… Mein Blick ruhte auf ihr, auf ihrer Figur und ihrem Haar, welches im morgendlichen Licht nur subtil erahnen ließ, wie es abends aussah. Ihr Gesicht erschien weicher, wenn sie die Haare offen trug. Sie lief vor mir. Ihre hohen Absätze kratzten auf dem Steinboden einer Fußgängerzone. Enge schwarze Leggings umhüllten schlanken Beine, darüber trug sie ein kurzes Top und ein offenen Mantel, mit Gürtel. Schwarz, weiß und roter Lippenstift. Ein Bild blitze kurz durch meine Gedanken, wie sie ein feuerrotes Kleid trug. Zu dem Gürtel hatte ich auch schnell eine Assoziation.
Wir befanden uns zwischen hohen Häusern. Über sich aneinanderreihenden Glasfronten eines Shoppingviertels, ragten Fassaden aus Backstein, und mit senkrechten Schieferplatten verkleidet in den Himmel.
Hin und wieder sah ich zur Seite, wenn eine Farbe, ein Geruch oder Geräusch mir auffiel. Aber grün war es hier nicht. Schweigend ging ich hinter meiner Herrin her. Sie hielt in ihrer linken Hand eine schmalere Ausgabe der Metallkette, die locker von meinem Halsband herabhing. Spontan hatte sie heute morgen entschieden, einkaufen zu gehen. So plötzliche Dinge bargen immer einen Hoffnungsschimmer, was noch passieren könnte.
„Wo willst du hin meine Herrin?“, fragte ich sie interessiert.
Sie ging zielstrebig, als hätte sie einen genauen Plan.
„Das siehst du dann.“, erwiderte sie knapp.
Ein paar Menschen glotzen sie geradezu an. Meine Herrin störte das nicht. Die Passanten welche bemerkten, das ich an einer Leine neben ihr ging, versuchten dies zu übersehen. Aber ich war nur ein schwarzer Hund. Sie dagegen fiel auf.

Zunächst besuchten wir ein großes Kaufhaus. Im Erdgeschoss befand sich ein Miniaturlabyrinth an Glasvitrinen. Es funkelte und spiegelte alles ineinander.
Eine Rolltreppe fuhr klappernd in die oberen Stockwerke. Lautsprecherdurchsagen mischten sich mit quietschenden Tönen geschobener Wagen. Stimmen riefen durcheinander. Es war laut.
„Es ist ja einiges los.“, stellte sie fest.
„Ja meine Herrin.“, meinte ich etwas unwohl.
Sie sah mich kurz an. „Ist das etwa ein Problem für dich?“
„Nein meine Herrin.“
„Gut.“
Sie zog mich hinter sich her, hoch in die Bekleidungsabteilung. Eine Bodenfläche, die sich auch in einem der oberen Geschosse so weit erstreckte, das man kein Überblick hatte, wo sich die Wände befanden. Während sie sich zwischen Auslagen und Kleiderstangen umsah, stand ich untätig daneben. War das faul oder war es brav… Obwohl es in dieser Abteilung offensichtlich ruhig war, hörte ich alles, einschließlich der Deckenleuchten.
Es war schön ihr zuzusehen. Wobei ich weniger darauf achtete, was sie sich gerade anschaute, mehr wie sie sich bewegte und ihren Gesichtsausdruck dabei, wenn ihre Finger über den Stoff dieses oder jenes Teils fuhren.
„Meine Herrin?“
„Habe ich dir erlaubt zu sprechen?“, erkundigte sie sich und legte mir vier Hosen über den Arm. Anschließend kamen noch drei Oberteile dazu.
„Nein meine Herrin. Danach hätte ich jetzt gefragt.“, meinte ich sachlich.
„Willst frech etwa werden?! Du hast eben schon geredet!“
„Ja meine Herrin.“, versuchte ich brav.
„Und du denkst das reicht jetzt?“ Sie zog die Augenbrauen hoch.
