Vorwort [nachgetragen am 20.11.2017]:
Sollte ein Polizist dies im Rahmen einer Ermittlung finden:
Was immer auch passiert ist, was immer ich getan habe - bevor ihr mich verurteilt sollt ihr wissen, dass ich alles in meiner Macht getan habe um es aufzuhalten. Die Blutlachen im Wald zeugen davon wie weit ich ging, um das Schlimmste zu verhindern.


Eintrag 1: 12.9.2017
Ich bin mir nicht sicher wie ich das hier anfangen soll...
Falls das hier irgendwann mal jemand lesen sollte, möchte ich vorwegnehmen, dass ich dieses Tagebuch mehr für mich selbst führe um all das verrückte Zeug aufzuarbeiten, das mir in den letzten Wochen passiert ist. Für den Fall, dass ich es mal jemandem zeige
-möglicherweise einem Psychiater- werde ich dennoch versuchen den nötigen Kontext bereit zu stellen.
Alles begann vor ein paar Wochen, als ich mit drei Freunden aus der Uni in den Urlaub nach Spanien geflogen bin. Die Ferien waren bald zu Ende und wir wollten vor dem Antritt des neuen Semesters nochmal ordentlich Feiern. Wir hatten einen ziemlich guten Start, das seltsame passierte erst zwei Tage später, als wir uns einen Wagen gemietet hatten, um einen kleinen Ausflug zu machen.
Irgendwann ließen wir uns dann an einem der vielen natürlichen Stände entlang der Küste nieder. Meine Erinnerungen an das Meiste was wir dort tagsüber gemacht hatten waren ziemlich schwammig, aber gegen Abend saßen wir schließlich alle zusammen am Feuer, rösteten Marshmallows und hörten Musik. Wir hatten jede Menge Spaß und es wurde immer offensichtlicher das Victoria sich in Felix verkuckt hatte. Sie lachte übermäßig bei jeden seiner Witze, spielte mit ihren langen blonden Haaren wann immer sie sich ihm zu wandte und kitzelte ihn von Zeit zu Zeit. Die Sonne war schon beinahe hinter dem Horizont verschwunden, als Markus -der vierte im Bunde- mit einem für ihn untypisch ernsten Gesichtsausdruck die Musik ausstellte. Victoria wollte sich beschweren brach jedoch von selbst ab als sie, genau wie wir anderen hörte, weshalb Markus die Musik abgestellt hatte. Von irgendwo in der Nähe erklang ein sanftes Flötenspiel, ruhig und traurig. Ich versuchte auszumachen von woher es kam, doch der Klang schien von überall zu kommen. Felix rief ein unsicheres "Hallo?" in die Welt hinaus, doch niemand antwortete. Der vage Umriss einer Figur stand in den länger werdenden Schatten einer kleinen Gruppe von Bäumen. Ich griff nach meiner Taschenlampe, doch als ich sie aufgehoben hatte war die Figur verschwunden. Die geisterhaften Töne schienen näher zu kommen, wurden lauter, auch ein wenig schneller. Der grelle Lichtkegel meiner Taschenlampe wanderte über die umliegende Umgebung aber ich konnte nichts erkennen. Mich begann ein mulmiges Gefühl zu beschleichen, wie eine Schlange, die langsam meinen Nacken hochkroch. Ich tauschte ein paar unruhige Blicke mit den anderen aus, Blicke die sehr offensichtlich machten, dass es ihnen ähnlich ging. Für ein paar weitere Momente lauschte unsere Gruppe dem näherkommenden Flötenspiel, bis es plötzlich beschleunigte und die Töne schrill und kreischend wurden. Wir schnappten uns unsere Handtücher, Markus das Radio dazu und ich fegte etwas Sand über das kleine Lagerfeuer, ehe wir schleunigst von dort verschwanden. Für eine Weile konnten wir über das Geräusch des Motors noch die Flöte hören, wie sie laute pfeifende Geräusche machte, als würde jemand im vollen Sprint dadurch ausatmen. Nach etwas mehr als einem Kilometer war das Geräusch verschwunden und wir kehrten in unser Hotel zurück.
Über den Vorfall unterhielten wir uns kaum. Die Sache hatte eine Komponente die…
Schwer zu fassen war. Aber es sollte noch nicht vorbei gewesen sein. Am nächsten Morgen kam Markus auf mich zu und frage ein wenig besorgt, ob ich irgendwelche Schlafstörungen hätte. Ich fragte Ihn worauf er hinaus wollte, doch anstatt zu antworten zeigte er mir ein Video auf seinem Smartphone. Markus Bett war rechts von meinem.
Das Video war von dort aus gefilmt worden und zeigte mein schlafendes Selbst im schwachen Mondlicht. Zuerst wollte ich mich aufregen, doch dann sah ich den Grund für die Aufnahme: meine rechte Hand, die über meinen Körper wanderte -und ich meine „wandern“ in dem Sinne, dass sie meine Finger als Beine verwendete. Wie ein seltsames Spinnentier huschte sie auf der Oberseite meines Lakens herum und schien meinen Arm dabei hinter sich herzuziehen. Sie rannte flink in alle Richtungen, soweit wie mein Arm es zuließ. Einmal, als sie in Richtung meiner Füße rannte lief sie vielleicht zehn Sekunden lang auf der Stelle als wollte sie sich losreißen. Dann krabbelte sie zur Kante des Bettes -die, die der Kamera zugewandt war- tastete diese leicht ab und stieß sich mit viel Schwung direkt in Richtung des Smartphones. Man konnte Markus erschrocken ausatmen hören, als sich mein Arm ruckartig in seine Richtung streckte.
Die Hand blieb mitten in der Luft stehen und begann hilflos zu zappelt, wie ein Käfer der auf seinem Rücken gelandet war. Felix sagte mir, dass das Gezappel noch für eine gute halbe Stunde weiterging...
Ich bat ihn mir das Video zu senden und es niemandem sonst zu zeigen. Das war zunächst das erste und einzige seltsame Verhalten, dass ich beim Schlafen gezeigt hatte. Erst nachdem wir wieder in Deutschland waren gab es mehr davon. Um ein wenig Kontext zu geben: Ich wohne momentan in einer kleinen Mietwohnung, im zweiten Stock eines Wohnblocks, der etwa zwanzig Minuten Fußmarsch vom Universitätsgelände entfernt liegt und sich so ziemlich am Rand der Stadt befindet. Abgesehen von einem winzigen Bad bestand besagte Wohnung nur aus einem einzigem Schlaf-, Wohn-, Ess- und Arbeitszimmer: komplett mit einem Bett, einem Tisch, der durch den Laptop darauf zum Schreibtisch befördert wurde, einer unscheinbaren Kommode und einer Mikrowelle die als Ersatz für eine komplette Küche fungierte. Das einzig große an dieser/meiner Legebatterie für Menschen war das Fenster, welches sich vom Rest der Stadt weg zu einem Parkplatz und einer Reihe von Bäumen öffnete, die dahinter wuchs. Die Stadt an sich war weder wirklich groß noch wirklich klein, alles in allem ziemlich verschlafen. Abends war dort jenseits der richtigen Studentenwohnheime nah der Uni kaum etwas los. Etwa zwei Tage nachdem ich wieder Zuhause war, wachte ich einmal mitten in der Nacht auf meinem Fußboden auf. Mein rechter Arm hatte sich um ein Bein meines Schreibtisches geklammert. Der Arm war leicht angewinkelt, als hätte ich mich darauf hingezogen. Ein paar Tage später stand ich einfach am offenen Fenster, mitten in der Nacht. Der kalte Luftzug muss mich geweckt haben. Danach war ich ziemlich beunruhigt, denn zuvor hatte ich noch nie geschlafwandelt. Manchmal hatte ich den Wecker vom Nachttisch gefegt aber ich war noch nie zuvor aufgestanden... Der Gedanke, dass mein Körper ohne meine Kontrolle nur von meinem Unterbewusstsein getrieben nachts durch die Gegend wanderte ließ meinen Magen zusammenkrampfen. Gleich am nächsten Abend bastelte ich mir einen provisorischen Halter für mein Smartphone, stellte die Video Qualität auf ein Minimum, damit der Speicher nicht volllief bevor ich meinen eigenen Schlaf aufnahm. Am nächsten Tag ging die Vorlesungszeit wieder los und als aufmerksamer Student entschloss ich mich während des Unterrichts nur die Aufnahmen meines Schlafes anzuschauen, anstatt wirklich zu schlafen. Die meiste Zeit passierte nicht viel, mal zucke ein Bein, mal rollte mein Kopf von einer Seite auf die andere, alles etwa so wie man es sich bei einem leicht aber nicht übermäßig unruhigem Schlaf vorstellt. Dann -beinahe hätte ich es verpasst- passierte irgendetwas. Ich spulte zurück und stellte das Bild auf Echtzeit.
