lydia trat näher, ihre Hände zitterten leicht, aber sie hielt ihrem Blick stand. »Es reicht. Du hast genug Chaos angerichtet.« Beetlejuice lachte laut. »Oh, komm schon, Lydia. Das hier ist doch nur der Anfang. Ich meine, schau dir das an! Zwei Welten, die ineinanderfließen. Es ist wie ein Kunstwerk – nur besser.« Barbara trat neben Lydia, ihre Stimme war ruhig, aber fest. »Wenn du weitermachst, wirst du alles zerstören, Beetlejuice. Es wird nichts mehr übrig bleiben – weder für dich noch für uns.« Beetlejuice zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Aber wenigstens habe ich meinen Spaß.« Lydia ballte die Fäuste und trat noch näher. »Du denkst, du hast die Kontrolle, aber du hast keine Ahnung, was du wirklich tust. Du bist genauso gefangen in diesem Chaos wie wir.« Beetlejuice runzelte die Stirn, sein Grinsen wurde schwächer. »Was redest du da, Kleines?« Lydia zeigte auf den Riss in der Mitte des Raumes. »Schau es dir an. Das ist keine Tür, Beetlejuice. Es ist ein Abgrund. Wenn du ihn weiter öffnest, wird er dich verschlingen.« Beetlejuice war für einen Moment still, doch dann lachte er erneut. »Du denkst, du kannst mich austricksen, Lydia? Netter Versuch.« Doch tief in seinem Inneren spürte Beetlejuice, dass sie recht hatte. Der Riss zog an ihm, als ob er ihn zurück in die Totenwelt zwingen wollte.
Lydia drehte sich zu Barbara und Adam um. »Wir müssen ihn dazu bringen, den Riss ganz zu öffnen. Es ist unsere einzige Chance, ihn zurückzuschicken.« Barbara zögerte. »Aber wenn er das tut, könnte er dich mit hineinziehen.« Lydia sah sie an, ihre Augen entschlossen. »Ich weiß. Aber ich bin bereit, es zu riskieren.« Adam legte eine Hand auf ihre Schulter. »Wir stehen hinter dir.«
Lydia wandte sich wieder Beetlejuice zu. »Du willst Freiheit, oder? Dann öffne den Riss. Zeig uns, wie mächtig du wirklich bist.« Beetlejuice grinste, doch in seinen Augen lag ein Hauch von Unsicherheit. »Du willst also spielen? Okay, Kleines. Dann lass uns das tun.« Er hob die Hände, und der Riss begann, sich weiter zu öffnen. Ein grelles Licht erfüllte den Raum, und der Sog wurde stärker. Lydia spürte, wie die Energie an ihr zog, doch sie blieb standhaft. »Noch mehr, Beetlejuice!«, rief sie. »Zeig uns, was du kannst!« Beetlejuice lachte, doch sein Lachen wurde unsicherer, als der Riss begann, ihn zu verschlingen. »Was… was passiert hier?«, rief er, als sein Körper langsam in den Riss gezogen wurde. Lydia trat näher, ihr Blick kalt und entschlossen. »Du wolltest Chaos, Beetlejuice. Jetzt bekommst du es.« Beetlejuice schrie, als der Riss ihn vollständig erfasste. Sein Körper verzerrte sich, und sein Lachen wurde zu einem unheilvollen Echo, das schließlich verstummte, als der Riss sich schloss. Die Luft wurde still, und das grelle Licht verschwand. Lydia sank auf die Knie, ihre Hände zitterten, während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Barbara und Adam eilten zu ihr, ihre Gesichter voller Erleichterung und Sorge. »Es ist vorbei«, flüsterte Lydia. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass die Grenze zwischen den Welten nie wieder dieselbe sein würde.
18. Ein Gespräch mit Juno
Der Dachboden des Hauses der Deetz war wieder still, doch die Luft fühlte sich schwer an, als ob sie die Nachwirkungen des Chaos in sich trug. Lydia saß mit verschränkten Armen auf einem der alten Stühle, während Barbara und Adam schweigend das Modell der Stadt betrachteten. Der Kampf gegen Beetlejuice war vorüber, doch die Frage, ob er wirklich endgültig besiegt war, blieb. Inmitten der Stille erschien ein leises Flimmern in der Luft. Es begann harmlos, wie das Flackern einer Kerze, doch dann wurde es heller, bis eine bekannte Gestalt vor ihnen stand: Juno. Die Zigarette hing wie immer in ihrem Mundwinkel, und ihr Gesicht war von tiefer Falten durchzogen – ein Ausdruck, der gleichermaßen genervt wie wissend wirkte. »Na, ich hoffe, ihr seid jetzt glücklich«, begann sie, ohne Zeit zu verschwenden. Ihre Stimme war scharf, fast vorwurfsvoll. »Ihr habt die Grenze zwischen den Welten beinahe vollständig zerstört.« Lydia hob den Kopf und sah Juno direkt an. »Wir hatten keine Wahl. Er hätte alles vernichtet, wenn wir nichts getan hätten.« Juno zog an ihrer Zigarette und blies den Rauch langsam aus, ihre Augen schmal. »Keine Wahl, hm? Ihr hattet Wahlmöglichkeiten, aber ihr seid den gefährlichsten Weg gegangen. Ihr habt mit Kräften gespielt, die ihr nicht versteht.« Barbara trat vor, ihre Stimme zögerlich, aber bestimmt. »Juno, wir wussten, dass es riskant war. Aber Beetlejuice wurde mit jeder Sekunde stärker. Es gab keinen anderen Weg.« Juno schnaubte und verschränkte die Arme. »Ihr hättet die Behörde benachrichtigen können. Aber stattdessen habt ihr euch entschieden, ihn direkt zu konfrontieren. Wisst ihr, wie knapp es war, dass ihr nicht alle mitgerissen wurdet?« Lydia stand auf und trat näher zu Juno. Ihre Augen funkelten entschlossen. »Ich weiß, wie knapp es war. Ich war bereit, alles zu riskieren, um ihn aufzuhalten. Und wir haben es geschafft.« Juno musterte sie, ihre Augen suchten nach einem Zeichen von Unsicherheit in Lydia, doch sie fand keine. Stattdessen nickte sie langsam, wenn auch widerwillig. »Du bist mutig, ich gebe es zu. Vielleicht ein bisschen zu mutig.« Adam, der bisher geschwiegen hatte, trat nun vor. »Juno, ist er… ist Beetlejuice wirklich weg? Oder könnte er zurückkommen?« Juno zog an ihrer Zigarette und ließ die Frage einen Moment in der Luft hängen, bevor sie antwortete. »Er ist nicht vollständig ausgelöscht. Solche Geister wie er verschwinden nie ganz. Aber der Riss, den ihr geschlossen habt, hat seine Verbindung zur Welt der Lebenden stark geschwächt. Es wird lange dauern, bis er genug Energie gesammelt hat, um wiederzukehren – wenn überhaupt.«
Barbara atmete erleichtert aus. »Also ist die Stadt sicher? Die Menschen?« Juno nickte. »Fürs Erste, ja. Aber das Gleichgewicht zwischen den Welten ist immer noch gestört. Eure kleine Aktion hat eine Menge Staub aufgewirbelt. Es wird Zeit brauchen, bis sich alles stabilisiert.« Lydia runzelte die Stirn. »Was können wir tun, um zu helfen?« Juno hob eine Augenbraue. »Du willst helfen? Das ist selten bei Lebenden.« »Ich war Teil davon«, sagte Lydia fest. »Ich will nicht einfach zusehen, wie alles auseinanderfällt.« Juno musterte sie erneut, bevor sie schwach lächelte. »Du bist ein ungewöhnliches Mädchen, Lydia Deetz. Aber das wussten wir schon, als du Beetlejuice das erste Mal besiegt hast.«
Juno trat ans Modell der Stadt, das Adam sorgfältig gepflegt hatte, und strich mit den Fingern über eines der kleinen Häuser. »Das hier ist mehr als nur ein Modell, wisst ihr das? Es ist eine Verbindung. Eine Art Spiegel zur Welt der Lebenden. Ihr könnt es nutzen, um das Gleichgewicht zu beobachten.« Adam trat näher, sein Gesicht zeigte ein überraschtes Blinzeln. »Wir können es reparieren? Stabilisieren?« Juno nickte. »Das wird Zeit und Geduld erfordern. Aber ja, ihr könnt helfen, das Gleichgewicht zu wahren. Solange ihr hier seid, könnt ihr ein Auge darauf haben und eingreifen, wenn nötig.« Barbara legte eine Hand auf Adams Schulter. »Das können wir tun. Wir werden darauf achten.«
Lydia wandte sich wieder an Juno. »Und was ist mit mir? Was kann ich tun?« Juno zog an ihrer Zigarette, ihre Augen ruhten einen Moment auf Lydia. »Du bist lebendig, Lydia. Deine Welt ist nicht diese hier. Du solltest dein Leben leben, ohne dich ständig in die Angelegenheiten der Totenwelt einzumischen.« Lydia verschränkte die Arme. »Das kann ich nicht. Nicht, wenn ich weiß, dass ich helfen kann.« Juno seufzte und schüttelte den Kopf. »Na gut. Aber sei vorsichtig, Mädchen. Du hast eine Verbindung zu dieser Welt, die stärker ist, als sie sein sollte. Das macht dich mächtig, aber auch verwundbar. Wenn du zu oft zwischen den Welten wandelst, könntest du dich verlieren.« Lydia nickte, ihre Augen fest entschlossen. »Ich verstehe. Aber ich werde nicht einfach zusehen, wenn etwas passiert.« Juno grinste schwach. »Gut. Dann mach dich bereit. Es wird nicht einfach, das Gleichgewicht zu bewahren. Aber wenn jemand es schaffen kann, dann du.«
Mit diesen Worten drehte Juno sich um und begann, in den Schatten des Dachbodens zu verschwinden. Doch bevor sie ging, warf sie einen letzten Blick über die Schulter. »Oh, und Lydia? Lass dich nicht zu sehr von der Totenwelt einnehmen. Es ist nicht dein Platz – noch nicht.« Dann war sie verschwunden, und die Stille kehrte zurück. Lydia stand eine Weile da, ihre Gedanken rasten. Sie wusste, dass sie eine Wahl hatte – ein normales Leben führen oder sich weiter in die Gefahren der Totenwelt begeben. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie diese Welt nie ganz hinter sich lassen konnte. Barbara trat zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Du musst dir nicht sofort darüber klar werden, Lydia. Wir sind hier, egal was du entscheidest.« Lydia nickte und lächelte schwach. »Danke. Aber ich glaube, ich kenne meine Entscheidung bereits.«
Während sie zusammen auf den Dachboden blickten, der jetzt wieder ruhig und vertraut wirkte, wusste Lydia, dass dies nicht das Ende war. Es war nur der Anfang eines neuen Kapitels – eines, in dem sie zwischen zwei Welten stehen würde, immer bereit, das Gleichgewicht zu wahren.
19. Lydias Entdeckung
Die Tage nach Beetlejuice’ Verschwinden waren seltsam ruhig. Die Stadt begann sich langsam zu erholen, als ob sie das Chaos, das sie heimgesucht hatte, allmählich vergaß. Die Menschen sprachen kaum über die seltsamen Ereignisse, als wäre es ein kollektiver Versuch, die Wirklichkeit zu verdrängen. Doch für Lydia, Barbara und Adam war nichts mehr wie zuvor. Lydia verbrachte mehr Zeit auf dem Dachboden als in ihrem eigenen Zimmer. Das Modell der Stadt hatte für sie eine neue Bedeutung bekommen – es war nicht nur eine Miniatur, sondern ein Fenster zu etwas Größerem, etwas, das sie noch nicht vollständig verstand. An diesem Nachmittag saß sie vor dem Modell, die Finger fuhren über die winzigen Straßen und Häuser. Sie hatte das Gefühl, dass das Modell lebendig war, dass es atmete und pulsierte, als ob es eine eigene Energie besaß. Barbara trat leise hinter sie, ihre Stimme sanft. »Du bist in letzter Zeit oft hier oben.« Lydia nickte, ohne den Blick vom Modell zu nehmen. »Ich habe das Gefühl, dass ich etwas übersehen habe. Irgendetwas ist hier verborgen.« Barbara setzte sich neben sie. »Was meinst du?« Lydia zögerte. »Seit Juno uns gesagt hat, dass das Modell eine Verbindung zwischen den Welten ist, habe ich darüber nachgedacht. Es ist, als ob ich… etwas fühlen kann. Als ob es etwas gibt, das ich noch nicht entdeckt habe.« Barbara sah sie nachdenklich an. »Das Modell ist mächtig, Lydia. Aber es ist auch gefährlich. Du solltest vorsichtig sein.«
Später, als die Sonne hinter den Hügeln von Winter River verschwand und der Dachboden in ein gedämpftes, goldenes Licht getaucht war, saß Lydia allein vor dem Modell. Sie hatte eine kleine Taschenlampe in der Hand, die sie über die winzigen Gebäude leuchten ließ. Plötzlich bemerkte sie etwas, das sie zuvor nicht gesehen hatte – eine unscheinbare kleine Tür am Rand des Modells, versteckt hinter einem der Hügel. Sie war winzig, kaum größer als ein Stecknadelkopf, aber sie schien nicht ganz zum Rest des Modells zu passen. Lydia beugte sich näher, ihre Stirn in Falten gelegt. »Was ist das?«, murmelte sie. Sie griff nach einem Zahnstocher, um die Tür vorsichtig zu öffnen. Als sie die kleine Tür berührte, spürte sie plötzlich einen kalten Wind, der durch den Dachboden wehte. Die Luft schien sich zu verändern, und ein leises, unheimliches Flüstern erfüllte den Raum. Lydia hielt den Atem an, als die Tür sich langsam öffnete. Dahinter war ein Tunnel, der in die Dunkelheit führte – doch es war keine gewöhnliche Dunkelheit. Sie war lebendig, pulsierend, und Lydia konnte spüren, dass sie sie ansah.
In diesem Moment materialisierten sich Barbara und Adam im Raum. »Lydia, was machst du?«, fragte Adam, seine Stimme war voller Besorgnis. Lydia zeigte auf die geöffnete Tür. »Das war hier die ganze Zeit. Ich habe es gerade entdeckt.«
Barbara trat näher und betrachtete den Tunnel mit weit aufgerissenen Augen. »Das ist nicht Teil des Modells. Es gehört nicht hierher.« Adam trat neben sie und runzelte die Stirn. »Das muss ein Überbleibsel von Beetlejuice sein. Irgendetwas, das er hinterlassen hat.« Lydia schüttelte den Kopf. »Nein, das fühlt sich anders an. Es ist, als ob es immer hier war. Lange bevor Beetlejuice zurückkam.« Barbara und Adam sahen sich besorgt an. Sie konnten die seltsame Energie spüren, die von dem Tunnel ausging, doch sie wussten nicht, was sie bedeutete. »Was auch immer es ist, Lydia«, sagte Barbara sanft, »du solltest vorsichtig sein. Das hier ist keine normale Verbindung.«
Doch Lydia konnte ihre Neugier nicht unterdrücken. In den nächsten Tagen kehrte sie immer wieder zu dem Tunnel zurück, beobachtete ihn, studierte ihn, als ob er ihr ein Geheimnis verraten könnte. Sie bemerkte, dass der Tunnel sich veränderte – mal schien er kürzer, mal länger, und manchmal glaubte sie, Bewegungen darin zu erkennen, obwohl sie nie sicher war. Eines Nachts, als alle anderen schliefen, saß Lydia wieder vor dem Modell. Sie konnte nicht aufhören, über den Tunnel nachzudenken. Schließlich griff sie nach einer winzigen Kamera, die sie auf die Öffnung richtete.
»Wenn du mir etwas zeigen willst, dann zeig es jetzt«, flüsterte sie. Die Dunkelheit im Tunnel schien sich zu bewegen, wie eine Flüssigkeit, die lebendig war. Plötzlich blitzte etwas auf – ein Bild, das so schnell erschien, dass Lydia fast dachte, sie hätte es sich eingebildet. Doch sie war sich sicher, dass sie etwas gesehen hatte: ein Paar Augen, groß und hell, die sie direkt ansahen. Lydia wich zurück, ihr Herz schlug schneller. Doch anstatt Angst zu empfinden, war sie fasziniert. »Da ist etwas«, flüsterte sie. »Etwas, das mich ruft.«
Am nächsten Morgen erzählte sie Barbara und Adam von ihrer Entdeckung. Barbara war sichtlich beunruhigt. »Lydia, das ist gefährlich. Wir wissen nicht, was das ist. Es könnte etwas sein, das dich in die Totenwelt zieht.« Adam nickte. »Oder schlimmer – etwas, das stärker ist als Beetlejuice. Wir sollten die Behörde der Toten informieren.« Doch Lydia schüttelte den Kopf. »Nein. Noch nicht. Ich muss herausfinden, was es ist. Ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist.«
Barbara sah sie an, ihre Augen voller Sorge. »Und was, wenn du falsch liegst? Was, wenn es dich in Gefahr bringt?« Lydia schwieg einen Moment, bevor sie antwortete. »Dann werde ich es herausfinden. Aber ich kann nicht einfach wegsehen. Nicht, wenn ich das Gefühl habe, dass es eine Antwort gibt.«
Barbara und Adam wussten, dass sie Lydia nicht aufhalten konnten. Doch sie schworen sich, an ihrer Seite zu bleiben, egal, was sie entdeckte. Denn tief in ihrem Inneren wussten sie, dass der Tunnel mehr war als nur ein Überbleibsel. Er war ein Tor zu etwas Größerem – etwas, das niemand von ihnen vollständig verstand.
20. Die Falle schnappt zu
Das Haus der Deetz war an diesem Abend still, doch die Luft schien zu vibrieren, als ob die Mauern selbst die Anspannung spürten. Lydia stand im Wohnzimmer, ihre Hände zu Fäusten geballt, während sie das leise Flüstern hörte, das durch die Räume wehte. Der Tunnel im Modell, die seltsame Energie, die sie gespürt hatte – all das führte zu diesem Moment. Barbara und Adam waren bei ihr, ihre Geistergestalten wirkten blasser als je zuvor. Sie wussten, dass das, was Lydia plante, gefährlich war, doch sie hatten keine andere Wahl. Beetlejuice war nicht vollständig verschwunden. Die Risse zwischen den Welten hatten sich nicht geschlossen. Und Lydia war der Schlüssel zu allem. »Bist du sicher, dass du das tun willst?«, fragte Barbara, ihre Stimme war leise, aber voller Besorgnis. Lydia nickte, ihre Augen entschlossen. »Es gibt keinen anderen Weg. Wenn wir ihn nicht endgültig zurückschicken, wird er wiederkommen. Und nächstes Mal wird er noch stärker sein.« Adam trat näher und legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir stehen hinter dir. Aber du darfst keinen Fehler machen. Wenn er merkt, dass es eine Falle ist…« »Ich weiß«, unterbrach Lydia ihn. »Ich muss ihn dazu bringen, zu glauben, dass er gewonnen hat.«
Die Falle, die sie vorbereitet hatten, war kompliziert und riskant. Juno hatte ihnen den entscheidenden Hinweis gegeben: Beetlejuice konnte nur besiegt werden, wenn er sich selbst in eine Position brachte, in der die Regeln der Totenwelt ihn endgültig bannen konnten. Doch dafür musste er glauben, dass er die Kontrolle hatte. Das Modell der Stadt war der Schlüssel. Der Tunnel, den Lydia entdeckt hatte, war eine Verbindung – ein Tor zwischen den Welten, das Beetlejuice nutzen konnte, um seine Macht zu verstärken. Doch es war auch eine Schwachstelle. Wenn sie ihn dazu bringen konnten, das Tor vollständig zu öffnen, würde er sich selbst in die Falle locken.
