Party beim Aussterbehilfeverein von Santa dusstra

© Alf Glocker

Wundervoll geht die Sonne unter, im Lebensabendland, am Strand von Kacka-Kickie. Der Moderator Kalle Knalle ist bemüht die Zwangssenioren (absichtlich auf alt geschminkte, geistig minderjährige Staatsbürger) in Stimmung zu bringen. Und während er spricht spielt im Hintergrund eine dressierte Oberaffenband den letzten Walzer von Josef Schreckundgrauß. Dann ziehen heitere Gewitterwolken auf.

„Hallo liebe Teilnehmer“ moderiert Kalle Knalle ungerührt, „dies ist eine Art Swingerparty – ihr Partner steht ihnen zwar nicht gerade auf Augenhöhe, aber durchaus feindlich gegenüber. Geben sie ihm eine Chance sie auszulöschen und anschließend, nein, besser vorher die Hand. Akzeptieren sie ihn als ihr persönlich von ihnen und für sie selbst gewünschtes Unheil. Sprechen sie mit mir im Chor das Urteil über sich selbst noch einmal nach: Willkommen sei uns der Tod auf Raten, denn eine Gewissheit ist er nicht, da wir ja von allen Seiten beruhigt werden!“

Dann holen alle tief Luft bevor es weiter geht: Die Affenband spielt ein kurzes Intermezzo aus Rep und tiefreligiösen Gesängen, das nichts als harmvollen Spott auf die Teilnehmer zum Inhalt hat. Alle lachen sich daraufhin, auf Kommando, selbst aus! Dann spricht wieder der der Moderator ins Mikrophon. Verschmitzt lächelnd gibt er einen Witz zum Besten: „Man sollte nie von sich auf andere Idioten schließen!“ Wieder lachen sich alle selber aus.

Dann beginnt Kalle Knalle mit den notwendigen Belehrungen… „Ihren Mörder können sie sich nicht aussuchen, aber sie dürfen sich freuen – es ist ein Mensch wie sie…zumindest sieht er, im weitesten Sinne, so aus. Wir warnen jedoch davor nicht glauben zu wollen, daß er ihnen ganz und gar ähnlich ist. Fühlen sie sich deshalb imaginär in ihn hinein, obwohl sie das gar nicht können, weil sie dort auf Dinge stoßen würden, die man ihnen nicht beigebracht hat. Orientieren sie sich einfach an dem derzeit modernen Wahlspruch: `Was mich kalt macht, macht mich auch froh‘ und gehen sie jetzt an einen der Spieltische um sich abzulenken!“

Selbstverständlich ist der ganze Kacka-Kickie-Strand sorgsam präpariert worden. Die von Expertenteams ausgesuchten Vergnügungsmöglichkeiten locken das Publikum an die Stände der Lustbarkeiten. Für Leute, die ausgesprochen gerne und viel nachdenken gibt es Einmannkarusselle – Herumschleudersitze – auf denen der Proband solange geschüttelt und um die eigene Achse gedreht wird, bis er seinen Namen nicht mehr schreiben kann und irr grinsend das nächste Schafott ansteuert, um geschreddert zu werden.

An einem anderen Spieltisch kann jedermann seine Tochter oder Frau für eine Packung leere Versprechungen verkaufen, auf der „Das große Los“ steht. Selbst kann sich der Mann, oder seinen Sohn bei der Army anmelden, die ihn umgehend in ein Einsatzgebiet ihrer, nicht seiner Wahl bringt, wo er begeistert, für die Interessen fremder Mächte, einen wunderbar sinnlosen Krieg mit führen darf. Der Andrang dort ist allerdings riesengroß. Jeder möchte ein Held, eine Heldin sein!

Viele führt der ziellose Weg auch an eines der vielen Lagerfeuer, wo man, vor Wellblechhütten, zusammen mit wild gewordenen Halbaffen, aktuelle Gesetzbücher verbrennen kann, während als Polizisten verkleidete Pausenclowns hilflos zuschauen müssen. Dieses Spiel ist derart belustigend, daß manchmal sogar Leute in den Rauchwolken verschwinden, als wären es Blätter aus den Büchern gewesen. Um die Feuer herum tanzt eine Menge, „Mob“ darf man ja nicht sagen, aus verwahrlosten Scheinasozialen, die allerdings in Wirklichkeit finanziell gut abgesichert sind.

