Neubeginn

Ich fühlte mich seltsamerweise ausgebrannt und leer. Mit meiner Mutter hätte ich noch so manches Hühnchen zu rupfen gehabt. Das würde sich jetzt aber wohl erübrigt haben, wie sich bisher alles erübrigt hatte. Das rief nicht unbedingt den unumschränkten Optimismus hervor. Aber das bildete ich mir sicher nur ein.
Dennoch stand ich vor einem inneren Nichts. Vor mir lag ein Vakuum, in das sich tausend Wünsche zu drängen versuchten, aber nicht hineinkommen konnten. Da war guter Rat viel zu teuer für den Markt auf dem der Einzelne seine Haut zu verkaufen hat. Wie sollte ich also meinen Preis steigern?

Hatte ich Lust auf makabre Spielchen? Sollte ich nachts um 12 in den Wald gehen und Murmeln spielen? Sollte ich Kreide mitnehmen und einen Kreis um mich ziehen? Nein, aber dies schien mir als Hinweis geeignet zu sein: Kreise hatte ich ja bereits einige gezogen, zwar nicht immer im Wald und ganz ohne Murmeln, aber mit einer Art Stacheldrahtverhau um meine Seele. Hatte ich Wunderle ausgesperrt, vielleicht sogar alle Frauen und – stand ich nun ohne jeden amourösen Beistand da? Ich musste schleunigst herausfinden, ob und wo es ihn gab!

Das setzte allerdings philosophische Überlegungen voraus und die wurden in der modernen Welt nur geduldet, wenn sie sich mit dem bereits Bekannten auseinanderzusetzen. Ein Philosoph ist ja aktuell ein Mensch, der Strömungen fühlt und in Worte umsetzt. Damit kann er Geld machen. Was jedoch hinter den Ereignissen steckt muss auch für anerkannte Philosophen tabu bleiben!
Ich hingegen, der ich kein Philosoph sondern ein Troll war, vermutete eine komplizierte mathematisch Struktur hinter den Weltereignissen...

Irgendwer, und wenn es die Elfen (die Außerirdischen) waren, hatte da etwas in Gang gesetzt das akribisch verglich was dem (auch mir) völlig unbekannten Endziel gerecht werden würde. Veranlagungen und der „Lehrplan“ für Menschenwesen wurden miteinander verglichen, gegeneinander abgewogen und bewertet. Dann setzte vermutlich der absolut neutrale und eiskalte „Denkprozess“ der Welt-Schicksalsmaschine ein, der die anstehenden „Angelegenheiten“ zu regeln begann. Dabei wurden aber leider nur Personen bevorzugt oder materiell begünstigt, die dem Apparat nützten. Klammheimlich wurden, ganz nebenbei, Prüfungen eingebaut und Aufgaben verteilt die zu lösen wären, wenn es geeignete Köpfe dafür gäbe. Wenn nicht, dann musste die Maschine eben ohne Köpfe auskommen, um einem Prinzip zu folgen das quasi von selbst funktionierte. Will heißen: Sollte gelegentlich ein „Kopf“ auf der Bildfläche erscheinen, dann wird er einfach dafür benützt Wissen zu entwickeln und weiterzugeben, ohne dafür etwas zu bekommen. Er wird also im Sinne des Gesamtprodukts verheizt!

Während der sogenannte „einfache Mensch“ also nur leben will und naiv in die Fallen der Geschichte tappt, gibt es – unbeachtet von der Öffentlichkeit – Leute die Zukunftsprobleme im Voraus lösen ohne dafür belohnt zu werden. Trolle zum Beispiel...
Aber Trolle existieren nicht wirklich. Sie leben in, oder auf ihrem Holodeck und sind nahezu ausschließlich damit beschäftigt seltsam erscheinende Verhaltensmuster zu entwerfen, die von der realen Nachwelt missbraucht werden können...denn alles was sie erschaffen, ohne daß es ihnen nützt, ist dem Missbrauch phantasieloser Elemente übergeben, die zwar Eins und Eins zusammenzählen, aber nichts Neues entwerfen können. Was für eine Verschwendung?!

