Es war sehr laut als wir den Club betraten, jedenfalls für meine Ohren. Aus der frischen Kälte einer dunklen Nacht kommend, umfing uns ein Schwall stickig warmer Luft, zusammen mit dem rhythmischen Gestampfe von Drums und Bässen. Die Bässe vibrierten in der Luft und durchdrangen alles. Eine beträchtliche Anzahl Menschen drängte sich auf der Tanzfläche, über die Lichtreflexe und Laser zuckten. Die Party schien in vollem Gange zu sein. Die Leute lachten, riefen und schrien gegen die Musik an.

Meine Herrin ging mit anmutigen Schritten vor mir her. Sie trug ein recht knappes kurzes, schillernd weißes Kleid, das schwungvoll und tief ausgeschnitten war und etwa bis zur Mitte ihrer Oberschenkel ging. Es war rückenfrei bis zur Hüfte und hatte transparent weiße Träger, die sich mehrfach überkreuzten und eng um ihren Körper wanden.
Ich trug schwarz und war so auffällig wie ein Schatten hinter ihr in der Dunkelheit des schlecht beleuchteten Raumes.
Die Lautstärke der Musik hatte einen betäubenden Effekt auf mich. Es waren zu viele Eindrücke. Ich war dezent überfordert. Hiernach würde ich vermutlich ein Hörschaden haben.
Die kleinen Tische um die Tanzfläche herum waren gut besetzt. An dem Bartresen, hinter dem beleuchtete Glasvitrinen zahlreiche seltene Flaschen exotischen Inhalts präsentierten, saßen einige Stammgäste an hohen Cocktail-gläsern. Der Barkeeper, ein Mittvierziger mit Glatze, die Ohren voller Piercings, hatte alle Hände voll zu tun.

Meine Herrin schien sich in dieser Umgebung äußerst wohlzufühlen. Ich konzentrierte mich auf sie und konnte dabei mehrmals nicht verhindern ihr auf den Arsch zu starren. Sie zog mich an meiner Kette hinter sich her zur Tanzfläche. Während ich ihr folgte, sah ich auf ihre hellen, zu einem strengen Pferdeschwanz zusammengebundenen Haare. Sie leuchteten weiß in diesem Licht.
Ich blieb immer nah hinter meiner Herrin, wie eben erwähnter Schatten. Der Gedanke, das man mich bei dem hier vorherrschenden Zwielicht womöglich nicht gut wahrnehmen konnte oder schlichtweg übersah, ließ mich schmunzeln.

Bevor sie meine Leine losließ und die Tanzfläche betrat, warf sie mir noch einen strengen Blick zu. Unmissverständlich. Sei ja artig! Oder ich habe dich das letzte Mal mitgenommen.
Die Atmosphäre war, wie ich zugeben musste, sehr einnehmend, die Musik stimmungsvoll. Die Tanzenden schienen alle in eine Art Trance versetzt.
Ich stand relativ am Rand der Tanzfläche und sah zu, wie sie ihren Körper zur Musik bewegte. Ihre Bewegungen waren kraftvoll, dann wieder leicht, verführerisch und heiß, das ich die Augen nicht von ihr lassen konnte. Wie gebannt sah ich ihr bei ihrem atemberaubenden Tanz zu. Vielleicht nahm auch nur ich das so war, weil ich selber nicht tanzen konnte, doch im Vergleich zu ihr… mir fiel kein Vergleich ein.
Sie verschmolz immer mehr mit der Musik, verlor sich in den Klängen, wobei sie die Blicke der Männer auf sich zog und auch die einiger Frauen. Gerade bei den Jüngeren darunter, rief sie diese typische Mischung aus Bewunderung und Neid hervor. Die Übrigen waren vollauf mit Tanzen beschäftigt, was ihre Hirne schon zu überfordern schien. Die Leute, die bereits zu viel getrunken hatten, saßen am Rand und sahen den anderen mit trüben Augen zu.

