In der kleinen Lobby ist nahezu stockdunkel, ebenso finster wie meine Stimmung. Nicht nur depressiv, auch frustriert und wütend. Ich sitze wie ein Köter, ein Tier in einem knapp bemessenen runden Käfig der unter der Decke hängt. Die Gitterstäbe im Rücken. Ein schwaches Dekolicht in Form eines Dreizacks lässt die Wand hinter einer Thronlehne rötlich leuchten. Der Thron steht als schwarzer verzierter Umriss davor. Meine Herrin ist nicht hier und ich hocke allein im Dunkeln.

Es ist viel schwerer die eigenen Fehler zu analysieren. Ich trage Hörner und der Stolz, welcher doch irgendwo tief in mir existiert, hat sich aufgerichtet wie ein vorwitziger Ständer. Meine Zunge ist auf die doppelte Länge gewachsen, was definitiv zu viel war. Auch wenn ich sie dann technisch gesehen besser lecken könnte… Der Gedanke reicht aus um ihre nackten Konturen vor dem inneren Auge zu sehen. Ich stelle mir vor wie ihre Haut duftet, und wie dünn und weich ihr Körper sich anfühlt, wenn mein Arm um ihrer Taille liegt.
Sie ist unberechenbar. Meine Herrin. Und es gibt letztlich keinen Plan. Ich möchte wie so ein Träumer, das sich eine Spannung auflädt und eine Atmosphäre, welche uns die Zeit vergessen lässt. Ich soll das Gespräch in eine Richtung lenken, die zu etwas führt. Zu Substanz. Zugleich kann ich das nicht, da es nach ihrem Willen geht.
Daraus entsteht sofort eine Fantasie, wie sie mich an Ketten vor der Wand stehen lässt und meinen Rücken blutig peitscht.

Obwohl ich alles scripten kann, mangelt es mir an Wendigkeit umzudenken. Ich bekomme massive Probleme, wenn ihr nicht danach ist. Damit kann ich nicht gut umgehen. Das, ist eine Behinderung. Eine verfluchte Kacke. Dennoch versuche ich hart und oftmals ohne Taktgefühl auf die Schnelle eine neue Vorstellung zu finden. Aufgeben ist nicht meins. Denn ich bin süchtig danach, das es ihr gefällt.
Frustriert und schwarz gebe ich zu, das meine Worte weg sind. Doch ich kämpfe weiter um jede Sekunde, das sie bleibt. Es braucht zu lange meine Gedanken in Sätze zu wandeln. Es tut mir Leid, und ich kann es nicht einmal korrekt zeigen. Stolpernde Worte haben die benötigte Eigenschaft nicht. Ich bin kein Retter und kein Held… nur ein Hund. Es war meine Leistung, welche nicht passte.
Aber warum lenkt sie es nicht, und befiehlt nicht? Wie soll ich raten können, was sie wollte? Wonach ihr gerade war? Und wieder will ich nicht akzeptieren, das die Fähigkeit der Deutung von Signalen mir nicht zugeteilt wurde. Es gibt viele Gelegenheiten, und trotzdem kommt es mir vor keine Chance zu haben, wenn es um mehr geht. Das sie verstreichen, ist meine Schuld. Und wenn es nicht meine Schuld war, ist es dann direkt Schicksal? Hat es ja sehr gebracht, diese Dinge so zu sagen, nicht. Nachvollziehbar, das ich mich nun in einem Käfig befinde. Ich habe es nicht anders verdient. Mein Gewissen sinkt auf den Boden. Ein dreckiger Köter, der um Verzeihung bitten will.

Ich verharre in diesem Raum, warte das sie zurückkommt. Es ist erleichternd, einerseits zu erkennen woran es liegt, wenn ich nutzlos bin. Anderseits ist es nur bitter, denn ich will es können. Loslassen ist unmöglich.
Es gibt Momente, in denen ich versteinert bin. Stundenlang auf eine Stelle starre. Alles kann sich in kleinen Sternen zeigen, an der schwarzen gesichtslosen Weite. Brutale Bilder verschwinden nicht mehr. Damit muss ich klarkommen, egal wie schwarz es in mir ist. Die Kraft, die kommt bekanntlich aus dem Nichts. Schwache sind nutzlos. Aber wenn ich darüber wütend sein will, müsste ich zugeben schwach zu sein.
Wer hat denn festgestellt, das Erschöpfung Schwäche ist. Es zeigt viel mehr, welche Masse an Kraft da ist.
Ich brauche sie… meine Herrin. Würde sie sich denn abwenden, wenn sie mich vollwertig als ihren Hund sieht? Ich will nicht mehr schlussfolgern. Typisch ist es, zu wollen was man nicht bekommt.

Was ist die Definition von Stärke. Ich stell in Frage, das es so leicht zu erfassen ist. Bemerkt man diese erst aus einer Schwäche heraus? Oder gibt es eine Basis an Stärke, wie eine innere Zahl.
Ist der Starke in Wahrheit schwach, weil er die Stärke gewohnt ist und ein wesentlicher Punkt ihm dabei ausbliebt. Ist stark wer durchhält, auch wenn er dabei eine erbärmliche Figur abgibt. Oder ist stark, wer zeitig auftritt, kraftvoll und gut dabei aussieht. Aber dessen Kraft dann nachlässt. Inwiefern hängt Stärke mit Intelligenz oder Erfahrung zusammen? So gesehen scheint es etwas völlig anderes. Die Fähigkeit, nicht aufzugeben.
Trotzdem kann man das alles herumdrehen. Dann wäre es nur eine Sichtweise, abhängig von vielen Faktoren was Stärke ist. Und eine spezifische Situation ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Womöglich bin ich ein Extremfall, das ich es so ernst meine. Und sehe sie, die vor Stärke blendend hell ist.

Doch wenn ich ohne Hoffnung bin, warum hocke ich dann hier und grübel derart? Einsehend schaue ich auf meine Hand- und Fußgelenke, die in Ketten liegen. Es kommt mir natürlich vor, wie es ist. Die Wut steht im Widerspruch dazu, das ich alles machen würde für meine Herrin. Selbst wenn ich es kaum kann. Sie ist es, die meinen Willen befeuert. Und ich schäme mich etwas, wie ein kleiner zorniger Junge im Dunkeln zu sitzen.
Letztlich ist es keine Wut, aber schwache Gefühle gibt man nicht leicht zu. Ich sitze da und überlege, wie es erst einem ergehen würde, der wenig Fantasie hat. Der Druck der schweren Kette um meinen Hals ist ein wundervolles Gefühl. Wie ihre Hände die mich würgen. Trotzdem schlägt es nieder, wenn diese Hilflosigkeit gerade, meine Schuld ist.

Teufel im Käfig


© D.M.


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