„Nein ich…“
„Wie kannst du mir nützlich sein, wenn du nur dummes Zeug redest?!“, unterbrach sie mich kühl. „Entschuldige bitte meine Herrin.“, murmelte ich und wich fahrig ihrem stechenden Blick aus. Immerhin spielte ich den Kleiderständer. Meine Herrin wandte sich ab.
Wenige Kleidungstücke später rief sie auf einmal:„Was glotzt du so?!“
Ich zuckte zusammen. Dann wurde mir klar, das sie jemand anders meinte und folgte ihrer Blickrichtung. Gegenüber von uns stand ein ebenso schwarzgekleideter Typ im Gang, der sie geradezu hingerissen anstarrte.
„Mach, dass du verschwindest!“, herrschte sie ihn an.
Das half scheinbar ihn aufzuwecken, denn er drehte sich auf dem Absatz um und rannte weg, als hätte sie ihn bei etwas erwischt. Beim Starren auf jeden Fall. Ich gab soetwas wie ein Glucksen von mir und grinste. Zumindest, bis sie sich zu mir umdrehte. Sie guckte so streng, das es mir kalt den Rücken runter lief.
Später folgte ich ihr zu den Umkleiden. Dort wies sie mich wortlos an, auf dem Boden zu knien und verschwand mit dem Kleiderberg hinter einem Vorhang.

Die Sonne knallte bereits auf das Kopfsteinpflaster der breiten Einkaufstraße, als wir das Kaufhaus verließen. Der Sommer machte sich noch einmal bemerkbar. Es war mehr Betrieb als noch vorhin. Meine Herrin wurde von mehreren Seiten beäugt und schien das sichtlich zu genießen.
Sie schlug ein zügiges Tempo an. Ich trug zwei Einkaufstüten in der Rechten. Meine Gedanken spulten die Szene an der Kasse eben noch einmal ab. Obwohl ich nur als stummer Begleiter in ihrer Nähe gestanden hatte, war es mir gelungen ein Fehler zu machen.
Auf Höhe einer Seitenstraße, blieb sie plötzlich stehen. „Gib mir die Taschen.“
Verwirrt sah ich sie an. Das ergab kein Sinn. Langsam reichte ich sie ihr.
„Knie dich hin!“
„Hier mitten auf der Straße, meine Herrin?“
„Das fragst du noch?! Ich werde mich wohl kaum wiederholen, du frecher Hund!“
„Ja meine Herrin.“
Ich kniete mich hin. Aber begriffen hatte ich es dennoch nicht. Schon ihr Blick von oben herab, drückte mich zu Boden. Es brauchte gar keinen Grund, wenn ihr danach war. Im Hintergrund war mir irgendwo bewusst, das uns einige Leute zusahen. Ich wollte gerade eine weitere Frage stellen, als sie ihr Bein hob und ihren Highheel auf meine Hand stellte. Der Absatz bohrte sich qualvoll in meinen Handrücken. Mein Kiefer verspannte sich. Ich musste mehrmals schlucken, um das erbärmliche Wimmern zu unterdrücken, welches mir im Hals steckte.
„Na mein Hund, wie sehr tut das weh?“, fragte sie interessiert.
„Sehr, meine Herrin“, kam als gepresste Antwort geradeso zwischen meinen Lippen hervor.
„Nur sehr?“ Sie war unbeeindruckt.
Es tat verdammt weh, und so hatte ich es gemeint. Aber, das auch zu zeigen, und in der Öffentlichkeit, war schwer. Als ich nicht sofort antwortete, gab sie noch mehr Gewicht auf den Absatz. Es war schmerzhafter. Mein Schrei blieb lautlos.
„Nein meine Herrin.“, ächzte ich.
„Nein, was?!“ Sie zog ruckartig meine Leine stramm, sodass sie am Hals scheuerte.
„Ich hab es nicht anders verdient, meine Herrin… ?“
Ich vernahm ein Lacher von den Umstehenden.
„Du kannst noch froh sein.“, stellte sie klar.

