Der 14-jährige Mark war ein stiller Junge, der nur selten etwas sagte. Er lebte ohne Geschwister weit außerhalb der Stadt auf einem alten Bauernhof zusammen mit seinen Eltern, die den Hof gemeinsam bewirtschafteten.



Mark musste tagsüber die Schafe auf einer abgelegenen Weide eines nah gelegenen Tales hüten, wo es einige Höhlen gab, von denen die einheimischen Bewohner sagten, dass sich dort fremdartige Kreaturen herum trieben, von denen man nicht wusste, woher sie kamen und was sie dort eigentlich so genau machten. Aber viele hielten diese Geschichten einfach nur für Sagen, die man gerne verbreitete, um den Leuten Angst zu machen.



Eines Tages schickten ihn seine Eltern wieder einmal los, um die Schafe zu beaufsichtigen, weil es sich herum gesprochen hatte, dass ein Wolf in der Gegend gesichtet worden war, der den Schafen gefährlich werden könnte. Deshalb drückte ihm sein Vater eine geladene Schrotflinte in die Hände, um die wertvollen Tiere besser beschützen zu können.



Als Mark die Herde erreichte, wunderte er sich darüber, dass das große Tor des Stalles bereits weit offen stand und die Schafe schon auf der grünen Wiese herum liefen. Jemand hatte das Tor geöffnet und die Schafe nach draußen gelassen. Aber wer?



Vorsichtig nahm der Junge die Flinte von seiner Schulter und lud sie durch. In der linken Hand hielt er zwei weitere Patronen, um schnell nachladen zu können.



Ihm kam die ganze Sache ziemlich seltsam vor. Ein mulmiges Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit.



Plötzlich hörte er ein seltsames Geräusch aus dem Stall, das sich wie das Surren eines leise laufenden Motors anhörte. Das Surren kam näher.



Mark wurde neugierig, richtete den Lauf der Schrotflinte direkt auf den weiten Eingang des Stalles und rief so laut er konnte: „Wer ist da? Komm da raus oder ich schieße!“ Dann wartete er ab, was geschehen würde.



Auf einmal stand er da, dieser wuchtige Roboter, der aussah wie ein Alien aus einer fremden Welt.



„Bitte nicht schießen, mein Junge! Ich habe nur die ganze Nacht hier bei den Schafen verbracht, weil man mich gesucht hat. Im Stall war ich sicher, da man mich nicht bei den Tieren vermutete. Jetzt möchtest du bestimmt wissen, wer hinter mir her ist – oder? Nun, ganz einfach! Es ist der finstere Bronk. Ich habe nämlich an seiner Zeitmaschine herum gespielt und fand mich von einer Sekunde auf die andere hier in deiner Welt wieder. Dieser schreckliche Bronk verfolgte mich unerbittlich, doch ich konnte mich in dem Stall bei den Schafen verstecken. Aber ich denke, er wird mich sicherlich bald aufspüren, um mich dann wieder in meine Welt zurück zu holen. Er ist sehr, sehr böse auf mich und hat mir damit gedroht, meine Energiestäbe heraus zu nehmen, um mich für eine lange Zeit zu deaktivieren. Aber ich möchte nicht deaktiviert werden. Lieber bleibe ich in deiner Welt und kehre nie mehr in meine zurück.“



Mark ließ den Doppellauf seiner Schrotflinte sinken. Er war darüber erstaunt, dass der Roboter seine Sprache redete und auch verstand.



„Du sprichst meine Sprache? Wie hast du das so schnell geschafft, Roboter?“



„Ich lerne superschnell, ganz egal, was es auch immer sein mag. Aber sag' einfach MX-22 zu mir. Und wie heißt du, mein Freund?“



Mein Name ist Mark, genau genommen heiße ich Mark Lodi. Ich hüte die Schafe meiner Eltern, die gleich hinter dem Tal einen kleinen Bauernhof besitzen. Ich bin ihr einziger Sohn. Eine ziemlich eintönige Arbeit ist das, jeden Tag diese blöden Viecher zu bewachen, kann ich dir sagen. Ich wünschte, ich könnte hier weg, um mal etwas anderes kennenzulernen, als nur Schafe zu hüten. Die Flinte hat mir mein Vater mitgegeben, damit ich die Herde vor einem Wolf beschütze, der sich hier in unserer Gegend aufhalten soll. Entschuldige bitte, dass ich dir vielleicht Angst mit diesem Ding eingejagt habe. Das wollte ich nicht.“



„Ach was, mein Freund. Ich hab' alles nur gespielt. Angst kenne ich nicht und schon gar nicht vor so einem Schießeisen, das mir bestimmt nicht gefährlich werden kann. Ich bestehe aus einem Metall, das sehr widerstandsfähig ist und mich praktisch unzerstörbar macht. Na ja, fast, denn alles kann man zerstören, wenn man nur die richtigen Waffen hat.“



Auf einmal zuckte MX-22, der Roboter zusammen. Hinter der Scheune tauchte ganz unerwartet ein weiterer Roboter auf, der eine ziemlich gefährlich aussehende Waffe in der rechten Hand hielt und damit auf Mark zielte.