Lydia stand vor dem Modell und atmete tief durch. Sie wusste, dass sie diejenige war, die Beetlejuice herbeirufen musste. Er hatte eine seltsame Faszination für sie, eine Verbindung, die sie nicht ganz verstand, aber nutzen musste. »Beetlejuice«, flüsterte sie, und ihre Stimme hallte durch den Raum. Nichts geschah. Doch sie wusste, dass er sie hörte. »Beetlejuice«, sagte sie diesmal lauter, ihre Stimme war fest. Plötzlich flackerte das Licht, und ein kühler Wind wehte durch den Raum. Lydia hielt den Atem an, während eine vertraute Gestalt in der Mitte des Zimmers erschien. Beetlejuice grinste breit, sein schwarz-weiß gestreifter Anzug leuchtete im schwachen Licht. »Na, Kleines, hast du mich vermisst?« Lydia verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn direkt an. »Ich bin hier, um einen Deal zu machen.« Beetlejuice hob eine Augenbraue, seine Augen funkelten vor Neugier. »Ein Deal, hm? Das gefällt mir. Erzähl mir mehr.« Lydia trat näher, ihre Schritte ruhig und kontrolliert. »Du willst Freiheit, oder? Du willst, dass niemand dich mehr einschränken kann.«
Beetlejuice nickte langsam, sein Grinsen wurde breiter. »Das hast du richtig erkannt. Und du wirst mir das geben?«
»Ja«, sagte Lydia, ihre Stimme war ruhig. »Ich werde dir helfen, das Tor zu öffnen. Aber nur, wenn du mir versprichst, meine Familie in Ruhe zu lassen.« Beetlejuice lachte laut, ein tiefes, kehliges Geräusch, das durch das Haus hallte. »Oh, Lydia, du bist wirklich etwas Besonderes. Aber warum sollte ich dir etwas versprechen? Ich könnte mir einfach nehmen, was ich will.« Lydia hielt seinem Blick stand. »Weil du weißt, dass du mich brauchst. Ohne mich kannst du das Tor nicht vollständig öffnen.« Beetlejuice musterte sie, und für einen Moment flackerte etwas wie Respekt in seinen Augen. »Du bist schlau, Kleines. Na gut. Du hast einen Deal.«
Barbara und Adam beobachteten das Geschehen aus der Ferne, unsichtbar für Beetlejuice. Barbara flüsterte: »Sie macht das gut. Aber er darf keinen Verdacht schöpfen.« Adam nickte, seine Hände zitterten leicht. »Wir müssen bereit sein. Sobald er das Tor öffnet, gibt es kein Zurück mehr.«
Beetlejuice trat vor das Modell und betrachtete den Tunnel, der in die Dunkelheit führte. »Schönes Ding, das du hier hast«, sagte er und leckte sich über die Lippen. »Also, wie machen wir das?« Lydia trat neben ihn und zeigte auf den Tunnel. »Du musst ihn öffnen. Mit deiner Energie. Ich werde dir zeigen, wie.« Beetlejuice grinste. »Ich liebe es, wenn du die Kontrolle übernimmst, Kleines.« Er hob die Hände, und eine grünliche Energie begann, aus seinen Fingern zu strömen. Der Tunnel im Modell begann zu pulsieren, und der Raum füllte sich mit einem tiefen Dröhnen. »Mehr«, sagte Lydia, ihre Stimme war ruhig, aber fordernd. »Du musst es ganz öffnen.« Beetlejuice konzentrierte sich, und der Tunnel begann, sich auszudehnen. Ein grelles Licht erfüllte den Raum, und ein starker Sog setzte ein, der alles in den Tunnel zu ziehen schien. »Es funktioniert!«, rief Beetlejuice triumphierend. Doch in diesem Moment begann sich sein Grinsen zu verändern. Er spürte, dass etwas nicht stimmte. »Was ist das?«, fragte er, als die Energie des Tunnels begann, sich um ihn zu wickeln. Lydia trat zurück, ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. »Das ist deine Falle, Beetlejuice.« Beetlejuice versuchte, sich zu wehren, doch die Energie des Tunnels war zu stark. »Du… du hast mich reingelegt!« »Du hast dich selbst reingelegt«, sagte Lydia leise. »Du hast dich überschätzt. Und jetzt wirst du dorthin zurückkehren, wo du hingehörst.« Der Tunnel zog Beetlejuice mit einem letzten, mächtigen Sog hinein. Sein Körper verzerrte sich, und sein Lachen wurde zu einem verzweifelten Schrei, bevor er verschwand. Der Tunnel schloss sich mit einem lauten Knall, und die Luft im Raum wurde still. Lydia sank auf die Knie, während Barbara und Adam zu ihr eilten. »Es ist vorbei«, flüsterte Lydia, ihre Stimme war voller Erschöpfung. Barbara legte eine Hand auf ihre Schulter. »Du hast es geschafft.«
Doch Lydia wusste, dass der Kampf sie verändert hatte. Die Verbindung zwischen den Welten war geschlossen, aber sie würde die Schatten dessen, was sie gesehen hatte, nie ganz loswerden.
21. Die Hochzeit der Toten
Die Tage nach Beetlejuice’ endgültigem Verschwinden verliefen still, doch das Haus der Deetz war von einer seltsamen Energie erfüllt. Obwohl der Riss zwischen den Welten geschlossen war und der Frieden wiederhergestellt schien, fühlte Lydia, dass etwas noch nicht abgeschlossen war. Eines Abends, während der Mond über Winter River schimmerte und die Welt in ein silbernes Licht tauchte, saß Lydia allein auf dem Dachboden. Das Modell der Stadt wirkte ruhiger, als hätte es seinen Atem angehalten, doch etwas daran ließ sie nicht los. Sie spürte eine Präsenz, ein Flüstern, das aus den Ecken des Raumes zu kommen schien. »Du hast es wirklich geschafft, Kleines«, erklang plötzlich eine vertraute, raue Stimme hinter ihr. Lydia fuhr herum, und ihr Herz setzte einen Moment aus. Dort stand Beetlejuice – oder besser gesagt, seine Gestalt. Doch er wirkte anders. Blasser. Schwächer. Seine Augen funkelten nicht vor Chaos, sondern trugen etwas, das fast wie Resignation aussah. »Beetlejuice?«, flüsterte Lydia, ihre Stimme war voller Überraschung und Vorsicht. Er hob die Hände, als wollte er sie beruhigen. »Keine Panik, Süße. Ich bin nicht wirklich hier. Nur ein kleines… Überbleibsel. Ein Geist von einem Geist, könnte man sagen.« Lydia atmete tief durch, ihre Augen blieben misstrauisch. »Was willst du? Ich dachte, du wärst verschwunden.« Beetlejuice schnaubte und setzte sich lässig auf einen der Stühle, obwohl sein Körper halb durch ihn hindurchging. »Oh, ich bin weg. Aber nicht ganz. Es gibt da noch etwas, das ich erledigen muss, bevor ich endgültig verschwinden kann.« »Was?«, fragte Lydia, ihre Stimme war kühl. Beetlejuice lehnte sich zurück und grinste schwach. »Na, meine Hochzeit natürlich.«
Lydia war sprachlos. Sie starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Deine Hochzeit? Das ist nicht dein Ernst.« Beetlejuice zuckte mit den Schultern. »Oh, ich meine es ernst. Du erinnerst dich doch, oder? An unsere kleine… Vereinbarung vor all den Jahren? Du solltest meine Braut werden.« Lydia stand auf, ihre Augen funkelten vor Wut. »Das war ein Trick. Und du weißt genau, dass ich niemals zugestimmt hätte, wenn ich gewusst hätte, was du wirklich bist.«
Beetlejuice hob die Hände in gespielter Unschuld. »Ich weiß, ich weiß. Aber hör zu, Kleines. Es ist nicht das, was du denkst. Ich brauche keine echte Hochzeit. Nur eine symbolische. Eine kleine Zeremonie, damit ich mich endgültig verabschieden kann.« »Warum?«, fragte Lydia, ihre Stimme war voller Misstrauen.
Beetlejuice sah sie an, und zum ersten Mal wirkte er ernst. »Weil ich ohne sie nicht weiterziehen kann. Irgendetwas hält mich hier fest, und ich glaube, es ist dieses blöde, unausgesprochene Versprechen. Eine Hochzeit der Toten – eine Möglichkeit, das Kapitel zu schließen. Danach bin ich weg. Für immer.«
Lydia wusste, dass sie vorsichtig sein musste. Beetlejuice hatte sie schon einmal hereingelegt, und sie war nicht bereit, ihm blind zu vertrauen. Doch sie spürte, dass er die Wahrheit sagte. Er war schwächer, zerbrechlicher, und sein Grinsen hatte nicht mehr die selbstgefällige Arroganz, die sie so gut kannte. »Wenn ich zustimme«, begann Lydia langsam, »wie läuft das ab?«
Beetlejuice grinste schwach. »Ganz einfach. Du sagst Ja, ich sage Ja, und dann verschwinde ich. Keine Tricks, keine Bindungen. Nur eine symbolische Geste, um die letzten Fesseln zu lösen, die mich hier halten.« Barbara und Adam, die die Unterhaltung aus dem Hintergrund verfolgt hatten, traten aus den Schatten. Barbara sah Beetlejuice mit misstrauischen Augen an. »Warum sollten wir dir vertrauen? Du hast uns immer nur belogen.« Beetlejuice seufzte und hob die Hände. »Weil ich nichts mehr zu verlieren habe, Blondie. Ich bin erledigt. Wenn ihr das nicht macht, bleibe ich hier als ein Schatten meiner selbst – ein Geist, der zwischen den Welten festsitzt. Das will keiner von uns, oder?«
Adam sprach zögernd. »Und danach… bist du wirklich weg? Für immer?«
Beetlejuice nickte langsam. »Für immer, Kumpel. Kein Comeback, kein Chaos mehr.«
Am nächsten Abend versammelten sich Lydia, Barbara und Adam auf dem Dachboden. Beetlejuice hatte einen kleinen, improvisierten Altar aufgebaut – bestehend aus einem alten Tisch und ein paar Kerzen, die schief brannten. Es war gleichzeitig lächerlich und unheimlich, doch niemand lachte. Beetlejuice stand da, blasser als zuvor, und trug seinen klassischen schwarz-weiß gestreiften Anzug. Doch er wirkte nicht triumphierend. Er wirkte… erschöpft. Lydia trat vor, ihr schwarzes Kleid wehte leicht im Wind, der durch die Ritzen des Dachbodens zog. »Das fühlt sich falsch an«, murmelte sie, während sie Beetlejuice gegenüberstand. »Willkommen in meiner Welt«, sagte Beetlejuice leise, ein schwaches Grinsen auf den Lippen. Barbara und Adam standen hinter Lydia, bereit, einzugreifen, falls Beetlejuice doch noch einen Trick versuchte. Doch er wirkte ehrlich. »Also, wie machen wir das?«, fragte Lydia. Beetlejuice hob die Hände. »Einfach. Sag einfach die Worte: ‚Ich lasse dich los.‘ Und ich werde dasselbe sagen.« Lydia zögerte. Sie sah ihm in die Augen und suchte nach einem Zeichen von Täuschung, doch da war nichts. Schließlich atmete sie tief durch und sagte: »Ich lasse dich los.« Beetlejuice lächelte schwach, und seine Gestalt begann zu flimmern. »Ich lasse dich los«, sagte er leise, seine Stimme klang fast sanft. Ein grelles Licht erfüllte den Raum, und Beetlejuice begann, sich aufzulösen. Sein Grinsen verschwand zuletzt, und mit einem letzten, leisen Flüstern war er fort. Lydia stand da, die Stille drückte schwer auf ihre Schultern. Barbara legte eine Hand auf ihre Schulter. »Es ist vorbei.« Lydia nickte langsam. »Ja. Endlich.« Der Dachboden wurde still, doch Lydia fühlte, dass etwas anders war. Es war kein Chaos mehr in der Luft, keine Schatten, die sich bewegten. Beetlejuice war wirklich fort. Und mit ihm eine Ära des Schreckens – und des unerwarteten Verständnisses.
22. Sandwürmer gegen Chaos
Die Nacht war dunkel und still, doch die Ruhe war trügerisch. Im Haus der Deetz sammelten sich die letzten Schatten von Beetlejuice’ Chaos, während sich am Rande der Realität etwas Neues formierte. Die Risse, die seine Rückkehr hinterlassen hatte, begannen erneut aufzubrechen, und das Chaos, das er entfesselt hatte, weigerte sich, vollständig zu verschwinden. Lydia spürte es zuerst. Es war ein seltsames Kribbeln in der Luft, das sie aus dem Schlaf riss. Sie stand auf, zog sich schnell an und eilte auf den Dachboden, wo Barbara und Adam bereits warteten. Beide wirkten angespannt, ihre Geistergestalten flimmerten leicht, als ob die Energie im Raum sie störte. »Spürt ihr das?«, fragte Lydia, während sie auf das Modell der Stadt starrte, das wieder zu pulsieren begann. Adam nickte, seine Hände umklammerten das Handbuch, das er aufgeschlagen hielt. »Die Risse. Sie öffnen sich wieder. Aber Beetlejuice ist verschwunden. Was kann das bedeuten?«
Barbara trat näher an das Modell heran und zeigte auf eine winzige, vibrierende Stelle am Rand der Miniaturstadt. »Da. Es sieht aus, als ob etwas versucht, durchzukommen. Aber es fühlt sich nicht wie Beetlejuice an.« Lydia biss sich auf die Lippe. »Es ist das Chaos, das er hinterlassen hat. Auch wenn er weg ist, hat er die Grenze zwischen den Welten geschwächt. Und jetzt versucht etwas anderes, durchzukommen.« »Etwas anderes?«, fragte Adam, seine Stimme war angespannt. Lydia nickte langsam. »Vielleicht ist es nicht nur eine Kreatur. Vielleicht ist es die Totenwelt selbst, die versucht, den Schaden zu reparieren. Aber das könnte genauso gefährlich sein.«
Der erste Hinweis auf die bevorstehende Gefahr kam nur wenige Minuten später. Im Modell der Stadt begann die Erde sich zu bewegen. Lydia, Barbara und Adam beobachteten, wie winzige Sandhügel wuchsen, die wie lebendige Wesen wirkten. Plötzlich brach ein vertrautes, groteskes Maul durch die Oberfläche des Modells – ein Sandwurm. »Oh nein«, flüsterte Barbara, ihre Hände zitterten. »Nicht die Sandwürmer.« Adam trat einen Schritt zurück, sein Gesicht war blass. »Das ist nicht gut. Wenn sie hier auftauchen, bedeutet das, dass die Grenze zwischen den Welten ernsthaft gefährdet ist.« Lydia hielt den Blick auf das Modell gerichtet. Der Sandwurm wand sich durch die Miniaturstadt, riss winzige Häuser ein, bevor er wieder unter die Erde verschwand. »Vielleicht müssen wir sie diesmal nicht bekämpfen«, sagte sie leise. Barbara drehte sich zu ihr um. »Was meinst du?« Lydia atmete tief durch und sah die beiden an. »Die Sandwürmer gehören zur Totenwelt. Sie sind Chaos, ja, aber sie folgen auch bestimmten Regeln. Wenn wir sie kontrollieren können, könnten wir sie dazu bringen, die Risse zu schließen.« Adam schüttelte den Kopf. »Das ist Wahnsinn, Lydia. Die Sandwürmer sind unkontrollierbar. Sie zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt.« Lydia trat näher ans Modell und zeigte auf die vibrierenden Stellen. »Das hier wird nicht einfach verschwinden. Wir haben es mit Kräften zu tun, die größer sind als wir. Vielleicht können wir die Sandwürmer nutzen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.«
Barbara zögerte, doch schließlich nickte sie langsam. »Wenn wir sie kontrollieren können… könnte es funktionieren. Aber wie?«
Die Antwort kam aus dem Handbuch. Adam blätterte hastig durch die Seiten, bis er eine Passage fand, die von den Sandwürmern sprach. »Hier steht, dass sie von Energie angezogen werden – von Chaos«, erklärte Adam. »Wenn wir eine Art Köder schaffen können, der sie anzieht, könnten wir sie an die Risse locken. Aber wir müssen vorsichtig sein. Wenn sie außer Kontrolle geraten, könnten sie die Stadt zerstören.« Lydia nickte. »Wir schaffen den Köder. Aber wir müssen sie auch begrenzen – sie dürfen nur an den Rissen bleiben.« Barbara runzelte die Stirn. »Wie begrenzen wir Kreaturen, die so mächtig sind?« Adam zeigte auf das Modell. »Das Modell selbst. Es ist eine Verbindung zwischen den Welten. Wenn wir die Grenzen hier abstecken, könnten wir sie daran hindern, die Stadt vollständig zu übernehmen.« Lydia sah ihn an, ihre Augen waren entschlossen. »Dann machen wir es.«
In den nächsten Stunden arbeiteten die drei fieberhaft daran, den Plan vorzubereiten. Lydia konzentrierte sich auf das Modell, zog mit Kreide Grenzen um die gefährdeten Bereiche und platzierte winzige, improvisierte Markierungen, die die Sandwürmer an die Risse locken sollten. Barbara und Adam arbeiteten mit dem Handbuch, sprachen leise die Beschwörungsworte, die die Sandwürmer anziehen würden. Die Luft im Dachboden wurde schwer, und die Energie im Raum schien zu vibrieren.
Dann begann es. Der erste Sandwurm erschien im Modell, sein Maul öffnete sich weit, während er aus der Erde brach. Kurz darauf folgten weitere. Sie bewegten sich mit erschreckender Geschwindigkeit durch die Miniaturstadt, blieben jedoch innerhalb der Grenzen, die Lydia abgesteckt hatte. Lydia, Barbara und Adam beobachteten angespannt, wie die Sandwürmer sich den vibrierenden Rissen näherten. Die Kreaturen umkreisten die Stellen, bevor sie sich mit einem dumpfen Brüllen darauf stürzten.
Plötzlich begann das Modell zu leuchten. Die Risse, die zuvor gefährlich pulsierend vibriert hatten, begannen sich zu schließen, während die Sandwürmer wie Schutzgeister über sie wachten.
Doch es war nicht ohne Gefahr. Einer der Sandwürmer brach aus den Grenzen aus und bewegte sich in Richtung eines anderen Bereichs des Modells – ein Zeichen dafür, dass die Kontrolle brüchig war. »Lydia, wir müssen ihn zurückholen!«, rief Barbara. Lydia griff nach einer der Markierungen und platzierte sie schnell um den Bereich, den der Sandwurm erreicht hatte. »Bleib dort!«, flüsterte sie, und zu ihrer Überraschung hielt der Sandwurm inne.
Die Minuten zogen sich wie Stunden, doch schließlich waren alle Risse geschlossen. Die Sandwürmer verschwanden, einer nach dem anderen, und das Modell wurde still.