Als nächstes betrat meine Herrin spontan eine Art Antiquitätengeschäft, das wie verloren zwischen den ganzen Markennamen wirkte. Neugierig betrachtete sie alte Möbel und Fundstücke von so manchem Dachboden. Ein paar Sachen waren deutlich verstaubt. Das ihre Aufmerksamkeit woanders war, änderte nichts daran, das sie meine Leine die ganze Zeit auf Spannung hielt. Der Händler stand unruhig hinter seinem ungewöhnlich niedrigen Verkaufstisch. Er schien unfähig sie nicht anzustarren.
Letztlich kaufte sie nichts. Nach zwei weiteren Geschäften trug ich fünf Taschen. Sie hingegen hatte nur ihre Handtasche über der Schulter. Kurz erwog ich, wie das für Entgegenkommende erschien, zumal meine Leine unübersehbar zwischen uns hing.
Je länger wir unterwegs waren, desto wärmer wurde die Kette an meinem Hals. Mit zunehmender Reibung schnitt sie tiefer in die Haut.
Es wurde Mittag. Das vermehrte Gedränge der Menschen machte mich konfus. Daher versuchte ich es auszublenden, und fokussierte mich auf sie. Während wir weiter gingen und sie sich mal vor, mal neben mir befand, prägte ich mir Gesicht, ihre Gestalt so genau ein, als wäre mein Gedächtnis fotografisch. Bis ins kleinste Detail. Ich studierte die Form ihrer Lippen und wie der Bogen ihrer Stirn in ihre Nase überging.
„Starr mich nicht an, du Köter.“
„Entschuldige bitte, meine Herrin.“
Ich erschrak bei dem Tonfall, weil ich ihre Stimmung anders eingeschätzt hatte. Als ob sie das nicht bemerkt hätte. Wie schlau das zu denken.
„Du hast beinahe gesabbert. Sieh auf den Boden, wie es sich für einen braven Hund gehört!“
Auch wenn sie das nicht beleidigt hatte, zeigte sie mir meinen Platz auf.
Der Boden war uninteressant, und dreckiger als man vermutete ohne so genau hinzusehen.
Ich überlegte, was in ihr vorging. Wie sah sie die Welt, wie nahm Sie gerade das alles um uns herum wahr? Das war so der Punkt, an dem sich die Häuser anfingen zu drehen und mit ihren Fensterläden wackelten.
Daher war ich froh über die Pause. Auf einer schattigen Bank sitzend, warf sie ein Blick ins Handy. Ich kniete auf dem Boden und sah ihr zu. Aber in meinem Gehirn zogen erneut Bilder vorbei, eine Szene.
„Kriech vor mich, mein Hund. Ich brauche einen Fußhocker.“
Ich befolgte den Befehl direkt. Sie legte die Füße auf mir ab, und schlug ihre Beine leicht übereinander, gerade so, dass einer ihrer Absätze in meinen Rücken stach. Dann betrachtete sie ihre Schuhe. „Die könnten für den weiteren Weg ruhig etwas sauberer sein.“, sagte sie nachdenklich. „Was meinst du, mein Köter?“
Ich war mir sicher, das sie die Frage rhetorisch meinte. Dennoch, nicht zu antworten war unhöflicher. „Ja meine Herrin.“
Zudem war ich dezent scharf darauf, sie sauber lecken zu dürfen. Wenn auch nicht unbedingt in der Öffentlichkeit. Obwohl...
„Du dachtest nicht ernsthaft, das ich deine Meinung hören wollte?!“, meinte sie spöttisch und belustigt.
„Nein meine Herrin. Aber ich hatte doch zu antworten? Ich mein, das wusstest du vorher.“
„Natürlich wusste ich das.“ Sie grinste dezent.
