Nur der schwache Schein des Halbmondes erhellt den schmalen Trampelpfad. Jeder Schritt ist beschwerlich, denn der Regen der letzten Tage hat den, von tausenden Schritten geformten Weg, in kräftezehrenden Match verwandelt. Gelegentlich höre ich das Geheule von Wölfen, aus dem Wald, der sich sieben Meilen rechts von mir, von Ost nach West erstreckt. Was diesen Forst an Breite fehlt, macht er durch seine Länge wieder wett. Mehrere hunderte Meilen lang zieht sich dieser Wald in den Westen. Zahlreiche Mythen und Legenden beherbergt dieser Wald. Der Fluss Myrm hat sich über die Jahrhunderte eine Schneise durch das dichte Gehölz gebahnt. Er wird auch “die Goldader des Waldes” genannt, denn sein Wasser ist goldfarben. Auf mich hat dieser Wald eine abschreckende Wirkung, weil vieler meiner Freunde und Verwandte dort den Tod gefunden haben. Das Licht des Mondes hüllt diesen Hain in einen unheimlichen Schleier. Merkwürdige Lebewesen, die nur nachts ihrem Leben nachgehen und Mark erschütternde, kreischende Geräusche von sich geben, sollen dort eine Heimat gefunden haben. Händler und Wanderer erzählen sich Geschichten über diese Kreaturen. Ich selbst habe nie solch ein Wesen gesehen, obwohl ich oftmals in der Nähe dieses Waldes unterwegs war.

Walakim, ein riesiger, massiver Berg erhebt sich links von mir, einhundertsiebzehn Meilen entfernt, in den wolkenlosen Himmel. Fast gänzlich verschluckt die Nacht den imposanten Berg, nur der schneebedeckte, abgerundete Gipfel schimmert über das vorliegende Flachland. Von unzähligen Mineneingänge und Höhlen ist dieser Berg durchzogen. Völker aller Rassen haben dort ihr Glück versucht, den Goldhort zu finden, der in vielen Sagen und Legenden beschrieben wird. Für viele war dies ein tödliches Unterfangen. In den Höhen und Gängen soll die Luft den charakteristischen Geschmack von Blut angenommen haben. Mehrere Fuß hoch, so wird es sich erzählt, haben sich die, inzwischen zu Skeletten gewordenen Leichen der Goldgräber aufgestapelt. Vor etwas mehr als siebzig Winter, hat ein unbekannter Mensch alle Eingänge mit einem starken Zauber belegt, der es unmöglich macht, dass lebendige Wesen den Berg jemals wieder von innen sehen können. Bis heute ist der Zauber ungebrochen. An jedem Eingang ist in Runenartiger Schrift der gleiche Satz zu lesen. Niemanden ist es gelungen, diese merkwürdigen Zeichen zu deuten oder gar zu entschlüsseln.
Der Wald und der Berg Walakim machen diese Gegend zu einem unheimlichen Ort, der nur von wenigen Wanderern oder Händeln durchquert wird.

Die Nacht neigt sich dem Ende. Langsam erkämpft sich die Sonne ihren Platz am Himmel und verdrängt, mit ihrem wärmenden Licht den Mond und die Sterne. Dank meiner Erfahrung weiß ich, mein Ziel ist nur noch wenige Stunden Fußmarsch entfernt. Mein Proviant, welches ich in einem kleinen Beutel an meinem Gürtel trage, ging mir am vorigen Tag schon aus. Mein Magen gibt mir deutlich zu verstehen, das ihm Nahrung fehlt. Dies lässt sich aber leicht ignorieren. Vielmehr bereiten mir meine Füße Probleme. Obwohl ich diese Reise schon des öfteren angetreten habe, haben sich diesmal etliche Blasen gebildet, von denen viele aufgeplatzt sind und nun bei jedem Schritt Schmerzen verursachen.