Nun ist Swingen erwünscht! Inzwischen sind eine Menge Besucher herbeigeströmt, die eigentlich keine Clubmitglieder, sondern die legitimen Nachfolger der Clubmitglieder sind. Sie führen den Regentanz auf – der jedoch gar nicht mehr nötig ist, denn ein heftiger Wolkenbruch setzt ein. Es schüttet wie aus Eimern…was jedoch den Partygästen insgesamt nichts auszumachen scheint. Überall wälzen sich die ungleichen Paarungen im Strandsand, überall gehen die Töchter über den Tisch und die Söhne baden und überall erfreuen sich die einen am Ab- und die anderen am Aufleben! Sicherheitshalber werden jedoch Gruben ausgehoben…

Denn das muntere Treiben bleibt natürlich nicht ohne Folgen: man muss die ersten Opfer klammheimlich verschwinden lassen, damit weder die Clubmitglieder beunruhigt, noch die legitimen Nachfolger zu sehr bestätigt werden. Kalle Knalle spricht immer noch: „Links herum und rechts herum! Wir schwingen die Krücken, wir nehmen was kommt, es ist noch Einheitsbrei da, wer will noch nicht, wer hat nochmal?!“

Die Oberaffenband hat sich nun in leidenschaftliche Tonentgleisungen hineingesteigert, sie rappt bereits unverklausuliert, aber das macht schon nichts mehr, denn die meisten sind längst von dem Lärm des Festes und des Gewitters taub geworden. Ihr äffischer Leadsänger grölt lautstark: „Für euch fehlgeleitete Superdeppen ist es längst Zeit geworden, hört ihr!? Hört ihr?! – haut endlich ab, euch kann keiner mehr gebrauchen! Hört ihr, hört ihr? Geht unteres Beil, hört ihr, hört ihr, hängt euch in den Wind, hört ihr, hört ihr?“. Dann fallen die ersten , die sich schwindlig getanzt haben, tot um!

Die Party geht noch lange in die tiefe Nacht hinein, alle werden nass bis auf die Kuhhaut und es gibt nur für die Regentropfen ein seliges Entrinnen, denn sie versickern im Sand, zusammen mit dem Herzblut der Opfer, die vor lauter Freude dahingegangen sind ins Nirwana der Gutgläubigen. Von dort aus dirigieren sie noch beim Auftreten der Oberaffenbands mit, die jetzt im ganzen Land unterwegs sind, damit alle in den Genuß ihrer Antikunst kommen können. Die Söhne sind inzwischen im Krieg gefallen, die Töchter verkauft und der Käse gegessen.

Und als der Sturm endlich aufhört um einem neuen Sturm Platz zu machen – mit der Ruhe dazwischen, versteht sich – sind die Feuer erloschen...die der Mordleidenschaft, wie auch die der Bücherverbrennungen und neue Gesetze haben Einzug gehalten. Nach diesen sind derartige Partys von Aussterbehilfevereinen nun für alle Zeiten verboten. Es wird nur noch Nachwuchs produziert! Das Lebensabendland hat sich in ein Lebensmorgenland verwandelt! Die letzten Walzer aber klingen noch im Gedächtnis der Toten nach, die jetzt in Walhall ihre irren Feste feiern…denn auf Erden ist alles nur Schall und Rauch!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Party beim Aussterbehilfeverein von Santa dusstra"

Re: Party beim Aussterbehilfeverein von Santa dusstra

Autor: possum   Datum: 27.03.2019 23:26 Uhr

Kommentar: Also wie du solch todernste Dinge verfassen kannst die mir sogleich noch ein Grinsen aufsetzen in deinen Wortsammlungen dies ist enorm, lieber Alf! Liebe Grüße!

Re: Party beim Aussterbehilfeverein von Santa dusstra

Autor: Alf Glocker   Datum: 28.03.2019 14:59 Uhr

Kommentar: Ich danke Dir wieder mal herzlich, liebe Possum!

Liebe Grüße
Alf

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