Mehrere Dinge fallen mir auf, kaum dass ich das Portal passiert habe. Erstmal roch ich Feuer, dann sah ich Rauch, der an mehreren Punkten in den Himmel aufsteigt. Überall rannten Orks durch die Gegend. Bewaffnete Orks. Krieger, Schamanen, Schützen. Wurden sie angegriffen? Sofort spüre ich, wie etwas in meinem Geist erwacht. Mein Herz schlägt schnell und bin aufgeregt. Ich kenne dieses Gefühl. Es ist das Feuer der Schlacht. Die Hitze des Kampfes, die mich durchströmt. Lange hatte ich dieses Gefühl begraben und vergessen. Doch nun tritt es hervor. Dann ein Einschlag. Und noch einer. Weiter vorne gibt es eine kleinere Explosion. Erde wird aufgewirbelt. Im Boden steckt ein rundlicher Felsen. Ich blicke mich um. Vor mir liegt eine Festungsanlage. Große Holzwälle waren errichtet worden. Links und Rechts waren auf den Berg einige Türme und Schützen platziert worden. Zwischen den Erhöhungen führte ein Pfad hindurch, der weiter nach unten führte. Dort kann ich die Spitze von einem zweiten Turmwall entdecken. Ich musste mich auf dem Nadelberg befinden. Links und rechts von mir waren auf kleinen Erhöhungen Lager und Waffenkammern errichtet worden. Insgesamt waren es fünf Stück. Alle mit kleinen Palisaden gesichert worden. Immer mal wieder verließ ein Trupp Orks eines der Lager und eilte den Berg hinab. Hinter mir kommt Kor durch das Portal. Als seine Augen die Situation erblickten, stürmen er und seine Orks zu dem Lager rechts vom Portal. Ich folge ihm schnell. Gerade kommt ein weiterer Trupp aus dem Lager. Kor bleibt vor ihnen stehen. „Krieger, was ist hier los?“ „Chieftan, der Bund greift das Bollwerk an.“ „Der Bund? Verdammt.“ Zu seinen Männern gewandt brüllt er. „Los Männer. Auf das Bollwerk. Vertreibt den Bund.“ Ich trete zu ihm. Ich weiß nicht warum, aber ich möchte ihnen helfen. „Was kann ich tun?“ Er zögert, als würde er meine Loyalität abschätzen. Weitere Einschläge von Katapulten und Triboken. Oben auf den Erhöhungen trifft ein Geschoss einen der Türme. Unter lautem Krachen fällt er in sich zusammen. Kor erkannte, dass er kaum eine Wahl hatte. Er deute auf einen Pfad, der weiter nach oben auf den Berg führt. „Dort oben steht ein Monument. Geht dort rauf und beschwört eure Runenarmee.“ Es war ein Befehl, keine Bitte. Trotzdem sprinte ich los. Aus Eile heraus spreche ich einen Zauber zur Beschleunigung meiner selbst. Wind, laufen, tragen, Eile. Mit doppelter Geschwindigkeit laufe ich am letzten Lager vorbei. Am Rande des Berges laufe ich einen schmalen Pfad nach oben. Während ich laufe, lasse ich meinen Blick über die Insel schweifen. Links von mir befindet sich das Bollwerk. Insgesamt besteht es aus fünf Ebenen. Alle mit Türmen und Schützen bestückt. Am Fuße des Berges steht ein Lager der Orks. Oder besser gesagt dort war mal eins gewesen. Die Zelte und Gebäude stehen in Flammen oder waren unter Steinen begraben worden. Etwas außerhalb des Lagers steht eine große Armee aus Menschen und Zwergen. Fußsoldaten und Reiter paarten sich und stürmen auf das Bollwerk zu, nur um von den Feuern der Türme oder den Pfeilen der Schützen nieder gestreckt zu werden. Hinter den Truppen waren einige Katapulte und Triboken aufgebaut worden, die das Bollwerk aus sicherer Entfernung bombardierten. Ich zähle schnell. Zehn Katapulte und drei Triboken. Und gut zweihundert Soldaten. Ich schweife über die Ebenen hinter den Truppen. Weiter im Westen teilt ein großer Fluss das Land. Auch konnte ich zwei Furten erkennen. Auf der anderen Seite des Flusses steht das Lager des Bundes. Von dort stürmen