Mein Oberkörper richtete sich auf, doch mein Hals blieb dabei unnatürlich starr. Kurz darauf glitt meine rechte Hand unter der Bettdecke hervor und...
Und mit Zeige und Mittelfinger zerrte sie zuerst mein rechtes Auge auf ehe es das selbe krankhafte Schauspiel mit dem linken Auge wiederholte. Meine Augen blieben starr während mein Körper ruckartig seinen Kopf bewegte um sich umzusehen...
Sollte das mein unterbewusstes Selbst sein?
Nein... Diese unnatürlichen Bewegungen...
Es war als hätte irgendetwas von mir besitzt ergriffen, etwas das noch lernen musste wie es meinen Körper zu bedienen hatte...
Nach etwa einer Minute ließ "Es" wieder von mir ab und legte mich zurück ins Bett. Für die nächsten zwei Wochen wurde das mein Morgenritual. Jeden Tag in der ersten Vorlesung und am Wochenende gleich nach dem Aufstehen sah ich mir mit einer verdrehten Faszination diese verfluchten Videos an.
Mein schlafendes Selbst tat jede Nacht irgendetwas neues, eigenartiges. Einmal klappte es den Laptop auf und tippte wild auf den Tasten herum. Ein anderes Mal wanderte es ziellos in meiner Wohnung umher und legte sich dann wieder hin...
Einmal habe ich sogar im Schlaf ein halbe Schachtel Cornflakes gegessen.
Ich hatte schon irgendwie begonnen mich daran zu gewöhnen doch dann passierte etwas, dass dem Wort "seltsam" für mich eine neue Bedeutung gab. Solche Ereignisse gab es später noch öfter…
Gegen Ende der zweiten Woche des Semesters sah ich im Video der Nacht zuvor wie mein Oberkörper sich aufrichtete, in etwa wie im ersten Video das ich gemacht hatte, nur diesmal sprangen meine Augen von alleine auf. Der Kopf suchte wieder den Raum ab und starrte dann direkt in die Kamera. Die Augen blieben starr darauf fixiert während mein Kopf langsam auf die Seite kippte. Meine Lippen bewegten sich, doch ich konnte nichts hören, geschweige denn verstehen. Es starrte drei geschlagene Stunden lang in die Kamera ehe es mich wieder hinlegte. Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem Gefühl von Schwerelosigkeit und umfassender Kälte. Ich öffnete meine Augen zum orangen Himmel des Sonnenaufgangs. Es brauchte ein paar Sekunden bis meine Situation für mich wirklich greifbar wurde. Ich lag im Wasser, im großen Teich des Stadtparks. Meine Gliedmaßen waren von mir gestreckt und manchmal spülten seichte Wellen über mein Gesicht. Für einen Moment verharrte ich und überlegte ob das hier noch Teil eines Traumes war. Meine Atmung beschleunigte sich langsam als das krampfhafte Zittern der Panik sich langsam in meinem Körper ausbreitete. Letztendlich schwamm ich ans Ufer und rannte so schnell ich konnte nach Hause. Ich versuchte die Hauptstraßen zu vermeiden, aber es ließ sich nicht verhindern das einige der wenigen Menschen, die um diese Zeit auf der Straße waren vom Anblick eines nassen, halbnackten Studenten überrascht wurden. Ich raste das Treppenhaus hinauf und fand die Tür zu meiner Wohnung offen vor. Nachdem ich mich aufgewärmt hatte wollte ich mir das Video von letzter Nacht ansehen, doch es war nicht da. Für einen Moment zweifelte ich daran die Aufnahme überhaupt gestartet zu haben. Ich ließ eine Wiederherstellungssoftware über meine Speicherkarte laufen und fand das Video... es zeigte wie ich mitten in der Nacht aufstand und nach meinem Handy griff… "Es" hatte das Video gelöscht... Meine Hände flogen hektisch über die Tastatur als ich nach einem Arzt suchte, der auf Schlafkrankheiten spezialisiert war. Blitzschnell hatte ich die Nummer in mein Smartphone gehämmert, doch irgendetwas hielt mich auf, kurz bevor ich den Anruf starten konnte. Es war eine eigenartige Vorahnung, dass etwas Schreckliches passieren würde, sollte ich dort anrufen...
Ich entschloss mich den Haustürschlüssel vor dem Schlafen gehen zu verstecken, jeden Tag an einer anderen Stelle. Die Videos werden immer noch jedes Mal gelöscht, aber zumindest wache ich jetzt jeden Tag in meinem Bett oder zumindest meinem Zimmer auf. Vielleicht ist das nur eine Phase, die ich einfach aussetzen muss. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass all das mit dem Flötenspiel damals am Strand zu tun hatte…
Aber wenn das der Grund war, warum ging es dann den Anderen nicht genauso?
Auf jeden Fall hat das hier niederzuschreiben fürs erste geholfen meine Gedanken zu sortieren...



Eintrag 2: 15.9.2017
Es ist wieder etwas passiert und es macht einfach keinen Sinn!
Der Schlüssel war noch da, er lag da genauso wie ich ihn hingelegt hatte!
Ich kann es nicht nachvollziehen, nichts davon...
Heute Morgen, noch bevor ich meine Augen öffnete, wusste ich dass etwas nicht richtig war. Irgendetwas klebte in meinem Gesicht...
Ich hob meinen Arm und wischte die verkrustete Masse am Ärmel einer Stoffjacke ab…
-Eine Stoffjacke die ich nicht hätte tragen sollen. Die Masse hatte einen Blutroten, mit dunklen Krümeln durchsetzen streifen auf dem hellgrauen Stoff hinterlassen. Auch stellte ich fest, dass ich eine Hose trug: eine Jeans die verkehrt herum, mit dem Reißverschluss nach hinten über meine Beine gezogen war. Aus der linken Gesäßtasche ragte etwas Weißes hinaus. Ich zog daran und mein völlig verwirrtes Hirn brauchte etwas, um das lange, plüschige Ding mit dem roten Fleck am Ende einzuordnen. Es war der Schwanz einer Katze...
Ich riss die Tür zum Bad so hektisch auf, dass der Griff mit einem explosionsartigen Knall gegen die Kannte meines Tisches krachte. Panisch wusch ich mir das Blut vom Gesicht, nutzte teilweise meine Fingernägel um die getrockneten Stücke von meiner Haut zu kratzen.
"Das geht nicht… Das kann nicht sein… das stimmt nicht..." Wiederholte es sich in meinem Kopf. Als ich glaubte fertig zu sein starrte ich mich schwer atmend im Spiegel an. Während meine Augen das verstörte Gesicht dieses fremden Mannes anschauten ertastete meine Zunge etwas Weiches zwischen meinen Zähnen. Mein Herz rutschte nach unten und mit zwei Fingern zog ich ein kleines Bündel Haar aus dem Spalt zwischen meinem rechten oberen Eckzahn und dem Backenzahn dahinter. Es war schneeweiß, wie der Katzenschwanz von vorher. Ich übergab mich umgehend ins Waschbecken, hatte nicht genug Zeit um mich über die nur 50 Zentimeter entfernte Toilette zu beugen. In der gelblichen Masse konnte man Knochensplitter und Spuren von Fell ausmachen. Wie war das überhaupt möglich? Das Fenster war sperrangelweit offen und zu allem Überfluss führten Spuren meiner dreckigen Füße von dort aus zu meinem Bett. Es war also die beste Erklärung, dass ich mich angezogen hab, gute 8 Meter in die Tiefe gesprungen bin und dann eine streunende Katze mit Haut, Haar und Knochen verschlungen habe!? Oh, und dann bin ich natürlich die Fassade zu meinem Fenster wieder hochgeklettert.
Soll das passiert sein? Wirklich?

Eintrag 3: 18.9.2017
Hallo mal wieder, du freundlicher digitaler Ersatzpsychiater. Ich hab jetzt 3 Tage lang nicht geschlafen und obwohls mir gestern noch richtig Scheiße ging und ich meine richtig richtig Scheiße trotz den... 50? 5000? Energiedrinks die ich bis dahin getrunken hatte. Auf jeden Fall gevts mir jetzt richtig gut und ich hab super viel Energie, so dass ich in meinem ganzen Leben nie wieder schlafen und folglich auch nie wieder eine Katze essen muss. Ich meine vielleicht esse ich irgendwann in Asien mal eine Katze, aber das wird wenn schon eine lecker zubereitete Katze sein, NIE WIEDER KATZEN MIT FELL.