Die Sonne hat nun fast ihrem höchsten Punkt erreicht. Die ärmliche Pflanzenwelt ist zu neuem Leben erwacht. Vereinzelt sehe ich einen Hasen, der durch das wenige Gras hüpft, Käfer, die über den Boden huschen, doch am wichtigsten ist, ich sehe das Dorf Kaltberg, was mein Ziel dieser Reise ist, nun wenige Meilen vor mir. Das Dorf liegt am Fuße von Walakim. Die Häuser sind ausnahmslos aus Holz erbaut. Die Taverne, in der ich bei meinen früheren Reisen das köstliche Schwarzbier genossen habe, bildet den zentralen Punkt. Davor sind in einem Bogen dreiundzwanzig Felder angelegt, von dem jedes einer Familie aus diesem Dorf gehört. Links von der Taverne stehen in unregelmäßigen Abständen, manche etwas versetzt, die Häuser der hier lebenden Familien. Nahezu jedes Haus gleich dem anderen, nur eines besitzt einen Holzanbau, der als Lager für die Taverne genutzt wird. Dieses Haus gehört Arth, dem Tavernen Chef. Hinter der Taverne sind die Ställe für die verschiedenen Tiere untergebracht. Schweine, Kühe, Hühner, Esel und Ziegen, sichern den Lebensunterhalt für die Bewohner, denn alle leben von Ackerbau und Nutztierhaltung. Hunde und Katzen jagen sich gegenseitig durch das Dorf und bei gutem Wetter spielen Kinder, jedes Alters, draußen verstecken oder fangen. Etwas entfernt vom Dorf, auf der rechten Seite liegt ein kleiner See. Dieser wird, durch einem kleinen Bach, der vom Berg bis zum See reicht, regelmäßig mit Wasser versorgt und dient den Bewohnern als Trinkwasser. In dem Schankhaus werden sich bis heute Geschichten über Walakim erzählt. Besonders die Kinder hören den Älteren dabei gerne zu.