immer wieder Reiter oder Fußsoldaten über den Fluss zum Bollwerk. Ich konnte Festungen und Kriegshallen erkennen. Beide nach Bauart der Zwerge. Und die Furten waren mit Türmen gesichert worden. Nördlich und Südlich des Lagers, wenn man dem Fluss folgt kann ich größere Minenanlagen erkennen. Von dort aus förderten Menschen Eisen und Stein. Über Karren wurden diese Materialien zum Hauptlager befördert. Verdammt, das würde nicht einfach werden. Und doch wundere ich mich. Warum hatten die Klans den Menschen erlaubt eine solche Festung zu bauen und haben sie nicht gleich vertrieben? Doch für diese Fragen, war später noch genug Zeit. Ich beeile mich weiter und stürme das letzte Stück des Berges nach oben. Tatsächlich steht dort ein Monument. Es ist klein und wird nur von einer großen Statue einer Kreatur mit massigen Schultern. Ein Trollmonument. Ich lasse meinen Blick über das Plataeu schweifen. Hier gab es Bäume, Steine, Eisen und Lenya. Sehr gut. Auch entdecke ich ein weiteres Monument auf einem Plateau etwas unterhalb des ersten. Ein Heldenmonument. Es sieht genauso aus, wie das auf Sheogh. Schnell eile zum Monument der Trolle. Ich ziehe meine Runentafel hervor. Das Monument reagiert und erwacht. Ich wundere mich, dass ich mich so leicht mit ihm verbinden konnte, wo ich mit dem Dunkelelfenmonument so Schwierigkeiten hatte. Ich schüttle den Kopf und vertreibe den Gedanken. Dann beschwöre ich einige Arbeiter und lasse sie einige Gebäude errichten. Während weiter Arbeiter kamen und die Rohstoffe in der Umgebung abbauten und zu den Lagerstätten brachten, sprintete ich zum anderen Monument. Erneut zücke ich die Runen. Doch ich zögere. Mein Gewissen regt sich. Ich wollte meine Freunde nicht in Gefahr bringen. Nicht schon wieder. Ich stecke die Runen weg und eile wieder nach oben. Die Arbeiter hatten bereits eine Waffenkammer, eine Schmiede und einen Keulenschnitzer errichtet. Dort arbeiten Handwerker an Waffen und Rüstungen. Der erste Trupp wurde gerade am Monument erschaffen. Alle Informationen lieferte das Monument direkt an mich. Es war, als würde ich alles was passiert gleichzeitig sehen. Ich gehe zum Rande des Berges und schaue hinab. Die Soldaten des Bundes hatten sich in Bewegung gesetzt. Und diesmal alle. Die ersten Wälle waren gefallen und lagen in Trümmern. Von oben ließ Kor einen großen Trupp bestehend aus Schützen und Schamanen nach unten sprinten um die gefallenen Wälle zu sichern. Hinter mir ließ ich den ersten Trupp aus einigen Trollen mit Baumstämmen und Steinschleudern loslaufen. Es waren nur knapp fünfzig, aber sie würden die Orks unterstützen und entlasten. Verdammt. Nur mit Orks und Trollen alleine würden wir nicht gewinnen. Doch ich kann sie nicht rufen. Sie sollen schlafen, bis das Ende kommt. Ich will sie nicht wieder in Knechtschaft zwingen. Und doch könnten dadurch unnötige Opfer vermieden werden. Je länger der Kampf dauert desto mehr Leben würden verloren werden. Ich balle meine Hände zu Fäusten. Verdammt. Was ist mir wichtiger? Die Ruhe meiner Freunde oder die Leben von Menschen, Zwergen und Orks. In meinem Kopf kommt eine Erinnerung hoch. Ich sehe meine Freunde, wie wir Seite an Seite kämpften. Wir tränkten den Boden mit dem Blut und den Knochen unserer Feinde. Die Erinnerung verblasst und ich sehe eine andere Erinnerung. Ich stehe auf einer Klippe und blicke auf die Elementsee. Von hinten kommen drei Gestalten auf mich zu. Eine Elfe in grüner Lederkleidung und langem blonden Haar, ein Dunkelelf mit roter Robe und einer Glatze. In seiner Hand hält einen Stab an dessen Enden eine Klinge angebracht worden. Und in der Mitte ein Mensch mit einer Kettenrüstung und zwei Klingen auf dem Rücken. Sein Haar war braun und nach hinten gekämmt. Und er hatte ein Lächeln aufgesetzt. Sie traten zu mir und gemeinsam sahen wir über das Meer. Eine ganze Weile sagte keiner etwas. Die Wellen schlagen gegen den Felsen unter unseren Füßen. Dann sieht mich der Mensch an. „Über was denkst du nach?