Undurchdringliche Dunkelheit umgibt mich. Das einzige Geräusch mein unstetiges Atmen. Das einzige Gefühl: Angst. Wie lange ich bereits hier unten verschmore, ist mir schleierhaft. Genauso wenig weiß ich, wann meine Qualen letztendlich ein Ende nehmen werden. Ich habe hier unten jegliches Zeitgefühl verloren. Ob Tage, Wochen oder Monate vergangen sind. Allerdings ist es jedes Mal dasselbe: Schmerzen, Blut, Geschrei und ein teuflisches Lachen. Die Dunkelheit beruhigt mich. Tröstet mich, dass er mir jetzt nichts antun wird. Doch wenn der Tag erst einmal anbricht, wird alles wieder von neuem beginnen, wie ein Rad, das niemals aufhört, sich zu drehen. Aber ist es in der Nacht wirklich besser? Denn da beschäftigen mich andere Dinge als der Schmerz. Entweder Alpträume oder Schuldgefühle. Es ist so als ob ich in ein Labyrinth gefangen bin, bei dem jeder Weg in eine Sackgasse endet.
Gekettet liege ich auf einen harten länglichen Holztisch im Keller, friere als die kalte Nachtluft auf meine nackte Haut trifft. Tagtäglich foltert er mich aus Vergnügen. Und anschließend, wenn er seinen Spaß mit mir gehabt hatte, heilte er mich wieder und das ganze Spiel begann von neuem. Ich fühle mich gefangen. Gefangen in einem Albtraum, der weder einen Anfang noch ein Ende besitzt.
Plötzlich höre ich einen Schlüssel im Türschloss und mein Herz fängt augenblicklich schneller an zu schlagen. Kurz darauf öffnet sich die Tür und jemand betritt mit schweren Schritten den Raum. Schritte, die mir genauso bekannt sind, wie mein eigener Name. Kaiden. Er schaltet das Licht an und mit einem lauten Knall fällt die Tür zu, sodass kein Flehen, keine Schreie nach außen dringen und jemand mir hilft. Warum? Was hat er ausgerechnet um diese Uhrzeit hier zu suchen? Er will doch nicht schon wieder… Angst ergreift mein Herz wie eine unheilbare Krankheit und lähmt langsam jeden einzelnen meiner Glieder. Tränen brennen wie Gift in meinen Augen, dennoch schließe ich sie und zwinge mich selbst regelmäßig zu atmen, damit es so scheint, als ob ich schlafen würde. Ein naiver Teil von mir hofft, dass er es sich anders überlegt und wann anders erneut vorbeischaut, was ohne Zweifel am Morgen der Fall gewesen wäre. Augenblicklich wird es unter meinen Augenlidern dunkel, als er seinen Oberkörper über mich beugt. Plötzlich spüre ich eine kalte Hand auf meinem nackten Oberschenkel. Ich zucke heftig zusammen und keuche erschrocken auf, so als hätte mich diese Berührung verbrannt.
,,Clara glaubst du wirklich, ich merke nicht, dass du mich täuschst, indem du dich schlafen stellst? Ich habe dein Schlafverhalten in den letzten Nächten genau studiert, nur damit das klar ist.“ Er schnalzt missbilligend mit der Zunge.
Ein kalter Schauer läuft mir bei diesem Geständnis über dem Rücken. Er hat mich nächtelang beobachtet, ohne dass ich etwas gemerkt habe? Er lässt seine waldgrünen Augen über meinem Körper gleiten. Malt sich wohl bereits aus, was er als Nächstes mit mir anstellen wird. Und obwohl ich eine Shorts und ein Top trage, fühle ich mich so nackt unter seinem Blick. Schutzlos. Ausgeliefert.
,,Was willst du von mir, Kaiden?“, frage ich ihn mit matter Stimme. Ich höre selbst heraus, dass mein Wille endgültig gebrochen ist. Ich weiß nicht, warum ich eine überaus so unnötige Frage stelle, wenn ich die Antwort darauf bereits vornherein kenne. Bestimmt um das Unausweichliche nur weiter in die Länge zu ziehen.
Er lacht leise auf.
,,Immer gleich zur Sache kommen. Du hast dich kein bisschen verändert. Allerdings musst du auch wissen, dass du am längsten von allen durchgehalten hast.“
Er schenkt mir ein verheißungsvolles Lächeln. Ein Lächeln, das ich einst an ihm geliebt habe. Er dreht mir den Rücken zu und fährt ungerührt fort, während er in seinem Regal hantiert und nach irgendwelchen Geräten sucht.
