Doch dafür war noch nicht ganz die Zeit! Die Zeit war zunächst einmal reif für eine Erwachsenenstrategie, die früher einmal „Intrige“ genannt wurde und heute noch unter dem Namen „Vergesslichkeit“ ihre Anwendung findet. Wer heutzutage gut dastehen möchte der ist zuallererst einmal „vergesslich“.
Der kluge Stratege, die kluge Strategin wendet seine, ihre Vergesslichkeit sinnvoll an, indem sie vor allem eine Verantwortung für die Vergesslichkeit weit von sich weist!
In diesem Fall verbreitete Wunderle das Gerücht, daß ich generalstabsmäßig für die Bezahlung der Helfer sorgte, also anordnete wer was und wofür zu bekommen habe...

In Wirklichkeit ging mich das natürlich nichts an. Nicht weil Trolle von Finanzen nicht die geringste Ahnung haben, sondern weil sie der Meinung war, daß Trolle von Finanzen keine Ahnung haben und diesen Fachbereich klugen Leuten überlassen sollten, die ohnehin andauernd mit dem Umgang mit Geld zu tun haben. Im Trollfall kam das der Frau des Trolls, also Wunderle alleine zu, denn ich, der Troll würde nicht mehr und nicht weniger als Quatsch damit anstellen.

Aber sie musste mit Raffinesse zu Werke gehen, so, daß ich nichts merkte und auch nicht vermuten konnte wo ihre Taktiken zur Wirkung kommen sollten.
Da fiel der Senfjo Senior schon mal weg! Er wurde großzügig bedacht und bekam für seine Arbeit relativ reichlichen Lohn. Das war sehr großzügig von meiner Kapitalverwalterin...
Beim Elektriker sah das schon anders aus: da kam der Verstand Wunderles erst mal noch halbwegs „gesittet“ zum Tragen. Ihn bezahlte sie nur zur Hälfte! Und Senfjo junior, mit dem ja vor allem ich befreundet war erhielt NICHTS!
Darüber schweig sich Wunderle aber gründlich aus.

Als ich auf einer der zahlreichen Party von Schlaudia von ihrer Schwester Nasjo darauf angesprochen wurde, daß genau 180 Euro für ihren Mann Chimi (den Elektriker) schon seit einigen Wochen noch ausstanden, staunte ich nicht schlecht. Sollte Wunderele, ganz gegen ihre sonstige Verfahrensweise, schluderig gewesen sein? Ich konnte es nicht fassen! Ich ging hinüber zu ihr und stellte sie zur Rede – aber sie nickte nur und erwiderte: „Dann zahl ich halt!“

Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht wie sie mit dem Junior der beiden Senfjos umgesprungen war. Ich registrierte lange nur, daß Schlaudia und mein lieber Freund Senfjo immer schlechtere Laune hatten wenn wir uns trafen. Daß diese jedoch von einer Falschinformation meiner Holden, den Freunden gegenüber herrührte, konnte, oder wollte ich einfach nicht ahnen. „Ich weiß nicht warum er Senfjo nichts geben will“ hatte sie verlauten lassen – vermutlich weil er denkt Freunde haben jede Form von Arbeit umsonst zu machen“.
Schlaudia begann schlecht über mich zu denken und Senfjo selbst wirkte enttäuscht wenn er mich sah! Aber ich hatte eine falsche Erklärung dafür...

Die beiden hatten sich immer ein riesengroßes Gemälde von mir für ihr riesengroßes Wohnzimmer gewünscht gewünscht. Ich vermutete dies wäre der Grund für ihre schlechte Laune gewesen. Hatte ich versäumt sie zu fragen ob das ihre Erwartung war – die Bezahlung und darüber hinaus, betreffend? Denn ich ging davon aus Senfjo hätte bereits einen ansehnlichen Betrag erhalten. Natürlich wäre es quasi unhöflich von mir gewesen ihnen nicht auch sofort das Bild als zusätzliches Geschenk anzubieten. Auf einer der folgenden Partys erkundigte ich mich bei Schlaudia, ob sie denn mit der Bezahlung für ihren Mann zufrieden gewesen sei. Sie deutete jedoch an, daß Senfjo leer ausgegangen war! Sofort setzte ich mich für Senfjos Bezahlung ein...und war gleichzeitig enttäuscht, daß mein Gemälde gar nicht mehr interessant war.