“ „Ich habe über die Schlacht nachgedacht. Sie wird brutal werden.“ Ich mache eine Pause. „Mir gefällt es nicht Unschuldige abzuschlachten.“ Dann spricht der Dunkelelf. „Uns ebenfalls nicht. Seit vielen Jahren kämpfen wir nun schon für den Zirkel und nichts ändert sich jemals.“ Die Elfe spricht weiter. „Blutbad über Blutbad über Blutbad. Nichts als Tod und Kampf zu unseren Füßen.“ Der Mensch übernimmt wieder. „Wir wissen wie du dich fühlst. Du fragst dich, ob das alles jemals ein Ende finden wird.“ Ich nicke. „Ich weiß nicht wie lange mein Verstand noch durchhält.“ Der Dunkelelf legt mir eine Hand auf die Schulter. „Uns geht es nicht anders. Und doch können wir weitermachen.“ Ich schaue ihn verwirrt an. „Aber wie könnt ihr dann weiter machen?“ Die Elfe lächelt. „Darüber haben ich, Leon und Argus uns schon lange Gedanken gemacht. Und wir haben eine Antwort gefunden.“ Ich sehe sie verwirrt an. Dann spricht Leon. „Weil wir zusammen sind. Solange wir vier zusammen sind, können du, ich, Argus und Selen alle Hindernisse überwinden.“ Ich lächle, denn mir geht es genauso. Die Erinnerung verblasst. Argus, der Schwarzmagier. Selen die Elfenschützin. Und Leon ein Klingenmeister. Wir vier gehörten dem selben Zirkelmagier. Der Magier, dessen Gesicht niemand von uns je gesehen hatte. Er schickte die vier von uns meistens gemeinsam in die Schlacht. Doch eines Tages schickte er meine drei Freunde ohne mich auf eine Mission. Eine weitere Erinnerung klettert empor. Ich stehe in den Gemächern meines Meisters. In meinen Händen liegen die Runen meiner drei Freunde. Er sitzt mit dem Rücken zu mir. „Diese drei haben versagt. Sie haben kein Recht mehr von mir erweckt zu werden. Aber ihre Kampfkraft wird mir nützlich sein. Und nur ihre Kraft ist es, was ich brauche.“ Seitdem habe ich nicht mehr mit meinen Freunden gesprochen. Sie waren da und auch nicht. Und ich vermisse sie. Ich blicke wieder auf das Schlachtfeld. Meine Trolle waren nun bei dem Trupp von Kor angekommen und schlugen die Bundtruppen zurück. Dank der engen Aufgänge konnten die Ritter nur langsam vorankommen. Hinter den Trollen hatten sich die Schützen und Schamanen auf den Wall gestellt und schossen auf den Hauptteil des Trupps. Gut aufgehalten waren sie schonmal. Ich nehme meine Runentafel in die Hand. Und ich flüstere zu mir selbst. „Gebt mir noch einmal eure Kraft, meine Freunde“ Ich sprinte zu dem Heldenmonument und beschwöre meine Freunde. Nach einem kurzen Lichtstrahl aus den Augen der Statuen waren sie da. Sie verneigen sich knapp. „Was wünscht die Rune?“ „Geht hinab zu dem Bollwerk und unterstütz die Orks dabei den Bund zurückzuschlagen.