Diese Geschichte spielt sich leider nicht im Fantasy-Land ab, obwohl es sich doch um ein Märchen handeln müsste, sondern in der absoluten Realität unserer Tage. Die Bewohner des Fantasy-Landes glaubten jedoch, sich in einem erfundenen Märchen zu befinden, aber eine Rettung aus dieser speziellen Lebensrealität war nicht möglich, da alle den Kopf in den Treibsand gesteckt hatten. Gleich einer Vogel-Strauß-Politik: Verbinde dir die Augen, verstöpsle die Ohren und verklebe deinen Mund.... und alles wird für immer gut.

So dachten auch Nodi und Dodi, die sich ohne Rücksicht auf Verluste von einer Seite des Planeten zur anderen liebten. Sie praktizierten das Wagnis der Endlichkeit auf eine derart nette Weise, dass so manchem Denker dabei Hören und Sehen verging. Fast schien es so, als wäre das Labsal des Schicksals bereits über die Welt hereingebrochen. Für wenige Auserwählte war dies jedoch mit dem G'schmäckle einer globalen Gleichberechtigung verbunden. Vor allem der herzensgute Oberbösewichtl Marius Schildpatt mahnte ernste Bedenken an und drohte mit einem Lüftchen mit starkem Düftchen. Von seinem Bunker aus plante er den Weltuntergang, denn Tot sein ist ja bekanntlich kein Verbrechen. Mitleid erfordert ein großes Maß an Bildung, die man nur explizit anwenden muss, um zu den einzig richtigen Schlüssen zu gelangen. „Immer wieder gerne nicht“ ist das oberste Prinzip einer gottgefälligen Moral!

So sah es auch der Teil von Schildpatts Hofstaat, der ausschließlich aus militärischen Beraterwichteln bestand. Von Alters her ist das Sprichwort eines weltbekannten Wanderpredigers und Philosophen 'So Lalla' in aller Munde: „Jenseits ist nur ein Wort aus dem Diesseits.“ Was 'So Lalla' allerdings tunlichst vermieden hatte zu bedenken, war, dass es auch noch einen anderen Satz gibt, der leider ziemlich unbekannt geblieben ist. Er lautet: „Einmal ist entschieden zu viel!“

Nodi und Dodi waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie das Unheil des stark drohenden Düftchens geflissentlich und ungeflissentlich übersahen. Glaubten sie denn, schon alles erlebt zu haben? Zwar hatte Nodi viele magere Jahre als Kellnerin in einer Intim-Bar nicht ganz schadlos überstanden, aber dennoch hat sich Dodi ebenfalls ganz köstlich mit ihr amüsiert. Gerade eben war er dabei, das Natterhorn zu besiegen, als das Schicksal lange Schatten über die sieben Berge voraus warf. Hatte er nicht schon lange genug sein großes Herz am kleinen Stiel getragen? Jetzt sah er ein: „Es kann nicht jeden Tag so oder so sein.“ Mit diesem Slogan wusste er sich seine kindhafte Unschuld zu bewahren. Dies zeichnete ihn als wehrhaften Schwächling aus.

Im Wichtlstaat brodelte es indessen. Die für nichts verantwortlich zeichnenden Planungswichtl wieselten aufgeregt in den Gängen ihres Bunkers umher. Vielleicht suchten sie nach Auswegen aus der prekären Situation einer viel zu lange andauernden friedlichen Ära. Generalwichtl Schnappauf meinte sogar: „Das kann und wird nichts mehr werden! Vorige Woche wurden von den offiziellen Stellen aller offiziellen Verwaltungen 10 Milliarden Nodis und Dodis gezählt. Also entschieden zu viel! Und außerdem sagt uns die Evolution: „Was lange währt ist morgen tot!“

„Aus kleinem Lug mach großen Trug“. So steht es im Pfadfinderhanbuch für Wirtschaftsweise geschrieben. Aus diesem Grundsatz geht hervor: „Mein Land ist kein Land, Heimat ist kein Ort und Überall ist Nirgendwo. Wer dies glaubt, bleibt selig.
Entgegen der Meinung „einfach leugnen hilft immer“ stellte sich nach langen und schwierigen Monologen heraus: „Alle Einsicht ist nur für die Katz, wenn bei Einbruch der Dämmerung mit Dunkelheit zu rechnen ist“ – oder auch: „Wer bis zum Bauch im Wasser steht, hat selbständig mit Schwimmbewegungen zu beginnen.“

„Wem soviel Weisheit widerfährt, der ist schon einen Weltuntergang wert.“ Das hat zwar niemand gesagt, aber trotzdem stand es einfach im Raum. Und was im Raum steht, passiert! So geschah es auch! Aus mehreren Welten, Fantasy-Land, Absolute Realität, Vernunft und Unvernunft wurde eine übergeordnete, dunkle Zukunft geboren, die uns noch lange beschäftigen wird – oder eben nicht.

Direkt aus dem heiteren Himmel kamen dummdreiste Ideen verrückter Erfinder geflogen, die eine ungeahnte Farbenpracht der Verwüstung in den sonst so grauen Alltag der Bewohner sämtlicher Länder brachte. Nachdem sich die letzten Schleierwölkchen des Armageddon verzogen hatten, stürmten die verbliebenen Nodis und Dodis ins Zwielicht der neuen Weltordnung und riefen: „Hurra,Hurra! Der Widersinn ist da!“
„Oh großer Geist, von dem wir alles haben – wir preisen dich für deine Gaben!“

Herzensgute Bösewichtl

© Alf Glocker


© Alf Glocker / Roland Walter


6 Lesern gefällt dieser Text.


Unregistrierter Besucher

Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Herzensgute Bösewichtl"

Re: Herzensgute Bösewichtl

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 03.05.2022 11:01 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
super. Wie immer der Schelm zwischen den Zeilen.
Bild ... möchte man an die Wand hängen.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Herzensgute Bösewichtl

Autor: Alf Glocker   Datum: 03.05.2022 13:57 Uhr

Kommentar: Vielen Dank lieber Wolfgang!

Liebe Grüße
Alf

Kommentar schreiben zu "Herzensgute Bösewichtl"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.