„Aber dann…“
„Mittlerweile solltest du es wissen.“, fuhr sie mir über den Mund. „Deine Klugscheisserlogik hängt mir zum Hals raus!“
„Entschuldige bitte, meine Herrin.“
„Du entschuldigst dich sehr oft heute.“, stellte sie fest. „Leck meine Schuhe sauber! Vielleicht überzeugt mich das ja eher. Und vergiss nicht die Sohle.“
Dieser Blick reichte, das ich sie sprachlos anstarrte. Dann besann ich mich mit einem Ruck und kniete mich vor sie. Mit dem Kopf nahe am Boden begann ich, mit meiner Zunge systematisch über ihre Heels zu fahren. Gründlich und heftig demütigend.
„Los, komm wir gehen, mein Hund.“, forderte sie unvermittelt und zerrte an meiner Leine.
Obwohl das an meiner Haut ein dezentes Brennen verursachte, nahm ich es nur am Rande wahr. Sie stand längst. Verwirrt sah ich zu ihr hoch. Die enge Hose schmiegte sich um ihre Oberschenkel und betonte ihren Hintern. Meine Augen fielen auf ihre Schuhe. Aber… es war nicht eindeutig erkennbar, ob ich sie gerade sauber geleckt hatte.
„Was gibt es zu gucken?“, erkundigte sie sich.
„Deine Schuhe sind nicht ganz sauber, meine Herrin.“, stellte ich murmelnd fest.
„Ach tatsächlich! Klingt, als bräuchtest du mal wieder ein paar ordentliche Schläge durchs Gesicht.“
„Ja meine Herrin…“ Selbst diese Vorstellung gefiel mir.
„Du hättest sie ja vorher sauber lecken können.“, meinte sie knapp.
Ich guckte weiterhin auf ihre Schuhe. Schade das es nur eine Fantasie gewesen war. Und ein schade traf es nichtmal annähernd.
„Vielleicht verdienst du es dir ja noch.“
Sie zog mich weg.

Im Laufe des Nachmittags kam noch eine größere Tasche dazu, sodass ich letztlich sechs davon hinter ihr her zum Auto trug. Ein paar der älteren Passanten belächelten mich. Wahrscheinlich fiel ich überhaupt nur wegen der ganzen Tüten und Taschen auf.
Meine Herrin schien in guter Stimmung und amüsierte sich über diverse Reaktionen vorbeigehender Leute. Die ergraute Hausfrau, welche sie angestrengt ignorierte; ein junger Mann, der seine brave Freundin kurzzeitig vergaß, als meine Herrin an ihm vorbeiging; ein paar abgelenkte Väter und auch manch alter Sack ohne Hut.
Wir liefen über eine andere Straße zurück, auf der sich weniger Geschäfte und Menschen aufhielten. Dezenter Wind wehte sachte zwischen den beiden Häuserreihen hindurch. Moderne weis verputzte, mit bodenlangen Fenstern und senkrechten Sprossen aus Edelstahl und ältere Häuser, die an den Bauhausstil erinnerten. Sowie hie und da ein paar, wie zufällig verteilte Blumenkästen. Lange rechteckige Schatten fielen auf die Straße.
Ihre offenen Haare bewegten sich leicht über ihre Schultern. Sie blendeten beinahe. Die Kettenleine funkelte metallisch in der Sonne, ausgehend von ihrer Hand.
„Meine Herrin?“
„Ja mein Hund?“
„Darf ich vor dir auf dem Boden liegen?“ Es überkam mich so. Plötzlich und heftig.
„Jetzt etwa?“ Sie drehte halb den Kopf zu mir.
Ich versuchte meine Mundwinkel im Zaum zu halten.
„Ja meine Herrin, genau hier.“
„Hmmm. Da wirst du schon betteln müssen!“
Aber als ich weitersprechen wollte, zog sie mich an der Kette heran und nahm sie so eng zusammen, das ich nach Luft schnappen musste. Es war kaum möglich einen Ton herauszubekommen.
„…mit erschwerten Bedingungen.“, fügte sie hinzu.
Ihr Gesichtsausdruck war dabei noch so viel schöner als ihre Worte. Mühsam versuchte ich zu sprechen, während der Druck um meinen Hals mich genau daran hinderte...


© D.M.


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