Barbara atmete erleichtert aus. »Es ist vorbei.« Adam nickte, doch er sah Lydia an. »Du hast sie kontrolliert. Das war… unglaublich.« Lydia setzte sich, ihre Hände zitterten. »Ich weiß nicht, wie. Es war, als ob sie mich gehört hätten.« Barbara legte eine Hand auf ihre Schulter. »Vielleicht haben sie das. Vielleicht bist du stärker, als wir alle dachten.« Doch tief in ihrem Inneren wusste Lydia, dass die Sandwürmer nicht endgültig verschwunden waren. Sie waren ein Teil der Totenwelt, ein Teil des Chaos, das sie nie ganz kontrollieren konnte. Aber für diesen Moment hatte sie das Gleichgewicht gewahrt.
23. Die verschlossene Tür
Das Haus der Deetz war endlich wieder ruhig. Die Sandwürmer hatten ihre Aufgabe erfüllt, die Risse zwischen den Welten waren geschlossen, und das Chaos schien besiegt. Doch trotz des Friedens, der eingekehrt war, konnte Lydia nicht schlafen. Etwas ließ ihr keine Ruhe. In den Tagen nach dem großen Kampf spürte sie eine Präsenz, ein kaum merkliches Flüstern, das sie immer wieder auf den Dachboden zog. Barbara und Adam hatten versucht, sie zu beruhigen, doch Lydia wusste, dass etwas nicht stimmte. Eines Abends, als der Mond hoch am Himmel stand und sein silbriges Licht durch die Fenster des Hauses fiel, beschloss Lydia, der Sache auf den Grund zu gehen.
Der Dachboden war still, doch die Stille war schwer, als ob die Luft selbst etwas verbarg. Lydia stand vor dem Modell der Stadt, ihre Finger fuhren über die Miniaturhäuser, während sie das Gefühl hatte, dass etwas sie beobachtete. Sie kniete sich hin und betrachtete die winzige, unscheinbare Tür, die sie vor Wochen entdeckt hatte. Der Tunnel, der dahinter gelegen hatte, war verschwunden, doch die Tür blieb. Sie war verschlossen – keine noch so kleine Berührung konnte sie öffnen. »Was bist du?«, flüsterte Lydia, während sie die Tür mit der Spitze eines Zahnstochers berührte. Plötzlich durchzog ein eisiger Wind den Raum, und die Tür begann leicht zu vibrieren. Lydia wich zurück, ihre Augen weiteten sich. Die Vibrationen wurden stärker, und leises Flüstern erfüllte die Luft. Es war, als ob tausend Stimmen gleichzeitig sprachen, doch keine von ihnen war verständlich.
Barbara und Adam materialisierten sich plötzlich, alarmiert von der Veränderung.
»Lydia, was ist passiert?«, fragte Barbara, während sie neben ihr stehen blieb. »Die Tür«, flüsterte Lydia und zeigte darauf. »Sie reagiert. Sie war vorher immer still, aber jetzt… jetzt ist sie lebendig.« Adam trat näher, seine Augen fixierten die kleine Tür. »Das ist nicht normal. Die Risse sind geschlossen. Was auch immer das ist, es sollte nicht hier sein.« Barbara legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir sollten Juno informieren. Vielleicht weiß sie, was das bedeutet.« Doch Lydia schüttelte den Kopf. »Nein. Noch nicht. Ich will wissen, was das ist.«
Die drei saßen die ganze Nacht vor der Tür und beobachteten sie. Das Flüstern ebbte und floss, mal wurde es lauter, mal leiser, doch es verschwand nie ganz. Lydia war sich sicher, dass die Tür ein Geheimnis barg – eines, das vielleicht alles, was sie erlebt hatten, erklären konnte. Am Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster fielen, stand Lydia auf und ging entschlossen auf die Tür zu. »Ich werde sie öffnen«, sagte sie leise. Barbara und Adam sahen sie erschrocken an. »Lydia, nein!«, rief Barbara. »Wir wissen nicht, was dahinter ist. Es könnte gefährlich sein.« Adam nickte zustimmend. »Du könntest einen weiteren Riss öffnen oder etwas noch Schlimmeres befreien.« Doch Lydia ließ sich nicht abhalten. »Was, wenn dahinter die Antwort liegt? Was, wenn das der Ursprung des Chaos ist? Ich muss es wissen.«
Lydia griff nach einem kleinen Messer, das auf dem Tisch lag, und schnitt vorsichtig eine Linie entlang der winzigen Tür, um sie zu lösen. Sie hielt den Atem an, als sich die Tür langsam öffnete. Dahinter war keine Dunkelheit, sondern ein seltsam pulsierendes Licht, das den gesamten Raum erfüllte. Barbara und Adam wichen zurück, während Lydia näher trat. »Es ist ein Portal«, flüsterte sie, ihre Augen geweitet. Das Licht flackerte und formte sich langsam zu Bildern. Lydia sah Szenen aus ihrer Vergangenheit – den Moment, als sie Beetlejuice zum ersten Mal begegnete, die Kämpfe mit den Sandwürmern, und sogar die Nacht, in der sie Juno um Hilfe bat. Doch dann änderten sich die Bilder.
Sie sah etwas Neues. Eine alte, verlassene Welt, die in Schatten gehüllt war. Sie sah Kreaturen, die sich durch die Dunkelheit bewegten, und in der Mitte dieser Welt stand eine Gestalt. Sie war groß, in Schwarz gekleidet, und ihre Augen leuchteten in einem unheimlichen Grün.
»Was ist das?«, fragte Barbara, während sie das Bild betrachtete. Adam trat näher, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Das… das ist der Ursprung. Das ist, wo alles beginnt.« Lydia drehte sich zu den beiden um. »Meint ihr… meint ihr, das ist die Quelle von Beetlejuice?« Barbara nickte langsam. »Vielleicht. Oder vielleicht ist es etwas noch Größeres. Etwas, das seine Existenz möglich gemacht hat.«
Das Licht wurde heller, und das Flüstern in der Luft verwandelte sich in Worte. Eine tiefe, schneidende Stimme sprach durch den Raum. »Ihr habt das Chaos gestört. Ihr habt eingegriffen, wo ihr nicht solltet. Und jetzt müsst ihr zahlen.«
Lydia wich zurück, ihre Hände zitterten. »Wer bist du?«, rief sie in die Leere. Doch die Stimme antwortete nicht. Stattdessen begann das Licht zu verblassen, und die Tür schloss sich mit einem lauten Knall. Der Raum war wieder still, doch die Worte hallten in Lydias Kopf wider. Barbara legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir müssen vorsichtig sein. Was auch immer das war, es war mächtig.« Lydia nickte langsam, ihre Augen auf die verschlossene Tür gerichtet. »Ich weiß. Aber ich glaube, wir haben gerade die nächste Bedrohung entdeckt.« Adam seufzte tief. »Und sie wird größer sein als alles, womit wir es je zu tun hatten.« Die Tür war wieder verschlossen, doch Lydia wusste, dass sie nicht lange so bleiben würde. Etwas wartete dahinter – etwas, das stärker und gefährlicher war als Beetlejuice. Und diesmal würde sie vorbereitet sein.
24. Der Preis der Erlösung
Die Atmosphäre im Haus der Deetz war angespannt, seit Lydia die verborgene Tür geöffnet hatte. Das Flüstern der Stimme, die Visionen der Schattenwelt, und die drohenden Worte hatten eine unausgesprochene Angst hinterlassen. Es war, als ob das Haus selbst nun auf die nächste Welle des Chaos wartete. Lydia saß allein auf dem Dachboden, das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen aufgeschlagen vor sich. Ihre Finger glitten über die Seiten, die immer noch die Spuren der Sandwurm-Beschwörung und der Kämpfe mit Beetlejuice trugen. Doch diesmal suchte sie nicht nach einem Ritual, um etwas zu bekämpfen – sie suchte nach Antworten. Barbara und Adam traten durch die Wand und sahen sie besorgt an. »Du hast seit Stunden nichts gesagt«, begann Barbara leise. »Was hast du vor?« Lydia blickte auf und sah ihre Freunde an. »Ich weiß, dass diese Tür etwas bedeutet. Sie ist der Schlüssel zu allem, was passiert ist – zu Beetlejuice, zu den Rissen, zu den Sandwürmern. Aber ich habe das Gefühl, dass wir sie nicht einfach verschließen können.« Adam setzte sich auf einen alten Stuhl und verschränkte die Arme. »Lydia, du hast die Tür schon einmal geöffnet. Was, wenn du es wieder tust und etwas befreist, das noch schlimmer ist?« »Oder«, entgegnete Lydia, »was, wenn ich die Quelle finde und die Grenze endgültig reparieren kann? Was, wenn das Chaos ein Ende hat – nicht nur für uns, sondern für beide Welten?« Barbara trat näher, ihre Augen voller Sorge. »Aber zu welchem Preis, Lydia? Wenn du weiter gehst, könnte das dich kosten. Juno hat gesagt, dass du eine Verbindung zu den Welten hast. Was, wenn diese Verbindung dich zerstört?« Lydia schwieg, ihre Augen kehrten zum Buch zurück. »Vielleicht gibt es keinen anderen Weg«, murmelte sie schließlich.
Später in der Nacht stand Lydia wieder vor der verschlossenen Tür im Modell. Sie spürte, dass etwas dahinter lauerte – nicht nur eine Präsenz, sondern eine Entscheidung, die sie treffen musste. Barbara und Adam beobachteten sie aus der Ferne, unsicher, ob sie eingreifen sollten. Lydia legte ihre Hand auf die winzige Tür. »Wenn du mir etwas zeigen willst«, flüsterte sie, »dann tu es jetzt.«
Die Tür öffnete sich langsam, und das pulsierende Licht kehrte zurück. Diesmal war es stärker, eindringlicher, und Lydia wurde von der Energie fast zurückgedrängt. Doch sie blieb standhaft und beobachtete, wie sich das Licht wieder zu Bildern formte. Die Visionen waren anders als zuvor. Sie zeigten nicht nur die Schattenwelt, sondern auch ihre eigene Welt. Lydia sah sich selbst, wie sie gegen Beetlejuice kämpfte, wie sie die Sandwürmer herbeirief, und schließlich, wie sie die Tür öffnete. Doch dann veränderte sich die Szene. Sie sah eine neue Welt – eine Welt voller Licht und Dunkelheit, die miteinander tanzten. In der Mitte stand dieselbe Gestalt, die sie zuvor gesehen hatte: eine in Schwarz gekleidete Figur mit leuchtend grünen Augen. Die Gestalt sprach, doch diesmal verstand Lydia die Worte klar und deutlich. »Jede Grenze, die repariert wird, verlangt einen Preis. Jede Erlösung kostet etwas.« Lydia spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog. »Welchen Preis?«, fragte sie, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Deine Verbindung zu den Welten. Deine Freiheit. Deine Seele.« Die Worte hallten in ihrem Kopf wider, und Lydia fühlte sich, als ob der Boden unter ihr nachgab. Barbara und Adam traten näher, ihre Stimmen voller Panik. »Lydia, komm weg da! Das Ding spielt mit dir!«
Doch Lydia hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Wenn ich es nicht tue, wer dann?«
Die Vision verschwand, und die Tür schloss sich erneut mit einem dröhnenden Knall. Lydia drehte sich zu Barbara und Adam um, ihr Gesicht war blass, aber entschlossen. »Es gibt einen Preis für alles«, sagte sie leise. »Das ist es, was die Stimme mir gesagt hat. Wenn ich die Grenze reparieren will, wenn ich sicherstellen will, dass niemand wie Beetlejuice jemals wieder diese Welt bedroht, muss ich einen Teil von mir opfern.« Barbara schüttelte den Kopf, Tränen schimmerten in ihren Augen. »Das darfst du nicht tun, Lydia. Du hast schon so viel riskiert. Du kannst nicht alles opfern.« Adam trat näher und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Es muss einen anderen Weg geben. Lass uns weiter suchen. Lass uns mit Juno sprechen.« Doch Lydia schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen anderen Weg. Ich bin die Verbindung zwischen den Welten. Ohne mich wird das Chaos nie aufhören.«
In den folgenden Tagen bereitete sich Lydia auf das Ritual vor. Sie wusste, dass dies der endgültige Schritt sein würde – der letzte Versuch, die Grenze zwischen den Welten zu stabilisieren. Barbara und Adam halfen ihr, obwohl sie mit jeder Bewegung zögerten. Am Abend, als der Mond wieder hoch am Himmel stand, begann Lydia das Ritual. Sie stand vor dem Modell, ihre Hände zitterten leicht, während sie die Worte sprach, die im Handbuch für die kürzlich Verstorbenen beschrieben waren. Das Licht der Tür wurde heller, und das Flüstern in der Luft verwandelte sich in ein lautes Dröhnen. Lydia fühlte, wie die Energie durch sie hindurchfloss, sie ausfüllte, als ob sie Teil von etwas Größerem wurde.
Barbara und Adam beobachteten, wie Lydia sich langsam veränderte. Ihre Augen begannen zu leuchten, und ihre Stimme wurde tiefer, fast wie ein Echo.
»Die Grenze ist repariert«, sagte Lydia schließlich, ihre Stimme war ruhig, aber kraftvoll. Das Licht verschwand, und die Tür schloss sich endgültig. Der Dachboden wurde still, und die Luft fühlte sich leichter an. Barbara und Adam eilten zu Lydia, doch als sie sie erreichten, sackte sie zusammen. Adam fing sie auf, und Barbara kniete sich neben sie. »Lydia, bitte!«, rief Barbara, ihre Stimme war voller Verzweiflung. Lydia öffnete langsam die Augen und lächelte schwach. »Es ist vorbei«, flüsterte sie. »Die Grenze ist sicher.«
Barbara umarmte sie fest, während Adam erleichtert ausatmete. Doch in ihren Herzen wussten sie, dass Lydia einen Teil von sich verloren hatte – einen Teil, den sie nie zurückbekommen würde. Der Preis der Erlösung war hoch, doch Lydia hatte ihn ohne Zögern bezahlt.
25. Beetlejuice' Vergangenheit
Der Dachboden des Hauses der Deetz war in einen Ort der Reflexion und des Rätsels geworden. Lydia saß vor dem Modell der Stadt, doch diesmal war ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Risse oder die Geheimnisse der verschlossenen Tür gerichtet. Sie hielt das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen in der Hand, ihre Augen auf eine Passage geheftet, die sie zuvor übersehen hatte. Barbara und Adam standen hinter ihr, ihre Geistergestalten still und wachsam. Beide wussten, dass Lydia in Gedanken versunken war, doch sie hatten keine Ahnung, wohin ihre Gedanken sie führten. »Hier steht etwas über ihn«, sagte Lydia schließlich leise, ohne den Blick von der Seite zu heben. Barbara trat näher. »Über Beetlejuice?« Lydia nickte. »Es ist keine vollständige Geschichte, aber es gibt genug, um zu verstehen, wer er war… bevor er das wurde, was wir kennen.« Adam runzelte die Stirn und setzte sich neben sie. »Was steht da?« Lydia las die Worte laut vor:
„Betelgeuse, ein Geist der höheren Ebenen, der wegen seiner Ungehorsamkeit und Missachtung der Gesetze verbannt wurde. Einst ein Vermittler zwischen den Welten, fiel er der Versuchung zum Chaos und zur Manipulation der Lebenden anheim. Seine Macht wuchs, doch seine Seele zerbrach. Nun wandelt er als Flüchtling zwischen den Ebenen, eine Erinnerung daran, was passiert, wenn Macht über Verantwortung siegt.“
Lydia legte das Buch beiseite, ihre Augen voller Nachdenklichkeit. »Er war nicht immer das, was wir kennen. Er war… etwas anderes. Etwas Besseres.« Barbara setzte sich neben sie und schüttelte den Kopf. »Das ist schwer zu glauben. Er ist so zerstörerisch, so rücksichtslos. Es ist kaum vorstellbar, dass er einmal gut war.« Adam nickte. »Aber es erklärt einiges. Seine Macht. Seine Verbindung zu den Welten. Und warum Juno ihn so sehr fürchtet.«
Lydia verbrachte die nächsten Tage damit, mehr über Beetlejuice’ Vergangenheit zu recherchieren. Sie blätterte durch das Handbuch, suchte nach Hinweisen, und je mehr sie erfuhr, desto mehr begann sie, ihn in einem anderen Licht zu sehen. Einst war Beetlejuice – oder Betelgeuse, wie er ursprünglich hieß – ein Geist, der die Grenze zwischen den Welten bewachte. Seine Aufgabe war es, die Balance aufrechtzuerhalten, die Lebenden zu schützen und die Ordnung der Totenwelt zu wahren. Doch irgendwann, aus Gründen, die das Handbuch nicht näher erklärte, hatte er diese Rolle aufgegeben.
Es gab Hinweise auf einen Vorfall – einen Moment, in dem Betelgeuse einen fatalen Fehler begangen hatte. Ein Fehler, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Welt der Lebenden betraf. Er hatte die Regeln gebrochen, die er schwor, zu schützen, und war dafür bestraft worden.
»Er wurde verbannt«, murmelte Lydia, während sie eine weitere Seite im Buch las. »Nicht nur aus der Totenwelt, sondern auch aus seiner Aufgabe. Und dieser Ausschluss… hat ihn verändert.«
Barbara lehnte sich an den Tisch. »Vielleicht hat ihn das verbittert. Vielleicht hat er sich entschieden, das Chaos zu umarmen, weil er nichts anderes mehr hatte.« Adam nickte. »Es macht Sinn. Aber warum hat er sich dann auf dich konzentriert, Lydia? Warum warst du so wichtig für ihn?« Lydia dachte einen Moment nach, bevor sie antwortete. »Vielleicht, weil ich die Verbindung zwischen den Welten bin. Oder vielleicht… weil er in mir etwas sah, das er verloren hatte.«
Eines Nachts, als Lydia wieder allein auf dem Dachboden saß, hörte sie ein leises Flüstern. Es war nicht das Flüstern der verschlossenen Tür, sondern etwas anderes – etwas Vertrautes. »Du gräbst in meiner Vergangenheit, Kleines?«, erklang eine raue Stimme aus den Schatten. Lydia fuhr herum und sah Beetlejuice, oder besser gesagt, einen Schatten seiner selbst. Er war blasser als je zuvor, seine Gestalt kaum mehr als ein Hauch, doch seine Augen funkelten noch immer vor Leben.
»Ich dachte, du wärst verschwunden«, sagte Lydia leise. Beetlejuice grinste schwach. »Das bin ich auch. Zumindest größtenteils. Aber ich schätze, ein Teil von mir ist immer noch hier. Neugier stirbt nie, weißt du?« Lydia musterte ihn. »Warum bist du hier?« Beetlejuice lehnte sich lässig gegen einen unsichtbaren Stuhl. »Vielleicht, um dich zu warnen. Oder vielleicht, weil ich dir nicht alles erzählt habe.« Lydia verschränkte die Arme. »Dann erzähl es mir. Wer warst du wirklich?« Sein Grinsen verblasste, und für einen Moment wirkte er… müde. »Ich war ein Idiot, Lydia. Ein verdammter Idiot. Ich hatte Macht, ich hatte Verantwortung, und ich habe es alles weggeworfen. Warum? Weil ich dachte, ich könnte mehr bekommen. Mehr Freiheit, mehr Spaß. Aber stattdessen habe ich alles verloren.« Lydia schwieg, ihre Augen blieben auf ihn gerichtet. Beetlejuice fuhr fort: »Ich habe die Regeln gebrochen. Ich habe mich in die Welt der Lebenden eingemischt, sie manipuliert, weil es mir Spaß gemacht hat. Aber was ich nicht wusste, war, dass jede Entscheidung, die ich traf, mich weiter von mir selbst entfernte. Am Ende war ich nichts als ein Schatten. Ein Witz.« »Und jetzt?«, fragte Lydia. »Was willst du jetzt?« Beetlejuice lächelte schwach. »Ich will nichts, Kleines. Ich bin fertig. Aber du… du hast etwas, das ich nicht hatte. Du hast die Chance, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Mach nicht den gleichen Fehler wie ich.« Mit diesen Worten verblasste er, und Lydia blieb allein im Raum zurück.
