Das Angebot

© EINsamer wANDERER

Sampsa saß mit angezogenen Beinen auf der kleinen Fensterbank und schaute ungeduldig hin und her wippend nach draußen. Zwar war er mit neuen Fangzähnen aufgewacht, aber die waren wenig nützlich wenn nichts in der Nähe war um sie hineinzuschlagen. Der Hunger brannte, jedoch bei weitem nicht so schlimm wie zuvor und den Handwerker als Nahrung zu nutzen, wäre etwas undankbar gewesen.

„Er kommt doch wieder, oder?“, fragte er ohne den Mann anzusehen.

„Das will ich doch hoffen, Kleiner. Ich kann so einen wie dich hier wirklich nicht gebrauchen.“ Wenig später schimpfte sich der Schmied für diese Wortwahl aus, da der junge Vampir sich umdrehte und ihn mit großen, traurigen Augen ansah.

„Niemand mag mich, niemand schert sich um mich, außer ich bin nützlich für ihn.“ Er sprang auf die Füße und machte einen großen Schritt in Richtung Kaminfeuer. „Ich hasse ihn, ich hasse ihn so sehr!“ Er machte einen weiteren Schritt auf das Feuer zu, dann fühlte er, wie der Schmied ihn zurückzog.

„Lass los, du hast doch gesagt, du kannst mich nicht brauchen.“

„Das stimmt wohl, aber dein „Freund“ wird mich einen Kopf kürzer machen, wenn er wiederkommt und du tot bist. Scheinst ihm irgendwie wichtig zu sein und er macht nicht den Eindruck, als ob er Spaß verstünde, wenn ihn jemand hintergeht. Also denk nicht dran, dich umzubringen.“

Der junge Vampir sah ihn trotzig an und blickte dann ins Feuer. Wenn er sich schon weiter in dieser Welt aufhalten musste, wollte er wenigstens die Stärke und das Geschick erlangen, um sich allein durchzuschlagen. Vielleicht sogar, um sich an demjenigen zu rächen, der ihn gegen seinen Willen zum Vampir gemacht hatte. Er wollte so stark und unberechenbar sein, wie diese Flammen, scheinbar gebändigt doch ungebrochen gefährlich – lauernd auf ihre Chance, wie der Jäger in der Nacht.

    Sampsa lächelte ein wenig. Wie der Jäger in der Nacht oder dieses wunderschöne, wie ebenso gefährliche Wesen, das ihn vor dem Hungertod bewahrt hatte. Niemand würde es dann mehr wagen ihn wie Dreck zu behandeln. Er grinste und sah, in seinen Gedanken versunken, weiter in die Flammen.


Nachdem Jonne seinen niederen Trieben nachgegangen war, zog er sich erneut in die Schatten zurück. Es verlangte ihm viel Beherrschung ab nicht ständig auf die kaltwerdende Leiche zu schielen, die ihn mit ihrer Bewegungslosigkeit lockte mitunter vielleicht sogar verhöhnte. Aber nun war nicht die Zeit, um sich mit den Toten zu amüsieren. Er war hier, um einen Auftrag zu erfüllen. Der Umstand, dass er seiner eigenen Triebhaftigkeit so hemmungslos anheimgefallen war, zeigte ihm auf, wie sehr ihm der lange Schlaf doch geschadet hatte. Es dämmerte bereits. Der Vampir wusste leider nicht in welchem Monat sie sich befanden und wie weit die Sonne wandern würde ehe sie wieder unterging. Doch es reichte schon aus, um durch das Fenster zu scheinen. Innerlich vermerkte der Assassine, dass es diesen Bereich zu meiden galt, wollte er nicht bei lebendigem Leibe verbrennen. Er vernahm das Klicken und Rascheln eines Schlüssels, als sein eigentliches Opfer die Wohnung betrat. Er ging schnurstracks ins Schlafzimmer wo der Tod in doppelter Gestalt auf ihn lauerte. Als er die Leiche der Frau sah blieb er stehen.