“ Sie nicken und sprinten sofort los. Solange ich sie erwecke, war ihr Geist meinem Willen unterworfen. Genauso wie ihre Persönlichkeit. Ich schwöre mir, dass ich sie befreien würde. Ich wollte meine Freunde wieder. Nicht diese leeren Hüllen in der Gestalt meiner Freunde. Doch dafür brauchte ich einen Magier, der sie erweckt und ihnen danach ihre Runen gibt. So wie bei mir damals. Dann wende ich mich wieder der Schlacht zu. Schon sehe ich meine Freunde sich in den Kampf stürzen. Ich ließ weitere Trolle erscheinen und Katapulte errichten. Sie liefen das Bollwerk hinab. Und ließen Steine und brennende Felsen auf den Bund herabregnen. Auch Kor ließ seine Orks die Wälle nach unten laufen und sich auf der unteren Ebene setzen. Von dort aus wurde die Armee des Bundes zurückgedrängt. Dies war der einfache Teil. Die Überlebenden retten sich über den Fluss. Die Orks laufen ihnen jedoch nicht nach, sondern sichern das Bollwerk. Ich ziehe meine Trolle auf die Wälle zurück und lasse sie als Wachposten dort stehen. Ich laufe wieder nach unten und suche Kor. Kor steht vor den Lagern und bellt eilig Befehle. Nachdem er mich sieht, kommt er zu mir gelaufen. „Habt Dank, Runenkrieger. Dank euch und eurer Armee konnten wir das Bollwerk halten.“ „Keine Ursache. Eine Frage, wenn ihr gestattet, Chieftan“ Er nickt einmal kurz. „Wieso gibt es jenseits des Flusses ein Lager des Bundes?“ „Der Bund kam vor mehreren Monden hierher. Am Anfang waren es nur Minenarbeiter. Sie fragten an, ob sie auf der Westseite des Flusses Bergbau betreiben dürfen. Der Eisenfürst erlaubte es ihnen unter der Bedingung, dass sie uns die Hälfte ihrer Erträge geben. Die erste Zeit lief alles gut, jedoch kamen vor einigen Wochen ein großer Trupp Soldaten als Arbeiter verkleidet. Sie befestigten die Minenanlagen und sperrten die Furt ab. Nach und nach kamen mehr und mehr Truppen aus Siebenburg. Heute Morgen begangen sie mit dem ersten Angriff.“ „Was gedenkt ihr nun zu tun?“ Er sah das Bollwerk hinab. „Wir müssen den Bund zurückschlagen. Aber dafür fehlt uns Kampfkraft.“ Er schaut mich wieder an. „Würdet ihr uns helfen?“ Ich überlege. Eigentlich führt mich mein Weg ins Menschenimperium. Aber vielleicht gibt es hier eine Möglichkeit, wie ich meine Freunde befreien könnte. „Sagt mir Kor, würdet ihr einem Handel zustimmen?“ „Das kommt auf den Handel an, Runenkrieger.“ Ich berichte ihm von meinen Freunden, den Runenhelden, die beim Angriff geholfen haben. Ich erzähle ihm, dass wenn es hier jemanden mit starken magischen Fähigkeiten gibt, soll er die Runen meiner Freunde erwecken und ihnen ihre Runen wiedergeben. Kor überlegt. Am Ende wendet er sich an mich. „Ich stimme dem Handel zu. Wir haben hier zwar keinen wirklich starken Schamanen, aber ich lasse einen Schamanen vom Tor der Schwerter kommen, der euren Gefährten die Freiheit schenken wird.“ Ich bin erleichtert und auch etwas erfreut. „Wie lange wird das dauern.“ Er schenkt mir ein Lächeln. Sofern das bei seinem ernsten Gesicht möglich war. „Nicht lange. Bis heute Nachmittag sollte er hier sein.“ Er macht eine kurze Pause und schaut zu den zerstörten Türmen. „In der zwischen Zeit müssen wir das Bollwerk wieder sichern und weiter Truppen ausbilden.“ Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich stehe euch dabei gerne zur Seite Kor. Meine Arbeiter können eure Türme wiedererrichten und was die Versorgung von Waffen und Rüstungen betrifft, so könnten meine Trolle eure Vorräte aufstocken.“ Gesagt getan. Kor und ich machten uns an die Umsetzung des Plans. Ich ließ einige Trollarbeiter auf die Wälle gehen und alte Türme erneuern, sowie Neue errichten. Auch wurden mehrere Schmieden und Gerbereien errichtet. Alles lief auf Hochtouren. Und ich wurde mit einem neuen Problem konfrontiert. Es ist für meine Trolle nicht gerade einfach Waffen und Rüstungen für Orks herzustellen. Also mussten Kor und ich uns etwas einfallen lassen. Und zwar arbeiteten ein Orkschmied und zwei Trollschmiede gemeinsam. Am Ende wurden Waffen und