Eintrag 4: 19.9.2017
Ich lass den vorigen Eintrag mal drin, dann hat der Polizist, der meinen Tot untersucht wenigstens etwas zu lachen. Ich habe nachgelesen dass es bei chronischem Schlafmangel verschiedene Phasen gibt. Zuerst fühlt man sich erschlagen, dann bekommt man einen plötzlichen Energieschub und danach gehts wieder bergab.
Ich bin definitiv in der letzten Phase. Das schlimmste ist mittlerweile gar nicht mehr die Müdigkeit, sondern die Halluzinationen. Heute Morgen zum Beispiel saß ich mit Victoria beim Mittagessen. Sie erzählte mir irgendetwas, doch ich konnte nur auf den kleinen Affen starren, der zielstrebig an ihrem Arm hochkletterte. Er sah aus wie ein Pavian, ein Pavian, der nur etwa 15 Zentimeter groß war, aber einen überproportional großen Kopf hatte. Während sie sprach hockte sich das kleine Fellknäul auf ihre rechte Schulter und biss ihr in die Wange. Stück für Stück, Fetzen um Fetzen begann es ihr Gesicht zu fressen...
Dennoch war es keine blutige Angelegenheit, viel schlimmer: man sah deutlich wie sich die vielen Muskeln bewegten, freigelegt durch das Entfernen der Haut, solange bis der Affe auch diese verschlang.
"Hörst du mir überhaupt zu?" fragte sie irgendwann.
Ich sah von meinem Teller auf und schaute verstört und zugleich irgendwie fasziniert in ihr Gesicht, dass nun zur Hälfte aus einem blanken Totenschädel bestand. Ich konnte nicht antworten, denn ich war viel zu sehr an den surrealen Anblick des Affen gefesselt, der gerade ihr Ohr abriss.
"Du solltest wirklich mal Ausschlafen sagte die Untote, während sie sacht meine Schulter berührte." Fast hätte ich angefangen zu Heulen…
Das letzte Mal war es nur eine Katze gewesen, damit kann ich leben. Das ist nicht mein Problem… Mein Problem ist, dass ich von einem scheiß Dämon besessen bin! Und dieses Ding ist unberechenbar: Vielleicht ist es nächstes Mal ja kein Tier mehr, sondern ein Mensch. Das Vieh weiß wie man Türen öffnet, Smartphones bedient ich bin mir sicher es bekommt auch raus wie man ein Messer verwendet um jemanden abzustechen. NEIN, nicht mit mir. Ich hab schon alle meine Messer entsorgt und esse zuhause nur noch Suppen und Fertignudeln. Ich werde garantiert nicht eines Tages aufwachen und ein Ohr von jemandem in meiner Tasche haben. Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht!
Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Daswill ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht!
Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Daswill ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht!
Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht!
Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Daswill ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht!
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Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht!! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht! Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht. Das will ich nicht! Das will ich nicht! D

Eintrag 5: 20.9.2017
Heute habe ich es gesehen. In der ersten Vorlesung stand es neben dem Professor. In dem Artikel über Schlafentzug stand auch das die Halluzinationen im Grunde Träume sind, die sich aufgrund des Fehlens der REM-Schlaf Phase im Wachzustand manifestieren. Seit meinem Urlaub hatte ich keine Träume mehr gehabt an die ich mich erinnern konnte. Dort muss es gewohnt haben, im Raum meiner Träume. Und jetzt ist es hier. Am Ende des kleinen Seminarraumes, nur etwa 3 Meter von mir entfernt stand es einfach da… der Dämon, in all seiner glorreichen Schrecklichkeit. Die Gestalt war nicht gänzlich humanoid, sah aus wie eine 2,40m hohe Mischung zwischen Mensch, Dinosaurier und einer riesigen Gottesanbeterin.
Der ganze Körper war von dunkelgrauen Schuppen und dicken Segmenten schwarzer Chitinpanzerung überzogen. Von seinem grob humanoiden Torso gingen sechs Gliedmaßen sowie ein langer Schwanz aus, der sich ab seiner Mitte spaltete und zum Ende hin Peitschenartig dünn wurde. Die Beine erinnerten an die eines Velociraptors, allerdings mit vier Zehen, die in Spitzen, unnatürlich scharfen Krallen endeten. Es hatte auch zwei kräftige, menschenähnliche Arme. Die Unterarme waren etwa anderthalbmal so lang wie die Oberarme. An den Händen hatte es noch längere Klauen als an den Füßen und genau wie dort sahen sie aus wie nach unten gekrümmte, zu beiden Seiten angeschliffene Kampfmesser. Mit vielleicht 10 Zentimetern Länge waren sie jedoch bei weitem noch nicht das gefährlichste an diesem Wesen. Aus seinem Rücken wuchsen weitere lange Fangarme mit vier Gelenken und jeweils einer schwertlangen Klinge am Ende. Diese riesigen Extremitäten waren oft am Rücken zusammengefaltet konnten sich aber auch weit an den „normalen“ Armen vorbei nach vorne biegen. Der Kopf bestand im Grunde nur aus einem langem Kiefer mit scharfen Reißzähnen am vorderen ende. Seine Wangen, falls man die Haut, die die beiden Hälften des Kiefers umspannte so nennen konnte, reichten fast bis an seine Zähne und dehnten sich stark, wann immer das Biest sein Maul öffnete. Lippen hatte es keine. Andere Details wie Atemöffnungen oder Augen musste man woanders suchen. Zwischen den Rippen gab es kleine Schlitze, die sich wie lippenlose Münder im Rhythmus seiner Atmung öffneten und verengten, drei an jeder Seite. Die Augen waren über den ganzen Körper des Dämons verteilt. Je eines saß auf jeder Schulter, zwei waren unter einander angeordnet auf seinem Brustbein und diverse andere befanden sich an seinen Gliedmaßen, allesamt geschützt von durchsichtiger Chitinpanzerung.
Ich kann das gerade wirklich gut beschreiben, denn es steht in diesem Moment neben mir und schaut mir beim Tippen zu. Den ganzen Tag lang steht es schon da, immer in meiner Nähe...
Sein Hunger ist unbändig.
Es lässt mich ihn spüren...
Ich saß in diesem Raum, mit all den Menschen um mich herum, doch alles was ich sah war die Aussicht ein wenig dieses quälenden Verlangens zu stillen, dieses grausam schmerzenden Krampfes, nicht in meiner Magengrube, sondern von einem anderen Ort, einem der nun zu mir gehörte. Ich ging sofort zurück in meine Wohnung, rannte einfach aus dem Unterricht und sperrte mich zuhause ein. Wissend das ich dieses Ding hier nicht festhalten kann hab ich versucht die Polizei anzurufen, doch wann immer ich die Nummer eintippen wollte fing das Ding an mit einer Stimme an zu schreien die meinen Kopf beinahe explodieren ließ...
Falls das jemand findet, was immer jetzt passiert, was immer ich jetzt mache….
bevor ihr mich verurteilt sollt ihr wissen, dass ich alles in meiner Macht getan habe um es aufzuhalten. Der außerweltliche Hunger wird schlimmer, als würde mein Körper sich selbst von innen her auffressen. Es muss etwas Lebendes sein, etwas Großes, blutiges...

Eintrag 6: 11.10.2017
Ich habe nun keinen Hunger mehr...
In der Nacht, nachdem ich den Dämon zum ersten Mal gesehen hatte ist noch viel passiert. Irgendwann verlor ich das Bewusstsein und begann zu träumen. Ich träumte davon wie das Monster in seiner wahren Form aus dem Fenster sprang, und auf allen Vieren im Schatten der Nacht, durch die Stadt sprintete. Zu meiner Erleichterung rannte es aus der Stadt hinaus, mehrere Kilometer am Straßenrand entlang, bis an den Rand eines kleinen Dorfes. Ein Bauer hatte seine Kühe auf der Weide gelassen. Der Lauf des Dämons wurde noch schneller als zuvor und er sprang über den Zaun hinweg in die gewaltige Menge an Beutetieren.