Sampsa blickte noch ein wenig in die Flammen, dann wandte er sich wieder dem Fenster zu, durch das bereits zaghaft ein paar Sonnenstrahlen fielen. Er wollte einen Schritt auf die Fensterbank zugehen, um es sich dort gemütlich zu machen, doch erneut zog ihn der Schmied zurück.

„Ich dachte, wir waren uns einig, dass du dich nicht umbringst“, sagte der Handwerker, bemüht nicht zu harsch zu klingen und sah ihn beinahe vorwurfsvoll an.

„Will ich doch auch nicht, aber ich war so lange allein im Dunkeln eingesperrt, dass ich jetzt mal wieder die Sonne genießen will, so wie früher.“

„Du kannst tagsüber draußen rumlaufen? Im Sonnenlicht? Ohne, dass du Schmerzen spürst und verbrennst?“

Der junge Vampir sah den Schmied verwirrt an. „Ja, warum denn nicht? Verbrennst du etwa?“

„Nein, ich bin aber auch ein Mensch und kein Blutsauger, wie du, Kleiner“

„Ja, und? Was hat denn das damit zu tun?“, Sampsa blickte ihn fragend und so verwundert an, dass sein Gegenüber ihn daraufhin leicht irritiert ansah.

„Du meinst die Frage wirklich ernst?“

„Ja, wieso?“

„Nun, normalerweise sagt man Vampiren nach, dass Sonnenlicht sie grillt, wie ein Spanferkel überm Feuer. Deshalb erledigt jeder, der noch an euch Blutsauger glaubt, seine Angelegenheiten lieber am Tage und bleibt des Nachts zu Hause.“

Sampsa machte große Augen und es war nicht schwer zu erkennen, dass er nachdachte.

„Was?“ Jetzt war es der Schmied, der Sampsa fragend und verwundert anschaute.

„Nun ja, ich konnte schon immer ins Sonnenlicht, ich hab mich schon ein bisschen gewundert warum ich tagsüber draußen nie einen von den anderen gesehen habe und warum der Älteste Versammlungen, Jagden und sowas immer Nachts abhält. Ich dachte, das sei eben, weil man sich dann besser verstecken kann oder es ihnen in der Sonne zu warm wäre….“

Der Mann in der Schmiedeschürze lachte auf. „Zu warm … So kann man das natürlich auch ausdrücken, Kleiner.“

Der junge Vampir warf ihm einen etwas verständnislosen Blick zu und setzte sich dann auf die Fensterbank, wo er entspannt durchatmete und die Augen schloss.


Sein Opfer beugte sich über die Frau. Es wäre ganz einfach gewesen, ihm von hinten die Kehle durchzuschneiden, doch irgendetwas warnte ihn. Als er jedoch nicht dahinterkam, was es war, schüttelte er seine Furcht ab, in dem Glauben, sie sei unbegründet und lediglich der mangelnden Praxis der letzten Zeit geschuldet. Doch gerade als er sich an sein Opfer heranschlich, drehte es sich plötzlich um und stieß ihn mit ungebändigter Kraft zurück, als wöge er nichts.

    Das kam unerwartet, aber wenigstens wusste Jonne jetzt, dass seine Sinnesschärfe durch den langen Schlaf nicht gelitten hatte. Das konnte er zu seinem Missfallen von seiner Konstitution nicht behaupten, es kostete ihn einige Mühe sich auf den Beinen zu halten, während er ein Stück nach hinten schlitterte. Deshalb vernachlässigte er wohl auch für einen winzigen Moment seine Deckung, was dem Angreifer entgegenkam. Der Mann bewegte sich blitzschnell nach vorn und schlug dem Assassinen mit solcher Wucht gegen den Schädel, dass Jonne wie ein Stein zu Boden krachte.