Rüstungen für Orks von Orks und Trollen hergestellt. Einige davon waren hochwertiger als die Ausrüstungen vorher. Auch brachten die Trollarbeiter eine nette Erweiterung zu den hölzernen Türmen der Orks. Sie bauten die oberen Kammern, wo die Schamanen und Schützen standen breiter und versahen sie mit Löchern, von wo aus man direkt zum Fuß feuern konnte. Die Stunden verstrichen und das Bollwerk stand wieder, noch tödlicher als vorher. Der Bund hingegen blieb ruhig und leckte sich die Wunden auf der anderen Seite des Flusses. Alle paar Stunden schickten sie einen Späher aus um zu sehen, wie weit der Wiederaufbau voranschreitet. Der Bund hatte heute viele gute Männer verloren. So bald, würden sie keinen zweiten Angriff starten können. Aber auch die Orks hatten Verluste zu verkraften. Gut einhundert Orks waren den Schwertern, Bolzen oder Steingeschossen des Bundes zum Opfer gefallen. Und damit kamen wir zu einem weiteren Problem. Das Bollwerk braucht, aufgrund seiner enormen Größe, sehr viele Orks um es vollständig zu besetzen. Meine Trolle konnten einige Stellen füllen, aber nicht alle. Zum Beispiel waren viele Schamanen gestorben. Ohne sie, hat sich die Kampfkraft auf den Wällen stark reduziert. Zu unserem Glück, sollten die Menschen, dies nicht wissen. Also stellten wir alle verfügbaren Kämpfer auf die Wälle um zumindest den Schein zu waren. Der Abend war angebrochen und noch kein Zeichen von Verstärkung aus dem Tor der Schwerter. Ich stehe wieder auf dem hohen Plateau und blicke hinab. Hinter mir steht das Heldenmonument. Erloschen. Ich habe meine Verbindung zu ihm getrennt. Das hätte ich ohnehin tun müssen. Denn das Monument kann nur von einer Person erweckt werden. Solange ich mit ihm verbunden wäre, hätte der Schamane meine Freunde nicht erwecken können. Deshalb habe ich meine Freunde wieder schlafen gelegt. Zum letzten Mal, wie ich hoffe. Hoffentlich halten sich die Orks an die Abmachung. Kampfstärke für die Freiheit meiner Freunde. Ich hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, was ich tue, wenn die Orks mich verraten und nur in den Besitz der Runen kommen möchten. Meiner eingeschlossen. Kor wirkt auf mich wie jemand, der zu seinem Wort steht. Aber für den Fall der Fälle hatte ich in meinem Lager einige Trollkämpfer stationiert. Mit einem kurzen Wink meiner Gedanken, wären sie bei mir, sollte es dazu kommen. Allerdings wäre ich dann der Befreiung von Argus, Leon und Selen kein Stück näher. Ich atme tief durch. Obwohl ich nicht selbst an dem Kampf teilgenommen habe, fühle ich mich erschöpft. Vielleicht liegt es daran, dass ich so lange meine Runenkraft nicht mehr benutzt habe. Oder meine Zeit läuft langsam ab. Ich schüttle den Kopf um die Müdigkeit zu vertreiben. Unten im Orklager tut sich etwas. Ein großer Trupp Orks kommt durch das Portal zum Tor der Schwerter. Schnell laufe ich den Berg hinab. Endlich waren sie da. Unten angekommen, erwartete mich bereits Kor und ein Ork, der mir bekannt vorkommt. Es ist Osal auf seinem Warg. Die Verstärkung hatte sich bereits auf die Wälle begeben. Jetzt war das Bollwerk wieder voll besetzt. Die Trolle nicht mit eingerechnet. Ich gehe zu Kor und Osal. „Ich grüße euch, Osal.“ „Und ich grüße euch, Runenkrieger. Wie ich hörte, habt ihr einen Handel mit meinem Chieftan geschlossen und braucht zur Erfüllung seines Teils einen starken Schamanen.“ „Das ist richtig.“ Osal gibt ein tiefes Glucksen von sich und spricht mit stolzer Stimme weiter. „Nun, Runenkrieger. Ich bin einer der stärksten Schamanen der Clans. Es gibt nur zwei, die stärker sind als ich.