In den folgenden Tagen dachte Lydia immer wieder über seine Worte nach. Er hatte Fehler gemacht, ja, aber vielleicht war er nicht immer das Monster gewesen, das sie kannte. Vielleicht hatte er einmal geglaubt, das Richtige zu tun, bevor er sich im Chaos verlor. Beetlejuice war ein Produkt seiner Entscheidungen – ein Mahnmal dafür, was passiert, wenn man Macht ohne Verantwortung ausübt. Lydia wusste, dass sie nicht denselben Weg gehen würde. Aber sie wusste auch, dass sie immer an den Schatten seiner Vergangenheit erinnert werden würde – und daran, wie leicht die Grenze zwischen Ordnung und Chaos verschwimmen konnte.
26. Das ultimative Ritual
Die Grenzen zwischen den Welten waren schwächer geworden, als Lydia es je erwartet hatte. Die verschlossene Tür im Modell der Stadt vibrierte ununterbrochen, und obwohl der Riss scheinbar geschlossen war, spürte Lydia, dass das Chaos nicht vollständig gebannt war. Es lauerte, wie ein lebendiges Wesen, das darauf wartete, erneut zuzuschlagen.
Barbara und Adam standen an Lydias Seite, während sie das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen durchblätterte. Jede Seite fühlte sich schwer an, als ob das Buch selbst die Bedeutung der Worte erkannte, die darauf geschrieben waren. Lydia wusste, dass sie ein Risiko eingehen würde – ein letztes, entscheidendes Risiko, um die Welten zu retten. »Das ultimative Ritual«, murmelte Lydia, ihre Finger fuhren über eine verblasste Passage im Buch. »Hier steht, dass es die Grenze zwischen den Welten endgültig stabilisieren kann. Aber der Preis ist hoch.« Barbara trat näher, ihre Augen suchten nach einem Ausweg. »Lydia, du musst das nicht tun. Es muss einen anderen Weg geben.« Adam schüttelte den Kopf, seine Stimme war ernst. »Wenn das Ritual fehlschlägt, könnte es die Grenze noch weiter öffnen. Wir könnten alles verlieren.« Lydia sah die beiden an, ihre Augen entschlossen. »Und wenn wir nichts tun, wird es sowieso alles zerstören. Ich bin bereit, das Risiko einzugehen.« Barbara öffnete den Mund, um zu protestieren, doch sie wusste, dass Lydia recht hatte. Das Chaos war noch immer da, und es würde nicht verschwinden, wenn sie nichts unternahmen.
Die Vorbereitungen für das Ritual begannen in derselben Nacht. Der Dachboden wurde in einen Kreis aus Schutzsymbolen und Ritualgegenständen verwandelt. Lydia zeichnete komplizierte Muster aus Salz und Kreide auf den Boden, während Barbara und Adam Kerzen entzündeten, deren Flammen in seltsamem Grün flackerten. »Hier steht, dass wir die Verbindung zwischen den Welten nutzen müssen«, erklärte Lydia, während sie einen Blick ins Buch warf. »Das Modell ist der Schlüssel. Es repräsentiert die Balance, und wir müssen es als Fokuspunkt verwenden.« Barbara beobachtete Lydia besorgt. »Und was ist mit dir? Du bist auch eine Verbindung. Was wird passieren, wenn du das Ritual beginnst?« Lydia sah sie an, ihre Stimme war ruhig, aber fest. »Ich weiß es nicht. Aber das ist ein Risiko, das ich eingehen muss.« Adam legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir sind bei dir. Egal, was passiert.«
Die Nacht war still, als Lydia das Ritual begann. Der Dachboden war von einer unnatürlichen Kälte erfüllt, und die Flammen der Kerzen zitterten, als ob sie sich gegen das Kommende sträubten. Lydia kniete sich in den Mittelpunkt des Kreises und begann, die Worte zu sprechen, die im Buch beschrieben waren. Ihre Stimme war ruhig, doch die Luft schien schwerer zu werden, als die Energie des Rituals den Raum erfüllte.
Barbara und Adam standen an den Rändern des Kreises, bereit, einzugreifen, falls etwas schiefging. Doch sie konnten nur zusehen, wie das Ritual Lydia langsam einhüllte. Plötzlich begann das Modell der Stadt zu vibrieren. Die kleinen Gebäude flimmerten, und winzige Risse erschienen auf der Oberfläche. Aus der verschlossenen Tür strömte ein grelles Licht, das den Raum mit einem pulsierenden, unheimlichen Schein erfüllte. Lydia schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Worte des Rituals. Sie spürte, wie die Energie durch ihren Körper floss, sie ausfüllte und gleichzeitig an ihr zog, als ob sie Teil von etwas Größerem wurde. »Die Grenze wird repariert«, flüsterte sie, ihre Stimme war wie ein Echo in der Stille. Doch dann änderte sich etwas. Das Licht aus der Tür wurde dunkler, und eine tiefe, schneidende Stimme erfüllte den Raum.
»Du wagst es, mich zu bannen?« Barbara und Adam zuckten zusammen, während Lydia die Augen öffnete und in die Dunkelheit der Tür starrte. Dort, in der Mitte des grellen Lichts, stand eine Gestalt – die gleiche, die sie in ihren Visionen gesehen hatte. Es war der Ursprung des Chaos. Eine in Schwarz gehüllte Figur mit leuchtend grünen Augen, die Lydia durchbohrten. »Du bist nur ein sterbliches Kind«, zischte die Stimme. »Du verstehst nicht, was du zu stoppen versuchst.« Lydia stand auf, ihre Hände zitterten, doch ihre Stimme blieb fest. »Ich mag sterblich sein, aber ich habe mehr Macht, als du denkst. Ich bin die Verbindung zwischen den Welten, und ich werde dich aufhalten.« Die Gestalt lachte, ein kaltes, unheimliches Geräusch, das durch den Raum hallte. »Wenn du die Verbindung bist, dann bist du auch die Tür. Und Türen kann man öffnen.« Mit einem Schlag begann die Gestalt, Energie auf Lydia zu richten. Ein starker Sog erfüllte den Raum, und Lydia spürte, wie sie von der Macht des Wesens ergriffen wurde.
Barbara und Adam schrien ihren Namen, doch sie konnten nichts tun. Lydia stand im Mittelpunkt des Rituals, ihre Augen leuchteten in demselben Grün wie die der Gestalt, während sie gegen die Energie ankämpfte. »Du bist nicht stärker als ich«, rief Lydia und streckte die Hände aus. »Ich werde die Grenze schließen – für immer.« Sie sprach die letzten Worte des Rituals, und plötzlich wurde der Raum von einem grellen Licht erfüllt. Die Gestalt schrie auf, als die Energie sie ergriff und in die verschlossene Tür zurückzog. Das Licht wurde intensiver, bis es schließlich mit einem lauten Knall verschwand.
Als die Stille zurückkehrte, lag Lydia bewusstlos im Kreis. Barbara und Adam eilten zu ihr, ihre Geistergestalten flimmerten vor Sorge. »Lydia, bitte!«, rief Barbara, ihre Stimme war voller Verzweiflung. Lydia öffnete langsam die Augen, ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen. »Es ist vorbei«, flüsterte sie.
Adam sah sich um. Die Tür war verschwunden, und das Modell war wieder ruhig. Die Grenze zwischen den Welten war repariert, und das Chaos war endgültig gebannt. Doch Barbara bemerkte etwas. »Lydia… deine Augen…« Lydia setzte sich auf und berührte ihr Gesicht. Ihre Augen hatten einen schwachen, grünlichen Schimmer, ein Überbleibsel der Energie, die sie durchflossen hatte. »Ich bin anders«, sagte Lydia leise. »Aber ich bin immer noch hier.« Barbara und Adam umarmten sie, und der Dachboden wurde wieder still. Lydia wusste, dass sie einen Teil von sich geopfert hatte, um die Welten zu retten. Doch sie war bereit, diesen Preis zu zahlen. Denn das ultimative Ritual hatte nicht nur die Grenze repariert – es hatte gezeigt, dass Mut und Entschlossenheit stärker sein können als jedes Chaos.
27. Das Erwachen der Totenwelt
Die Tage nach dem Ritual waren ruhig, fast zu ruhig. Lydia spürte es in den kleinen Dingen – die Stille des Hauses, die fehlende Bewegung in der Luft, die Art und Weise, wie das Licht durch die Fenster fiel. Es war, als ob die Welt den Atem anhielt und auf etwas wartete.
Barbara und Adam waren besorgt. Obwohl das Modell der Stadt ruhig war und die verschlossene Tür verschwunden schien, fühlten sie, dass die Grenze zwischen den Welten noch immer nicht stabil war. Etwas war anders. »Es fühlt sich an, als hätte sich die Totenwelt verändert«, sagte Barbara eines Abends, während sie mit Lydia auf dem Dachboden saß. »Seit dem Ritual ist die Energie… intensiver.« Adam nickte. »Es ist, als ob die Totenwelt erwacht ist. Sie war immer da, ein Schatten der Lebenden, aber jetzt scheint sie… lebendiger.« Lydia schwieg. Sie spürte es auch, tief in sich. Seit dem Ritual hatte sich etwas in ihr verändert. Ihre Augen hatten immer noch diesen grünlichen Schimmer, und manchmal glaubte sie, die Stimmen der Totenwelt flüstern zu hören, selbst wenn sie allein war. In der Nacht erwachte Lydia plötzlich aus einem unruhigen Schlaf. Die Luft im Raum war kalt, und ein seltsames Licht schien vom Dachboden zu kommen. Sie zog sich schnell an und eilte die Treppe hinauf, nur um Barbara und Adam bereits dort zu finden. Das Modell der Stadt hatte sich verändert. Es war nicht mehr ruhig. Die Miniaturhäuser vibrierten leicht, und winzige Schatten bewegten sich durch die Straßen, obwohl keine Lichtquelle vorhanden war. »Was passiert hier?«, fragte Lydia, während sie das Modell anstarrte. Adam blätterte hastig durch das Handbuch für die kürzlich Verstorbenen. »Ich weiß es nicht. Das Modell sollte ein Fenster sein, aber jetzt wirkt es eher wie… eine Tür.« Barbara zeigte auf eine Stelle im Modell, wo ein neuer, winziger Riss entstanden war. »Es beginnt von vorne. Aber diesmal ist es anders.« Lydia kniete sich hin und betrachtete den Riss. »Es ist, als ob die Totenwelt versucht, in unsere Welt zu gelangen. Nicht durch Chaos, sondern durch… einen Ruf.« Barbara runzelte die Stirn. »Einen Ruf? Was meinst du?«
Lydia sah auf, ihre Augen ernst. »Ich glaube, die Totenwelt erwacht. Das Ritual hat etwas in Bewegung gesetzt. Es hat die Grenze repariert, aber gleichzeitig hat es die Totenwelt stärker gemacht. Sie versucht, mit uns zu kommunizieren.«
Später in der Nacht, während Barbara und Adam das Modell beobachteten, setzte sich Lydia in ihr Zimmer und schlug ihr Tagebuch auf. Sie schrieb die Gedanken nieder, die sie seit dem Ritual verfolgt hatten. „Ich fühle es in mir. Die Totenwelt ist nicht mehr nur ein Ort, sondern ein Wesen, das lebt und atmet. Es war immer da, verborgen in den Schatten, aber jetzt ist es wach. Und ich bin ein Teil davon. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist. Aber ich weiß, dass ich diejenige bin, die eine Brücke bauen kann. Vielleicht war das der Plan der Totenwelt die ganze Zeit – nicht, um die Grenze zu zerstören, sondern um sie zu öffnen.“ Am nächsten Morgen war die Veränderung noch deutlicher. Das Modell war nicht länger nur ein Abbild der Stadt; es begann, sich zu verwandeln. Neue Gebäude erschienen, die nicht existierten. Straßen führten ins Nichts, und die Schatten im Modell wurden lebendiger. Lydia, Barbara und Adam standen davor, unfähig, die Augen abzuwenden. »Das ist nicht mehr unsere Welt«, flüsterte Adam. »Das ist die Totenwelt.« Lydia nickte. »Es ist, als ob sie versucht, sich zu zeigen. Aber warum?« Plötzlich begann das Modell zu leuchten, und ein grelles Licht erfüllte den Dachboden. Die drei mussten die Augen schützen, und als das Licht verschwand, war etwas Neues im Modell erschienen: ein großer, düsterer Turm, der in der Mitte der Stadt stand. »Das war vorher nicht da«, sagte Barbara, ihre Stimme war voller Angst. Lydia trat näher und betrachtete den Turm. »Das ist ein Zeichen. Die Totenwelt ruft uns.« In der folgenden Nacht konnte Lydia nicht schlafen. Sie fühlte, wie die Totenwelt an ihr zog, wie sie sie rief, doch sie wusste nicht, was sie tun sollte. Barbara fand sie schließlich auf dem Dachboden, wo Lydia mit leeren Augen auf das Modell starrte.
»Lydia, du musst dir Ruhe gönnen«, sagte Barbara sanft. Doch Lydia schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Ich fühle es in mir. Die Totenwelt will etwas von mir. Sie versucht, mir etwas zu zeigen.« Barbara legte eine Hand auf ihre Schulter. »Und was, wenn das eine Falle ist? Was, wenn sie dich benutzt?« Lydia sah sie an, ihre Augen voller Entschlossenheit. »Vielleicht. Aber was, wenn sie uns helfen will? Was, wenn das Erwachen der Totenwelt eine Chance ist, das Gleichgewicht endgültig zu wahren?«
Barbara schwieg, doch sie wusste, dass Lydia recht haben könnte. Am nächsten Morgen, als die Sonne aufging, stand Lydia vor dem Modell, bereit, die nächste Entscheidung zu treffen. Der Turm im Modell schien sie anzuziehen, und sie wusste, dass dies der nächste Schritt war.
»Ich muss es herausfinden«, sagte Lydia, während Barbara und Adam hinter ihr standen. Adam nickte langsam. »Wenn du gehst, gehen wir mit dir.« Barbara seufzte, ihre Augen voller Sorge. »Aber sei vorsichtig, Lydia. Die Totenwelt mag erwacht sein, aber das bedeutet nicht, dass sie uns wohlgesinnt ist.« Lydia nickte, ihre Augen auf den Turm gerichtet. »Ich weiß. Aber ich muss es riskieren. Denn wenn die Totenwelt wirklich erwacht ist, könnten wir die einzige Chance haben, sie zu verstehen – und sie zu kontrollieren.« Und mit diesen Worten wusste Lydia, dass ihre Reise in die Totenwelt gerade erst begonnen hatte.
28. Beetlejuice' Ende
Die Totenwelt war nicht mehr nur ein Schattenreich, verborgen hinter den Schleiern der Lebenden. Sie war erwacht – lebendig, pulsierend, und ihre Präsenz war in der Welt der Lebenden spürbar. Lydia fühlte es mit jeder Faser ihres Seins, und sie wusste, dass der Ursprung all dessen mit einer letzten Aufgabe verbunden war: Beetlejuice. Obwohl er besiegt und verbannt worden war, war seine Energie nicht vollständig verschwunden. Lydia spürte ihn, als ob ein schwacher Funke seines Chaos in der Totenwelt noch immer existierte, sich in den Schatten verbarg und darauf wartete, wieder aufzuerstehen. Doch diesmal würde sie es nicht zulassen. »Es ist Zeit, dass wir es beenden«, sagte Lydia fest, während sie auf den Dachboden trat.
Barbara und Adam standen vor dem Modell der Stadt, das sich weiter verändert hatte. Der Turm, der plötzlich aufgetaucht war, strahlte nun eine dunkle Energie aus, die die umliegenden Gebäude in verzerrte Ruinen verwandelte. »Der Turm…«, murmelte Adam. »Es ist, als ob er wächst. Und seine Energie… sie fühlt sich an wie er.«
Barbara sah Lydia an, ihre Stimme war voller Sorge. »Meinst du Beetlejuice?«
Lydia nickte. »Er ist dort. Oder zumindest ein Teil von ihm. Ich weiß es. Das ist der Ursprung seines Chaos. Und wenn wir ihn nicht aufhalten, wird er zurückkommen – stärker als je zuvor.«
Barbara trat näher. »Lydia, bist du sicher? Du hast schon so viel riskiert. Du könntest dich verlieren.« Lydia sah sie an, ihre Augen leuchteten leicht grünlich, ein Überbleibsel des Rituals. »Vielleicht. Aber wenn ich nichts tue, wird er uns alle zerstören. Das hier ist mein Kampf. Und ich werde ihn beenden.« Das Modell begann zu vibrieren, als Lydia die Beschwörungsworte sprach, die sie im Handbuch für die kürzlich Verstorbenen gefunden hatte. Sie waren einfach, fast zu einfach, doch sie spürte die Macht hinter ihnen. Die Luft um sie herum wurde schwer, und der Raum wurde von einem kalten Wind erfüllt. Plötzlich öffnete sich ein Portal direkt über dem Modell. Es war ein schimmernder, grünlicher Riss, aus dem Schatten und ein vertrautes, kehliges Lachen drangen. »Na, Babys, ich wusste, dass ihr mich vermisst habt«, erklang die Stimme von Beetlejuice, während sich seine Gestalt langsam aus den Schatten formte. Er war schwächer als zuvor, fast durchsichtig, doch sein Grinsen war genauso unheilvoll wie immer. »Beetlejuice«, sagte Lydia ruhig, während sie ihm direkt in die Augen sah. Er neigte den Kopf und musterte sie. »Ach, Kleines, ich wusste, dass du nicht ohne mich kannst. Und ich muss sagen, dein Timing ist perfekt. Die Totenwelt und ich – wir haben ein paar Pläne.« Lydia verschränkte die Arme. »Es gibt keine Pläne mehr für dich. Das hier ist dein Ende.« Beetlejuice lachte laut, ein Geräusch, das durch den Dachboden hallte. »Mein Ende? Oh, Süße, du bist lustig. Ich bin Beetlejuice. Mich kriegt niemand unter.« Doch Lydia blieb ruhig. Sie hob eine Hand und zeigte auf das Modell. »Du hast keinen Platz mehr in dieser Welt. Die Totenwelt erwacht, aber sie braucht dich nicht. Du bist ein Relikt, Beetlejuice. Ein Schatten, der keinen Zweck mehr erfüllt.« Beetlejuice grinste, doch in seinen Augen lag ein Hauch von Unsicherheit. »Ach ja? Und was willst du dagegen tun, hm? Mich mit deinem toten Handbuch und deinen kleinen Geisterfreunden aufhalten?« Lydia schüttelte den Kopf. »Nein. Ich werde dich mit deiner eigenen Macht zerstören.« Lydia begann, die letzten Worte des ultimativen Rituals zu sprechen, doch diesmal hatte sie etwas hinzugefügt – eine Passage, die sie in den tiefsten Seiten des Handbuchs gefunden hatte. Es war eine Bannformel, die speziell für Geister wie Beetlejuice geschrieben war. Beetlejuice spürte es, als die Luft sich veränderte. Sein Grinsen verschwand, und er machte einen Schritt zurück. »Was machst du da, Kleines? Hör auf damit!« Doch Lydia ließ sich nicht beirren. Die Worte kamen schneller, und das Licht im Raum begann zu flackern.