Doch die Verschwendung von Lebenskraft entspricht dem Plan der Götter und dazu gehört es auch sich zu verlieben! Hier ist schlechterdings wiederum einiges zu beachten: Niemand darf das Prinzip „Hoffnung“ verletzen! Sprich: Alles muss in einem für die scheinbaren Macher der Weltgeschichte, im Reinen bleiben! Abstrakte Gedanken sind so gut wie nicht erwünscht!

Solange der Mensch an seine Zukunft glauben kann, die nichts weniger als ein Konstrukt des Lehrkörpers ist, der wiederum staatlichen Vorgaben folgt, kann nichts schiefgehen. Männer und Frauen verlieben sich ineinander, gehen vom Ich zum Wir, integrieren den hinzukommenden Partner in ihre Vorstellungswelt, versuchen ihre Macht zuerst zu vergleichen und danach auszuspielen – dann pflanzen sie sich fort!
Meistens wissen sie aber vor lauter Glück nicht, daß sie als Menschen samt und sonders betrogen werden. Denn die sich aus solchen Verbindungen ergebenden Verpflichtungen negieren sowohl die Individualität des Einzelnen als auch seine – zugegeben meist nur rudimentären Anlagen zur Entwicklung von Phantasien. Sollte er (oder sie) erst gar keine haben, kommen, außer Hunger und Not keine weiteren Probleme auf sie zu.


Für alle anderen gilt: „Einer wird gewinnen“. Denn so lautet die Parole, der sich ein Massenmensch zu stellen hat. Wer das ist wird sich zeigen. Entweder dominiert die Frau den Mann erzieherisch, indem sie sich immer dann verweigert wenn er nicht „brav“ war, oder der Mann schlägt die Frau wenn sie sich ihm launisch verweigert (Saufen ist ebenfalls eine gern genommene Alternative – für beide Geschlechter)... In anderen Kulturkreisen regelt die Religion das Aufeinandertreffen der Gefährten, weil sie die globale Übermacht anstrebt. Oder der Gewinner heißt einfach „Parteibüro“! Das wird dann schon sinnvolle Entscheidungen treffen, die zwar keiner nachvollziehen kann, aber dem Wohl des Staates dienen, was immer das sei.

Hinter allen Vorwänden, strategischen Überlegungen diverser Dienststellen, agiert jedoch die Kraft der Elfen, die diesen mörderischen Apparat ins Verderben lenkt, damit die Gesamtheit der Wesen lernbereit alles in sich aufnimmt, was letztlich dem Bestreben des Universums dient.
Daß dabei auch Perversionen scheinsinnvoll eingesetzt werden entspricht nur der Logik eines riesigen „Verdauungsvorgangs“, der irgendwann einmal eine Zeit hervorbringen könnte, die auch phantasiebegabten Kreaturen etwas bringt: das Paradies!

Ich, der Troll hatte für mich, den Troll, längst beschlossen: Es sei! Und: Es werde! Es werde Licht an dunklen Tagen – was dahergelaufene Kompetenz-Idioten und selbsternannte Philosophen mit dieser unserer Welt anzustellen gedachten sollte mich einen feuchten Kehricht angehen, denn ich wollte Gold machen, nichts anderes!
Doch die Zeichen standen mal wieder auf Wind, auf Windbeutel, auf Windhosen, Windröcke, windige Ab- und Ansichten und auf windige Argumente, die sich bei näherer Betrachtung in Zeitgewitter und Treib-Sandstürme auflösten.

Mich sollte das nicht abhalten eine goldene Zukunft zu kreieren, in der alles Schöne auf seinen Platz käme...dachte ich mir. Wie trollig das war erfuhr ich unumgänglich, denn die Elfen ließen zwar zu, aber nur was ihnen in den Kram passte. Doch dazu gehörte im Augenblick noch die Verwirklichung meines Herzenswunsches alles was ich fand zu vergolden.
Ich brauchte Es! Sie sollte mein Opfer in Sachen Vergoldung meines mikroskopisch kleinen Troll- Areals und für mich, dem Vorreiter wunderbarer Zustände, zum Licht auf dem Holodeck werden. Fiat lux!