,,Um ehrlich zu sein, bist du bisher das spannendste Spielzeug von allen gewesen. Deswegen fand ich es auch schade, dir ein allzu schnelles Ende zu bereiten.“
Eine ungeheure Wut wallt in mir auf, als er so unverschämt über diese Mädchen spricht. Denn das traurige ist, dass andere Mädchen dasselbe wie ich erdulden mussten. Er hat sie gefoltert, bis er das Interesse an ihnen verlor und letzten Endes kaltblütig ermordete. So als ob sie keine Personen gewesen wären.
,,Kaiden du hörst dich an wie ein kleines Kind. Und eins kann ich dir versichern: Keines dieser Mädchen hat dich geliebt. Wer könnte schon ein Monster wie dich gern haben?“, erwidere ich mit kühler Stimme, die sich tatsächlich deutlich stärker als davor anhört. Voller Genugtuung stelle ich fest, wie er seine Hände zu Fäusten ballt und seine Kiefer fest zusammenbeißt. Nach einer Weile allerdings beruhigt er sich wieder und er lacht leise auf.
,, Netter Versuch Clara, aber ich kenne bereits all deine Tricks. Dennoch freut es mich zu sehen, dass du nach wie vor dein Temperament besitzt. Das macht dich gleich viel spannender. Dennoch ist es schade, dass du immer noch nicht gelernt hast, zuerst über deine Worte nachzudenken, bevor du sie aussprichst.“
Gelassen zündet er einen Streichholz an und inspiziert für einen kurzen Moment die winzige Flamme, bevor er sie in den Kamin wirft und das Brennholz anfängt lichterloh zu brennen.
,,Und außerdem wem kümmerts, was diese Schlampen von mir gehalten haben. Sie haben mich betrogen, indem sie mich verließen und ich habe mich schließlich aus diesem Grund an ihnen gerächt. Sie haben es verdient, genauso wie dich heute dein Untergang erwartet.”, teilt er mit einem hinterhältigen Grinsen mit.
Nachdem ich die Bedeutung hinter seinen Worten realisiert habe, breitet sich eine gewisse Ruhe in mir aus. Um ehrlich zu sein, fürchte ich mich nicht vor dem Tod. Er würde letztendlich meine langersehnte Erlösung von all diesem Leid sein. Kaiden muss wohl die Erleichterung auf meinem Gesicht entdeckt haben, nur um sie dann wieder zu nehmen.
,, Ach Clara, wie naiv du doch bist. Glaubst du wirklich, dass ich dir ein einfaches Ende gewähren werde? Der Tod ist die eine Methode, die gnadenvollere.“
Er stützt jeweils beide Hände seitlich von meinem Kopf ab und beugt sich ganz dicht zu mir, sodass unsere Nasenspitzen sich beinah berühren. Wäre ich nicht an einem Tisch angekettet und obendrein schwach von der Mangelernährung, hätte ich ihm womöglich die Nase gebrochen. Und vielleicht noch weitaus schlimmeres mit ihm angestellt. Sein warmer Atem streicht über mein Gesicht und die ganze Zeit über wage ich es nicht, zu atmen. Eine blonde Haarsträhne fällt ihm ins Gesicht, doch er beachtet sie nicht weiter und blickt mir stattdessen geradewegs in die Augen. Suchend. Forschend. Als ob er nach etwas bestimmtem Ausschau hält. Nach einer Weile, die sich wie eine gefühlte Ewigkeit anfühlt, entfernt er sein Gesicht und ich atme erleichtert auf. Was war das denn gerade eben gewesen? Gedankenverloren wickelt er eine rote Haarsträhne von mir um die Finger, was ich widerstandslos über mich ergehen lasse.
,, Du wirst für immer mein sein. Aber um dich gefügiger zu machen, muss ich gewisse Maßnahmen ergreifen.”
Eine eisige Kälte erfasst mein Herz, als ich den sadistischen Ton unter seiner Stimme heraushöre. Was auch immer er mit mir vorhat muss unvorstellbar grausam sein. Nicht mit dem Tod zu vergleichen. Er holt die Schlüssel aus seiner Hosentasche und lässt sie vor meinem Gesicht klimpern.