Ich bleibe neben einem kleinen Stachelbeerbusch stehen, um etwas durchzuatmen. Mein Blick fällt auf dass Dorf, welches noch 5 Meilen entfernt ist. Jedes Jahr, zum ersten Vollmond im Sommer findet in diesem Dorf ein besinnliches Fest statt. Um als Gast diesem Fest beizuwohnen, habe ich meine Heimatstadt Drachenglut verlassen. Siebenundzwanzig Tage hat meine Wanderung in Anspruch genommen. Die schönen Erinnerungen an meinen letzten Besuch, lassen mich die Schmerzen an meinen Füßen vergessen. Ich freue mich schon auf das kalte, köstliche Schwarzbier.
Mir fällt etwas merkwürdiges auf. Über dem Dorf liegt ein schwarzen Schleicher. Aus weiterer Entfernung dachte ich, es seien Gewitterwolken, diese Annahme erweist sich als falsch. Es ist Rauch, der immer dichter wird und schon sechs Häuser vollkommen in sich vereinnahmt hat. Ich brauche einen Moment um die Situation zu realisieren. Ich befreie mich aus meiner kurzen Starre, fokussieren meinen Blick auf Kalkberg und renne geradewegs zum Dorf. Auf halber Strecke bremst mich plötzlich ein ohrenbetäubender Schrei aus. Dieser ist so laut, dass ich meine Hände gegen meine Ohren presse. Der ganze Boden bebt und die Vögel flüchten in alle Himmelsrichtungen vor diesem Schrei. Solch ein Laut habe ich noch nie zuvor in meinem Leben gehört. Wenige Sekunden später ist der Schrei verflogen und ich spüre einen starken Windzug über meinem Kopf. Schnell Blicke ich zum Himmel und sehe eine seltsame, schwarze Gestalt, die jedoch zu weit entfernt ist, um genau zu erkennen, um was es sich handelt. Viel Zeit um über diese Begegnung nachzudenken habe ich nicht, weil sich das Feuer weiterhin ungehindert durch das Dorf frisst. Nur noch zwei Meilen bis zum Dorf. Die Hitze der Flammen spüre ich schon in meinem Gesicht. Merkwürdig das ich keine Einwohner sehen kann, die versuchen, den Brand zu bekämpfen. Geisteslos renne ich dem Dorf weiter entgegen. Mit jedem Schritt wird die Luft heißer, kleine Funken muss ich daran hindern, in meine Augen zu fliegen und der Rauch wird merklich dichter. Jetzt trennen mich nur noch wenige Schritte von Kaltberg.
Was meine Augen sehen schockiert mich zutiefst. Einhundertfünfzig Schritt bin ich nun von dem Dorf entfernt und ich sehe ein Flammenmeer, dem Kaltberg gänzlich zum Opfer gefallen ist. Starr blicke ich in die beißend roten Flammen, während ich vergeblich versuche meine Tränen zurück zu halten. Langsam lasse ich meinen Blick von links nach rechts schweifen, in der Hoffnung, eine Person zu entdecken, die diese Flammenwand überlebt haben könnte. Diese Erwartung wird mir, nachdem ich den See erblicke, schnell wieder genommen. Wer oder was ist der Urheber dieser, Leben nehmenden Flammen, die sogar den See zum Kochen bringen? Mir ist keine Naturgewalt bekannt, die solch eine Hitze erschaffen kann. Die Häuser sind nicht einfach verbrannt, sondern einige worden in unzählige Teile zerrissen, welche in alle Himmelsrichtungen verstreut sind. Wut überkommt mich, weil es nichts gibt, was ich machen könnte. Dieses Inferno erzeugt ein grausames Geräusch. Überall knistert und knackt Holz, manchmal lodern Flammen mehrere Fuß hoch in den Himmel, aber am angsteinflößendsten ist, wie die Flammen sich scheinbar miteinander unterhalten. Zwischen all der Zerstörung vernehme ich ein leises, doch sich wiederholenes Frauchen. Macht wirklich dass Feuer diese Töne, oder werde ich verrückt? Da war es wieder, dieses Fauchen, diesmal aus der Richtung wo die Häuser der Einwohner standen. Ruckartig bewege ich meinen Kopf nach links und zwischen den grellen Flammen glaube ich, eine Bewegung von etwas wahrgenommen zu haben. Hat mir meine Einbildung einen Streich gespielt, oder lebt doch einer der Bewohner noch? In der Hoffnung jemanden das Leben retten zu können, trotze ich den Flammen und renne zu der Stelle, wo ich die Bewegung gesehen habe. Unaufhörlich schlägt mir eine Wand aus Hitze ins Gesicht, die meinen Bart wiederholend in Flammen setzt. Mit Spucke auf meinen Finger lösche ich meine Gesichtsbehaarung jedes Mal. Nun bin ich so nah am Brand dran, das sogar meine Schweißtropfen anfangen zu verdunsten. Eine immer lauter werdende Stimme in meinem Kopf gibt mir zu verstehen, ich soll umkehren und somit mein Leben sichern, doch in meinem Herzen wächst der Drang, wenigstens ein Leben retten zu wollen. Diese Hitze bremst meine Schritte. Aus dem rennen wird ein schleichen. Zwischen all dem beißend, hellen orange und rot glaube ich, diese Bewegung erneut gesehen zu haben. "Ich bin gleich bei dir und werde dich retten" schreie ich der Person entgegen, ohne zu wissen, ob meine Stimme gegen den Lärm ankommt. Weniger als zehn Schritte trennen mich noch von der Stelle, an der ich die Person vermute. Beim einatmen schlägt mir die Hitze bis zu meinen Lungen. "Wo bist….". Ein leises Summen zischt durch die Luft und Sekunden danach spüre ich ein lähmenden Schmerz an meiner rechten Schulter. Bevor ich verstehe, was gerade passiert ist, höre ich dieses Geräusch erneut, und gleich darauf spüre ich, wie etwas meinem Bauch durchbohrt. Instinktiv lege ich meine Hand auf den Bauch, über diese sogleich eine warme Flüssigkeit läuft. Blut, ich blute. Einmal noch schaue ich zu der Position, wo ich die vermeintliche Person retten wollte. Alles um mich herum wird immer dunkler. Mir zittern die Knie und meine Atmung wird flacher und langsamer. Die Welt um mich herum scheint sich zu drehen. Kraftlos Falle ich zu Boden und unaufhörlich holt mich die Dunkelheit ein.

"Steh auf! Deine Wunden sind geheilt. Nun richte dich auf!" Der Klang dieser Stimme durchzieht meinen ganzen Körper. Ruckartig öffne ich meine Augen und blicke direkt in das Firmament. Zahnlose Sterne blenden meine noch trägen Augen. Mein Kopf fühlt sich an, als hätte er Bekanntschaft mit einem Schmiedehammer gemacht. Wiederholend kneife ich meine Augen zu, in der Hoffnung, diesen grauen Schleier loszuwerden, der meine Sicht beeinträchtigt.


© by flash89


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Beschreibung des Autors zu "Arbeitstitel:Myrm. Habe meine Geschichte etwas umgeschrieben"

Die Hauptfigur in dieser Geschichte, wird sich zahlreichen Abenteuer stellen müssen, um herauszufinden, welche Geheimnisse diese mythische Welt bereithält.




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