    Instinktiv versuchte der Vampir, sofort wieder auf die Füße zu springen, doch sein Körper war zu benommen von dem Schmerz der sich in seinem Kopf ausbreitete und so heftig pulsierte dass sein Schädel wohl bald bersten würde.

    „Angenehme Träume, Assassine“, die Stimme des vermeintlichen Handwerkers klang tief und rau. Noch bevor Jonne irgendwie reagieren konnte, fühlte er die Hände des anderen seinen Kopf packen. Der Druck, den sie dabei ausübten, war so groß dass der Schmerz um ein Vielfaches anstieg und ihn zu seinem Ärgernis aufstöhnen ließ. Hämisches Lachen war das Letzte was er hörte, bevor sein Schädel auf den Boden geschlagen und seine Umgebung von Dunkelheit verschlungen wurde.

    
Einen Moment lang betrachtete der Fremde den Vampir, nur um sicherzugehen, dass er nur ohnmächtig und nicht endgültig tot war. Er zückte sein Handy und hielt ein kurzes Gespräch ab. Dann hob er sein Opfer mühelos vom Boden auf, warf es sich über die Schulter und machte sich auf den Weg zu dem vereinbarten Treffpunkt. Dabei achtete er genauestens darauf, stets in sonnenlosen Gassen und Nebenstraßen zu bleiben. Sein Auftraggeber wollte den Vampir schließlich lebend und das Entgelt für diesen Auftrag war zu gut um sie aufs Spiel zu setzen. Um die bezahlte Nutte war es trotzdem schade. Er würde den Dreck bestimmt mal wieder alleine wegräumen müssen.

    
Als Jonne wieder zu sich kam hing er an einer Kette gefesselt, die an der Decke verankert war. Er versuchte sich zu orientieren und verdrängte deshalb den unerwünschten Schmerz. Er roch Blut und Erde. Eine knisternde, kleine Sonne, gefangen in einem Glas, beleuchtete den kargen Raum. Er hatte sie bereits im Ort gesehen, wusste aber nicht wie sie hießen, geschwiege denn, wieso ihr Licht ihm nicht schadete. Vielleicht lag es auch daran, dass sie beschädigt war und beständig mit einem Knistern flackerte wie eine Stundenkerze, ehe sie ausging. Doch solche Mutmaßungen brachten ihn nicht weiter. Er zerrte an seinen Fesseln und versuchte sich zu befreien, doch sein Körper war zu schwach. Seine Kräfte reichten ja nicht einmal für diesen Fleischberg, der ihn bestimmt hierhergeschleppt hatte. Also weiter. Da vor ihm war eine gusseiserne Tür. Neben dieser befand sich eine Art kleiner Tisch, auf dem eine ganze Ansammlung von rostigem Werkzeugen lag, welche mit Blut verschmiert war und im flackernden Licht leicht schimmerten. Der Assassine war inzwischen so weit gesunken, dass er das Blut ohne Zögern von der schmutzigen Oberfläche lecken würde und sogar in der Lage wäre es gewissermaßen zu genießen. Sein Blick machte neben den Sägen, Zangen und anderen Gerätschaften jedoch noch einige Zähne aus. Einem Instinkt folgend, drehte er den Kopf soweit es ihm möglich war und sah einen Haufen Knochen in der Ecke die schon seit längerer Zeit hier verrotteten. Dies ließ ihn unwillkürlich schlucken. Er hatte jedoch keine Zeit, seine düstere Fantasie wilde Blüten treiben zu lassen, da bereits mit einem Quietschen der Türgriff heruntergedrückt wurde.

    Auch wenn es ihm ganz und gar nicht gefiel, so musste er sich eingestehen, dass ein direkter Kampf – mit wem auch immer der gleich den Raum betreten würde – keine Option war. Flucht oder sich zu verstecken ebenfalls nicht, also atmete er tief durch und schloss die Augen.