Noch in der Luft hob er einen seiner mächtigen Schwertarme und ließ ihn während der Landung auf das erste Tier herniederrasen. Die Klinge durchstieß den Schädel und tötete es augenblicklich. Die Herde brüllte und verteilte sich, rannte vor Panik die elektrischen Zäune ein doch ein einziger Bulle stellte sich ihm in den Weg. Der imposante Widersacher nahm Anlauf um der Kreatur auf seine Hörner zu nehmen. Diese krümmte ihre Schwertarme nach hinten und verankerte sich damit im Boden. Lange Arme streckten sich dem galoppierenden Bullen entgegen, packten seine Hörner und jeder Muskel kompensierte den Aufprall. Als der vor Muskeln strotzende Vierbeiner zum Stillstand gekommen war, zogen sich die schwertarme in einer einzigen flüssigen Bewegung aus dem Boden heraus und federten nach vorn über die Schultern hinweg in den Rücken des Bullen. Im Haus des Bauern, das direkt am Rand der Weide lag ging ein Licht an. Der Dämon begann unterdessen zu fressen. Seine Zähne rissen schnell große Brocken Fleisch aus dem frischen Kadaver, verschlang sie ohne eine einzige Kaubewegung. Mich beschlich ein ungutes Gefühl und ich rief der Bestie zu das sie verschwinden solle, wieder und wieder. Schon bald gingen auch die Lichter in der unteren Etage an, doch der Dämon störte sich nicht. Er hatte schon beinahe den gesamten Rumpf des Bullen ausgehöhlt. Schließlich stand der Bauer mit einem Jagdgewehr auf dem Feld. Eine Wolke hatte sich entfernt und der Mond schien heller als zuvor. Ungläubig starrte der Bauer auf das Wesen, dass gerade eines seiner Tiere fraß. Der Dämon drehte seinen Kopf zur Seite
-in Richtung des Menschen- und fauchte. Ein Schuss viel, vergoss schwarzes Blut, als die Kugel das Biest auf Höhe der Leber traf. Mit großen Schritten begann das wütende Monster in Richtung des Bauern zu rennen und nutze dann seine Schwertarme sowie die kräftigen Beine, um sich blitzartig mit aufgerissenem Maul auf ihn zu zu katapultieren. Der Mensch brachte instinktiv sein Gewehr zwischen sich und die Gefahr. Die Landung des Dämons riss den Bauern von den Füßen, platzierte zugleich das Gewehr zwischen scharfen Zähnen. Der Dämon war nun über ihn gebeugt und einer der Schwertarme hob sich um auf den Schädel des Menschen herniederzufahren. "NEIN!" brüllte ich, wie meine Stimmbänder es nie vermocht hätten, so laut das der ganze Traum zu vibrieren begann. Die lange Klinge verfehlte ihr Ziel, stieß knapp daneben in die weiche Erde. Befeuert von Zorn, Frustration oder beidem bissen die starken Kiefer das Gewehr in zwei. Ohne langes Zögern schnappte der Dämon erneut nach dem Kopf des Mannes, der nur noch seine Arme dazwischen bringen konnte.
In diesem Moment traf mich die Realisierung, dass ich bald für den Tot eines Menschen verantwortlich sein würde. Sie traf mich stark wie ein Schlag ins Gesicht.
Im nächsten Moment wachte ich auf... mit dem blutenden Arm einer fremden Person zwischen den Zähnen, gebeugt über dessen fragilen Körper, mit mächtigen Pranken, die meinen Oberkörper vom Boden abstützen. Ich öffnete meinen Kiefer und wich zurück. Der Mann lag vor mir, um Hilfe schreiend. Für einen Moment betrachteten wir beide seinen Unterarm. Er hing hinab wie ein lasches, zerkatschtes Kauspielzeug aus dem unbändig das Blut hinab strömte. Weiter hinten war das Licht einer Taschenlampe zu sehen. Es kam zügig näher…
Ich rannte weg, so schnell mich meine mutierten Arme und Beine tragen konnten. Zuerst in das Feld, nahe der Weide und dann immer weiter. Irgendwann fand ich mich in einem Wald wieder. Der Hunger war verschwunden, was blieb war die Müdigkeit. Völlig am Ende sackte zusammen in der Dunkelheit und meine Augen schlossen sich, alle zwölf davon.
Am nächsten Morgen erwachte ich wie Adam im Paradies erwacht sein musste. Die Sonne schien durch die Baumkronen hinab auf meinen nackten Körper und zum ersten Mal seit Wochen fühlte ich mich vollständig ausgeschlafen. Meine Gedanken waren von einer kalten Klarheit durchdrungen.
Die Nacht zuvor hatte ich das Leben eines Menschen zerstört. So lasch wie der Arm aussah und so weich wie er sich angefühlt hatte glaubte ich nicht daran, dass der Arm zu retten war. Es bestand sogar die Möglichkeit, dass der Bauer bereits gestorben war, aber darüber durfte ich nicht zu sehr nachdenken. Ich hatte getan was ich für richtig hielt, doch es war das Falsche gewesen. Fehler sind unausweichlich, wenn man mit dem Unbekannten zu tun hat. Davon musste ich mich überzeugen, wenn ich verhindern wollte, dass mein Gewissen mich von innen her auffraß. Wichtig war jetzt aus den Fehlern zu lernen und das Problem zu lösen.
Ich hatte tatsächlich etwas gelernt in jener Nacht: Der Dämon konnte mich zwar beeinflussen, aber das funktionierte auch anders herum. Es gab Dinge, die es mich nicht tun ließ und Dinge, die ich es nicht tun ließ. Außerdem war ich mir sicher, dass ich seinen Körper nicht allein gesteuert hatte. Es hat mir geholfen, war meinem Plan gefolgt vermutlich, weil es wusste, dass es besser mir zu gehorchen als zu versuchen sein eigenes Ding durchzuziehen und dabei ständig von mir ausgebremst zu werden.
Vieleicht würde ich einen Kompromiss aushandeln können:
bereits der Akt sich eine Herde Kühe zu suchen anstatt innerhalb der Stadt einen Menschen zu fressen zeigte bereits ein gewisses Maß an Rücksicht von Seiten des Monsters. Es hat sich nur gewehrt als der Bauer auf es geschossen hatte...
Nach diesem Gedanken schaute ich an meinem Körper hinunter. Dort wo ich angeschossen wurde hatte ich eine kleine Narbe. Als ich genauer hinsah bemerkte ich, dass die Kugel darunter im Gras lag, als wäre sie aus mir herausgewachsen. Bis in die Nacht hinein blieb ich im Wald. Es war ziemlich kalt aber auszuhalten. Als die Sonne verschwunden war versuchte ich mit dem Wesen zu sprechen.
"Hast du Hunger? " fragte ich und hörte in mich hinein.
"Wir können tun was du willst" sagte ich.
"Du darfst töten, solange du es mit mir, nach meinen Regeln tust." In diese Nacht bekam ich keine Antwort...
Wie ich im Adamskostüm wieder nach Hause in meine verschlossene Wohnung gekommen bin ist eine extrem peinliche Geschichte, die ich vielleicht irgendjemandem mal im Suff erzähle. Auf jeden Fall stand ich die nächsten zwei Tage jeden Abend am Fenster und fragte in mich hinein. Beide Male geschah nichts, beide Male war mein Schlaf ruhig und ereignislos. Am dritten Tag konnte ich den außerweltlichen Hunger wieder spüren. Was auch immer ich aß, er ging nicht weg. Um drei Uhr nachts ließ ich meine Tür aufgeschlossen, packte mir einen Rucksack mit Kleidung und zog mich aus.
"Komm jetzt", sagte ich.
"Ich lass dich das nicht alleine machen."
Plötzlich begann mein Körper sich zu verändern. Jede Ader trat an mir hervor als meine Muskeln anschwellten und ich konnte buchstäblich bis ins Mark spüren wie sich meine Glieder verlängerten. Ein pulsierender Schmerz begleitete die Transformation, doch der störte mich nicht so sehr, wie der surreale Schwindel den ich durchlitt, als meine Augen von meinem Schädel rutschten, mein Schädel in meinen Torso hineinwuchs und sich mein Kiefer aus dem fleischigen Durcheinander erhob um allein ein neues Haupt zu bilden.
Aus meinem Rücken schossen die beiden viergelenkigen Extremitäten, die bald zu meinen Schwertarmen heranwachsen würden. Auch die zusätzlichen Augen waren schon bald nutzbar und gaben mir einen vollen Rundumblick von 360°. Sobald mein Körper ausgewachsen war bildeten sich Klauen, Schuppen und Panzerplatten.