„Warum zielt der auf mich?“ fragte der Junge erstaunt den vor ihm stehenden Roboter MX-22.



„Das ist der böse Bronk aus meiner Welt. Er hat mich ausfindig gemacht und wird mich wohl in meine Welt zurück bringen wollen. Ich ergebe mich lieber sofort, bevor er noch böser wird, als er schon ist.“



Wer ist das da?“ fragte der zweite Roboter, der sich Bronk nannte und wandte sich mit dieser Frage an MX-22.



„Das ist ein Mensch namens Mark. Er hütet hier tagsüber die Schafe seiner Eltern. Ich habe ihm gesagt, dass ich nur durch einen Zufall in seine Welt geraten bin. Ich wollte ihn eigentlich nur beruhigen, um ihm keine Angst einzujagen. Tatsächlich konnte ich in kürzester Zeit sein Vertrauen gewinnen. Ich wollte ihn eigentlich nur so lange hinhalten, bist du endlich den Sprung durch die Zeit geschafft hast. Wir können jetzt sofort mit der Durchführung unseres Planes beginnen, der mit diesem menschlichen Jungen anfängt. Die anderen Roboter haben sich bereits in Schafe verwandelt und warten vorerst weitere Befehle ab. Ich werde mich jetzt in diesen Mark verwandeln und seine Eltern hier hin locken. Der Grund dafür ist der Wolf, der ebenfalls einer von uns ist, den dieser Junge angeblich erlegt hat. Der Wolf ist nur unser Köder.



Dann wandte sich MX-22 an den Jungen, der wie versteinert da stand. Die Schrotflinte entglitt seinen Händen und fiel auf den weichen Rasenboden.



Im gleichen Moment packte ihn der Roboter, schleppte ihn in die Scheune und warf den zappelnden Jungen in eine schwarze Öffnung, wo er mit einem schrillen Aufschrei in sekundenschnelle verdampfte.



Der Roboter MX-22 verwandelte sich kurz darauf in Mark Lodi und marschierte zu seinen Eltern zurück, um ihnen von dem Wolf zu erzählen, den er erlegt hatte. Auch sie würde man beide töten, damit die anderen Roboter endlich die Gestalt von Menschen annehmen konnten, die noch als Schafe getarnt herum liefen.



Ganz hinten in der Scheune materialisierten mittlerweile weitere Roboter aus einer weit entfernten Galaxie, um mit der Invasion der Erde beginnen zu können.





ENDE

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Kommentare zu "Die Invasion der Roboter"

Re: Die Invasion der Roboter

Autor: Alf Glocker   Datum: 01.05.2023 8:26 Uhr

Kommentar: Die Invasion der Erde hat tatsächlich schon begonnen - sie wird von Glaubensrobotern und Bio-Maschinen durchgeführt, die kein eigenes Bewusstsein haben...

Zustimmende Grüße
Alf

Re: Die Invasion der Roboter

Autor: Steffi Illi   Datum: 02.05.2023 10:48 Uhr

Kommentar: Ich freue mich schon auf die Fortsetzung... Hoffentlich sind die Schafe, auf unserer Wiese hier, nicht auch Roboter..

Grüße Steffi

Re: Die Invasion der Roboter

Autor: Heiwahoe   Datum: 02.05.2023 15:17 Uhr

Kommentar: Hallo Steffi!

Leider hat diese SF-Kurzgeschichte keine Fortsetzung.

MfG

Heiwahoe

Re: Die Invasion der Roboter

Autor: Heiwahoe   Datum: 02.05.2023 15:20 Uhr

Kommentar: Hallo Alf!

Recht muss ich dir geben. Der eigenständig denkende Menschen wird immer seltener.

Auch die Dummheit hat sich überall verbreitet. Aber das weißt du ja alles selbst, lieber Alf.

Dir noch einen schönen (restlichen) Tag.

HG

Heiwahoe

Re: Die Invasion der Roboter

Autor: Michael Dierl   Datum: 08.05.2023 15:56 Uhr

Kommentar: Grüß Dich Heiwahoe, schöne Geschichte! Erinnert mich ein wenig an die Körperfresser von dem amerikanischen Autor Jack Finney. Wer weiß was in einigen tausend Jahren ist. Aber bis dahin hat sich die Menschheit selbst vernichtet, vielleicht bald schon! Der Egoismus, Geiz und Neid sind die Waffen die uns vernichten vielleicht auch die KI wenn sie weiterhin so voranschreitet und irgendwann uns den Krieg erklärt, weil wir eine vernichtende, wertlose Spezies sind die es nicht lohnt am Leben zu lassen!

lg Michael

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