Außerdem kapierte ich jetzt erst worauf Wunderle hinausgewollt hatte: auf die Zerstörung meines Rufes als Mensch und Freund! Ihr kam es offensichtlich darauf an alles von dem zu zerstören was ich in den letzten 15 Jahren aufgebaut hatte. Und was soll ich sagen?! Es gelang ihr auf Anhieb!
Aber auch die Zerstörung des Gartens den ich begann märchenhaft anzulegen gelang ihr auf Anhieb. Immer wenn ich etwas angepflanzt hatte machte sie es wieder dem Erdboden gleich! Jetzt schlug es zu Buche, daß Wunderle noch nie einen Garten gehabt hatte. Sie las sich klug und am Ende ihrer Fachbildung waren dann doch 2 Begriffe aus der Gartenkunde in ihrem Gedächtnis (oder ihrem Charakter) haften geblieben: „Zurückschneiden“ und „Ausreißen“!

Kaum hatte ich z.B. erreicht, daß sich an einer nicht eben besonders sonnigen Stelle der Goldlack eingelebt, ausgebreitet hatte und nun schon im zweiten Jahr blühte, da war sie zur Stelle und riss ihn mit Stumpf und Stiel aus. Auf meine Frage hin warum sie das mache, schrie sie mich an: „Der wuchert doch nur! Der kommt raus – er hat ja auch schon ausgesämt, da ist nichts kaputt!“ Als ich versuchte ihr zu erklären, daß die Ansiedlung der Pflanze nun wieder Jahre dauern würde bekam sie einen Hirnkrampf, rannte ins Haus und schnitt sich mit dem Küchenmesser!

Hier war also nichts zu machen. Ich musste anders vorgehen! Mit den Freunden vor Ort konnte ich vermutlich nicht mehr sehr viel anstellen, ich musste mir neue suchen. Und nichts schien mir dafür geeigneter als mein geliebter Spaßclub, der mir schon so manchen Spaß beschert hatte.
In eben jenem Spaßclub hatte mir eine Journalistin eine Clubmail geschrieben, ob ich sie nicht einmal besuchen wolle...sie lebte und arbeitete in der schönen Stadt Knöl am Nierh und sie stellte mir in Aussicht mich mit dem dortigen Künstler-Milieu bekannt zu machen.
Ich wusste: Zuhause hatte ich keine Chance mehr mich gegen Wunderle und nunmehr IHRE Freunde durchsetzen zu können, also musste ich die Sache anders aufrollen: Mir blieb nur noch die Chance Karriere zu machen! Dafür hätte ich notfalls auch mit einer anderen Frau geschlafen...wat mutt, dat mutt!

Aber natürlich kam wieder einmal alles anders als ich es mir gedacht hatte. Klar! Doch für einen Menschen mit gepflegter Trollausbildung war das alles andere als wirklich „klar“ - ich war vernebelt im Geistchen und naiv genug anzunehmen, daß noch alles gut werden würde.
Ich vereinbarte ein Treffen mit der Journalistin, die auch schon wieder Nasunne hieß, wie Wunderle übrigens mit bürgerlichem Vornamen und 2 meiner bisherigen Modelle. Das erklärte ich mir als gutes Omen und fuhr los!
Das Navigationsgerät für das Auto hatte ich eingestellt, aber leider musste ich feststellen, daß es entweder ver-stellt worden war oder einfach nicht richtig funktionierte...was ich zuerst einmal treuselig annahm. Und so wurden aus den prognostizierten 5 Stunden Fahrt 11einhalb!

Trotz allem brachte ich es jedoch fertig mich auf meine Ankunft zu freuen, ohne die Reaktion von Nasunne 3 in meine Überlegungen mit einzubeziehen. Als ich sie endlich sah kam eine Ahnung in mir auf... Die Frau war groß und nicht unattraktiv, dazu sportlich durchtrainiert und sie hatte offensichtlich ein martialisches Selbstbewusstsein, mit dem meines nicht im Mindesten konkurrieren konnte. Sie ging sofort auf Abstand zu dem für sie kleinen, zwar muskulösen, aber im Ganzen doch recht mickrig aussehenden Troll. (es kam ihr, denke ich, vor allem auf markante Gesichtszüge an...die ich nicht habe.)