Beetlejuice schrie auf, als ein grelles, grünliches Licht ihn umhüllte. Seine Gestalt begann zu flimmern, und sein Körper wurde immer durchsichtiger. »Du denkst, du kannst mich einfach ausradieren?«, rief er, doch seine Stimme wurde schwächer. »Ich bin Beetlejuice! Ich bin…« Lydia beendete das Ritual, und mit einem lauten Knall verschwand Beetlejuice. Seine Gestalt löste sich in einem Funkenregen auf, und die Dunkelheit im Raum wich einem hellen, klaren Licht. Der Dachboden wurde still. Lydia sank auf die Knie, ihre Hände zitterten, während die letzten Energien des Rituals aus ihrem Körper strömten. Barbara und Adam eilten zu ihr, ihre Gesichter voller Sorge. »Lydia, geht es dir gut?«, fragte Barbara, während sie sich neben sie kniete. Lydia sah auf, ihre Augen müde, aber zufrieden. »Es ist vorbei«, flüsterte sie. »Er ist weg. Für immer.« Adam legte eine Hand auf ihre Schulter. »Bist du sicher?« Lydia nickte langsam. »Ich habe ihn nicht nur verbannt. Ich habe ihn ausgelöscht. Es gibt nichts mehr von ihm, das zurückkommen könnte.« Barbara umarmte sie fest, und Adam lächelte schwach. »Du hast es geschafft, Lydia. Du hast uns alle gerettet.« In den Tagen danach spürte Lydia die Veränderung. Das Haus war ruhig, das Modell der Stadt war wieder still, und die Totenwelt hatte sich zurückgezogen. Doch etwas in ihr hatte sich für immer verändert. Sie wusste, dass sie einen Teil von sich geopfert hatte, um Beetlejuice zu besiegen. Doch sie wusste auch, dass es der einzige Weg gewesen war, um die Balance zwischen den Welten zu wahren.
Beetlejuice war Vergangenheit. Doch die Lehren aus seinem Chaos würden sie für immer begleiten.
29. Der Frieden kehrt zurück
Nach dem endgültigen Ende von Beetlejuice breitete sich eine Stille aus, die Lydia lange nicht mehr gespürt hatte. Es war keine beunruhigende Stille, sondern eine, die sich wie ein schwerer Mantel ablegte und Raum für etwas Neues ließ: Frieden. Das Haus der Deetz wirkte heller, obwohl sich die Möbel, die Wände und die Fenster nicht verändert hatten. Die Luft war klarer, das Licht, das durch die Fenster fiel, wärmer, und die bedrückende Energie, die so lange das Haus durchzogen hatte, war verschwunden. Lydia saß auf dem Dachboden vor dem Modell der Stadt. Sie strich mit der Hand über die winzigen Straßen und Gebäude, die wieder still und unbewegt waren. Kein Flackern, kein Licht, keine seltsamen Bewegungen – das Modell war wieder, was es ursprünglich gewesen war: ein Abbild, keine Tür.
Barbara und Adam standen neben ihr, ihre Geistergestalten wirkten stärker und stabiler als zuvor. Es war, als hätte das Haus auch sie wieder mit neuer Energie erfüllt. »Es fühlt sich… anders an«, sagte Barbara leise, während sie die ruhige Szene betrachtete. Adam nickte. »Das Chaos ist weg. Zum ersten Mal fühlt sich die Grenze stabil an.« Lydia sah die beiden an, ein schwaches Lächeln auf ihrem Gesicht. »Wir haben es geschafft. Er ist wirklich weg.« Die Tage vergingen, und die Welt kehrte zu ihrem normalen Rhythmus zurück. Die Stadt Winter River, die so lange vom Schatten Beetlejuice’ und den Rissen der Totenwelt beeinflusst worden war, erholte sich. Die Menschen schienen befreiter, obwohl sie sich der Ereignisse nie wirklich bewusst gewesen waren.
Charles und Delia spürten die Veränderung ebenfalls. Charles war entspannter als je zuvor, und Delia hatte eine neue Phase ihrer Kunst entdeckt – diesmal mit freundlicheren, organischen Formen. »Ich weiß nicht, was passiert ist«, sagte Charles eines Morgens, als er mit Lydia beim Frühstück saß. »Aber ich habe das Gefühl, dass das Haus… leichter ist. Irgendwie lebendiger.« Lydia lächelte schwach und nippte an ihrem Tee. »Vielleicht, weil wir das Chaos hinter uns gelassen haben.« Delia kam mit einem ihrer neuen Skulpturen-Entwürfe herein, ihre Augen leuchteten vor Begeisterung. »Lydia, du solltest mit deiner Kamera mal rausgehen und ein paar Fotos von meinen neuen Werken machen. Sie fühlen sich so… spirituell an.« Lydia nickte, ohne zu widersprechen. Sie wusste, dass Delia die Veränderungen spürte, auch wenn sie sie nicht verstand.
Eines Abends, während Lydia allein auf dem Dachboden saß, spürte sie eine vertraute Präsenz. Es war nicht bedrohlich, sondern tröstend. Barbara und Adam materialisierten sich vor ihr, beide lächelten. »Es ist seltsam, nicht wahr?«, sagte Barbara, während sie sich neben Lydia setzte. »Was meinst du?«, fragte Lydia, während sie das Modell betrachtete. »Dass der Frieden zurückgekehrt ist. Nach allem, was passiert ist, fühlt es sich fast unwirklich an«, sagte Barbara leise. Adam trat näher und legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Du hast das möglich gemacht, Lydia. Ohne dich wären wir nicht hier.« Lydia sah auf und lächelte die beiden an. »Ich hätte es nicht ohne euch geschafft. Ihr wart immer an meiner Seite.« Barbara legte ihre Hand auf Lydias. »Wir werden immer an deiner Seite sein. Egal, was passiert.« In den folgenden Wochen begann Lydia, die Normalität wieder zu entdecken. Sie fotografierte die Stadt, arbeitete an ihren Kunstprojekten und genoss die Momente der Ruhe mit ihrer Familie. Doch obwohl der Frieden zurückgekehrt war, wusste sie, dass sie für immer verändert war. Manchmal saß sie nachts allein vor dem Modell der Stadt, betrachtete es und erinnerte sich an die Kämpfe, die sie durchlebt hatte. Sie spürte die Verbindung zur Totenwelt immer noch, tief in sich, doch sie wusste, dass sie diese Verbindung nun kontrollieren konnte. Eines Nachts, als der Vollmond durch das Fenster schien, flüsterte sie leise: »Danke.« Ob sie es an die Totenwelt, an Barbara und Adam oder an sich selbst richtete, wusste sie nicht genau. Doch sie fühlte, dass es richtig war. Barbara und Adam, die sich wieder in ihrem Zuhause auf dem Dachboden eingerichtet hatten, beobachteten Lydia aus der Ferne. »Glaubst du, sie wird das je ganz hinter sich lassen können?«, fragte Barbara leise.
Adam schüttelte den Kopf. »Vielleicht nicht. Aber sie ist stark. Und ich denke, sie wird immer einen Weg finden, das Gleichgewicht zu halten.« Barbara nickte und lächelte schwach. »Sie ist etwas Besonderes.« Adam sah zu, wie Lydia den Dachboden verließ, ihre Schritte leicht und voller Zuversicht. »Ja, das ist sie.«
Der Frieden war zurückgekehrt, doch er war nicht nur ein Zustand der Ruhe. Er war ein Zeugnis von Lydias Mut, ihrer Stärke und ihrer Entschlossenheit, das Chaos zu besiegen. Die Grenze zwischen den Welten war geschlossen, doch Lydia wusste, dass sie immer wachsam bleiben musste. Denn Frieden war nicht etwas, das man einfach erhielt – es war etwas, das man bewahren musste. Und sie war bereit, genau das zu tun.
30. Ein neues Kapitel
Die Welt der Lebenden und die der Toten hatten endlich ihren Frieden gefunden. Die Grenze zwischen den Welten war stabil, das Chaos gebannt, und Beetlejuice, der einstige Unruhestifter, war endgültig ausgelöscht. Doch für Lydia war dies nicht das Ende – es war der Beginn eines neuen Kapitels, eines Lebens, das sie selbst gestalten konnte, ohne den Schatten der vergangenen Kämpfe über sich. Der Dachboden des Hauses der Deetz hatte sich wieder in einen normalen, fast gemütlichen Raum verwandelt. Das Modell der Stadt war nicht länger ein Werkzeug des Chaos, sondern ein stilles, faszinierendes Kunstwerk. Lydia hatte es gereinigt und restauriert, jedes Detail mit Sorgfalt gepflegt. Barbara und Adam beobachteten sie, wie sie die letzten Handgriffe machte. »Es fühlt sich so anders an«, sagte Adam leise. »Fast so, als ob alles, was passiert ist, nur ein Traum war.« Barbara lächelte schwach. »Aber es war kein Traum. Und Lydia hat dafür gesorgt, dass wir alle sicher sind.« Lydia richtete sich auf und sah die beiden an. »Ich hätte es nicht ohne euch geschafft. Ihr wart immer da, auch wenn ich nicht wusste, was ich tun sollte.« Barbara legte eine Hand auf ihre Schulter. »Wir sind eine Familie, Lydia. Und Familien halten zusammen.« Lydia lächelte und betrachtete das Modell. »Ich denke, es ist Zeit, weiterzugehen. Zeit, etwas Neues zu beginnen.« Adam runzelte die Stirn. »Weitergehen? Was meinst du?« Lydia sah ihn an, ihre Augen funkelten leicht. »Ich habe so viel Zeit damit verbracht, mich mit den Schatten der Totenwelt zu beschäftigen. Jetzt will ich sehen, was das Leben für mich bereithält. Ich will reisen, fotografieren, die Welt entdecken.« Barbara lächelte stolz. »Das klingt wunderbar, Lydia. Du hast es verdient.«
In den folgenden Tagen begann Lydia, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Sie suchte nach Orten, die sie besuchen wollte, nach Geschichten, die sie erzählen konnte. Ihre Kamera wurde ihr ständiger Begleiter, und sie begann, die Schönheit der Welt um sie herum einzufangen. Doch bevor sie aufbrach, hatte sie noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen. Eines Abends, als die Sonne langsam hinter den Hügeln verschwand, setzte sich Lydia erneut vor das Modell der Stadt. Sie hatte eine Kerze angezündet, deren flackerndes Licht den Raum in warmen Schattierungen erleuchtete. Barbara und Adam standen in der Nähe, während sie das letzte Kapitel ihrer Vergangenheit abschloss. Lydia schloss die Augen und atmete tief ein. Sie wusste, dass sie sich für immer mit der Totenwelt verbunden fühlte, doch sie musste lernen, mit dieser Verbindung zu leben, ohne sich von ihr einnehmen zu lassen. »Danke«, flüsterte sie leise, die Worte an niemand Bestimmtes gerichtet. »Für alles, was ich gelernt habe. Für die Stärke, die ich gefunden habe.« Barbara trat näher und legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Du bist bereit, Lydia. Du kannst jetzt gehen. Aber du wirst immer einen Platz hier haben.« Adam nickte. »Das Haus wird immer dein Zuhause sein.« Lydia lächelte und stand auf. »Danke. Aber jetzt ist es Zeit, mein eigenes Zuhause zu finden.«
Am Tag ihrer Abreise versammelte sich die Familie, um sie zu verabschieden. Charles und Delia umarmten sie fest, beide stolz auf die Frau, die sie geworden war. »Mach Fotos von allem, was du siehst«, sagte Charles, während er ihr Gepäck in den Kofferraum ihres Wagens legte. Delia nickte eifrig. »Und vergiss nicht, deine Kunst weiterzuführen. Du hast ein Auge für das Besondere, Lydia.«
Barbara und Adam standen abseits, doch Lydia wusste, dass sie sie genauso unterstützten. Sie trat zu ihnen und umarmte sie, obwohl sie wusste, dass sie sie nicht wirklich berühren konnte. »Passt gut auf das Haus auf«, sagte sie mit einem Lächeln. Barbara nickte. »Und du pass gut auf dich auf.« Adam hob die Hand zum Abschied. »Bis bald, Lydia.«
Lydia stieg in ihren Wagen und startete den Motor. Während sie die Auffahrt hinunterfuhr, blickte sie noch einmal zurück auf das Haus. Es wirkte ruhig, friedlich, und sie wusste, dass sie es in guten Händen ließ. Die Straße vor ihr war lang und offen, und Lydia fühlte sich zum ersten Mal seit Jahren wirklich frei. Die Kämpfe, die sie durchgestanden hatte, die Herausforderungen, die sie gemeistert hatte – all das hatte sie zu der Person gemacht, die sie jetzt war. Mit ihrer Kamera auf dem Beifahrersitz und einem Kopf voller Träume war Lydia bereit, ein neues Kapitel zu schreiben. Ein Kapitel voller Abenteuer, Entdeckungen und Leben. Und während sie in den Sonnenuntergang fuhr, wusste sie, dass dies erst der Anfang war. Ein Anfang, der ihr die Welt eröffnete – und die Möglichkeit, endlich ihre eigene Geschichte zu erzählen.
31. Beetlejuice' letzte Worte
Der Moment war gekommen, in dem alles enden sollte. Der Dachboden war erfüllt von grellem, pulsierendem Licht, das aus dem Modell der Stadt und dem sich öffnenden Portal strömte. Lydia stand fest im Mittelpunkt des Rituals, ihre Hände zitterten leicht, doch ihr Blick war entschlossen. Dies war der finale Kampf, der Moment, in dem Beetlejuice endgültig ausgelöscht werden sollte. Die Energie im Raum vibrierte, und mit einem donnernden Knall tauchte er auf. Beetlejuice’ Gestalt war blass und verzerrt, als ob er schon halb ausgelöscht war, doch sein Grinsen war noch immer da – unheilvoll und höhnisch. Er war nicht der mächtige Trickster, der einst Chaos entfesselt hatte, sondern ein Schatten seiner selbst. Doch auch in seiner Schwäche hatte er eine bedrohliche Präsenz. »Na, Kleines«, sagte er mit seiner rauen, spöttischen Stimme, »ich hätte wissen müssen, dass du mich nicht einfach in Ruhe lassen kannst.« Lydia hielt seinem Blick stand, ihre Augen fest entschlossen. »Es ist vorbei, Beetlejuice. Du gehörst nicht hierher. Du hast nie hierher gehört.« Er lachte, ein dumpfes, verzweifeltes Geräusch, das im Raum widerhallte. »Vielleicht hast du recht. Vielleicht gehöre ich nirgends hin. Aber was soll’s? Chaos braucht keinen Ort. Es lebt in jedem von uns, auch in dir.« Seine Worte trafen Lydia, doch sie ließ sich nicht beirren. Sie trat näher, während sie die letzten Worte des Rituals sprach. Die Energie im Raum wurde stärker, und Beetlejuice begann zu flimmern, seine Gestalt wurde durchscheinend. »Du hast keine Macht mehr«, sagte Lydia fest. »Dein Chaos hat keinen Platz in dieser Welt.« Beetlejuice’ Grinsen verschwand, und für einen Moment zeigte sich etwas anderes in seinem Gesicht – eine Mischung aus Trauer und Resignation.
»Macht?«, wiederholte er, seine Stimme leiser. »Ich hatte nie wirklich Macht, Kleines. Alles, was ich hatte, war der Spaß. Das Chaos. Es war das Einzige, was mich am Laufen hielt.« Lydia spürte, dass dies kein Trick war. Es war die Wahrheit. In diesem Moment sah sie Beetlejuice nicht mehr als ein Monster, sondern als eine verlorene Seele, die ihren Platz nie gefunden hatte. »Es ist zu spät für dich«, sagte Lydia leise. Er nickte langsam, sein Körper begann sich aufzulösen, während das Ritual seinen Höhepunkt erreichte. Doch bevor er verschwand, sprach er noch einmal, seine Stimme war ein Flüstern, das die Luft durchdrang. »Du bist anders, Lydia. Du hast die Stärke, die ich nie hatte. Aber vergiss eines nicht: Das Chaos… es ist nie wirklich weg. Es ist ein Teil von allem. Und manchmal… manchmal braucht es jemanden wie dich, um es im Zaum zu halten. Mach’s gut, Kleines.« Mit diesen Worten löste sich Beetlejuice endgültig auf, seine Gestalt verschwand im gleißenden Licht des Rituals. Sein Lachen, das einmal so laut und bedrohlich gewesen war, verklang zu einem leisen Echo, das schließlich verstummte. Die Luft im Dachboden wurde still, und das Licht erlosch. Lydia stand allein in der Mitte des Kreises, die Energie des Rituals hatte sie erschöpft, doch sie spürte eine ungewohnte Leichtigkeit. Barbara und Adam traten zu ihr, ihre Gesichter voller Erleichterung und Sorge. »Er ist wirklich weg«, sagte Barbara leise. Lydia nickte langsam, ihre Augen glitzerten vor unterdrückten Tränen. »Ja. Aber seine Worte…« Adam legte eine Hand auf ihre Schulter. »Er hatte recht, Lydia. Chaos wird immer ein Teil dieser Welt sein. Aber du hast gezeigt, dass es auch gebändigt werden kann.« Lydia atmete tief ein und sah zum Modell der Stadt, das nun still und friedlich war. Beetlejuice war verschwunden, doch seine letzten Worte würden sie immer begleiten – eine Erinnerung daran, dass das Chaos, so bedrohlich es sein mag, auch eine Lektion in Stärke und Kontrolle sein konnte.
»Mach’s gut, Beetlejuice«, flüsterte Lydia in die Stille. Und mit diesen Worten wandte sie sich ab, bereit, das nächste Kapitel ihres Lebens zu beginnen.
32. Eine ungewöhnliche Freundschaft
Die Tage nach Beetlejuice’ endgültigem Verschwinden waren merkwürdig still. Das Chaos war fort, die Totenwelt ruhte, und Lydia konnte zum ersten Mal seit Langem das Gefühl von Normalität genießen. Doch etwas an dieser Stille fühlte sich für sie nicht ganz richtig an – als ob ein Teil von ihr, ein Schatten aus ihrer Vergangenheit, nicht ganz verschwunden war. Barbara und Adam bemerkten es ebenfalls. Obwohl die Grenze zwischen den Welten stabil war und keine Risse oder dunklen Energien mehr auftauchten, spürten sie, dass Lydia innerlich mit etwas kämpfte. »Du hast so viel durchgemacht, Lydia«, sagte Barbara eines Abends, während sie gemeinsam auf dem Dachboden saßen. »Vielleicht ist es Zeit, dich auf die schönen Dinge des Lebens zu konzentrieren.« Lydia lächelte schwach und sah zu Barbara auf. »Das versuche ich. Aber manchmal frage ich mich… ob das wirklich das Ende ist. Ob alles, was passiert ist, wirklich abgeschlossen ist.« Adam legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Du hast Beetlejuice besiegt. Du hast die Grenze gerettet. Aber ich denke, es ist normal, dass du nach all dem Zeit brauchst, um zur Ruhe zu kommen.« Doch in dieser Nacht spürte Lydia wieder die vertraute Präsenz. Sie lag in ihrem Bett und starrte an die Decke, als ein kalter Luftzug durch ihr Zimmer zog. Es war kein bedrohliches Gefühl, sondern ein seltsames Kribbeln, das sie sofort erkannte. »Du schon wieder«, murmelte sie, als sie sich aufrichtete und in die Dunkelheit des Raumes starrte.