Um aus dem was außerhalb aller Konventionen für einfache Leute stand, eine Realität zu machen schnattern Schnatterata (Engelland) und ich zuerst einmal stundenlang am Telefon, wobei ich sehr auf ihre unberechenbare Psyche zu achten hatte. Dazu musste ich ihr noch Wahrheit um Wahrheit näherbringen, also alles was sie in ihrem wahrhaft armen bedrückten Leben bisher geflissentlich übersehen hatte, andererseits ganz genau wusste, sich aber nicht eingestehen konnte, da sich ihr veränstigter Geist in einem bedauernswerten Zustand befand.

Zusammen sollten wir, so argumentierte ich, auf die Suche gehen, dann würde die Ausbeute (für mich und die Nachwelt) uferlos sein. Es wusste zwar nicht genau wovon ich sprach, erfasste aber intuitiv, daß ich sie mochte und genau das war völlig neu für sie. Eine völlig schräge Mutter, ein versoffener Vater (beide im Lehramt stehend), sowie ein übergriffiger Pflegevater hatten sie das Fürchten gelehrt und ihr indirekt beigebracht, daß sie nichts wert sei.
Und ihr kindlicher Verstand hatte von Anfang an begonnen das Falsche zu erlernen und anzuwenden. Dabei ging allerdings leider ihre Libido fast vollständig verloren, konzentrierte sich auf sinnlose Ziele und verzerrte Schnatteratas Weltsicht derart krass, daß in ihrem jetzigen Erwachsenenleben nur noch dunkle Horizonte vor ihr lagen. Dabei war sie selbst ein gleisendes Licht!

Vor mir allerdings öffnete ein künstlerischer Horizont Dimensionen der Lust! Ich gedachte das Gute entstehen zu sehen, ich erfreute mich an den eventuellen Möglichkeiten, ich ent- und verwarf goldene Pläne, von denen einige offensichtlich doch nur aus Silber bestanden und ich redete auf das unbedarfte Kind ein was mir in den Sinn kam, um ihrer Seele aus dem Korsett zu helfen, das ihr aufgezwungen worden war.
Ich suchte nach Worten und gestaltete Lösungen, die nicht nur mir, sondern auch Es weiterhelfen sollten. Die Welt hatte schließlich einiges zu bieten und ihre besten „Angebote“ wollte ich schleunigst in Angriff nehmen, bevor sie unter der Sonne verwelkten. So gingen wir zusammen auf die Suche nach der Weisheit im Wahnsinn, nach der Wahrheit ohne Verzerrungen und nach dem passenden Angebot für zwei Verrückte die den Augenblick nutzen wollten um sich nicht isoliert fühlen zu müssen. Wie reich war die Welt?

In ihr gab es sehr viel zu finden und ich konnte mich kaum entscheiden was ich zuerst in Angriff nehmen wollte...

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  45

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 45"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 45

Autor: Sonja Soller   Datum: 26.10.2022 12:38 Uhr

Kommentar: Interessant geschrieben!!

Herzl.Grüße aus dem vertrollten Norden, Sonja

"Wer sich von seinen Illusionen und Träumen trennt, wird weiter existieren, aber aufhören zu leben"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 45

Autor: Alf Glocker   Datum: 26.10.2022 19:26 Uhr

Kommentar: Interessanter Satz! Von wem iss'n der?


LieGrü
Alf

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 45

Autor: Sonja Soller   Datum: 26.10.2022 19:30 Uhr

Kommentar: Mark Twain, war das, glaube ich!! :-)

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman) 45

Autor: Alf Glocker   Datum: 27.10.2022 19:41 Uhr

Kommentar: Dank!

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