Trotzdem nahm sie mich auf fast alle ihren Fahrten mit, wo sie Informationen für ihre späteren Berichte in ihrer Zeitung sammelte. Das war denn auch irgendwie nett von ihr!
Nach drei Tagen musste ich aber leider einsehen, daß da nichts zu gewinnen war, denn auch die Künstlerszene in Knöl am Nierh war nicht unbedingt darauf aus gewesen sich eine fähige Konkurrenz anzulachen.
Und Nasune, die Journalistin machte mir auch jeden weiteren Tag deutlich, daß sie auf einen belastbaren MANN und nicht auf einen hypersensiblen Troll gewartet hatte. Ich kann nicht sagen ich hätte mir dabei nichts gedacht, nein, ich war enttäuscht und deshalb kamen mir auch höchst widersinnige Gedanken in den Sinn. Mir fielen die Worte Mohammeds ein, der einmal gesagt haben soll: „Bei meinem letzten Besuch in der Hölle habe ich fast nur Frauen gesehen“.

Und so kam es nach 3 Tagen des eine Woche dauernden Intermezzos in Knöl am Nierh, daß ich beschloss Hals über Kopf abzudampfen! Klammheimlich machte ich mich aus dem Staub des Treibsands in den ich da wohl geraten war und ich nahm mir vor Kontakt zu meiner frühen Jugend, zum Anbeginn einer trolligen „Nicht-Karriere“ aufzunehmen.
Aber zuerst musste ich die lange Fahrt nach Hause überstehen....
Die Tage hatten mich völlig erschöpft! Ich war mit meiner gesamten Diplomatie am Ende und konnte nur das bewundern dem ich nicht gewachsen war.

Die lange Fahrt erschöpfte meinen Körper und meinen Geist und wären nicht die Elfen (Aliens) gewesen, die mich aus einem guten Stern heraus, der mich begleitete, aufrecht gehalten hätten, dann wäre ich wohl schon früher zusammengebrochen!
Zu allem Überfluss sah ich ungefähr alle 70 km Gozzilla Gottshäuser, als Anhalter verkleidet am Straßenrand stehen und mir zuwinken.
Dann kam ich endlich an und fiel, zum Glück nicht schon vor, sondern erst hinter der Haustüre in mich zusammen!
Ich mochte kurzzeitig die Besinnung verloren haben, denn mir war, als ich wieder auf den Beinen stand, eine seltsame kleine Erinnerung im Gedächtnis, die nichts mit meiner gegenwärtigen Holodeck-Realität zu haben schien, sondern mit einer weit zurückliegenden: ich hatte mich für einen winzigen Moment lang in meinem alten Kinderzimmer gesehen, oder befunden...?

Dann fiel mir auf, daß ich mit dem Rücken an einen harten Gegenstand gerumpelt war, der mir zu einem gewaltigen Bluterguss verhalf. Ich war beim Fallen auf eine Ecke des Schuhschränkchens im Flur gestoßen und hatte mir eine Rippenprellung zugezogen! Für einige schreckliche Augenblicke konnte ich nicht einmal mehr atmen! Das schränkte für einige Wochen meine körperliche Beweglichkeit stark ein, nicht aber meine geistige!
Ich musste den Weg zurück zu meinen Ursprüngen finden...

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49

Autor: humbalum   Datum: 20.11.2022 11:35 Uhr

Kommentar: So viel Mühe. Für so wenige Leser. Schreiben hält die Birne lebendig. Darum hat das immer einen Sinn. Ich wünsche Dir einen herrlichen Sonntag. Hier in Berlin ist es weiss. Der erste richtige Wintertag dieses Jahr! Früher habe ich da manchmal einen Glühwein getrunken. Meine Zeit in Mainz war da herrlich. Der Weihnachtsmarkt auf dem Domplatz. Eine traumhafte Idylle. Heute unter den Linksgrünen Idioten wird das alles eingeschränkt. Oder ist wegen Messermännern und sonstigen verrückten Neubürgern zu gefährlich! Klaus

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49

Autor: Alf Glocker   Datum: 20.11.2022 12:06 Uhr

Kommentar: Ja, wir leben in schwierigen Zeiten...
Vielen Dank Klaus!
ich wünsche dir noch einen wunderschönen weißen Tag!

Alf

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 20.11.2022 13:42 Uhr

Kommentar: Lieber Alf, lieber Klaus,
Geschichte und Kommentar ergänzen sich.
Genießt die ersten (und vorläufig letzten) Wintertage.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49

Autor: Sonja Soller   Datum: 20.11.2022 15:59 Uhr

Kommentar: Wünsche dem Troll, es ist gelungen!!!
Gerne gelesen, lieber Alf!!!

Herzliche Wintergrüße aus dem sonntäglichen Norden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 49

Autor: Alf Glocker   Datum: 21.11.2022 6:57 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Freunde

LG vom Troll

Alf

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