Und dann war er da – nicht ganz, nicht wie zuvor, aber ein schwacher, fast durchschaubarer Schatten von Beetlejuice stand in der Ecke des Zimmers. Sein Grinsen war da, doch es war nicht mehr so unheilvoll wie früher. »Na, Kleines«, sagte er leise. »Hast du mich vermisst?«
Lydia seufzte, verschränkte die Arme und sah ihn an. »Ich dachte, du wärst weg. Für immer.« Beetlejuice zuckte mit den Schultern. »Bin ich auch. Zum größten Teil. Aber ich schätze, ein kleiner Teil von mir hat beschlossen, zu bleiben. Vielleicht, weil ich neugierig war.« Lydia musterte ihn skeptisch. »Neugierig? Worauf?« Er trat ein wenig näher, sein durchscheinender Körper flimmerte im Mondlicht. »Auf dich. Du bist… anders. Ich habe viele Menschen gesehen, viele Geister, viele Seelen. Aber keiner war wie du. Du hast mich aufgehalten, ohne mich wirklich zu hassen. Das war… neu.« Lydia sah ihn lange an, bevor sie antwortete. »Vielleicht, weil ich gesehen habe, was du warst. Nicht nur das Chaos, sondern das, was darunter lag. Und ich glaube, dass selbst jemand wie du nicht völlig verloren ist.« Beetlejuice lachte leise, ein echtes Lachen, das nicht wie das höhnische Geräusch klang, das sie von ihm kannte. »Na, jetzt machst du mich ja ganz emotional, Kleines.« In den folgenden Tagen erschien Beetlejuice immer wieder, doch nur Lydia konnte ihn sehen. Barbara und Adam bemerkten, dass Lydia oft vor sich hin sprach, doch sie fragten nicht nach. Lydia war sich selbst nicht sicher, warum sie ihn nicht vertrieb – warum sie ihn in ihrem Leben ließ. Doch mit der Zeit begann sie zu verstehen, dass er nicht mehr der alte Beetlejuice war. Der endgültige Kampf hatte ihn verändert. Er war kein Chaosbringer mehr, sondern ein Geist, der einfach irgendwohin gehörte – ein Geist, der sich vielleicht zum ersten Mal in seinem Dasein fragte, wer er wirklich war. Eines Abends, als Lydia auf dem Dachboden saß und das Modell betrachtete, erschien Beetlejuice wieder. »Du verbringst immer noch viel Zeit hier oben, hm?«, fragte er und setzte sich lässig auf einen der Stühle.
»Es ist ruhig hier«, antwortete Lydia. »Und ich denke viel nach.« Beetlejuice sah sie an, sein Grinsen war schwach. »Über mich?« Lydia lächelte leicht. »Manchmal. Aber mehr darüber, was ich aus all dem gelernt habe.« Er lehnte sich zurück, seine Gestalt flimmerte. »Und? Was hast du gelernt, Kleines?« Lydia sah ihn an, ihre Augen ernst. »Dass Chaos nicht immer schlecht ist. Manchmal braucht man es, um sich zu verändern, um zu wachsen. Aber es braucht auch Grenzen. Und Verantwortung.« Beetlejuice nickte langsam. »Klingt, als hättest du eine Lektion gelernt, die ich nie verstanden habe.« Lydia lehnte sich zurück und musterte ihn. »Vielleicht kannst du sie jetzt verstehen.« Er sah sie lange an, und in diesem Moment wirkte er fast… menschlich. »Vielleicht. Aber ich schätze, das dauert noch ein paar Jahrhunderte.« Lydia wusste, dass Beetlejuice nie wirklich Teil ihres Lebens werden würde – nicht so, wie Barbara und Adam es waren. Doch in ihm erkannte sie etwas, das sie nicht ignorieren konnte: die Möglichkeit, dass selbst die chaotischsten Seelen eine Chance auf Erlösung verdienen. Und so begann eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Mädchen, das das Chaos bändigte, und einem Geist, der endlich seinen Platz suchte. Vielleicht war es keine typische Freundschaft, aber es war ihre – eigenartig, unvollkommen und doch auf seltsame Weise vollkommen.
33. Das Haus der Geister
Das Haus der Deetz war wieder in seinen ruhigen, beinahe idyllischen Alltag zurückgekehrt. Doch obwohl die Welt von außen betrachtet normal schien, blieb das Haus ein Ort, an dem die Grenze zwischen den Lebenden und den Toten dünn war. Es war ein Zuhause für Erinnerungen, für Geschichten – und für Geister. Barbara und Adam hatten sich wieder in ihr altes Leben eingelebt, oder besser gesagt, in ihr altes Nachleben. Sie verbrachten ihre Zeit damit, das Haus in Ordnung zu halten, neue Details im Modell der Stadt hinzuzufügen und Lydia bei ihren kreativen Projekten zu unterstützen. Doch es gab Tage, an denen sie merkten, dass das Haus nicht mehr nur ihnen gehörte. Es war ein Ort, der Geister anzog – manche, die friedlich waren, andere, die einfach neugierig waren. Lydia nannte es irgendwann »Das Haus der Geister«, ein halb scherzhafter, halb ernster Titel, der sich jedoch schnell bewahrheitete. Eines Nachmittags saß Lydia auf dem Dachboden und arbeitete an einer Fotokollage, als sie ein leises Flüstern hörte. Sie sah auf und bemerkte eine schemenhafte Gestalt in der Ecke des Raumes. Es war ein kleiner Junge, der kaum älter als acht Jahre zu sein schien.
Lydia legte die Kamera beiseite und lächelte sanft. »Wer bist du?« Der Junge trat zögernd näher, seine Augen voller Neugier und Furcht. »Ich… ich habe mich verirrt.« Barbara und Adam erschienen neben Lydia, ihre Geistergestalten wie immer ruhig und einladend. »Du bist hier sicher«, sagte Barbara sanft. »Wie heißt du?« Der Junge sah zu ihr auf, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Henry.«
Lydia kniete sich vor ihn und sprach leise, um ihn nicht zu erschrecken. »Henry, wo kommst du her?« Der Junge sah zu Boden und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich bin schon lange hier, aber niemand hat mich bemerkt.« Adam trat näher. »Das passiert manchmal. Geister wie du werden vergessen, aber sie finden immer ihren Weg zu einem Ort wie diesem.«
Lydia nickte. »Hier bist du nicht allein, Henry. Du kannst bleiben, solange du willst.« Der Junge lächelte schwach, und für einen Moment schien er weniger durchscheinend. In den folgenden Wochen tauchten mehr Geister im Haus der Deetz auf. Sie kamen und gingen, manche blieben nur für einen kurzen Moment, andere für längere Zeit. Lydia, Barbara und Adam begrüßten sie alle mit offenen Armen, hörten ihre Geschichten und halfen ihnen, Frieden zu finden. Es gab eine alte Frau, die sich nicht daran erinnern konnte, wo sie begraben war, und einen jungen Mann, der glaubte, er hätte sein Leben verschwendet. Lydia fand sich oft dabei, stundenlang mit ihnen zu sprechen, ihre Geschichten aufzuschreiben und ihnen zu helfen, ihre ungelösten Probleme zu bewältigen.
Eines Abends, während Lydia in ihrem Zimmer saß, erschien Beetlejuice erneut. Seine Gestalt war schwächer als zuvor, kaum mehr als ein Schatten, doch sein Grinsen war immer noch da. »Na, Kleines, du machst dein Haus ja zu einem richtigen Hotel für Geister«, sagte er und setzte sich auf die Bettkante. Lydia sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Nicht jedes Chaos ist schlecht, Beetlejuice. Manche von ihnen brauchen einfach nur einen Ort, um zu heilen.« Er grinste schief. »Heilen? Na, das ist neu. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal höre.« Lydia legte den Kopf schief. »Vielleicht solltest du es auch mal versuchen.« Beetlejuice lachte, ein leises, fast freundliches Geräusch. »Vielleicht. Aber ich bin kein Heiler, Kleines. Ich bin ein Chaosbringer. Und selbst wenn ich wollte, ich bin nicht wie die anderen hier.« Lydia zuckte mit den Schultern. »Vielleicht nicht. Aber du bist hier. Und solange du dich benimmst, bist du willkommen.« Beetlejuice sah sie lange an, sein Grinsen verblasste leicht. »Du bist ein seltsames Mädchen, Lydia Deetz. Aber ich schätze, genau das gefällt mir an dir.« Das Haus der Deetz hatte sich in etwas Einzigartiges verwandelt – einen Zufluchtsort für die verlorenen Seelen, die zwischen den Welten schwebten. Lydia, Barbara und Adam wurden zu einer Familie, nicht nur füreinander, sondern auch für die Geister, die ihren Weg in das Haus fanden. Eines Abends, als die Sonne über Winter River unterging und die Schatten länger wurden, saß Lydia auf der Veranda und betrachtete den Horizont. Barbara und Adam traten aus der Tür und setzten sich neben sie. »Glaubst du, wir werden jemals Ruhe haben?«, fragte Barbara mit einem Lächeln. Lydia dachte kurz nach und zuckte dann mit den Schultern. »Vielleicht nicht. Aber ich denke, das ist okay. Dieses Haus… es ist ein Zuhause für alle, die zwischen den Welten stehen. Und ich glaube, das ist der beste Ort, an dem wir sein können.« Adam nickte. »Es ist mehr als ein Zuhause. Es ist ein Ort, an dem jeder gehört wird.« Lydia lächelte und lehnte sich zurück. »Dann ist es genau das, was es sein sollte: das Haus der Geister.« Und während die Nacht hereinbrach, wussten sie, dass dies nicht das Ende ihrer Geschichte war – sondern der Anfang von etwas Neuem, etwas Größerem, das sie alle miteinander verband.
34. Eine Warnung für die Zukunft
Das Haus der Deetz war in der Abenddämmerung still, doch Lydia spürte die Spannung in der Luft. Etwas hatte sich verändert. Seit Wochen war das Haus ein Zufluchtsort für Geister, ein Ort, an dem verlorene Seelen Frieden fanden. Doch an diesem Abend schien die Grenze zwischen den Welten ungewöhnlich dünn, fast zerbrechlich.
Barbara und Adam bemerkten es ebenfalls. Während sie das Modell der Stadt auf dem Dachboden betrachteten, flimmerten ihre Geistergestalten leicht, als ob die Energie des Hauses sie beeinflusste. »Es fühlt sich anders an«, sagte Barbara leise. »Fast so, als ob etwas kommen würde.« Adam nickte. »Es ist, als ob das Gleichgewicht nicht so stabil ist, wie wir dachten.« Lydia trat zu ihnen, ihre Augen auf das Modell gerichtet. »Ich spüre es auch. Die Grenze ist geschlossen, aber sie scheint… fragil.« Barbara sah Lydia an, ihre Augen voller Sorge. »Glaubst du, es hat mit Beetlejuice zu tun?« Lydia schüttelte den Kopf. »Nein. Er ist weg. Aber vielleicht war das Ritual nicht das Ende. Vielleicht war es nur der Anfang von etwas Neuem.« In der Nacht, als Lydia in ihrem Bett lag, wurde sie von einem kalten Wind geweckt. Die Luft im Zimmer fühlte sich schwer an, und als sie die Augen öffnete, sah sie, dass die Kerze auf ihrem Nachttisch von selbst entzündet war. Das flackernde Licht warf unruhige Schatten an die Wände. »Du bist also doch noch hier«, murmelte Lydia, ohne sich zu bewegen. Ein leises Lachen erklang aus der Dunkelheit, und Beetlejuice trat hervor. Doch diesmal war seine Gestalt noch schwächer, kaum mehr als ein schemenhafter Schatten. Sein Grinsen war blass, und seine Stimme hatte einen ernsten Ton, den Lydia selten gehört hatte. »Na, Kleines, ich dachte, ich schaue noch mal vorbei, bevor ich endgültig verschwinde.« Lydia setzte sich auf und verschränkte die Arme. »Was willst du diesmal? Ich dachte, wir wären fertig.« Beetlejuice trat näher, seine Augen leuchteten schwach. »Oh, wir sind fertig. Aber ich dachte, ich sollte dir eine kleine Warnung hinterlassen. Nenn es einen letzten Gefallen.« Lydia runzelte die Stirn. »Eine Warnung? Wovor?«
Beetlejuice ließ sich auf einen unsichtbaren Stuhl fallen, sein Blick wurde ernst. »Du hast das Gleichgewicht wiederhergestellt, ja. Aber die Grenze zwischen den Welten… sie ist nie wirklich stabil. Weißt du, warum?« Lydia schüttelte den Kopf, ihre Augen fest auf ihn gerichtet. »Weil es immer jemanden geben wird, der sie stören will«, sagte er leise. »Die Totenwelt ist riesig, größer, als du dir vorstellen kannst. Und nicht jeder dort ist so… na ja, charmant wie ich.« »Du meinst, es gibt andere wie dich?«, fragte Lydia. Beetlejuice grinste schief. »Oh, Kleines, ich bin nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt Geister, die mächtiger sind, schlauer, und viel gefährlicher. Und jetzt, wo die Grenze einmal berührt wurde, könnten sie Interesse zeigen.«
Lydia fühlte, wie ein Schauer über ihren Rücken lief. »Warum sagst du mir das?«
Beetlejuice zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, weil ich will, dass du vorbereitet bist. Vielleicht, weil ich dich mag. Oder vielleicht, weil ich weiß, dass du die Einzige bist, die sie aufhalten kann.« »Was soll ich tun?«, fragte Lydia leise. Beetlejuice stand auf, seine Gestalt flimmerte. »Bleib wachsam, Kleines. Und hör nie auf, die Grenze zu beobachten. Du bist die Verbindung zwischen den Welten. Das macht dich stark, aber es macht dich auch zur Zielscheibe.« Lydia sah ihm nachdenklich zu. »Also lässt du mich mit dieser Verantwortung einfach allein?« Beetlejuice grinste schwach. »Hey, du bist Lydia Deetz. Du schaffst das.« Mit diesen Worten begann er zu verblassen, seine Gestalt löste sich langsam in der Dunkelheit auf. Doch bevor er verschwand, sagte er noch: »Vergiss nicht, Kleines: Chaos ist immer nur einen Schritt entfernt. Aber wenn jemand es im Griff hat, dann du.« Und dann war er fort. Am nächsten Morgen erzählte Lydia Barbara und Adam von Beetlejuice’ Warnung. Beide reagierten mit Sorge, doch auch mit Entschlossenheit. »Wenn das stimmt, müssen wir vorbereitet sein«, sagte Barbara. Adam nickte. »Wir haben das Modell, das Haus und uns. Wir schaffen das.« Lydia sah die beiden an, ihre Augen voller Entschlossenheit. »Beetlejuice hat recht. Wir müssen wachsam bleiben. Aber ich glaube, dass wir das können. Gemeinsam.« Das Haus der Deetz wurde weiterhin ein Zufluchtsort für Geister, ein Ort, an dem verlorene Seelen Frieden finden konnten. Doch Lydia wusste, dass sie immer bereit sein musste – für das, was kommen könnte, für die Geister, die nicht nur Frieden suchten, sondern Macht. Die Warnung von Beetlejuice würde sie begleiten, doch sie hatte keine Angst. Sie hatte gelernt, dass Stärke nicht aus der Abwesenheit von Chaos kam, sondern aus der Fähigkeit, es zu kontrollieren. Und so begann Lydia ein neues Kapitel – eines, in dem sie nicht nur eine Brücke zwischen den Welten war, sondern auch deren Wächterin.
35. Das Tor bleibt verschlossen
Die Tage wurden zu Wochen, und das Leben im Haus der Deetz hatte eine seltsame Normalität erreicht. Geister kamen und gingen, einige blieben länger, andere zogen weiter, nachdem sie ihren Frieden gefunden hatten. Lydia, Barbara und Adam hatten sich an diesen Zustand gewöhnt. Doch trotz der Ruhe blieb Lydia wachsam. Beetlejuice’ letzte Worte hallten in ihrem Kopf nach wie ein Flüstern, das sie nie ganz loslassen konnte. Die Grenze zwischen den Welten war zwar stabil, doch sie wusste, dass sie niemals vollständig sicher war. Das Gleichgewicht war zerbrechlich, und die Gefahr, dass jemand oder etwas es erneut stören könnte, war immer präsent. Eines Nachts, während ein starker Wind durch die alten Bäume vor dem Haus rauschte, saß Lydia allein auf dem Dachboden. Vor ihr stand das Modell der Stadt, das so ruhig und friedlich wirkte, als ob es nie von Chaos oder Dunkelheit berührt worden wäre. Doch Lydia wusste es besser. Ihre Finger glitten über die Miniaturhäuser, während sie in Gedanken versunken war. Sie hatte das Gefühl, dass sie etwas übersehen hatte – eine letzte Verbindung, die sie schließen musste, um das Tor zwischen den Welten für immer zu versiegeln. Barbara und Adam erschienen plötzlich neben ihr, wie sie es so oft getan hatten. »Du denkst immer noch darüber nach, oder?«, fragte Barbara, während sie sich neben Lydia setzte. Lydia nickte, ohne aufzusehen. »Ich kann es nicht loslassen. Beetlejuice hat gesagt, dass die Grenze nie vollständig sicher ist. Und ich weiß, dass er recht hatte.« Adam trat näher, seine Stimme war beruhigend. »Aber du hast alles getan, was du konntest, Lydia. Das Tor ist verschlossen. Es gibt keine Risse mehr.«
»Noch nicht«, murmelte Lydia und sah die beiden an. »Aber was, wenn sich wieder jemand wie Beetlejuice findet? Was, wenn etwas noch Schlimmeres kommt?« Barbara legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Wir sind hier. Du bist nicht allein. Was auch immer kommt, wir werden es zusammen durchstehen.« Lydia verbrachte die nächsten Tage damit, die alten Seiten des Handbuchs für die kürzlich Verstorbenen zu durchforsten. Sie suchte nach einer Möglichkeit, das Tor endgültig zu versiegeln – nicht nur für jetzt, sondern für immer. Schließlich stieß sie auf eine Passage, die sie zuvor übersehen hatte.
„Das ultimative Siegel: Eine Verbindung, geschaffen aus beiden Welten, kann das Tor verschließen. Doch der Wächter zahlt den Preis: Ewige Wachsamkeit.“
Lydia starrte auf die Worte und spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Sie wusste, was es bedeutete. Um das Tor vollständig zu verschließen, musste sie ihre Rolle als Brücke zwischen den Welten akzeptieren – für immer. Barbara und Adam waren bei ihr, als sie die Passage laut vorlas. »Lydia«, begann Barbara, ihre Stimme war sanft, aber besorgt. »Du musst das nicht tun. Du hast schon so viel geopfert.« Lydia schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen anderen Weg. Wenn ich das Tor nicht versiegele, wird es immer eine Gefahr geben. Ich kann nicht riskieren, dass jemand wie Beetlejuice zurückkommt.«
Adam sah sie an, seine Augen waren voller Bewunderung und Trauer. »Aber was bedeutet das für dich? Was passiert, wenn du der Wächter wirst?« Lydia sah auf das Modell und dann zu ihren Freunden. »Es bedeutet, dass ich immer aufpassen muss. Dass ich nie wirklich frei sein werde. Aber das ist okay. Es ist ein Preis, den ich zahlen kann.« In der nächsten Nacht begann Lydia das Ritual. Der Dachboden war erfüllt von der schweren Stille, die die Luft an einem Wendepunkt füllt. Kerzen flackerten in einem Kreis um das Modell, und Lydia sprach die alten Worte aus dem Handbuch. Die Luft wurde kälter, und ein leises, unheimliches Flüstern erfüllte den Raum, als das Tor – unsichtbar, aber fühlbar – langsam verschlossen wurde.
