Darum war ich sehr erleichtert als der Tag endete und ich in meine Zelle zurück durfte, zumindest dachte ich dies.
Als ich, bewacht von Brain zurück in den Felsen ging, wartete Kaio bereits vor meiner Zelle.
„Das Feld auf der anderen Seite sollte mal wieder vom Unkraut befreit werden“ sagte er und sein Blick heftete sich auf mich. Ich seufzte.
Mir war klar dass ich mir die Gedanken an den ersehnten Schlaf gleich aus dem Kopf schlagen konnte, im Gegenteil: Mit Sicherheit stand mir eine verdammt lange Nacht bevor, in welcher es keine Pause geben würde und ich mir eine solche auch keines Falls erlauben dürfte.
Begleitet von Kaio, Brain, sowie Andos welcher uns auf den Weg zum Feld entgegen kam, ging ich zum einzigen Ort in diesen Felsen, wo es, abgesehen von Unkraut, etwas Grünes gab und das eintönige Grau der Felsen durchbrochen wurde.
Drei große Felder reichten oberhalb des Steinbruchs bis zum Fuß einer hohen Klippe. Neben diesen standen zwei Gewächshäuser sowie ein Schuppen.
Ich ging zu diesem, nahm einen Eimer heraus, und machte mich daran das erste Feld langsam vom Unkraut zu befreien. Ich arbeitete auf den Knien, mit bloßen Händen, wobei ich dem eiskalten Wind, welcher über die Felsen sauste schutzlos ausgeliefert war. Der Schnee tat sein übriges dazu dass mir bereits nach kurzer Zeit die Hände wehtaten, doch ich musste weiter arbeiten.

Erst nach dem ich bei der Hälfte des Feldes ankam, erlaubten mir meine Bewacher aufzuhören. Es war bereits tief in der Nacht und das Feld wurde nur noch von zwei Fackeln erleuchtet, die an seinem Rand in Halterungen steckten.
Zusammen gingen wir in eines kleinere der beiden Gewächshäuser. In diesem standen 4 mit Matratzen, Decken und Kissen ausgestattete Betten, ein Ofen, sowie ein Tisch mit vier Stühlen. Doch dies alles war nicht für mich bestimmt. Ich musste in eine Art steinernen Verschlag, gleich hinter den Schlafstellen in welchem es, außer einer dünnen Schicht Stroh auf dem Boden, nichts gab.
Nach dem Kaio die vergitterte Tür des Verschlages hinter mir verschlossen hatte, stellte er eine Blechschüssel mit Wasser, sowie eine weitere mit ein Paar Brotklumpen davor und begab sich anschließend zu den anderen 3 Wachen, welche um eine große Schüssel herum saßen aus welcher mir der köstliche Geruch von frisch gebratenem Hühnerfleisch entgegen strömte.
Traurig blickte ich auf meine karge Mahlzeit. Diese war ein mehr als deutliches Zeichen für was mich meine Bewacher eigentlich hielten: Für Abschaum, für ein Tier, für irgend etwas Wertloses mit dem sie tun und lassen konnten was sie wollten.
Ich saß einige Minuten lang so da und schaute auf die Schüssel ohne auch nur einen Bissen anzurühren. Dies tat ich solange bis urplötzlich etwas von oben in die Schüssel fiel. Zu meiner Verwunderung war es ein Stück gebratenes Fleisch. Ein ganzer, köstlich duftender Hühnerflügel!
Ich blickte auf. „Danke“ sagte ich zu Fynno, welcher vor mir stand. „Esse auf und schlafe dann“ antwortete er im vollkommen ruhigen Ton „Morgen wird wieder anstrengend.“
Ich nickte und begann zu essen. An dem kleinen Flügel war zwar nicht sehr viel Fleisch, dennoch genoss ich ihn in vollen Zügen, wobei ich mich daran zu erinnern versuchte wann ich eigentlich das letzte Mal etwas so köstliches zu essen erhalten hatte. Ich wusste es nicht mehr.
Nach dem ich gegessen hatte legte ich mich hin, schloss meine Augen und versuchte zu schlafen.