“ Ich setze ein Lächeln auf, aber Osal spricht schnell weiter. „Nun verratet mir, was genau eure Forderung ist.“ Ich fasse mich kurz und berichte ihm, was ich vorhabe, und was er dabei zu tun hätte. Nach kurzem Schweigen und Stirnrunzeln wendet sich Osal an Kor. „Chieftan, ich denke, dass ich der Aufgabe gewachsen bin. Allerdings habe ich noch nie einen Runenkrieger erweckt. Kein Schamane hat das je versucht.“ „Dann ist eure Aufgabe nur umso wichtiger. Zarach selbst könnte euch damit auf die Probe stellen. Fakt ist, dass ohne ihn und seine Gefährten das Bollwerk vermutlich an den Bund gefallen wäre.“ Osal nickt. „Dann will ich es versuchen. Und mögen mir die Ahnen beistehen.“ Gemeinsam gehen wir drei den Berg hinaus. Osal auf seinem Warg, Kor und ich zu Fuß. Oben angekommen bleibt Osal kurz stehen und betrachtet das Lager, dass die Trolle errichtet haben. Es ist nur klein, aber kann schnell und einfach Krieger erschaffen. Osal gibt ein Schnauben von sich, dass so klang, als wäre er beeindruckt. „Wirklich erstaunlich. Ich selbst habe die Runenmagie nie miterlebt. Aber was ich hier sehe übersteigt die Geschichten unserer Ältesten. Kein Wunder, dass ihr so gefürchtete Krieger seid.“ Ich schüttle den Kopf. „Nein Osal. Nicht wir waren es, die gefürchtet wurden. Es war der Zirkel den die Völker fürchteten. Denn sie waren es, die unsere Runen, unsere Seelen in ihrer Hand hielten. Viele von uns waren nichts weiter als Knechte, die der Zirkel für seine Machtsicherung missbrauchte. Bloße Werkzeuge, nichts weiter.“ Er blickt zu mir. Und zum ersten Mal wirkte es so, als würde er mich anders wahrnehmen. Nicht mehr nur als die Waffe, als die ich und meines Gleichen geschaffen worden waren. Sondern als Wesen mit einer Seele. „Verratet mir eins, Runenkrieger. Warum habt ihr so lange gewartet um eure Gefährten zu erwecken?“ Ich suche die Worte, um meiner Antwort eine Form zu geben. „Wir vier haben zusammen gekämpft und gemordet. Aber am Ende waren wir mehr als das. Wir wurden Freunde, Brüder und Schwestern. Diese Verbindung half uns durch das Blut und den Kampf. Aber als ich damals ihre Runen erhielt, wollte ich sie nie erwecken, weil es falsch wäre. Sie wären nicht meine Freunde gewesen, die ich beschworen hätte. Außerdem wollte ich, dass sie schlafen können, bis das Ende naht. Kein Kampf und keine Traurigkeit mehr. Ich wollte sie schützen vor der Welt hier draußen. Und doch, spüre ich, dass ich sie im Moment am dringendsten brauche.“ Osal wendet sich von mir ab und läuft zum Monument. „Ihr seid wirklich ein einzigartiger Runenkrieger.“ Er macht eine Pause. „Warum habt ihr bereitwillig eure Hilfe angeboten? Ihr hättet einfach zu den Eisenfeldern weiterreisen können. Dies ist nicht euer Kampf.“ Ich und Kor folgen ihm. „Ich wollte helfen. Ich wusste, dass mit meiner Hilfe, die Schlacht ein schnelleres Ende finden würde.“ Ich halte an. In meinem Inneren, weiß ich, dass das eine Lüge war. Es war etwas anderes. Ich schließe wieder zu Osal und Kor auf, die in einigen Schritt Entfernung stehen geblieben waren. „Nein, das stimmt nicht. Als wir durch das Portal kamen und ich die Schlacht toben sah, da erwachte in mir etwas. Ein Feuer, dass mich durchzog und ich nicht aufhalten konnte. Er verdrängte alles andere aus meinem Kopf. Der Kampf war alles, an was ich denken konnte. Selbst jetzt, da ich weiß, dass bald eine neue Schlacht auf mich zukommt, zittere ich.