Ein paar Tage nach meiner eindrucksvollen Begegnung mit einer Herrin und ihrem Sklaven in der dritten Etage eines Kaufhauses – ich versuchte gerade dies außergewöhnliche und seltsame Erlebnis zu verdrängen – wollte es der Zufall, das ich ihr erneut über den Weg lief. Es war in einem Stadtpark, so um die Mittagszeit. Die Sonne schien warm auf gepflegte Rasenflächen und grün belaubte Bäume. Der Sommer hatte begonnen.

Ich laufe durch den Park. Es herrscht reger Betrieb. Ich habe es ein wenig eilig, ohne genau zu wissen, warum. Ich quetsche mich durch das Gedränge. Menschenansammlungen machen mich unruhig.
Ich beeile mich aus einer, dicht aneinandergedrängten Gruppe herauszukommen, renne jemanden um und kriege dabei einen Rucksack in die Rippen geschlagen. Ich entschuldige mich hastig und will geradeaus weiterlaufen.
Da sehe ich SIE, die Herrin, genau gegenüber von mir, sodass es ausgeschlossen ist, ihr nicht durch den Weg zu laufen.
Ihre dominante Art sich zu bewegen und ihre Ausstrahlung lassen die Passanten, welche entgegenkommen, instinktiv ausweichen.
Sie läuft in der Mitte des gepflasterten Weges. Ein Stück hinter ihr geht ein Sklave, ganz in schwarz. Sie hält ihn an einer Kette, wie ein Hund. Ich bin auf der Stelle erstarrt, wodurch ich sie nun auf mich aufmerksam wird. Sie scheint nicht gerade beeindruckt von meiner Erscheinung als lebende Eisskulptur. Ich dagegen bin fasziniert von dem Bild, das sich mir bietet. Ich sehe sie aufmerksam an. Nichts lässt darauf schließen, das sie mich wiedererkennt und wenn, ist sie allenfalls etwas genervt davon.
Ihr Sklave hinter ihr neigt unterwürfig den Kopf, aber es scheint, als wolle er etwas sagen. Sie giftet ihn an, leise zu sein.
Für einen Moment reißt sie mich mit ihren Augen in kleine Stücke. Dann weiche ich ihrem Blick aus und sehe zu Boden. Es erregt mich, das sie mich so ansieht. Meine Wangen brennen, als hätte ich zwei gepfeffert gekriegt.
Inzwischen ist sie längst an mir vorbeigeschritten. Ich bin von ihrem Erscheinen noch völlig überrumpelt.
Sie ist bereits dutzende Meter weitergegangen, als ich ihr, aus einem plötzlichen Impuls heraus hinterherlaufe. Ich sehe ihren schmalen wohlgeformten Rücken, der in sanft gerundeten Hüften endet. Mein Atem geht schneller. Unter ihrer Haut von warmem sonnenbraun, zeichnen sich ihre Wirbel leicht auf dem Rücken ab. Darüber gleitet ein langer Pferdeschwanz von hellstem blond.
Mein Herz klopft heftig, als es mir gelingt sie einzuholen. Ich versuche sie aufzuhalten, berühre sie am Unterarm. Da dreht sie sich um, packt mich am Kragen, und noch ehe ich begreife was passiert ist, liege ich vor ihr auf dem Boden.
Daraufhin drehen sich alle im Umkreis von mindestens zwanzig Metern um. Neugierige Blicke heften sich auf das Geschehen.Verwirrt rappele ich mich etwas auf und sehe zu ihr hoch.
Ihr zornig funkelnder Blick trifft mich ohne Vorwarnung. Nur ein Tritt zwischen die Beine hätte deutlicher sein können. Ich verharre in halb liegender, halb kniender Pose, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Sie sieht mich höhnisch von oben an. „Du elender Hund wagst es, mich zu berühren?!“, schreit sie mich an, in einer Lautstärke, dass es der halbe Park hört. Sie wendet sich verächtlich schnaubend ab und lässt mich dort am Boden zurück, ihren Sklaven hinter sich herziehend. Ich sehe ihr noch lange nach.
Dann reißt mich der belustigte Blick der zahlreichen Zuschauer zurück in die Wirklichkeit. Noch immer am Boden kniend, erröte ich gedemütigt.


© D.M.


0 Lesern gefällt dieser Text.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Zweite Begegnung: Der Stadtpark"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Zweite Begegnung: Der Stadtpark"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.