,, Wird Zeit dich aus diesen Fessel herauszuholen. Aber wage es ja nicht, irgendeinen Unfug anzustellen.”
Ich nicke bloß gehorsam und er macht sich daran, zuerst meine Beine, dann meine Hände zu befreien. Stöhnend setze ich mich auf. Mein Rücken ist steif und meine Arme und Beine durch die Fesseln völlig wund geschoren. Das ist meine einzige Chance von dieser Hölle zu fliehen. Und egal wie aussichtslos es auch zu scheinen mag; ich muss es schaffen. Träne bahnen sich ihren Weg über meine Wange und ich schluchze laut auf. Lasse ihn sehen, was er möchte: ein wehrloses Mädchen, das schon längst aufgegeben hat. Er dreht mir den Rücken zu und beugt sich tief über eine Kiste. Eine innere Stimme mahnt mich, es nicht zu tun, doch ich blende sie aus und springe lautlos auf meine Füße. Fest beiße ich meine Zähne zusammen, als ein stechender Schmerz durch mein ganzes Bein fährt und ich beinah mein ganzes Gleichgewicht verloren hätte. Es wird tatsächlich schwieriger als gedacht werden. Ohne eine weitere Sekunde verstreichen zu lassen, schnappe ich mir die bestmögliche Waffe in der Nähe - ein Metallstab – und stürze mit wackeligen Beinen auf Kaiden zu. Genau in diesem ungünstigen Moment dreht er sich zu mir um, Schock deutlich in sein ganzes Gesicht geschrieben, bevor der Stab genau auf seine Nase landet. Es ertönt ein lautes Knacken, gefolgt von einem markerschütterndem Schrei. Unfassbar schüttele ich den Kopf. Nach all dieser Zeit hat sich doch noch ein Wunsch von mir erfüllt. Und während ich hier dastehe und ihm beim Leiden zusehe, flammt kein Funken Mitleid mit mir auf. Ohne ihm eines weiteres Blickes zu würdigen, fliehe ich aus dem Keller. Adrenalin schießt heiß durch meine Adern, lässt meine Erschöpfung und meine Schwäche für einen Moment verebben. Es mir bleiben mir nur einige Minuten, bis sich Kaiden vollends von dem Schock erholt und seine Wunden geheilt hat. Bei dem Gedanken, dass er mich erneut in die Finger bekommen könnte, muss ich schwer schlucken. Wie ein Wirbelwind stürme ich die Treppen hinauf, die zu seinem Wohnzimmer führen. Mein abgehackter Atem das einzige Geräusch in der Stille, das Licht, welches aus dem unteren Spalt der Türe hineinscheint, meine einzige Lichtquelle. Endlich habe ich die solide Holztür erreicht. Gleichzeitig höre ich unten eine Türe zuschlagen und wie Kaiden mit raschen Schritten die Treppen hinaufeilt. Ich drücke die Türklinke hinunter, schluchze vor Erleichterung auf. Doch ich habe mich wohl zu früh gefreut. Denn die Tür bewegt sich keinen einzigen Millimeter. Sie ist abgesperrt. Mein einziger Weg in die Freiheit ist verschlossen.
,,Nein, nein, nein....”
Mit meinem ganzem Körpergewicht werfe ich mich auf die Tür, die allerdings nach wie vor verschlossen bleibt. Ich trommele mit meinen Fäusten wie verrückt auf das Holz, obwohl ich bereits tief in meinem Inneren weiß, dass es nichts bringt, dass er mich letztendlich doch in die Finger kriegen wird. Wenn ich meine Magie anwenden könnte, würde ich diese Tür auf der Stelle zu Asche verbrennen. Doch Kaiden hat überall spezielle Steine ausgelegt, die meine Magie bändigen. Ich schlage nun mit den Fäusten auf die Tür. Spüre, wie die Haut meiner Knöchel abwetzt, wie Blut hinausrinnt, wie sich Holzspänen in mein Fleisch bohren. Die Wucht der Schläge lässt meinen Körper erbeben, Tränen strömen über mein Gesicht. Will mit diesem Lärm die sich nähernden Schritte übertönen, das Unausweichliche irgendwie hinauszögern und mich nicht widerstandslos ausliefern. Doch schon bald umfasst eine Hand meine Haare und reißt meinen Kopf brutal nach hinten. Ein heiser Schrei verlässt meine Kehle, während Kaiden mich fluchend mit meinen Haaren nach unten zerrt. Ich trete um mich herum, aber es ist zwecklos. Tiefer, tiefer und tiefer. Zurück zum Keller, wo er mich in die Ecke des Raumes schleudert und in die Rippe tritt. Fest beiße ich meine Zähne zusammen und lasse keinen Schrei aus meinem Mund entfliehen, obwohl ein brennender Schmerz meinen ganzen Körper durchzuckt, als eine Rippe brach. Egal wie schlimm es auch kommen mag, ich werde bis zum äußersten Ende nicht nachgeben, einen Teil meiner Würde wahren. Das bin ich ihnen nämlich schuldig. Meinem Vater, meiner Mutter und meinem Bruder.