“ Osal geht nun auch weiter. „Ihr klingt wie einer unserer Ältesten. Sie berichten von ähnlichen Gefühlen. Sie nennen es Kampfeswillen. Wer einmal von ihm gekostet hat, kann keinem Kampf mehr entfliehen. Und ihr habt sicherlich von vielen Schlachten gekostet. Sodass nun euer freier Körper und Geist nicht mehr ohne ihn existieren können. Ihr könnt ihn unterdrücken, aber sobald eine Schlacht tobt, kommt er hervor wie ein Strom aus Energie.“ Wir bleiben stehen. Vor uns steht das Heldenmonument. Ich ziehe meine Runentafel hervor. Langsam entferne ich die Runen meiner Freunde aus dem Stein und reiche sie Osal. Dann treten Kor und ich einige Schritte zurück. Osal hält die Runen in seinen Händen und hebt die Arme. Eine ganze Weile geschieht nichts, aber ich kann erkennen, dass Osal sich anspannt und versucht eine Verbindung mit dem Monument aufzubauen. Ich drücke meine Faust zusammen. Hoffe, dass es gelingt. Nach einer knappen Minute erleuchten die Augen der Statuen. Das Monument erwacht. Osal nimmt die Arme herab und atmet schwer. Er braucht einige Momente, um wieder zu Atem zu kommen. Dann nimmt er die Runen in eine Hand und hält sie hoch. „Ich erwecke euch, Krieger aus einer vergangenen Zeit.“ Ein Lichtstrahl erscheint aus den Statuen und bündelt sich in der Mitte des Platzes. Nach einigen Minuten erlöschen sie mit einem kurzen Lichtblitz. Und an der Stelle des Lichtstrahles, stehen meine drei Gefährten. Sie hocken auf einem Knie gestützt und antworten zu gleich. „Wie können wir euch dienen?“ Osal wendet sich an die Drei und geht auf sie zu. „Erhebt euch, denn ihr verneigt euch vor niemandem.“ Sie erheben sich. Solange Osal ihre Runen besitzt, müssen sie ihm gehorchen. Ich werde nervös. Langsam wandert meine Hand zu meinem Schwert. Und ich taste mit dem Geist nach meinen Trollen. Osal steht nun direkt vor ihnen. Dann reicht er jedem von ihnen seinen Runen. „Ihr seid nun frei.“ Kaum berühren sie ihre Runen, verändert sich ihr Blick und sie schauen sich verwirrt um. Fast so, als wären sie jetzt erst wirklich wach. Leon findet als erster seine Zunge wieder. „Wir sind frei.“ Ein Lächeln wandert auf seine Lippen und freudig schaut er zu Selen und Argus, die beide ihr Glück noch gar nicht fassen können. Dann blicken sie wieder zu Osal. „Womit können wir euch unsere Freiheit vergelten?“ Osal lächelt und deutet mit dem Daumen über die Schulter zu mir. „Bedanken, müsst ihr euch bei ihm. Ihre Blicke wandern zu mir. Und ihre Augen werden größer, bevor sie sich von Erstaunen in Freude verwandeln. Leon kann es kaum fassen. „Du?“ Ich lächle. „Ja, Ich. Willkommen zurück.“ Jetzt kann sich keiner mehr von uns zurückhalten. Wir stürmen aufeinander zu und schließen einander in die Arme. Nach einigen Minuten der Freude, lösen wir uns voneinander. Ich bemerke, wie Osal und Kor sich auf den Rückweg machen. In Gedanken, danke ich ihnen. Selen schaut mich noch einmal verspielt misstrauisch an. „Wir dachten, wir würden dich nie wiedersehen.“ „Das dachte ich auch eine ganze Weile.“ „Das Letzte an was ich mich erinnere, ist wie wir gefallen sind. Ich erinnere mich an das Gefühl, als wir in unsere Runen zurückkehrten.“ Argus schaut sich die Umgebung an. „Es ist viel passiert, nicht wahr?“ Ich nicke und führe sie in mein Lager. Es würde einige Zeit brauchen, um ihnen zu erzählen, was sich, seit damals zugetragen hat.


© Sora Hataki


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Beschreibung des Autors zu "Die letzten Runen Kapitel 6"

Etwas größere erdachte Geschichte zu der Strategie-Spielereihe Spellforce. Mal schauen, wer sie noch kennt

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