    Keine Sekunde zu früh, denn schon öffnete sich die Tür mit einem lauten quietschenden Knarzen. Zwei Personen traten in den Raum mit einer dritten, welche geschultert wurde. Eine davon war – das erkannte Jonne an seinem schweren Gang – der Mistkerl, der ihn angegriffen hatte. Die Schritte der anderen Person hingegen waren leicht und für einen Menschen wohl unhörbar. Mit dem Eintreten des Trios konnte Jonne zudem den typischen, leicht modrigen Geruch von Vampiren wahrnehmen. Wenn ihn seine Nase nicht täuschte, waren es zwei Untote. Bei Fleischberg handelte es sich aber – trotz seiner unnatürlichen Stärke, zweifelsfrei um einen Menschen. Er stutzte. Einer der Vampire roch irgendwie vertraut. Er vermochte sich aber nicht zu entsinnen woher.

    „Leg ihn dort auf die saubere Stelle am Boden – vorsichtig. Ich hoffe, du hast ihm nicht wehgetan.“ Diese Stimme war ihm unbekannt, wenn auch nicht völlig fremd.

    „Nein, hab ich nicht, ist wohl dem Assassinen gefolgt, lag ohnmächtig neben der angefressenen Leiche. Ich dachte, ihr Blutsauger steht auf sowas“, entgegnete der Fleischberg. „Mein Sampsa war schon immer sehr sensibel, aber jetzt nimm dem anderen die Ketten ab und leg ihn neben den Kleinen.“

    Sampsa, natürlich, der Welpe, er war der geschulterte Vampir. Jonne hatte Mühe entspannt zu bleiben, als seine Ketten gelöst wurden. Am liebsten hätte er diesem groben Klotz von Mann die Kehle zerfetzt. Er konnte gerade noch so vermeiden, dass seine Hand sich zur Faust ballte. Aber unsanft wie ein Sack Getreide auf den Boden geworfen zu werden brachte sein Blut zum Kochen.

    „Etwas mehr Feingefühl, wenn ich bitten darf, schließlich ist er mein Gast.“

    Jonne war drauf und dran, aufzuspringen und sich auf den Fleischberg zu werfen, obwohl seine Chancen gleich null waren, doch im selben Moment als er beinahe überschäumte und die Augen öffnete, spürte er Blut an seinen Lippen – frisches, warmes Blut. Gierig soff er es und seine Hände legten sich um den Arm, der sich nur ein paar Millimeter über seinem Mund befand.

    Dieser Arm gehörte, wie der Assassine nun sehen konnte, zu jemandem den er nicht erwartet hatte. Augenblicklich fühlte er, wie sich sein Körper anspannte und seine Wut noch heißer brannte. Er hätte loslassen und den Kerl in Stücke reißen sollen, aber das Blut war zu köstlich und zu nötig, als dass er sich das hätte leisten können. Stattdessen bohrten sich seine Fingernägel tief ins Fleisch des schwarzhaarigen Vampirs und er starrte ihn mit zornerfüllten Augen an

    „Ich weiß, was Ihr jetzt denken müsst, Assassine, aber ich bin nicht der, der ich zu sein scheine. Eure Wut richtet sich gegen meinen Zwillingsbruder. Er hat Euch das angetan, er und seine verblendeten Anhänger. Ich will Euch helfen, ihn aufzuhalten – etwas, dass ich schon vor Jahrhunderten hätte tun sollen.“

    Der Schwarzhaarige lächelte traurig und zog sanft seinen Arm zurück, wobei Jonnes Nägel Kratzer in seiner Haut hinterließen. Danach blieb er geduldig neben ihm knien, sodass der Assassine noch mehr Zeit hatte, ihn zu mustern.

    Dieser Mann sah genauso aus, wie der Älteste, doch sein Geruch und seine Stimme unterschieden sich ein wenig von dem, was Jonne in Erinnerung hatte. Auch dessen arglistiges und herrisches Wesen fehlten.