Ich war nicht allein. Der Dämon war da, erkannte was ich tun wollte, half mir mich in diesem neuen Körper zu bewegen. Ich streckte eine Hand zum Fenster hinaus und beobachtete die Umgebung mit einem Auge auf der Rückseite meiner Handfläche. Als niemand zu sehen war sprang ich in die Nacht hinaus, ein flüchtiger Schatten: so schnell, hätte ihn jemand gesehen, er wüsste nicht ob es sich um Einbildung gehandelt hätte. Ich rannte durch die Nacht, galoppierte auf kräftigen Armen und Beinen entlang an den Rändern von Straßen und den Spuren die Traktoren auf Feldern hinterließen, bis ich den nächsten größeren Wald erreicht hatte. Meine Sinne wahren scharf, ich konnte die Insekten im Unterholz hören, erkannte die Spuren jeder Pflanze in der Waldluft und meine Augen durchdrangen die Dunkelheit, zeichneten mir die Welt in scharfen Grautönen. Für einen Moment hielt ich inne um diesen Körper zum ersten Mal wahrhaftig zu spüren: Wie leicht er sich anfühlte auf diesen mächtigen Gliedmaßen, wie sich der Brustkorb anhob als Sauerstoff durch die Öffnungen zwischen meinen Rippen eindrang, wie angenehm der kalte Erdboden sich an meine Pranken anschmiegte und nicht zuletzt: wie leer sein Magen war…
Die Jagd hatte begonnen. Überraschend leise flog ich über den Waldboden hinweg. Nach einer Weile roch ich etwas das der Dämon für Beute hielt. Ich folgte der Spur bis zu einer kleinen Gruppe von Wildschweinen bestehend aus einem Keiler, einer Sau und 5 Frischlingen. Sie bemerkten mich erst in der Sekunde, in der ich mit einem langen Satz auf sie niederfuhr. Die beiden großen Schweine wurden umgehend von meinen Schwertarmen durchbohrt und ich verspürte einen Rausch wie noch nie zuvor in meinem Leben. Es war mir sogar gelungen noch einen der Frischlinge mit meiner Hand zu fangen. Das kleine Wesen zappelte und quiekte fürchterlich, ehe ich mit meinem Kiefer seine Schädeldecke knackte um es im Anschluss herunterzuschlucken. Auch seine Geschwister fing und fraß ich, einen nach dem anderen, mich vollends dem Rausch und den Instinkten des Dämons hingebend. Danach fraß ich noch die frischen Kadaver der Elterntiere mit kranker Gier und Gründlichkeit. Alles an ihnen musste vertilgt werden, jedes Haar, jeder Knochen, jede Zelle bis auf das Blut im Erdboden. Solche Ausflüge unternehme ich seitdem regelmäßig. Alle drei Tage ziehe ich in die Welt hinaus um irgendwelche armen, unschuldigen Tiere zu töten.
Das war der Preis für meinen Schlaf,
und meinen Verstand,
und für die Stellen meiner Seele, die noch unbefleckt waren.
Menschen essen ständig Tiere, das macht mich nicht zum Monster…

Eintrag 7: 16.10.2017
Ich kann mich wieder daran erinnern, an das was damals am Strand noch passiert war. Es gab dort auch ein paar kleine Höhlen, die ich damals unglaublich faszinierend fand. Zuvor hatte ich mir extra eine große wasserdichte Taschenlampe gekauft, mit der ich jetzt jeden Winkel der Höhlen ausleuchten konnte. In den meisten fand ich ein angenehmes Arrangement von Korallen, Fischen und bunten Sedimentschichten. Eine hatte jedoch etwas ganz Besonderes an sich: unter dem Wasserspiegel zog sie sich noch gute vierzig Meter nach hinten, wo nahe ihrem Ende irgendetwas den Schein meiner Taschenlampe zurückwarf. Das Glänzen hatte eine fast hypnotische Wirkung. Im Nachhinein bin ich mir nicht mehr ganz sicher ob mich nur reine Neugier dazu getrieben hatte, doch ich ließ einen meiner Freunde, Felix die Lampe halten, nahm ein paar sehr tiefe Atemzüge und machte mich auf den Weg.
Fast alle Steine waren von Algen bedeckt, die als ein unwillkommenes Gleitmittel wirkten, mich immer wieder abrutschen ließen als ich versuchte mich nach vorn zu stoßen. Dennoch glaubte ich zumindest ein wenig schneller zu sein als wenn ich normale Schwimmbewegungen ausgeführt hätte. Etwa auf halbem Wege manifestierte sich dann mein Verlangen nach Sauerstoff als anschwellendes Druckgefühl innerhalb meines Brustkorbes. Aus Erfahrung wusste ich, dass ich dieses Gefühl fürs erste ignorieren konnte. Es war nichts weiter als die erste in einer Reihe von Warnleuchten, an deren Ende jedoch immer noch mein Tod lag. Ich versuchte mein Vordringen noch weiter zu beschleunigen. Für einen Moment wurde die Welt dunkel, als Felix zum Luft holen auftauchte, doch es gelang mir recht gut mein Tempo zu halten. Allgemein leistete Felix recht gute Arbeit daran sich so zu positionieren, dass der Lichtkegel an mir vorbei auf das glänzende Ding zeigte. Schon bald hatte ich es erreicht. Hätte ich ihn nicht bereits angehalten, wäre mir der Atem gestockt:
Vor mir befand sich ein länglicher Edelstein, dessen Färbung irgendwo zwischen dunkelblau und violett angesiedelt war. Korallen umwuchsen ihn von allen Seiten, formten eine Art natürliche Halterung, die ihn Aufrecht auf dem steinigen Boden der Höhle stehen ließ. Ich versuchte ihn abzureißen, zog mich jedoch nur weiter nach vorn, wo ich mich geradeso davor retten konnte mit dem Kopf gegen die Felswand am Ende der Höhle zu krachen. Das drängende Gefühl in meinem Brustkorb hatte unterdessen eine ganz neue Dimension erreicht, wesentlich schlimmer als die, an die ich mich bereits gewöhnt hatte. Hektisch platzierte ich meine Füße auf der Felswand und umklammerte den Edelstein fest mit beiden Händen. Meine Beine begannen statischen Druck aufzubauen, dem der Rest meines Körpers strandhielt. Meine Arme fingen an zu zittern, Blut schoss mir in den Kopf und mein Kiefer verkrampfte sich vor Anstrengung. Es kam die Sekunde in der ich aufgeben musste, doch genau in dieser zerbarsten die Korallen und alle Spannung in meinen Beinen entlud sich in einem kräftigen Stoß nach vorne. Mit einem von Panik getriebenem Tunnelblick hetzte ich auf den Ausgang zu. Ich griff und trat nach jedem Vorsprung, brachte hektische Schwimmzüge ein wo das nicht möglich war doch meine innere Sauerstoffanzeige sagte mir, dass ich es nicht schaffen würde… Sie lag falsch. Ich brach durch die Wasseroberfläche und atmete hektisch die frische Meeresluft ein. Für einen Moment glaubte ich, ich würde trotzdem noch das Bewusstsein verlieren, dass meine Lungen nicht schnell genug arbeiten konnten um den fehlenden Sauerstoff wiederreinzuholen. Felix warf mir derweilen vor wie verrückt ich doch war, dass er 3-mal hatte auftauchen müssen und noch irgendwas anderes. Erst am Strand öffnete ich meine rechte Hand wieder, die, in der ich den Stein gehalten hatte. Das Herz rutschte mir in die Hose, als ich darin nur ein paar Korallenreste und kleine Glasscherben vorfand. Komischerweise waren die Scherben vollkommen weiß und durchsichtig, das Blau war verschwunden. War das der Dämon gewesen? war der Stein ein Gefängnis für ihn? In dem Fall stellt sich wohl die Frage wie das Flötenspiel in die Geschichte passt…

Eintrag 8 15.1.2018
Ich lebe jetzt seit 3 Monaten mit diesen nächtlichen Ausflügen. In dieser Zeit ist viel passiert. Zunächst einmal hatte ich den Bauern wiedergesehen. Ich hatte mir ein Fahrrad gemietet und war an seiner Farm vorbeigefahren. Sein rechter Arm fehlte und eine junge Frau, seine Tochter, vielleicht sogar Enkelin half ihm bei der Arbeit. Beinahe wäre ich abgestiegen um den beiden zu helfen. Nicht dass ich es irgendwie hätte wiedergutmachen können. Es war hart gewesen am Anfang, aber ich glaube mittlerweile kann ich mir selbst gegenüber so etwas wie Vergebung empfinden. Vielleicht habe ich aber auch nur angefangen mich an die Schuld zu gewöhnen, so wie ich mich auch an meinen Dämonen und das Jagen immer mehr gewöhnte. Ich musste nur aufpassen, dass ich nie vergaß wozu dieses Ding fähig ist. Abgesehen davon war ich noch zu einer unangenehmen Realisierung gekommen:
Ich war nicht das einzige, seltsame Ding da draußen. Lange Zeit bin ich nachts durch unbekannte Wälder gerannt, im dem festen Glauben mein Dämon wäre das größte und fieseste Raubtier in ganz Deutschland... und warum auch nicht?