Barbara und Adam standen an den Rändern des Kreises, ihre Augen auf Lydia gerichtet, während sie die Worte murmelte, die die Welten für immer trennen würden. Das Licht im Raum wurde heller, bis es fast unerträglich war. Lydia fühlte, wie die Energie durch sie hindurchfloss, wie ein Teil von ihr für immer an die Grenze gebunden wurde. Doch sie blieb stark. Als das Ritual endete, sank Lydia erschöpft zu Boden. Das grelle Licht verblasste, und die Kerzen erloschen. Der Dachboden war wieder still, doch etwas hatte sich verändert. Barbara und Adam eilten zu Lydia und halfen ihr auf. »Hast du es geschafft?«, fragte Barbara leise. Lydia nickte langsam, ihre Augen müde, aber voller Zufriedenheit. »Das Tor ist verschlossen. Für immer.« Adam sah sie besorgt an. »Und du? Was bedeutet das für dich?« Lydia atmete tief ein und sah zu den beiden auf. »Es bedeutet, dass ich immer ein Teil davon sein werde. Ich werde immer spüren, wenn etwas die Grenze bedroht. Aber ich werde es nicht zulassen. Nicht, solange ich hier bin.«
Barbara umarmte sie, ihre Geistergestalt flimmerte leicht vor Erleichterung. »Du bist unglaublich, Lydia. Wir sind so stolz auf dich.« Adam nickte. »Und wir sind hier, um dir zu helfen. Du bist nicht allein.« In den folgenden Tagen kehrte der Frieden ins Haus zurück. Das Modell der Stadt war wieder ruhig, und Lydia spürte, dass die Grenze zwischen den Welten stabil war – stärker, als sie es je gewesen war. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie immer wachsam bleiben musste. Eines Abends saß sie allein auf dem Dachboden und betrachtete das Modell. Die Worte, die sie gesprochen hatte, hallten noch immer in ihrem Kopf nach, doch sie fühlte keinen Zweifel. »Das Tor bleibt verschlossen«, flüsterte sie in die Stille. Und während die Nacht hereinbrach, wusste Lydia, dass sie ihre Rolle akzeptiert hatte. Sie war die Wächterin der Grenze – eine Rolle, die sie niemals ablegen würde. Doch sie wusste auch, dass sie bereit war. Denn manchmal ist der wahre Frieden nicht die Abwesenheit von Gefahr, sondern die Bereitschaft, sie zu bewachen.
36. Ein neuer Anfang für Lydia
Das Haus der Deetz ruhte friedlich in der Morgensonne, und die Welt hatte endlich ihre Balance gefunden. Die Grenze zwischen den Lebenden und den Toten war stabil, das Chaos gebannt, und die Geister, die einst suchend durch die Dimensionen wanderten, hatten Frieden gefunden. Doch für Lydia Deetz war es erst der Beginn eines neuen Kapitels. Die vergangenen Monate hatten sie geprägt. Sie war nicht mehr das unsichere Mädchen, das sich zwischen zwei Welten gefangen fühlte. Lydia war gewachsen, stark geworden, und sie hatte ihre Rolle als Brücke zwischen den Welten angenommen. Doch diese Rolle definierte sie nicht mehr vollständig. »Ich glaube, es ist Zeit«, sagte sie eines Morgens zu Barbara und Adam, während sie auf dem Dachboden vor dem Modell der Stadt stand. Barbara lächelte warm. »Zeit für was?« Lydia drehte sich zu ihnen um, ihre Augen leuchteten voller Entschlossenheit. »Zeit, mein eigenes Leben zu beginnen. Zeit, zu sehen, was die Welt da draußen für mich bereithält.«
Adam nickte. »Du hast es dir verdient, Lydia. Aber bist du sicher? Nach allem, was passiert ist…« Lydia unterbrach ihn sanft. »Ja. Ich bin sicher. Das Tor ist verschlossen, und die Grenze ist stabil. Ich weiß, dass ich immer mit der Totenwelt verbunden sein werde, aber ich kann nicht ewig hierbleiben. Es gibt so viel, was ich noch erleben will.« Barbara trat zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Wir werden hier sein. Egal, wo du hingehst, dieses Haus bleibt dein Zuhause.« Lydia lächelte und umarmte Barbara fest. »Danke. Für alles.« In den folgenden Tagen bereitete Lydia sich auf ihre Reise vor. Sie packte ihre Kamera, Notizbücher und ein paar persönliche Erinnerungsstücke. Delia und Charles beobachteten sie mit einer Mischung aus Stolz und Sorge. »Du bist dir sicher, dass du das willst?«, fragte Charles, während er ihr Gepäck zum Auto trug. Lydia nickte und umarmte ihn. »Ja, Dad. Es ist Zeit, dass ich meinen eigenen Weg gehe.«
Delia trat hinzu, Tränen in den Augen. »Du wirst großartige Dinge tun, Lydia. Ich weiß es.« »Danke, Delia«, sagte Lydia mit einem warmen Lächeln. »Pass gut auf das Haus auf.« Am Abend vor ihrer Abreise verbrachte Lydia noch einmal Zeit auf dem Dachboden. Sie setzte sich vor das Modell der Stadt, ihre Finger glitten sanft über die Miniaturhäuser. »Mach’s gut«, flüsterte sie, als ob sie sich von einer alten Freundin verabschiedete. Barbara und Adam erschienen neben ihr. »Bist du bereit?«, fragte Adam. Lydia stand auf und nickte. »Ja. Es fühlt sich richtig an.«
Barbara sah sie mit einem stolzen Lächeln an. »Du bist so stark, Lydia. Egal, wohin du gehst, du wirst immer etwas Besonderes sein.« »Und wir werden hier sein, falls du uns brauchst«, fügte Adam hinzu. Lydia lächelte und sah die beiden an. »Ich weiß. Danke. Für alles.« Am nächsten Morgen stieg Lydia in ihr Auto und warf einen letzten Blick auf das Haus. Es wirkte so ruhig, so friedlich, und sie wusste, dass es in guten Händen war. Barbara und Adam standen am Fenster des Dachbodens und sahen ihr nach. Sie winkten ihr zu, und Lydia hob die Hand, bevor sie den Motor startete.
Als sie die Auffahrt hinunterfuhr, fühlte sie eine seltsame Mischung aus Trauer und Aufregung. Sie ließ einen Teil von sich zurück, doch sie wusste, dass dies der richtige Schritt war. Die Straße vor ihr war lang und offen, und die Welt wartete darauf, von ihr entdeckt zu werden. Lydia griff nach ihrer Kamera auf dem Beifahrersitz und lächelte. »Ein neuer Anfang«, flüsterte sie. Die Sonne stieg höher, und Lydia fuhr in die Ferne, bereit, ihre eigene Geschichte zu schreiben – eine Geschichte voller Abenteuer, Leben und der Freiheit, die sie sich erkämpft hatte. Und während sie die erste Kurve nahm, wusste sie, dass dies nicht das Ende war, sondern der Anfang von etwas Großem.
37. Ein lebendiges Zuhause
Das Haus der Deetz hatte schon immer eine eigenartige Energie gehabt, aber seit dem endgültigen Verschwinden von Beetlejuice war es mehr als nur ein Gebäude aus Holz und Ziegeln. Es lebte – nicht im physischen Sinne, sondern in der Art, wie es atmete, sich anfühlte und die Geschichten seiner Bewohner in sich trug. Barbara und Adam, die in den Wänden des Hauses spukten, hatten das Gefühl, dass das Gebäude selbst auf sie reagierte. Es knarrte nicht mehr unter dem Gewicht der Vergangenheit, sondern bewegte sich mit einer Leichtigkeit, die sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatten.
»Fühlst du das?«, fragte Barbara eines Nachmittags, als sie den Dachboden aufräumte. Adam, der gerade dabei war, das Modell der Stadt zu reparieren, sah auf. »Was meinst du?« Barbara deutete auf die Sonnenstrahlen, die durch die Fenster fielen. »Es ist, als ob das Haus… heller ist. Lebendiger. Es fühlt sich an, als ob es mit uns wächst.« Adam lächelte. »Vielleicht, weil wir endlich Frieden haben. Lydia hat das Chaos gebannt, und jetzt können wir uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt.« Barbara nickte. »Vielleicht ist es das. Aber ich glaube, das Haus ist mehr als nur ein Zuhause. Es ist ein Teil von uns.« Die Geister, die einst nur flüchtige Besucher gewesen waren, blieben nun länger. Sie schienen vom Haus selbst angezogen zu sein, als ob es ein sicherer Hafen für verlorene Seelen geworden war. Lydia hatte es einmal scherzhaft das »lebendige Zuhause« genannt, aber mit jedem Tag wurde dieser Begriff passender. Henry, der junge Geist, der vor Wochen aufgetaucht war, hatte sein Lächeln zurückgewonnen. Er spielte oft im Garten, seine schemenhafte Gestalt zwischen den Bäumen kaum zu erkennen. »Ich mag es hier«, sagte er eines Abends, als Lydia auf der Veranda saß und ihm Gesellschaft leistete. »Warum?«, fragte Lydia. Henry sah sie mit seinen durchscheinenden Augen an. »Es fühlt sich an wie ein Ort, an dem ich wieder ein Kind sein kann.« Lydia lächelte sanft. »Das ist es auch. Ein Zuhause sollte immer ein Ort sein, an dem man sich sicher fühlt.« Im Haus selbst schien jeder Raum eine eigene Geschichte zu erzählen. Charles und Delia, die sich oft über Lydias unorthodoxe Art beschwert hatten, hatten endlich ihren Frieden mit dem Haus geschlossen. Delia hatte ihr Atelier im Erdgeschoss neu eingerichtet und behauptete, dass die Energie des Hauses ihre Kreativität fördere. »Ich weiß nicht, was es ist«, sagte sie eines Tages zu Charles, »aber seit dieser seltsamen Phase ist meine Kunst… lebendig geworden.«
Charles nickte, während er an einem Buch las. »Vielleicht ist es einfach das Haus. Es gibt uns allen das, was wir brauchen.« Für Lydia selbst war das Haus nicht mehr nur ein Gebäude. Es war ein Begleiter, ein Freund, der sie durch die schwersten Zeiten getragen hatte. Eines Nachts, als der Mond hoch am Himmel stand und das Haus in silbernes Licht tauchte, ging Lydia den Flur entlang und spürte die warme, beruhigende Präsenz, die in jedem Raum lauerte. Sie hielt vor dem Fenster im Flur inne und sah hinaus auf den Garten. Die Bäume wiegten sich leicht im Wind, und für einen Moment schien es, als ob die Schatten der Äste ihr zuwinkten. Barbara und Adam traten lautlos neben sie. »Du bist oft hier oben«, bemerkte Barbara. Lydia lächelte, ohne den Blick vom Garten zu lösen. »Ich glaube, ich mag die Ruhe. Es erinnert mich daran, wie viel wir geschafft haben.« Adam nickte. »Das Haus hat sich verändert, weißt du. Früher war es ein Ort voller Spannungen und Geister, die nicht wussten, was sie wollten. Aber jetzt… jetzt ist es wirklich ein Zuhause. Barbara legte eine Hand auf Lydias Schulter. »Das liegt an dir. Du hast diesem Haus Leben eingehaucht.«
Lydia drehte sich zu ihnen um und lächelte. »Vielleicht hat es mir auch etwas zurückgegeben.« Das Haus der Deetz war mehr als nur ein Gebäude. Es war ein Zufluchtsort, ein Ort, an dem Geister und Lebende friedlich koexistieren konnten. Die Wände atmeten Geschichten, die Räume waren erfüllt von Erinnerungen, und die Luft war durchzogen von einer seltsamen Wärme, die alles miteinander verband. Lydia wusste, dass sie irgendwann ihren eigenen Weg gehen würde, doch das Haus würde immer ein Teil von ihr bleiben. Es war lebendig, in einer Weise, die schwer zu beschreiben war – ein Beweis dafür, dass ein Zuhause nicht nur aus Stein und Holz bestand, sondern aus den Seelen, die es bewohnten. Und so wurde das Haus der Deetz ein Symbol für mehr als nur Frieden. Es war ein lebendiges Zuhause – ein Ort, der niemals vergessen würde, was es war, und der immer bereit war, denen Schutz zu bieten, die ihn brauchten.
38. Ein letzter Blick auf Beetlejuice
Der Dachboden war still, als Lydia sich vor dem Modell der Stadt niederließ. Die Luft war kühl und klar, die flackernden Kerzen gaben ein warmes Licht, das die Schatten der Miniaturhäuser und Straßen tanzen ließ. Es war ein Moment der Ruhe, doch in Lydias Gedanken war Bewegung. Seit Wochen hatte sie gespürt, dass etwas in ihr nachklang – ein Echo, das sie nicht ganz abschütteln konnte. Es war nicht bedrohlich, sondern eher wie ein fernes Flüstern, eine Erinnerung, die sich hartnäckig hielt. Barbara und Adam standen in der Nähe und beobachteten Lydia aufmerksam. »Du denkst immer noch an ihn, nicht wahr?«, fragte Barbara sanft.
Lydia nickte langsam, ohne den Blick vom Modell zu lösen. »Es fühlt sich an, als wäre er immer noch hier. Nicht wirklich, aber… irgendwie. Vielleicht ein Teil von ihm, der zurückgeblieben ist.«
Adam trat näher. »Du hast ihn endgültig besiegt. Du weißt das, oder? Er kann nicht zurückkommen.« Lydia sah ihn an, ihre Augen waren ernst, aber nicht ängstlich. »Ich weiß. Aber das bedeutet nicht, dass ich ihn vergessen habe.«
In der Nacht, während die anderen schliefen, saß Lydia allein vor dem Modell. Ihre Finger glitten über die kleinen Straßen, die sie so oft betrachtet hatte. Sie schloss die Augen und ließ die Erinnerungen zu. »Na, Kleines, hast du mich vermisst?« Die Stimme kam nicht laut, sondern wie ein Flüstern, das aus der Tiefe ihres Geistes stieg. Lydia öffnete die Augen, und da war er – Beetlejuice. Seine Gestalt war kaum mehr als ein Schatten, ein schwaches Flackern in der Luft, das sich kaum definieren ließ. Doch sein Grinsen war unverkennbar. »Ich dachte, du wärst verschwunden«, sagte Lydia leise, ohne Angst, aber auch ohne Überraschung.
Beetlejuice zuckte mit den Schultern, seine durchscheinende Gestalt flimmerte wie ein kaputtes Bild. »Bin ich auch. Zumindest zu 99 Prozent. Aber ich schätze, ein winziger Teil von mir ist noch hier. Vielleicht, weil du mich nicht ganz loslassen kannst.« Lydia sah ihn lange an. »Vielleicht. Oder vielleicht bist du hier, weil du dich nicht ganz loslassen kannst.« Sein Grinsen verblasste ein wenig, und für einen Moment war da etwas, das fast wie Traurigkeit aussah. »Tja, du hast wahrscheinlich recht. Weißt du, ich war nie gut darin, loszulassen.« Lydia lehnte sich zurück, ihre Hände ruhten im Schoß. »Warum bist du hier, Beetlejuice? Was willst du?«
Er lachte leise, ein Geräusch, das mehr nach sich selbst klang als nach dem unheilvollen Trickster, der er früher gewesen war. »Nichts, wirklich. Ich dachte nur, ich schau noch mal vorbei. Ein letzter Blick, weißt du? Auf dich. Auf das, was ich hinterlasse.« Lydia schnaubte. »Hinterlässt? Du meinst Chaos und Probleme?« Beetlejuice grinste schief. »Vielleicht. Aber ich meine auch dich, Kleines. Du hast was Besonderes, weißt du das? Du hast das, was ich nie hatte – die Stärke, etwas zu bewahren, statt es zu zerstören.« Lydia sah ihn an, ihre Augen ernst. »Du hättest es auch haben können, wenn du es gewollt hättest.« Er lachte erneut, diesmal leiser. »Vielleicht. Aber wir wissen beide, dass ich ein bisschen zu tief im Chaos gesteckt habe. Es war… leichter. Aber hey, ich hab dir wenigstens ein bisschen was beigebracht, oder?«
Lydia lächelte leicht. »Du hast mich gelehrt, dass selbst Chaos ein Herz haben kann.«
Beetlejuice sah sie lange an, und sein Grinsen verschwand vollständig. »Weißt du, ich hab viele Fehler gemacht, Kleines. Wahrscheinlich mehr, als du dir vorstellen kannst. Aber wenn ich einen guten Moment hatte, dann war es der, in dem ich dich getroffen habe. Du bist nicht wie die anderen.« Lydia nickte langsam. »Das weiß ich. Und ich weiß, dass du nicht nur das Monster warst, für das dich alle hielten.« Beetlejuice grinste wieder, schwach und flimmernd. »Nett, das zu hören. Aber ich schätze, das war’s dann wirklich. Diesmal keine Tricks, keine Rückkehr. Nur ein letzter Blick.«
Lydia beobachtete, wie seine Gestalt immer schwächer wurde, wie ein Schatten, der von der Morgensonne verdrängt wird. »Mach’s gut, Beetlejuice«, flüsterte sie. Beetlejuice nickte, ein letzter Funke von seinem typischen Grinsen erschien. »Mach’s besser, Lydia Deetz.« Und mit diesen Worten verschwand er.
Als die Stille zurückkehrte, atmete Lydia tief ein. Es fühlte sich endgültig an – keine Schatten, keine flüchtigen Eindrücke. Beetlejuice war wirklich fort. Doch etwas in ihr wusste, dass er auf eine seltsame Weise immer ein Teil von ihr bleiben würde – als Erinnerung, als Mahnung und als ein Zeugnis dafür, dass selbst Chaos Spuren hinterlassen kann.
Lydia stand auf, löschte die Kerzen und warf einen letzten Blick auf das Modell. Sie lächelte schwach, bevor sie den Dachboden verließ. Ein neuer Tag begann, und mit ihm ein neues Kapitel. Doch sie wusste, dass sie, wann immer sie zurückblickte, nicht nur Dunkelheit sehen würde – sondern auch einen Hauch von Licht, der im Chaos verborgen lag.
39. Ein Schritt ins Licht
Das Haus der Deetz lag ruhig in der Morgensonne, und die letzten Schatten der vergangenen Ereignisse waren verschwunden. Lydia stand vor der großen Fensterfront des Wohnzimmers und beobachtete, wie die Sonnenstrahlen die Bäume im Garten in ein goldenes Licht tauchten. Es war, als hätte die Welt beschlossen, ihr ein neues Versprechen zu geben – ein Versprechen auf Frieden, Klarheit und einen Neuanfang. Doch in Lydias Herzen war noch ein Funken Unruhe. So viel hatte sich verändert, und so vieles war geschehen, dass sie oft das Gefühl hatte, in zwei Welten gleichzeitig zu leben. Die Totenwelt rief sie nicht mehr mit der gleichen Intensität, doch ihre Verbindung blieb bestehen, wie eine stille Melodie, die sie nur hören konnte.