    „Es hat mich viele Jahre gekostet, herauszufinden, was mit Euch geschehen ist und noch länger, um festzustellen dass Ihr wieder erwacht wart, schließlich konnte ich – mit etwas Hilfe von unten – doch noch Euren ungefähren Aufenthaltsort bestimmen. Danach war es ein Leichtes euch von meinem Assistenten „beschaffen zu lassen“. Ich biete Euch ein neues Leben an als Kind meines Blutes, welches Euch die Stärke gibt, die Ihr braucht, um eine Chance gegen meinen Bruder zu haben und welches Euch ermöglicht, so wie Sampsa, ein Leben am Tage führen zu können – mit allen Vorzügen des Vampir-Daseins.“

    Jonne überlegte kurz, wägte ab und tat seine Entscheidung kund, indem er sein Gegenüber bespuckte. Am liebsten hätte er ihm seine Abscheu ebenso entgegengeworfen und ihn seinen eigenen Stolz spüren lassen, doch die Wut über die Dreistigkeit dieses Angebotes ließ seine Lippen zu einem schmalen Strich werden und erstickte jedes Wort im Keime.

    „Ich hatte befürchtet, dass Ihr so reagieren würdet, aber nun gut, es ist Eure Entscheidung. Geht wenn Ihr wollt, aber Sampsa behalte ich bei mir.“ Der Bruder des Ältesten erhob sich, immer noch ein Lächeln auf den Lippen, während er sich Jonnes Speichel mit dem Ärmel vom Gesicht wischte.

    Das einzige, was den Assassinen diesmal davon abhielt, ihm an die Kehle zu gehen, war die Tatsache, dass Fleischberg sicher einschreiten würde und von dem bisschen Blut hatte er nicht genügend Kraft, es mit ihnen beiden aufzunehmen. Also sprang er auf die Füße, funkelte die beiden Männer wütend an und trat auf die Tür zu.

    „Behalt den Welpen, ich werde auch so zurechtkommen, wäre mir wahrscheinlich ohnehin nur im Weg gewesen.“ Damit legte er die Hand auf die Klinke der Tür, wartend dass man ihn doch noch aufhalten würde. Doch weder der alte Vampir noch sein Handlanger machten irgendwelche Anstalten, sich vom Fleck zu rühren.

    „Wollt Ihr denn überhaupt nicht wissen, wie mein Assistent Euch so spielend überwältigen konnte? Das muss doch sicherlich sehr an Eurem Stolz nagen.“

    Jonne zuckte ein wenig – das tat es tatsächlich, aber er würde den beiden sicher nicht die Genugtuung verschaffen, um eine Antwort zu betteln. Also schob er die Tür auf, sprang aber sofort wieder zurück, als Sonnenlicht seinen Unterarm und seine Hand berührte. Glücklicherweise hatte er offenbar schnell genug reagiert, sodass seine Haut nur etwas gelitten hatte.

    Soviel dazu dass seine Sinnesschärfe nicht eingerostet war und zur Glaubwürdigkeit dieses verdammten, freundlich lächelnden Hurensohns. Selbst wenn die beiden ihn nicht am Gehen hinderten, er war mit ihnen gefangen, denn zu sterben, bevor er seine Rachepläne in die Tat umsetzen konnte, war keine Option.

    Vor Wut schnaubend stürzte er auf den Vampir zu, doch dessen Gehilfe versperrte ihm mit einer blitzschnellen Bewegung den Weg. Dadurch noch wütender, holte der Assassine aus und versetzte dem Mann einen derart heftigen Schlag in die Seite, dass Fleischberg von den Füßen gerissen wurde und unsanft gegen die Wand krachte, von der darauf sogar der Putz bröckelte.

