Meine Herrin sitzt auf einem großflächigen Polsterhocker und sieht zu nichts Bestimmtem, die Ellenbogen auf ihre schlanken Beine aufgestützt. Um sie herum liegen einige Kissen mit schwarzweißen Motiven. Ihre nackten Arme zieren ein paar Tattoos. Die Hände lässt sie entspannt runter hängen. Ihre Finger verjüngen sich in gemachten Nägeln ordentlicher Länge, welche sie auch als Waffe einsetzen kann. Ihr Profil, mit weißblonden Haaren und dunklen Brauen hat den Akzent tiefschwarzer Lippen, zu denen mein Blick so oft huscht. Es ist nicht möglich herauszufinden, was sie denkt.
Ziemlich erschöpft liege ich vor ihren Füßen auf dem Boden unterhalb des Hockers, das Gesicht halb nach unten und halte ihr damit meinen zerkratzen Rücken hin. Auch wenn das sehr unbequem klingen mag, kann ich mir kaum eine Position vorstellen oder einen Ort, der mehr Wohlgefühl auslöst. Die Ketten an meinen Hand- und Fußgelenken haben sich in meine Haut gegraben und brennen. Aber der Boden ist kühl, und die Atmosphäre, zu spüren das sie dort ist, zieht an meinem Inneren. Eine solche Spannung gibt es sonst nirgends. Ein dezenter Druck zeigt mir auf, das sie ihre Füße auf mir abgelegt hat.
Ich nehme die Musik nicht wahr. Für mich ist es ein stiller Moment, in der das Licht von draußen, durch die langen Fenster sich im schwarz glänzenden Boden spiegelt. An der Stirnseite des offenen Wohnraumes steht ein breites schwarzweißes Bett mit großen Kissen, vor der Wand ein ebenso ausladendes Sofa. Durch einen Bogendurchgang in die Tiefen des Apartments blickt man in einen minimalistisch eingerichteten, dunklen Flur.

Ich höre ein metallisches Rasseln. Sie nimmt meine Leine kürzer und zieht langsam, aber unnachgiebig daran. Ich stütze mich sofort auf alle Viere hoch. Sie hat nichts gesagt, doch es ist deutlich, das der bequeme Teil vorbei ist. Und ebenso klar, das sie keine Rücksicht auf meine Erschöpfung nimmt. Als jemand der dient, ist selbstverständlich für sie zu funktionieren. Die Leine auf Spannung haltend, geht sie zügigen Schrittes zur Eingangstür des Apartments, die ebenso schwarz ist wie fast alles hier. Ich folge ihr ohne weiteres.
Im Fahrstuhl summt eine längliche Neonleuchte in kaltweiß. Ich sehe von dem Fliesenboden, zu ihren meterhohen Schuhen und hinauf über die dezent enge schwarze Kleidung, zu ihrem trägerlosen Oberteil in Lackoptik. Ob man es Korsett nennt, bin ich nicht sicher. Die Überlegung dazu unterbricht sie jäh, indem sie ihr Bein anhebt und den Absatz ihres Highheels schmerzhaft in meinen Nacken stellt. „Wo siehst du hin, du nichtsnutziger Hund?“, meint sie in scheinbar sanftem Tonfall, doch mit einer Selbstverständlichkeit, das ein Außenstehender empört wäre. Die Vertrautheit darin kann sonst niemand sehen. Und mir verschließt es den Mund. Ich bekomme gerade noch die Spitzen ihrer offenen Haare zu sehen, dann drückt sie meinen Kopf erbarmungslos runter, gegen den Boden. Diese Haltung lässt sie mich für die restliche Aufzugfahrt beibehalten, bis es Ping macht und die Türen sich zu einer hohen Lobby öffnen, die ebenso komplett mit schwarzen Wänden und einem glänzenden Tresen in tiefschwarz gestaltet ist. Alles ist minimalistisch gehalten. Es ist niemand dort. „Los.“ Sie verpasst mir ein antreibenden Tritt und verlässt den Fahrstuhl.
Den leeren Tresen und die stilvollen Sitzgruppen an der Seite lässt sie unbeachtet stehen. Die wie abgezählten Damen und Herren verschiedener Art, welche dort sitzen als wären sie Teil der Einrichtung, sehen meine Herrin an. Erst später sehen sie beiläufig auch mich, der neben ihren Beinen kriecht.
Ihre Absätze klacken auf dem Steinboden, während sie auf die helle Glasfront in Richtung Eingang zuschreitet. Das staublos polierte Glas zieht sich hoch bis über die Hälfte der Decke und erschafft eine teils lichtdurchflutete Eingangshalle, mit Blick nach oben. Man kann die Wärme spüren, welche gedämpft bis zum Boden strahlt.
In dem Moment sehe ich sie von hinten im Gegenlicht der Sonne. „Meine Herrin…“, will ich sagen, aber es bleibt mir im Hals stecken. Ich spüre genau wie die Leine an meinem Halsband hängt, sie schwingt ein wenig hin und her. Womöglich habe ich dennoch ein ganzen Satz von mir gegeben.
Sie sieht mich nicht an, aber sagt: „Mein Hund.“, während wir auf die Drehtür zugehen.


© D.M.


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