,,Das hast du davon, wenn du nicht auf mich hörst.“, zischt Kaiden mich mit einem ungebändigtem Zorn in seinen Augen an. Oh ja, er ist wirklich angepisst.
,,Aber von deinem Temperament kannst du dich gleich verabschieden. Denn ich werde dich innerlich brechen. Und glaub mir, dann wirst du noch gefügiger als ein Hund sein.“
Ich werde dich innerlich brechen. Genau diese Worte bewirken, dass ich mich weiter in die Ecke kauere. Ich bete stumm zu Gott, dass es hoffentlich nicht allzu schlimm wird und dass er mir beisteht. Doch meine Bitten sind vergeblich. Wenn er sie bisher nicht erhört hat, wird er es jetzt ebenfalls nicht tun. Mir ist vor lauter Angst ganz schlecht und ich wünsche mir nichts sehnlicher, das alles hinter mir zu haben. Doch Kaiden schreitet in Ruhe zum Kamin, so als ob er jede Sekunde auskosten wolle. Das Feuer das einzige, was nun den Keller erleuchtet. Genau wie damals, wo ich meine Weihnachtsgeschenke gemeinsam mit meinem Bruder unter den warmen Kaminschein ausgepackt habe. Sehnsüchtig denke ich an das Vergangene zurück, doch diese Erinnerung ist weit von der Realität entfernt. Ich sehe, wie Kaiden einen Metallstabes ins Feuer hält und ihn anschließend entfernt, nachdem die Spitze angefangen hat rot zu glühen. Doch beim genaueren Hinsehen, erkenne ich Buchstaben. Sein Name. Meine Augen weiten sich vor Schreck, als mir sein Vorhaben von einer Sekunde auf die andere bewusst wird. Du wirst für immer mir gehören. Ein grausames Lächeln umspielt seine Lippen und die lebendigen Flammen des Feuers lassen ihn noch unheimlicher erscheinen. So als ob er der Teufel persönlich wäre und ich in der Hölle, bereit meine Strafe zu erhalten. Ich strecke meinen zitternden Arm aus.
,, Bitte... tu es nicht. Ich werde auch alles machen, was du von mir verlangst... Bitte...”
Meine Stimme ist gegen Ende einem verzweifelten Flüstern gewichen. Das alles ist nicht einmal geschauspielert. Mein einziger Weg heil durchzukommen, besteht darin, Kaiden irgendwie zu überzeugen. Denn außer Betteln fällt mir in diesem Moment nichts weiteres ein. Kaiden geht vor mir in die Hocke und blickt mich nun aus traurigen Augen an, den Metallstab legt er neben sich auf dem Boden.
,, Du würdest wirklich alles für mich tun?”, fragt er mich mit sanfter Stimme.
,, Wir könnten ein glückliches Paar werden, genauso wie du es wolltest. Bitte tu es nicht. Verschone mich und ich werde alles machen, was du von mir verlangst.”
Ein kleiner Hoffnungsschimmer erfüllt mein Herz, als sein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck annimmt und er seine Entscheidung abwägt.
,, Das hört sich nicht schlecht an.”, meint er schließlich und hebt mit einem langem Seufzer die glühende Metallstange wieder auf.
,,Hättest du mich all das früher wissen lassen, hätten wir uns diese ganze Spielerei sparen können.”
Glücklich lächele ich ihn an. Aber nicht, weil mir die Aussicht Zeit mit ihm zu verbringen, gefällt, sondern eher deshalb, weil er mich verschont und mir auch in der Zukunft nichts anhaben wird. Er streckt die Hand nach mir aus und ich will sie ergreifen, doch stattdessen packt er mein T-Shirt und zerreißt es in der Mitte.