    Dann sah Jonne, wie sich eine kleine Lache unter Fleischberg bildete. Er war noch nicht einmal ansatzweise wieder gestärkt und er spürte wie ihn seine Instinkte übermannten, machte einen Satz auf den Bewusstlosen zu. Fast mühelos zog er ihn hoch und schlug ihm seine Fangzähne in den Hals, seine Beute zuckte noch etwas, aber er hielt sie mit seinen langen Klauen fest. Klauen? Er konnte sich nicht entsinnen, jemals Klauen besäßen zu haben, aber die Fingernägel der Hand, die sein Ofer am Nacken festhielt, waren plötzlich ungewöhnlich lang. Wie auch immer. Herrlich warmes Blut rann seine Kehle hinab, endlich würde er satt werden können, alles andere war erst einmal nebensächlich.

    „Seht Ihr nun, welche Stärke ich Euch bieten kann? Wenn nur eine kleine Menge meines Blutes eine solche Wirkung erzielt, wie wäre es dann wenn Ihr über einen Vorrat verfügen würdet? Dieser hier hat es in Form einer Pille zu sich genommen, damit er Spezialaufträge übernehmen konnte, aber Ihr seid ihm als Vampir mit derselben Dosis in Euch, natürlich trotzdem überlegen. Leider verfliegt die Wirkung in ein bis zwei Stunden wieder und eine neue Dosis ist fällig. Allerdings – wenn Ihr es schafft über Euren Schatten zu springen und mir zu vertrauen, könnte ich Euch töten und mit meinem Blut wiedererwecken, sodass diese Macht für immer Euer ist.“

    Der schwarzhaarige Vampir lächelte wieder, zumindest nahm Jonne an, dass er dies tat, denn er stand mit dem Rücken zu ihm, während er sich an seinem Opfer labte – ein Risiko, welches der Assassine, ohne viel nachzudenken, im Rausch des Blutes eingegangen war.

    „Ihr könnt mich natürlich auch sofort töten, wenn Ihr Euer Mahl beendet habt, doch bedenkt, welche Mach auf Euch wartet. Außerdem gibt es jetzt nur noch Euch, meinen kleinen Sampsa und einen Höllenfährmann, die wissen, dass ich noch lebe. Ich bin kein Kämpfer und außerdem ist mein Bruder eben mein Bruder, also kann ich nicht einfach tun was getan werden muss um seinen Wahnsinn zu stoppen, im Gegensatz zu Euch. Jedoch, kann ich Euch helfen Zugang zu Orten und Personen zu erlangen, an die Ihr sonst nur schwerlich kämet, schließlich gleiche ich ihm bis aufs Haar. Ich bin Euch unsäglich dankbar, dass Ihr Sampsa gerettet habt, also seht mein Angebot nicht als etwas, dass eine Gegenleistung von Euch erzwingt, sondern als Zeichen meiner Dankbarkeit für seine Rettung.“

    Jonne überlegte fieberhaft in der dunkelsten Ecke seines Verstandes, während der Rest seines Wesens dieses göttliche Mahl genoss.

    Auf der einen Seite hätte er niemals eine Chance alleine, andererseits wäre es einen Versuch wert. Vielleicht mochte sein Körper nun geschwächt sein, jedoch war er immer noch ein der gefürchtetsten Jäger der Nacht, denn seine Erfahrung hatte er nicht verloren. Doch was brachten Jahrhunderte der Erfahrung in einem so fremdartigen Zeitalter in welchem er sich nicht auskannte? Wie man es auch drehte und wendete. Am Ende war er der Verlierer. So tat er das, was er immer in derartigen Situationen tat. Er würde aus dem Bauch heraus entscheiden. Als das Blut des Fleischklopses zur Neige ging, öffnete er den Mund und entließ den Toten seinem eisernen Griff. Er drehte sich zu dem Bruder seines Feindes um, sah ihm direkt in die Augen und verkündete seine Entscheidung.

     

    Fortsetzung folgt…


© EINsamer wANDERER & Darkenlyght


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Beschreibung des Autors zu "Das Angebot"

Das dritte Kapitel kommt endlich nach so vielen Jahren.

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