In der Nacht als Beethoven kam

"Ich werde es niemals schaffen!", dachte ich verzweifelt, nachdem ich seit einigen Stunden am Klavier saß um das Klavierkonzert von Beethoven zu lernen. Ludwig van Beethoven war schon immer mein größter Favorit, ein bemerkenswerter Künstler seiner Zeit. Wie gerne hätte ich ihn als Lehrer gehabt, aber lebte leider in einer anderen Epoche.
Nach einer Weile gab ich von mir selbst enttäuscht auf und legte mich auf die Couch.

Verträumt lauschte ich der Musik, die ich eben eingelegt hatte, das Klavierkonzert Nr 5 ES-Dur von Beethoven. Ich ließ mich verzaubern von Beethovens Klavierspiel.
Irgendwann muss ich wohl kurz eingeschlafen sein.

Kurz darauf wurde ich durch ein Geräusch geweckt. Zunächst dachte ich, meine Katzen hätten etwas umgeworfen. Die Musik war bereits verstummt, doch in meinem Kopfe hörte ich sie noch immer sehr deutlich.
Da war wieder ein Geräusch. Meine Katzen lagen ganz ruhig auf ihrem Kratzbaum.
Was war das nur?

Kurz darauf wurde ich durch einen Lichtstrahl hinter mir aufmerksam und drehte mich langsam um. Es war ein grelles Licht im Nebenzimmer und ich hatte keinerlei Erklärung, woher dieses kam. Es wurde immer greller, sodass ich für einen Moment meine Augen schützen musste.
Ich verspürte allerdings keine Angst, es war vielmehr Faszination und Neugier die mich umhüllte.

Als ich die Hände von meinen Augen nahm um ins Licht zu schauen, sah ich eine dunkle Gestalt auf mich zukommen. Ich konnte erkennen, dass es eine männliche Person war, welche dunkel gekleidet war.
Als ich genauer hinsah konnte ich meinen Augen nicht trauen. "Das kann doch wohl nicht...", weiter wagte ich gar nicht zu sprechen. Dann stand die Person direkt vor mir und sehr real. Es war Ludwig van Beethoven!

Er war vornehm gekleidet, trug einen dunklen Gehrock und eine schwarze Hose. Auf seinem Haupte trug er einen schwarzen Zylinder, seine Haare hingen wuschig empor und seine Hände hiekt er hinter seinen Rücken.
Er sah mich mit seinen dunklen Augen eingehend an und brach das Schweigen im Raume, da ich einfach kein Wort herausbrach.

"Ihr braucht Hilfe!", sagte Beethoven. "Ich bin gekommen um euch zu helfen beim Klavierspiel!" Ich vernahm einen strengen Unterton als er das sagte. Beethoven war zu seiner Zeit ein sehr strenger Lehrer, das war mir bekannt.
"Bitte setzt euch ans Klavier, ich möchte sehen, wie weit ihr seit und wie ich den Unterricht fortsetze."

Ich tat wie befohlen und setzte mich ans Klavier um zu spielen. Nur war ich zu nervös und spielte äußerst schlecht.
"Ihr müsst euch konzentrieren!!", brüllte Beethoven. "Spielt mit Leidenschaft und klimpert nicht wie eine Küchenmagd auf dem Klavier herum! Spürt die Musik!"
Ich begann nochmal von vorne, doch wieder patzte ich. Beethoven wurde wütend.
"Ich sehe, dass ich mit euch viel Arbeit haben werde. Von jetzt an macht ihr nichts anderes, als Musik!"

Ich wurde auf einmal wach. Es war nur ein Traum, dachte ich enttäuscht und stand langsam auf. Wäre ja auch zu schön gewesen, dachte ich.
Als ich ins Wohnzimmer kam, war ich nicht alleine. Beethoven saß ungeduldig in meinem Sessel und musterte mich mit grimmigen Gesichtsausdruck. "Ihr seid spät dran!"

Er befahl mir mich sofort ans Klavier zu setzen. Beethoven hatte mir nicht gestattet zu frühstücken, er wollte sofort mit der Arbeit beginnen.
Er holte ein uraltes Notenblatt zum Vorschein, eine Etude, die er mal komponiert hatte und wollte, dass ich es spiele.
Zögernd begann ich zu spielen und stolperte einige Male. "Konzentriert euch und bleibt im Takt!", brüllte er.

Ich hatte große Mühe mich zu konzentrieren, da Beethoven dicht neben mir stand und mit voller Wucht den Takt auf dem Tisch anschlug.
So ging das nun Tag und Nacht weiter, Beethoven ließ mir keine freie Minute.
Nach kurzer Zeit wurde ich immer besser und lernte unglaublich viel neues dazu.

Nach einigen Wochen wurde mein großer Traum endlich Wirklichkeit. Ich durfte bei einem Benefizkonzert das Klavierkonzert Nr 5 von Beethoven vorführen.
Beethoven bereitete mich intensiv auf diesen Tag vor und gab mir hilfreiche Tipps, wie ich spielen sollte.

Endlich war der große Augenblick gekommen.
Mit zittrigen Knien betrat ich die Bühne. Das Orchester wartete bereits auf mich und das Publikum begrüßte mich mit lautem Beifall.
Ich setzte mich ans Flügel der Marke Steinway&Son und blickte zum Dirigenten, welcher auf mein Zeichen wartete.

Mein Einsatz begann und ich spielte das Klavierkonzert, als hätte ich im Leben nichts anderes getan. Ich war überglücklich.
Als der letzte Akkord gespielt wurde, war es mucksmäuschenstill im Saal. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich hätte schwören können, dass jeder hier im Saal es gehört haben muss.
Dann kam der große Beifall mit standing ovation und lauten "Bravo" rufen.
Ich stand langsam auf um mich dankend vor dem Publikum zu verbeugen.

Der Dirigent kam angelaufen um mir für dieses grandiose Konzert zu gratulieren.
Ich blickte kurz hinter mich und sah Beethoven hinter der Bühne stehen.
Er lächelte und verbeugte sich ganz langsam.
Dann kam wieder das grelle Licht hinter ihm und er ging dem Licht entgegen.
Wer hätte das gedacht, dass Beethoven aus dem Jenseits kam um mir zu helfen, meinen Traum zu verwirklichen.
Ich bin meinem großen Idol von ganzem Herzen dankbar!


© Jeanette Meißner


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Kommentare zu "In der Nacht als Beethoven kam"

Re: In der Nacht als Beethoven kam

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 25.07.2019 12:18 Uhr

Kommentar: Och, du bist aber hübsch, liebe Jeanette,
ach so ja, ich wollte ja eigentlich deine Geschichte bewerten. Gefällt mir auch gut. Herzlich willkommen bei Schreiber Netzwerk. Ich hoffe, wir werden noch viel voneinander lesen.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: In der Nacht als Beethoven kam

Autor: possum   Datum: 26.07.2019 0:34 Uhr

Kommentar: Gerne gelesen,
liebe Grüße!

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