Was sollte ihn angreifen? ein Wolf? Ein Bär?
Im Körper dieses Monster könnte ich einen Wolf in zwei Teile reißen und auch ein Bär hätte keine 20 Sekunden gegen mich durchgehalten. Jäger roch und sah ich lange bevor sie mich sahen, so dass ich denen immer Ausweichen konnte, mehr zu ihrer Sicherheit denn zu meiner...
Dennoch, vielleicht war ich zu vorschnell.
Bis jetzt hatte ich nichts gesehen das wirklich gefährlicher war als mich beziehungsweise meinen Dämon -aber verdammt noch eins- es gab seltsamere Dinge als mich.
Die Sichtungen dieser Dinge waren zeitlich sehr miteinander verworren, also hab ich mich entschieden anstatt chronologisch vorzugehen über jede… Anomalie? einen eigenen Eintrag zu machen:
Anomalie 1: Einmal zwei halbe Hänchen
Die erste Anomalie entdeckte ich auf dem Weg durch ein hohes Maisfeld. Während ich wie schon oft zuvor den Spuren eines Traktors folgte, sah ich flüchtig wie etwas Kleines hinter mir aus dem dichten Vorhang der Maispflanzen trat. Ich hielt an um einen genaueren Blick darauf zu werfen. Es sah aus wie ein ausgewachsener Hahn. Das Tier schien normal zu laufen, aber aus irgendeinem Grund konnte ich nur ein einziges Bein erkennen. Als ich darauf zu ging bemerkte der Hahn meine Anwesenheit und schaute in meine Richtung. Für einen Moment dachte ich meine Augen würden mir einen Streich spielen, dass sich die Bilder von den vielen Augen in meinem Kopf falsch zusammensetzten...
Der Kopf des Hahnes sah aus als wäre er ab der Mitte weggeschnitten, so glatt und eben als hätte jemand das Bild vor meinen Augen digital bearbeitet. Er fing am auf mich zu zukommen und es wurde klar das nicht nur der Kopf, sondern die ganze rechte Seite des Tieres fehlte. Noch immer führte das linke Bein eine normale Gehbewegung aus, als wüssten weder der Hahn noch die Gesetze der Physik, dass sein rechtes Bein fehlte. Wir blieben etwa anderthalb Meter vor einander stehen. Der Hahn legte den Kopf schief, ich legte meinen Oberkörper ein wenig schief -ein fleischfressender Dämon und ein halbes Hänchen, die sich gegenseitig anglotzten wie um zu entscheiden wer der größere Freak war.
Das Ende meines Schwanzes wickelte sich um das Bein des Tieres und ich hob es hoch um einen genaueren Blick darauf werfen zu können. Betrachtete man den halben Hahn von der Seite sah man im Grunde genau das, was man erwartet hätte, würde man so ein Tier genau in der Mitte durchschneiden. Es war faszinierend mit ansehen zu können, wie die einzelnen Organe arbeiteten, wie zum Beispiel der Herzmuskel pulsierte, wie kleine Körner in seiner Magensäure umherschwammen oder wie sich die Zunge im Schnabel bewegte, als das Tier leicht verärgert zu gackern anfing. Plötzlich kam ein zweiter halber Hahn aus dem Feld gerannt, möglich das es nur die andere Hälfte desselben Tieres wahr. Mit nur einem Flügel flatternd sprang das zweite Federvieh mich an und pickte energisch gegen das transparente Chitin, welches das Auge an meiner linken Schulter schützte. Ich störte mich nicht daran und betrachtete noch ein wenig das wilde Treiben im inneren der Hälfte, die ich bereits gefangen hatte. Nach einer Weile wurde mir langweilig und ich ließ das halbe Hänchen wieder runter. Die beiden seltsamen Flügeltiere verschwanden zügig im dichten Gemenge des Maisfeldes.
Für einen Moment hatte ich darüber nachgedacht die... beiden? Tiere zu essen, aber wer weiß schon was das für Auswirkungen gehabt hätte…

Anomalie 2: Der Glühwürmchenmann.
Ich wusste es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, doch das erste Mal, dass ich dieses seltsame Geschöpf gesehen hatte war auf meinem dritten Jagdausflug. Während ich den großen Hirsch vertilgte, den ich gerade erlegt hatte sah ich wie hinter mir ein leuchtender Fleck auftauchte. Der Fleck entpuppte sich als eine Scharr von Glühwürmchen, die in einem kleinen Astloch herumflogen und herumsaßen. Solche Astlöcher sah ich von da an öfter und ich kam nicht umhin mich beobachtet zu fühlen von gelblich leuchtenden Augen in der Dunkelheit. Irgendwann waren es dann zwei Augen, die im Kopf einer Gestalt saßen, die hinter einem Baum hervorlugte. Ich brüllte in seine Richtung, mit einer Stimme so tief und laut wie ein Donnerschlag. Der Fremde verschwand fürs erste, doch als ich das nächste Mal meine Beute fraß war er wieder da. Ich beschloss ihn zunächst zu ignorieren. Er starrte einfach nur, während ich mein Mahl vollendete und sah mir nach, als ich nach Hause ging. Ich rannte einen kleinen Umweg, um sicherzugehen, dass ich nicht verfolgt wurde. Für ein paar Wochen ging das so weiter, manchmal fauchte ich um ihn zu verscheuchen doch ab einem gewissen Punkt funktionierte das nicht mehr. Irgendwann kam er dann auf mich zu und ich sah die Gestalt in all ihrer Hässlichkeit. Sein Umriss war humanoid, doch der ganze Körper bestand halb verrotten Holz das von einer immensen Anzahl an Maden, Holzwürmern und Insekten durchsetzt war. Einige Glühwürmchen hinkten manchmal ein wenig hinterher, was den Löchern, die seine Augen bildeten eine Art Schweif verschaffe als es mit langsamen, robotischen Schritten näherkam. Ich fauchte mehrmals, doch der Glühwürmchenmann verlangsamte seinen Schritt nicht. Irgendwann reichte es mir dann und ich trat vor den Rest meiner Beute. Der rechte Unterarm des Wesens wuchs zu einer groben Spitze zusammen. Ich beobachtete das Schauspiel mehr fasziniert denn beängstigt. Die hölzerne Figur sah meinen Kopf an, holte aus und das morsche Holz der schwachen Waffe zersplitterte kurz darauf an der Chitinpanzerung meiner Brust. Verwundert sah das Ding auf den Stumpf seines Armes ehe es wieder zu meinem Kopf hinaufsah und den Kopf zur Seite legte. Ich trat einen Schritt zurück um richtig ausholen zu können und verpasste diesem unverschämten Stück Treibholz einen Prankenhieb der seinen ganzen Oberkörper in feuchten, groben Holzspänen über dem Waldboden verteilte. Die Glühwürmchen verteilten sich und formten 4 Gruppen, von denen jede in einen anderen Baum hineinflog. Für einen Moment verschwanden sie darin, ehe die Betroffenen Bäume zu verrotten begannen und sich aus dem gammelnden Holz neue Glühwürmchenmänner bildeten. Mit geschwollener Brust und ausgebreiteten Schwertarmen richtete ich mich zu meiner vollen Größe auf, brüllte wild in die Nacht hinein. Ich hätte eine Armee dieser Witzfiguren besiegen können und was immer sie kontrollierte durfte das ruhig wissen. Die Holzfiguren verloren nach ein paar Schritten den Mut und 3 davon versanken wieder in den Bäumen, aus denen sie gekommen waren. Ihre Glühwürmchen flogen in die Augen der Vierten, ehe diese sich langsam entfernte. Damit sah ich fürs erste nichts mehr vom Glühwürmchenmann.