Barbara und Adam waren wie immer in ihrer Nähe. Ihre geisterhafte Präsenz war beruhigend, fast familiär geworden. Doch auch sie wussten, dass Lydia sich veränderte – dass sie bereit war, ihren nächsten Schritt zu machen. »Du hast in letzter Zeit viel nachgedacht«, sagte Barbara, während sie auf der Couch Platz nahm und Lydia aufmerksam beobachtete. Lydia nickte langsam, ohne ihren Blick vom Fenster abzuwenden. »Ja. Ich denke, es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen.« Adam trat näher und lehnte sich gegen den Türrahmen. »Etwas Neues? Was meinst du?« Lydia drehte sich zu ihnen um, ihre Augen klar und voller Entschlossenheit. »Ich habe so lange in den Schatten gelebt. Zwischen der Totenwelt und der Welt der Lebenden. Aber ich glaube, es ist Zeit, ins Licht zu treten. Zeit, mein eigenes Leben zu leben.« Barbara lächelte sanft. »Du hast schon so viel getan, Lydia. Du hast uns geholfen, du hast Beetlejuice besiegt, und du hast die Grenze geschützt. Wenn jemand einen Neuanfang verdient hat, dann du.« Adam nickte zustimmend. »Und wir werden immer hier sein, falls du uns brauchst.«
Am nächsten Morgen begann Lydia, ihre Koffer zu packen. Ihre Kamera, Notizbücher und ein paar persönliche Gegenstände fanden ihren Weg in ihre Reisetasche. Sie wusste, dass sie nicht alles mitnehmen konnte – das Haus der Deetz würde immer ein Teil von ihr sein, aber es war Zeit, die Welt zu entdecken.
Charles und Delia beobachteten sie mit einer Mischung aus Stolz und Melancholie. »Du gehst wirklich, hm?«, fragte Charles, während er eine Tasse Kaffee in der Hand hielt. Lydia nickte und schloss ihre Tasche. »Ja, Dad. Es ist Zeit. Ich habe so viel über die Totenwelt gelernt, aber jetzt will ich die Welt der Lebenden sehen.« Delia, die ungewöhnlich still war, trat vor und umarmte Lydia fest. »Pass gut auf dich auf. Und vergiss nicht, uns ab und zu anzurufen.« Lydia schmunzelte und drückte Delia zurück. »Keine Sorge, ich werde euch nicht vergessen.«
Der Abschied war bittersüß. Lydia stand auf der Veranda, ihre Reisetasche neben ihr, und sah zurück auf das Haus. Es wirkte so friedlich, so vertraut, und doch wusste sie, dass sie bereit war, weiterzuziehen. Barbara und Adam standen am Fenster des Dachbodens und beobachteten sie. Barbara winkte, und Adam hob die Hand zum Abschied. Lydia hob ebenfalls die Hand, ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen.
»Danke für alles«, flüsterte sie, obwohl sie wusste, dass sie sie hören konnten.
Die Straße vor ihr war lang und offen, und die Sonne schien direkt über ihr. Lydia setzte ihre Sonnenbrille auf und stieg in ihr Auto. Sie drehte den Schlüssel im Zündschloss, und der Motor erwachte zum Leben. Als sie die Auffahrt hinunterfuhr, fühlte sie eine seltsame Mischung aus Leichtigkeit und Vorfreude. Sie wusste nicht, was vor ihr lag, aber sie wusste, dass sie bereit war, es herauszufinden. Lydia hielt kurz an der Kreuzung und blickte in den Rückspiegel. Das Haus der Deetz war noch sichtbar, ein Symbol für all die Herausforderungen, die sie gemeistert hatte. Doch dann richtete sie ihren Blick nach vorne – in Richtung der Straße, die ins Licht führte. »Ein neuer Anfang«, murmelte sie leise, bevor sie den Gang einlegte und losfuhr.
Die Welt lag vor ihr, weit und voller Möglichkeiten. Lydia wusste, dass sie immer die Verbindung zur Totenwelt spüren würde, aber sie hatte gelernt, damit zu leben – sie zu akzeptieren, ohne sich davon bestimmen zu lassen. Dies war ihr Schritt ins Licht, ihr Moment, die Schatten hinter sich zu lassen und eine Zukunft zu gestalten, die nur ihr gehörte. Und während sie durch die Landschaft fuhr, die im goldenen Licht der Morgensonne erstrahlte, wusste Lydia, dass sie endlich frei war. Frei, zu leben. Frei, zu träumen. Frei, ihren eigenen Weg zu gehen.
40. Das Ende des Chaos
Die Welt fühlte sich anders an. Seit Beetlejuice endgültig ausgelöscht war und die Grenze zwischen den Welten stabilisiert wurde, war das Chaos, das so lange über dem Haus der Deetz geschwebt hatte, verschwunden. Doch das Gefühl der Erleichterung war gemischt mit dem Wissen, wie knapp sie der totalen Zerstörung entkommen waren. Lydia stand auf dem Dachboden, den Blick auf das Modell der Stadt gerichtet. Die Miniaturwelt lag still, jedes Haus, jede Straße und jeder Baum war wieder in perfekter Balance. Die Schatten, die einst in den Rissen lauerten, waren fort. Kein Flüstern, kein Zittern, nur eine friedliche Stille. Barbara und Adam standen hinter ihr, beobachteten sie mit einem Lächeln, das sowohl Stolz als auch Erleichterung ausdrückte. »Es ist wirklich vorbei, nicht wahr?«, fragte Lydia leise. Barbara nickte. »Ja. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlt sich alles… ruhig an.« Adam trat näher. »Du hast das möglich gemacht, Lydia. Du hast nicht nur Beetlejuice besiegt – du hast das Gleichgewicht zwischen den Welten wiederhergestellt.« Lydia sah auf das Modell und atmete tief ein. »Ich hätte es nicht allein geschafft. Ihr beide wart immer an meiner Seite.« Barbara lächelte sanft. »Wir sind ein Team. Und jetzt, da das Chaos vorbei ist, können wir endlich sehen, was Frieden wirklich bedeutet.«
Die Tage im Haus der Deetz waren heller geworden. Die Räume, die einst von der dunklen Energie der Totenwelt durchzogen waren, wirkten lebendig und warm. Charles hatte begonnen, das Haus zu renovieren, und Delia, inspiriert von der neuen Atmosphäre, hatte ihre Skulpturen heller und freundlicher gestaltet. »Es fühlt sich an, als hätte das Haus endlich seine Balance gefunden«, sagte Charles eines Abends, als er mit Lydia im Wohnzimmer saß. Lydia lächelte. »Das Haus hat viel durchgemacht. Vielleicht verdient es jetzt auch ein bisschen Frieden.« Delia kam mit einer ihrer neuesten Kreationen herein – eine Skulptur, die wie ein Baum geformt war, dessen Äste Lichtstrahlen darzustellen schienen. »Ich nenne es ‚Neues Leben‘«, sagte sie stolz. »Findest du nicht, dass es passt?« Lydia nickte und betrachtete die Skulptur. »Ja, das tut es.«
Doch obwohl das Chaos vorbei war, wusste Lydia, dass es nie wirklich verschwand. Das Leben war nicht schwarz-weiß, und selbst in den ruhigsten Momenten konnte Chaos immer zurückkehren – wenn auch in kleinen, kontrollierten Wellen. Eines Nachmittags, während Lydia im Garten saß, erschien Henry, der junge Geist, der vor Monaten seinen Weg ins Haus gefunden hatte. »Du denkst immer noch an ihn, nicht wahr?«, fragte er vorsichtig und setzte sich neben sie. Lydia sah ihn an, überrascht von seiner Beobachtung. »An Beetlejuice?« Henry nickte. »Ich habe ihn nie getroffen, aber ich habe von ihm gehört. Geister wie er hinterlassen Spuren.« Lydia sah auf ihre Hände, die in ihrem Schoß ruhten. »Ja, das tun sie. Aber ich denke, Beetlejuice war mehr als nur Chaos. Er war eine Warnung. Ein Beispiel dafür, wie leicht die Balance gestört werden kann.« Henry legte den Kopf schief. »Aber du hast das Chaos gestoppt. Du hast uns allen Frieden gebracht.« Lydia lächelte schwach. »Vielleicht. Aber Frieden ist nichts, das für immer bleibt. Es ist etwas, das man bewahren muss. Und ich werde dafür sorgen, dass das Chaos nicht zurückkehrt.«
In den kommenden Wochen begann Lydia, das Leben außerhalb des Hauses wieder zu entdecken. Sie reiste in die Stadt, fotografierte, erkundete neue Orte. Doch sie wusste, dass das Haus der Deetz immer ihr Ankerpunkt bleiben würde – ein Ort, an dem sie zur Ruhe kommen konnte, wenn die Welt zu laut wurde. Barbara und Adam beobachteten sie oft mit Stolz. »Sie hat sich wirklich verändert«, sagte Barbara eines Abends, während sie Adam auf dem Dachboden beim Modell half. Adam nickte. »Sie ist stärker geworden. Sie hat das Chaos besiegt und dabei etwas in sich selbst entdeckt.« Barbara lächelte. »Vielleicht hat sie uns auch etwas beigebracht. Dass Chaos nicht immer das Ende bedeutet – manchmal ist es nur der Anfang von etwas Neuem.«
Das Haus der Deetz stand weiterhin als ein Symbol des Gleichgewichts zwischen den Welten. Geister kamen und gingen, fanden Frieden oder blieben, um eine Weile Teil der seltsamen, aber herzlichen Gemeinschaft zu sein. Und Lydia? Sie wusste, dass das Chaos nie vollständig verschwinden würde. Doch sie hatte keine Angst mehr davor. Sie hatte gelernt, es zu kontrollieren, es zu akzeptieren und es in etwas Positives zu verwandeln. An einem klaren, sonnigen Morgen stand sie vor dem Haus, die Kamera in der Hand. Sie blickte in den Himmel, die Sonne wärmte ihr Gesicht, und sie fühlte sich leichter als je zuvor.
»Das Ende des Chaos«, murmelte sie leise. »Oder vielleicht nur ein neuer Anfang.« Mit einem Lächeln auf den Lippen richtete sie ihre Kamera auf den Horizont und machte ein Bild – ein Moment, eingefangen in Licht, ein Symbol für alles, was vor ihr lag. Denn das Chaos war zwar besiegt, doch das Leben ging weiter. Und Lydia wusste, dass sie bereit war, was auch immer kommen mochte.
Epilog - Ein neues Gleichgewicht
Das Haus der Deetz stand ruhig in der sanften Abenddämmerung, umgeben von den Bäumen, die im warmen Licht der sinkenden Sonne badeten. Die Schatten tanzten über die Veranda, aber sie wirkten nicht länger bedrohlich – sie waren nur Schatten, nicht mehr und nicht weniger. Lydia saß auf der Veranda, die Kamera in der Hand, und beobachtete, wie die letzten Strahlen des Tages hinter den Hügeln verschwanden. Es war ein friedlicher Moment, und für das erste Mal seit langer Zeit spürte sie, dass sie genau dort war, wo sie sein sollte.
Das Chaos war endgültig gebannt. Beetlejuice war verschwunden, und die Grenze zwischen den Welten war stärker als je zuvor. Geister kamen immer noch ins Haus der Deetz, doch sie taten es nicht mehr mit Angst oder Unruhe – sie kamen, weil sie wussten, dass dies ein Ort war, an dem sie Frieden finden konnten.
Barbara und Adam hatten sich zu stillen Beschützern des Hauses entwickelt. Sie beobachteten, wie Lydia ihr Leben weiterführte, und halfen den Geistern, die ihren Weg ins Haus fanden. »Sie hat sich so verändert«, sagte Barbara eines Abends, als sie mit Adam auf dem Dachboden stand und das Modell der Stadt betrachtete. »Ja«, stimmte Adam zu. »Sie ist stärker geworden. Sie ist nicht mehr nur das Mädchen, das zwischen zwei Welten gefangen ist. Sie hat ihren Platz gefunden.« Barbara lächelte. »Vielleicht ist das der wahre Frieden – nicht, dass alles perfekt ist, sondern dass man lernt, damit zu leben.«
Lydia wusste, dass sie für immer eine Verbindung zur Totenwelt haben würde. Aber diese Verbindung fühlte sich nicht mehr wie eine Last an. Sie war Teil von ihr, so wie ihre Liebe zur Fotografie oder ihr Gespür für Geschichten. Es war eine Gabe, keine Bürde. Eines Abends, als die Sterne über dem Haus funkelten, stand Lydia vor dem Modell der Stadt und legte ihre Hand sanft auf die Miniaturgebäude. »Danke«, flüsterte sie. Barbara und Adam traten hinter sie, lächelnd. »Für was?«, fragte Barbara.
Lydia drehte sich zu ihnen um. »Für alles. Für eure Hilfe, für eure Freundschaft. Ohne euch hätte ich das nicht geschafft.« Adam nickte. »Und jetzt? Was wirst du tun?« Lydia sah aus dem Fenster, wo der Mond hoch am Himmel stand. »Weiterleben. Ich werde reisen, fotografieren, und immer hierher zurückkommen. Dieses Haus wird immer ein Teil von mir sein.« Barbara legte eine Hand auf ihre Schulter. »Das Haus wird immer dein Zuhause sein. Und wir werden immer hier sein.« Lydia lächelte und drückte Barbara kurz die Hand. »Ich weiß. Danke.«
Die Welt um das Haus der Deetz war ruhig, und die Sterne am Himmel schienen heller zu leuchten als je zuvor. Lydia wusste, dass das Leben nicht immer leicht sein würde – dass es neue Herausforderungen und vielleicht auch neue Schatten geben würde. Aber sie hatte gelernt, dass sie stark genug war, um alles zu bewältigen. Das Chaos war besiegt, die Balance wiederhergestellt, und das Haus war zu einem Ort des Friedens geworden – für sie, für Barbara und Adam, und für jeden Geist, der seinen Weg dorthin fand. Lydia nahm ihre Kamera und machte ein letztes Foto des Hauses, beleuchtet vom sanften Licht des Mondes. Es war ein Symbol für alles, was sie durchgemacht hatte – und für die Stärke, die sie gefunden hatte. »Das Ende«, flüsterte sie leise. Doch dann korrigierte sie sich mit einem leichten Lächeln. »Nein. Der Anfang.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und trat hinaus in die Nacht, bereit, ihr Leben zu leben – in Frieden, mit Erinnerungen im Herzen und einem Blick in die Zukunft. Das Haus der Deetz stand weiterhin ruhig da, ein lebendiger Zufluchtsort für die Lebenden und die Toten, und ein Zeugnis dafür, dass selbst im Chaos ein Gleichgewicht gefunden werden kann.
Nachwort
Die Geschichte des Hauses der Deetz, der Grenze zwischen den Welten und dem unbändigen Chaos von Beetlejuice ist eine, die von Dunkelheit, Mut und der Suche nach Frieden erzählt. Doch wie alle guten Geschichten hat sie auch ihre Lektionen hinterlassen – Lektionen über das Leben, die Totenwelt und die Stärke, die in uns allen steckt. Lydia Deetz begann ihre Reise als ein Mädchen, das sich zwischen zwei Welten gefangen fühlte. Ihr Leben war geprägt von einer ungewöhnlichen Verbindung zur Totenwelt, einem Chaos, das sie nicht selbst gewählt hatte, und einer Verantwortung, die sie weit über ihr Alter hinaus trug. Doch anstatt vor dieser Last zurückzuschrecken, wuchs sie an ihr. Diese Geschichte handelt von mehr als nur Geistern und Grenzen. Sie handelt davon, wie man Balance findet, selbst wenn die Welt um einen herum ins Wanken gerät. Sie zeigt, dass Chaos und Ordnung zwei Seiten derselben Medaille sind – und dass es manchmal den Mut eines Einzelnen braucht, um diese beiden Kräfte in Einklang zu bringen. Lydia ist nicht nur eine Brücke zwischen den Welten geworden, sondern auch ein Symbol dafür, dass wir unsere eigene Dunkelheit überwinden können. Sie hat gezeigt, dass die größten Herausforderungen auch die größten Möglichkeiten zur Veränderung bieten.
Beetlejuice, der Trickster, das Chaos in Person, war ein Antagonist, aber er war auch ein Spiegel. Er zeigte Lydia, was passiert, wenn man seine Verantwortung aufgibt und sich dem Chaos hingibt. Doch selbst er hatte Momente, in denen er mehr war als nur das Chaos – Momente, die bewiesen, dass selbst in der Dunkelheit ein Funken Licht verborgen sein kann. Das Haus der Deetz steht nun nicht nur als ein Gebäude, sondern als ein lebendiges Zuhause – ein Ort, an dem Leben und Tod aufeinander treffen, nicht im Konflikt, sondern in Harmonie. Es ist ein Symbol für den Frieden, der gefunden werden kann, wenn man sich den Herausforderungen des Lebens stellt und sie akzeptiert. Für alle, die diese Geschichte gelesen haben, bleibt vielleicht eine wichtige Botschaft: Es ist nicht die Abwesenheit von Dunkelheit, die zählt, sondern die Art, wie wir mit ihr umgehen. Und manchmal, wenn wir uns dem Chaos stellen, finden wir die Stärke, die wir brauchen, um ins Licht zu treten. Das Ende von Beetlejuice war nicht nur das Ende des Chaos, sondern der Anfang eines neuen Kapitels – für Lydia, für das Haus und für jeden, der jemals zwischen zwei Welten stand und nach seiner eigenen Balance gesucht hat. Danke, dass Sie Lydia auf ihrer Reise begleitet haben. Mögen Sie in Ihrem eigenen Leben immer den Mut finden, die Dunkelheit zu akzeptieren, das Chaos zu bändigen und Ihren eigenen Weg ins Licht zu gehen.
Beschreibung des Autors zu "Beetlejuice: Die Rückkehr des Chaos"
Nach den turbulenten Ereignissen, die das Haus der Deetz und seine Bewohner erschütterten, scheint endlich Frieden einzukehren. Lydia Deetz, eine junge Frau mit einer ungewöhnlichen Verbindung zur Totenwelt, hat das Chaos gebändigt, die Grenze zwischen Leben und Tod geschützt und Beetlejuice endgültig besiegt. Doch der Sieg über das Chaos ist nur der Anfang.
Während Lydia ihren Weg in ein neues Kapitel ihres Lebens sucht, wird das Haus der Deetz zu einem lebendigen Zufluchtsort für Geister, die Frieden und Erlösung suchen. Doch die Schatten der Vergangenheit und die Verantwortung, die mit ihrer Verbindung zur Totenwelt einhergeht, lassen Lydia erkennen, dass Balance ein ewiger Kampf ist.
„Das Ende des Chaos“ ist eine Geschichte über Mut, Freundschaft und die Kraft, sich seinen eigenen Dämonen zu stellen. Es zeigt, dass selbst im größten Chaos ein Funken Hoffnung liegen kann – und dass der wahre Frieden in uns selbst beginnt.
Das Meer ist weg! Gerade kam
es im Radio. Die Flüsse fließen
noch. Die Seen sind voll wie nie.
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Herzflimmern
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Mein Herz scheint nach dir zu weinen.
Ich warte auf eine Nachricht von dir, bin traurig und trinke silbernes [ ... ]