Ein anderer Track wurde aufgespielt und sie tanzte einen langsameren sinnlicheren Rhythmus, jeder Schritt, jede Bewegung von ihr fließend wie Flusswasser.
Mir fielen jetzt einige Männer konkret auf, die meine Herrin offensichtlich besonders reizvoll fanden. Ein Typ im weißen Poloshirt und Sonnenbrille zum Beispiel, bei dem ich mich fragte, wie er durch diese hier etwas sehen wollte, zeigte reges Interesse, zumal er versuchte sie zu fotografieren. Außerdem nervte mich ein schlaksiger Dude mit Bartstoppeln und Basecap, der immer näher an meine Herrin tanzte, ein Junge mit Irokesenfrise, der versuchte den B-Boy zu markieren, ebenso wie ein älterer tätowierter Sack mit reichlich Bierbauch, dessen Blick sich scheinbar an ihr festgesaugt hatte, als würde ihm gleich die Sabber aus dem Mund laufen. Widerlich. Ich war etwas verärgert, sogar wohl etwas mehr als ich selber dachte, denn ich spürte wie sich meine rechte Hand zur Faust ballte. Was wagten diese hirnlosen Ratten sie anzustarren?!
Womöglich übertrieb ich dezent. Aber es war schon spät und meine Nerven etwas angeschlagen. Der Zorn ließ mich dafür besser denken. Trotz des Lärms und Scheinwerfernebels sah und hörte ich nun alles wieder sehr klar.

Unerwartet streifte das Licht eines Scheinwerfers ihre Gestalt und ließ sie in ihrem weißen Kleid für eine Sekunde erstrahlen.
Ich erstarrte. Es passierte mir immer wieder. Eigentlich hätte ich nicht überrascht sein sollen, aber ein Engel hätte nicht göttlicher aussehen können. Ich hoffte inständig, das ich nicht so dumm glotzte wie die anderen Typen. Sie sah himmlisch aus, meine Herrin. Sie hatte sich heiß getanzt, ein paar kleine Schweißperlen standen in ihrem Nacken, als sie sich jetzt umdrehte und die drei Schritte zu mir hinüber schwebte.
Ich sah sie unverwandt an. Wenn mir jetzt der Mund offenstand, wollte ich es gar nich wissen. Sie blieb vor mir stehen und musterte mich kurz forschend. Sich hier zu unterhaltend, war nur schreiend möglich, aber ich konnte versuchen meine Worte in meinen Blick zu legen. Sie wartete allerdings nicht darauf, sondern packte mich an meiner Halskette und zog mich unsanft an sich. Ihr zarter Körper schmiegte sich an meinen, als sie ihre Hände fest um meinen Hals legte und mich heftig küsste. Er schien zu glühen.
Ich war dezent überrumpelt und hatte Mühe nicht die Kontrolle über mich zu verlieren, als meine Hände wieder begannen sich selbstständig zu machen. Eine Hand war bereits unter ihr Kleid gerutscht. Lass deine Pfoten doch mal bei dir, du Arsch oder sie schlägt sie gleich weg! Gleichzeitig war es auch sehr reizvoll in aller Öffentlichkeit.

Es war ein tiefer, leidenschaftlicher Kuss. Unwirklich, traumhaft wie im Nebel und doch so klar und intensiv. Ihre Lippen waren fordernd und ich antwortete ihr ebenso nachdrücklich. Ihre Hände um meine Kehle würgten mich heftig und liebevoll.
Ich fuhr mit meiner Zunge über ihre glatten Lippen und versank ganz in diesem Augenblick. Ich genoss den Kuss. Bekam geradezu ein Hochgefühl davon, auch weil sie das an einem Ort wie diesem tat. Ich liebte es, wenn sie ihre Hände fest um meinen Hals legte. Es war ein schönes wie vertrautes Gefühl. Das ich kaum noch Luft bekam, kümmerte mich jetzt nicht. Unsere Lippen und Zungen vereinten sich. Meine Wahrnehmung verschwamm zunehmend. Der Lärm verblasste. Als ich glaubte vor Atemnot nach Luft schnappen zu müssen, ließ sie los um anschließend ihre Hände unter meinem Pullover verschwinden zu lassen. Dann zog sie mir ihre Fingernägel von oben bis unten über den Rücken. Der Schmerz machte es perfekt.


© D.M.


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