,, Allerdings muss ich dir mitteilen, dass es bereits zu spät ist und dir nicht glaube. Also verabschiede dich jetzt von deinem Feuer, weil ich es für immer auslöschen werde.”
Und bevor ich mich auf die Schmerzen rechtzeitig einstellen kann, trifft das glühende Metall mit Kaidens Namen auf meinen Rücken. Schmerz explodiert vor meinen Augen, während sich die Hitze durch meine Haut frisst. Jeder Atemzug fühlt sich so an, als ob ich Scherben verschluckt hätte, jeder einzelner Nerv brennt vor Qualen. Ich spüre, wie die Hitze ihren Weg bis zu meinem Knochen bahnt, höre wie von weitem gequälte Schreie ertönen. Meine Schreie. Es kommt mir so vor, als ob ich den Schmerz selbst verkörpere. Nie im Leben hätte ich mir das Feuer so grausam vorgestellt. Das Feuer, das ich über alles liebe. Geliebt hatte. Ich rolle mich auf dem Boden zu einer Kugel zusammen und will nur, dass alles aufhört. Sekunden fühlen sich an wie eine Ewigkeit, bis Kaiden zufrieden mit seinem Werk ist und das glühende Metall von mir entfernt. Er spricht zu mir, allerdings nehme ich seine Worte von weitem war, so als wäre eine Wand zwischen uns. Zerschunden liege ich auf dem Boden. Ich wurde für mein ganzes Leben gebrandmarkt. Gebrandmarkt und gebrochen. Außen mag ich am Leben scheinen, doch innerlich bin ich bereits tot. Ein Echo von dessen, das einst existiert hat. Im Hintergrund höre ich eine Tür aufschlagen. Dann ein Schuss und ein schmerzerfülltes Gebrüll. Doch das einzige, was ich wirklich wahrnehme, ist mein Herz, das trotz allem gleichmäßig gegen meine Brust pocht. Jemand hebt mich hoch, legt etwas warmes über mich und trägt mich hinaus, wo die kalte Nachtluft mich angenehm umhüllt und meine Schmerzen etwas lindert. Etwas Kaltes – Wasser – streicht meinen Rücken entlang und heilt Stück für Stück meine Wunden, bis nur noch ein leichtes Pochen übrig bleibt. Meine Augen flattern auf und ich blicke dafür geradewegs in die saphirblauen Augen meines Retters.
,, Clara Blackthorn, nehme ich an?”, fragt er mich mit ruhiger Stimme. Ich nicke als Antwort.
,,Meine Männer und ich haben eine Weile gebraucht, dich zu finde, aber nun bist du in Sicherheit. Alles wird wieder in Ordnung werden.” Den letzten Satz sagt er mit solch einem Nachdruck, dass ich ihm fast geglaubt hätte. Aber nur fast. Denn in seinen Augen leuchtet Trauer. Echte Trauer. Nach so langer Zeit jemand, der sich wirklich um mich sorgt. Tränen steigen mir in die Augen und ich schenke ihm ein ehrliches Lächeln, welches er erwidert. Mir fällt auf, dass er das genau identische Lächeln meines Vaters besitzt. Ich bringe ein schwaches Danke zustande, bevor meine Stimme endgültig bricht und die schmerzhaften Erinnerungen an meinem Vater wieder hochkommen. Schnell blicke ich zur Seite, wo das Haus von Kaiden in die Höhe ragt. Ich könnte es auf der Stelle abfackeln, meine Magie wäre zweifellos imstande eine solche Zerstörung anzurichten. Aber da ist eine gewisse Leere in meinem Herzen. So als ob das Feuer, das einst lichterloh in mir gebrannt hat, ausgelöscht ist. Oder liegt es eher daran, dass ein einziger Gedanke an meinem Feuer, mich an die Qualen von heute Nacht erinnert? Wie kann es sein, dass man etwas urplötzlich hasst, obwohl man es sein ganzes Leben lang mit vollem Herzen geliebt hat? Doch welche Frage mich am meisten beschäftigt: Wer bin ich ohne mein Feuer?


© Starlight of the night


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Beschreibung des Autors zu "Das Feuer in mir"

Einst hat sie lichterloh gebrannt.
Die Flamme in mir.
Doch nun ist mein Herz in tausend Scherben zerbrochen.
Und die Flamme in mir erloschen.

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