Einmal kam ich dann nach einem anstrengenden Tag nach Hause. Die Nacht davor war ich jagen gewesen und der resultierende Schlafmangel hatte seinen Tribut gefordert. Ich wollte mich einfach nur noch aufs Bett werfen. Als ich dann geistesabwesend die Tür hinter mir schloss stieg der Hauch eines modrigen Aromas in meine Nase. In meinem Hinterkopf ging eine Alarmglocke an und eine Welle der Panik spülte alle Spuren von Müdigkeit umgehend aus meinem System. Ich ließ meine Tasche fallen, wirbelte herum und sah ein spitzes Stück Holz auf mein Gesicht zuschießen. Mein Kopf legte sich gerade noch weit genug zur Seite damit die Spitze unter meiner linken Schläfe an meinem Schädel entlang kratzte, auf ihrem Weg mein Ohr mitnahm um schließlich an der Tür zu zerschellen. Für den Bruchteil einer Sekunde starrte ich in die grellen, sirrenden Augenhöhlen des Monsters, ehe ich versuchte zur Seite zu verschwinden. Ich versuchte unter dem Arm hindurch zu schlüpfen, doch eine hölzerne Hand hatte meinen rechten Oberarm gepackt. Die Holzfigur riss uns beide zu Boden und im nächsten Moment saß sie auf mir, fest damit beschäftigt mit beiden Armen auf mich einzuschlagen. Meine Arme bildeten eine Barriere gegen die schweren Holzklumpen, die im doppelten Sekundentakt auf meinen Kopf abzielte und aus dem Augenwinkel konnte ich über meine Brust hinweg sehen wie mit jedem Einschlag Gewürm aus dem fauligen Körper des Feindes auf meine Bauchdecke viel. Plötzlich schoss etwas Langes unter meinem Rücken hervor und die Klinge am Ende eines fleischigen, unfertigen Schwertarmes hackte halsnah von oben in die Schulter des verfaulten Wesens und drückte uns beide voneinander weg. Ein hölzerner Stumpf schlug gegen die unterentwickelte Gliedmaße und die Klinge brach ab. Ich zwang mich auf die Beine. Blut strömte von meinem Kopf aus meinen Hals hinunter.
Ich warf einen Blick auf den Schwertarm, wo die Klinge bereits begann nachzuwachsen. Auf der Suche nach einer Waffe fiel mir auf, dass all meine Möbel verschwunden waren. Die einzigen Objekte im Raum, neben meiner nun vergammelten Matratze waren meine Mikrowelle und meine Laptoptasche - beide waren näher an der Holzfigur als an mir.
Ich brauchte eine Waffe...
Verzweifelt starrte ich auf meine Hände hinunter.
"Gib mir etwas, irgendetwas.." dachte ich.
Die Muskeln meines linken Arms begannen etwas anzuschwellen und von den Knöchel der zugehörigen Hand bildeten sich harte Chitinplatten die sich bis über das erste Fingerglied erstreckten. Als der Prozess abgeschlossen war, befand sich die Holzfigur wieder in Nahkampfreichweite, diesmal mit 2 Spitzen Holzspießen. Ich hatte nie Kampfsport gelernt, doch das Monster war glücklicherweise auch nicht besonders gut darin. Die umständliche Art und Weise auf die es seine Angriffe vorbereitete machte es einfach sie voraus zu sehen, wodurch es nicht allzu schwer war dem Stoß seines rechten Armes nach links auszuweichen um Ihm meine gehärtete Faust in sein madenzerfressenes Gesicht zu donnern.
Der harte Aufprall verteilte Holzspäne sowie teilweise zerquetschtes Gewürm im Raum und ließ uns beide voneinander weg taumeln. Für eine Sekunde konnte ich das Ende meines Schwertarmes sehen, spitz und ausgewachsen. Ich stoppte mein Taumeln um mich stattdessen nach vorn in Richtung der Holzfigur fallen zu lassen. Der Dämon verstand was ich tun wollte, holte kurz aus und versenkte die frisch geformte Klinge in der Brust meines Gegners, knapp oberhalb der ersten. Ich war unterdessen auf Händen und Knien gelandet, eine Position, von der aus ich schnell wieder auf die Beine springen konnte, was ich aber nicht tat. Letztes Mal hatten wir den Glühwürmchenman besiegt indem wir seinen Torso zerstörten...
Dieser Gedanke war ausreichend. Mein Dämon verstand was ich tun wollte. Ich stieß meinen Oberkörper nach oben, brachte meinen linken Fuß auf den Boden um mich selbst nach vorne abzustoßen, während mein verstärkter Arm zum Schlag ausholte und sich auf der rechten Seite meines Körpers der Schwertarm zusammenzog. Zwei Körper, einer aus Fleisch, einer aus Holz rasten aufeinander zu und diese Relativbewegung war es die meinem Schlag die nötige Kraft gab um den gammligen Torso in einer spektakulären Explosion aus Holzspähen, Krabbel- und Kriechtieren in der gesamten Wohnung zu verteilen. Ich landete auf meinem Rücken mit allerlei abartigen Dingen im Gesicht, die ich zügig an meinem rechten Arm abwischte. Mein Linkes Hand Gelenk ließ sich kaum bewegen und würde später sicherlich furchtbar weh tun. Irgendwie lebte das verdammte Ding immer noch. Der Kopf war abgefallen, doch in der verbliebenen, linken Seite des Torsos hatte sich ein neues leuchtendes Astloch gebildet. Ich rollte beiseite als es sich mit dem verbliebenem holzspieß auf mich stürzte. Nun lagen wir beide nebeneinander auf dem Boden. Auch der Dämon hatte mittlerweile endgültig genug. In einer Weise die sich am besten mit dem Wort "entnervt" beschreiben ließ hakte der Schwertarm wieder und wieder in das Holzmonster. Ich selbst war so erschöpft, dass ich den Dämon einfach machen ließ. Nach vielleicht 15 Hieben war das Ding dann endlich erledigt. Die Glühwürmchen verschwanden zügig und ich...
Ich rollte mich müde auf den Rücken.
So lag ich nun da, blutend, mit einem kaputten Handgelenk, von Blutergüssen übersehen Oberarmen inmitten der von modrigen Holz und Gewürm durchsetzen Ruine, die ich einst mein Zuhause nannte. Eine Minute später hämmerte ein Nachbar an meine Tür und fragte was zur Hölle ich da drinnen tat. Ich sagte ihm, dass er sich verpissen soll. Mit etwas Glück würde der Dämon meine Wunden heilen... aber wie sollte ich die Schäden an der Wohnung bezahlen? Die Möbel gehörten mir nicht, und darüber hinaus fehlte auch der halbe Fußboden. Mir wurde klar, dass mit meiner Kommode auch der Rest meiner Kleidung verschwunden war…
Nachts zog ich dann wieder in den Wald hinaus. Es war das erste Mal, dass ich mich verwandelte ohne auf Nahrungssuche zu gehen. Glücklicherweise verspürte der Dämon mindestens genauso viel Wut wie ich, kooperierte also ohne Umwege. Ich jagte durch den Wald bis ich irgendwann den allzu bekannten Schein der Glühwürmchen fand. Es war nur ein einziges Astloch, doch ich zerfetzte es mit einer Wucht, die beinahe den ganzen Baum gefällt hätte. Die kleinen Lichter flogen weg und erst als ich versuchte sie zwischen meinen Händen zu zerquetschen bemerkte ich, dass es sich dabei nicht um Insekten handelte: Es waren scheinbar quellenlose Lichtpunkte, die einfach wieder zwischen meinen Handflächen hervorkamen wann immer ich sie zu erschlagen versuchte. Anstatt davon zu fliegen suchten sich sie Lichter immer wieder neue wirtsbäume, aus denen ich jedes Mal große Stücke herausschlug. Diese Katz und Maus Spiel zog sich für Ewigkeiten hin, doch ich dachte nicht daran nachzugeben. So gierig wie es sich neue Wirtsbäume suchte brauchte es diese mit etwas Glück zum Überleben. Am Anfang sah es noch nicht aus als ob es funktionieren würde, aber nach ein paar Stunden war ich mir sicher, dass die Lichter ein wenig schwächer geworden waren. Die Jagd zog sich über den ganzen nächsten Tag bis in den Abend hinein. Es war vielleicht noch ein Viertel der Lichter übrig, da traf mich der Hunger des Dämons, härter als jemals zuvor. Er musste es schon eine ganze Weile unterdrückt haben, doch irgendwann musste das Verlangen sich zu nähern einfach über seinen Zorn hinausgewachsen sein. Wir brachen die Verfolgung ab und begaben uns auf Nahrungssuche. Zunächst fanden wir nur ein paar Kaninchen, einen Fuchs und drei Vögel. Erst kurz vor Sonnenaufgang fand ich dann doch noch einen einsamen Hirsch, der meinen Appetit zu stillen vermochte. Ich war zur Hälfte Fertig und fraß bald mehr aus Genuss denn aus Notwendigkeit. Plötzlich sah ich eine Figur mit glühenden Augen in mein Sichtfeld treten. Für einen Moment konnte ich kaum fassen, dass dieses verdammte Stück Treibholz wirklich die Nerven hatte mir noch einmal unter die Augen zu treten. Seine Körperhaltung war etwas geknickt und die Lichter in seinen Augenhöhlen waren schon wieder halb so groß wie sie zu Anfang waren. Nun da der Hunger wieder verschwunden war fühlte ich meine Erschöpfung umso mehr. Noch einen weiteren Tag lang Bäume zerfleddern war da nicht drin.