Urplötzlich lies mich ein Geräusch aus meinem Schlaf hochschrecken. Ich blickte auf und sah in die Augen von Andos, welcher vor dem Gitter des Verschlages stand und dieses gerade öffnete.
Anscheinend hatte ich die ganze Nacht im Tiefschlaf verbracht, so dass diese für mich kürzer war als erhofft. Ich hatte noch nicht einmal mein Kleid ausgezogen. Ich kroch aus dem Verschlag und folgte ihm wieder nach draußen auf das Feld, wo ich gleich damit beginnen musste meine Arbeit von Gestern fortzusetzen.
Die Nacht über hatte es begonnen zu schneien und selbst jetzt fielen immer noch dicke Flocken vom Himmel.
Diese Tatsache machte es nicht gerade leichter für mich das Unkraut zu entfernen, dazukam dass ich schrecklich fror. Meine Füße und Beine merkte ich aufgrund der Kälte schon gar nicht mehr.
Doch musste ich versuchen körperlichen Leiden zu ignorieren und weiter machen. Immer weiter bis in die Nacht. Doch die Tatsache dass ich mit im Gewächshaus schlafen durfte, änderte kaum etwas. Ich fror in meinem vergitterten Verschlag die ganze Nacht. Als ich am nächsten Morgen erwachte tat mir mein Kopf weh und meine Glieder fühlten sich an als währen sie mit einer Tonne Blei beladen.
Doch weder Kaio, welcher mich an diesem Morgen aus meiner Zelle holte, noch Andos kümmerte es in welchem gesundheitlichen Zustand ich mich befand. Den einzigen meiner Bewacher, von welchem ich in einem solchen Moment vielleicht Mitleid erwarten könnte, erblickte ich an diesem Tag nicht.

Bereits nach weniger als einer Stunde auf dem Feld und ungeschützt vor dem kalten Wind und dem Schnee, konnte ich mich kaum noch auf dem Beinen halten, jede Zelle meines Körpers signalisierte mir dass ich mich unbedingt hinlegen und ausruhen sollte, doch nur ein kurzer Blick über meine Schulter zum Rand des Feldes ließen mich diese Gedanken sofort wieder vergessen und weiter arbeiten.
Inzwischen hatte ich zwar das komplette Unkraut entfernt, doch musste ich das Feld noch umgraben sowie Grünabfälle zum Düngen einarbeiten. Dies alles kostete mich noch mehr Kraft.

Dann schließlich, ohne das ich es steuern konnte, passierte es: Meine Beine gaben unter mir nach und ich stürzte mit dem Gesicht nach unten auf die Erde wo ich liegen blieb. Mein Bewusstsein schien sich größtenteils verabschiedet zu haben, denn ich bekam nur am Rande von diesem mit wie laut knallend eine Peitsche 6 Mal über meinen Rücken tanzte, ich grob am Arm gepackt und zurück in den Steinbruch geschleift wurde. Wie wir die Schlammgrube passierten und ich anschließend durch einen schmalen Gang, welcher direkt neben dieser tief in den Felsen führte, hindurch geschleift wurde. Wie meine Ohren das Knarren einer eisernen Luke aufnahmen und ich schließlich kopfüber durch ein Loch in der Wand einige Meter tief in eine Grube stürzte.
Die Luke war längst wieder über mir verschlossen als ich langsam zu mir kam und feststellte das ich mich an jenem Ort im Felsen befand der für mich die schlimmste Strafe darstellte: Das Loch.
Der Boden dieser dunklen, gerade mal 4 Schritt breiten und 5 Schritt langen Kammer war mit kaltem Schlamm übersät.

Ich begann bitterlich zu weinen. Ich wusste nicht wie lange ich nun hier bleiben musste, doch es waren höchstwahrscheinlich nicht nur ein paar Stunden, sondern Tage. Tage in dehnen ich weder das Sonnenlicht sehen, noch etwas zu essen erhalten würde.
An der Seite der Kammer sickerte stets ein kleines Rinnsal aus sauberem Wasser die Wand hinab an welchem ich meinen Durst stillen konnte, doch mehr gab es nicht. Nur Dunkelheit, Gestank und Schlamm.
Ich lies mich an der Wand neben dem Rinnsal langsam zu Boden gleiten, vergrub mein Gesicht in den Armen und probierte mich zu beruhigen. „Beruhige dich“ sagte ich mir innerlich immer und immer wieder „Beruhige dich.“
Irgend wann gab es mein Körper auf und ich sank hinab in einen leichten Halbschlaf, in welchem ich für mehrere Stunden verweilte.


© koto7001


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Beschreibung des Autors zu "Der Steinbruch 2"

Fortsetzung von Der Steinbruch




Kommentare zu "Der Steinbruch 2"

Re: Der Steinbruch 2

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 20.11.2020 0:33 Uhr

Kommentar: Liebe koto7001,
die Fortsetzung passt. Irgendwie hatte ich das am Ende von Teil 1 gehofft. Jetzt ist die Story abgerundet. Trotzdem bin ich froh, dass das "nur" eine Fantasiegeschichte ist.
Wenn du wieder eine neue Geschichte schreibst, werde ich sie gern lesen.
Liebe Grüße Wolfgang

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