Für eine Weile musterte ich das Waldmonster. Es sah mindestens genauso erschöpft aus wie ich mich fühlte...
letztendlich riss ich eine Keule von dem Hirsch ab und warf sie dem traurigen Wandelbaum vor die Füße. Er hob das Stück Fleisch auf und drückte es an seine Brust. Ich beobachtete eine Weile wie die Maden aus allen Winkeln seines Körpers darüber herfielen ehe ich den Rest des Hirsches fraß. Als ich fertig war, hatten die Maden erst einen relativ kleinen Teil des Oberschenkels gefressen. Zweifelsfrei würden sie noch Stunden damit zu tun haben. Ich ging nach Hause. Es war so kurz nach sieben als ich ankam. Um in meiner Dämonenform wieder durchs Fenster hinein zu springen war das bereits zu spät. Glücklicherweise hatte ich für Notfälle wie diesen einen Beutel mit Kleidung sowie einem Zweitschlüssel hinter einem Baum nicht zu weit von meiner Wohnung vergraben. Also zog ich mich an, holte meine Laptoptasche und ging zum Unterricht. Der Laptop war das wertvollste in meinem Besitz. Mein älterer Bruder hatte ihn mir letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt. Er arbeitet in der Pharmaindustrie und ist damit der einzige in meiner Familie, der ordentlich Geld verdient. Während ich die Vorlesungen nutzte um ein wenig Schlaf aufzuholen, verbrachte ich die erste Pause damit ähnliche Laptops auf Ebay zu suchen. Der übliche Verkaufspreis wäre vermutlich genug um für die Schäden aufzukommen. Selbstverständlich war das zunächst nur das letzte Mittel, teils weil ich ihn zum Arbeiten brauchte aber hauptsächlich, weil er mir aus diversen Gründen echt am Herzen lag. Die letzten beiden Vorlesungen verbrachte ich damit herumzurechnen, mit meinen Bafög, den Preisen für Fußbodenbeläge, Teppich und Möbel...
Am Ende kam ich zu dem Schluss, dass es das vernünftigste war den Laptop zu verkaufen und danach auf einen neuen, günstigeren zu sparen. In der Zwischenzeit würde ich gezwungen sein für Hausarbeiten die Rechner in der Bibliothek zu nutzen. Alles musste genauso aussehen wie vorher, bevor mein Vermieter etwas mitbekam. Als ich am späten Nachmittag wieder nach Hause, kam sah ich ein paar leuchtende Punkte, die durch das Schlüsselloch ins Innere meiner Wohnung huschten. Eine Mischung aus kalter Wut und Verzweiflung kochte in mir hoch. Ich starrte auf meine rechte Hand und sie begann sich zu verändern. Innerhalb von 30 Sekunden hatte sie sich in eine Pranke des Dämons verwandelt, komplett mit dicken Panzerplatten aus Chitin und langen rasiermesserscharfen Krallen. Mit meiner linken Hand öffnete ich die Tür, die rechte zum Schlag ausgeholt. Was ich sah machte mich sprachlos. Das Zimmer sah beinahe wieder wie vorher aus. Alle Möbel waren an ihrem Platz, die Holzsplitter sowie alle Würmer, Maden und Insekten waren weg. Selbst die modrigen Flecken in meiner Matratze und dem Bettzeug waren verschwunden. Allein ein Teil des Teppichs und meine Kleidung fehlten noch, damit alles wieder beim alten wäre. Ich nahm an das diese irreparabel zerstört wurden, als der Glühwürmchenmann Holz aus dem Boden und der Kommode absorbiert hatte, aber diesen Verlust konnte mein Budget verkraften. Interessanter Weise befand sich auch etwas im Raum, dass vorher nicht dagewesen war. Eine sehr detailreiche Holzskulptur, wie sie nur ein meisterhafter Schnitzer mit viel Geduld hätte herstellen können, stand auf dem Tisch neben dem Fenster. Sie zeigte einen Soldaten, der zu Fuße eines kahlen Baumes saß und einem Hund etwas zu essen gab.
Als ich die Skulptur vorsichtig näher in Augenschein nahm viel mir eine große Wolke Glühwürmchen in einem der Bäume vor meiner Wohnung auf, etwas größer sogar, als die, die ich bei unserer ersten Begegnung gesehen hatte. Ich öffnete das Fenster und winkte mit einem peinlich berührten Lächeln auf den Lippen. Seitdem gebe ich jede zweite Jagd etwas von meiner Beute ab und finde jedes Mal eine neue Skulptur in meiner Wohnung vor. Die letzte waren zwei Freunde, die miteinander spazieren gingen.

Anomalie 3: Das wandernde Gewässer
Mit dieser Anomalie hatte ich bisher zwei Begegnungen die relativ weit auseinander liegen. Das erste Mal war irgendwann im späten Oktober. Ich durchquerte gerade einen Bereich des Waldes, mit dem ich bereits ziemlich vertraut war als mir plötzlich ein kleiner Teich auffiel, der dort eigentlich nicht sein sollte. Das überraschend klare Gewässer hatte einen annähernd runden Umriss mit einem Durchmesser von vielleicht 8 Metern. In beinahe regelmäßigen Abständen waren 5 große Steine um den Rand herum verteilt. Ich ging ein paar Schritte darauf zu als mich der Dämon aufhielt. Er vermittelte mir ein Gefühl von Argwohn, drohender Gefahr und Ekel, noch nie war er näher daran gewesen so etwas wie Angst zu empfinden. Auch Ekel war etwas, dass er normalerweise nie empfand, oder mich zumindest nie spüren ließ. Ich hatte also keinerlei Ahnung was ich erwarten sollte. Verunsichert entschied ich mich einen großen Bogen darum zu machen. Was immer mit diesem Teich falsch lief, ich hatte keine Lust es herauszufinden. Die Jagd darauf ging ich wieder an der Stelle vorbei wo der Teich gewesen war. Genauso plötzlich wie er aufgetaucht war, musste er wieder verschwunden sein. Ich wollte gerade weiter gehen. Da sah ich etwas im Mondlicht aufblitzen, etwa dort wo sich die Mitte des Teiches befunden haben musste. Ich näherte mich vorsichtig um dem Dämon die Gelegenheit zu geben mich aufzuhalten. Nichts der Gleichen passierte und ich erkannte blad deutlich was da vor mir im hohen Gras lag. Es war ein Fisch. Zunächst konnte ich durch die Pflanzen, in denen er lag nur seine Schwanzflosse sehen, aber als ich ihn hochhob starrten mich auf einmal durch eine transparente Schädeldecke hindurch zwei geisterhafte Kugeln an. Wieder so ein Moment in dem ich wirklich bereute mein Smartphone nicht dabei zu haben. Der Dämon wurde ohnehin nur satt, wenn er die Beute selbst erlegt hatte, also verscharrte ich das komische Ding im Waldboden. Zuhause fand ich dann heraus, dass diese Art Fisch nichts Paranormales war. Sie war treffender weise als „Gespensterfisch“ bekannt und lebte normalerweise im Ozean, in Tiefen von bis zu 2000 Meter. Könnte dieser Teich eine Art Portal sein? Eine Verbindung von hier zu irgendwo tief im Meer?
Ein Grund mehr sich davon fernzuhalten…
Das zweite Mal war sah ich es erst letzte Woche. Wieder an einer anderen Stelle, wieder riet mir der Dämon mich fernzuhalten. Alle anderen Gewässer waren zugefroren, nur nicht dieses, tatsächlich schien es zu kochen. Ich hatte bereits etwas gefressen und beobachtete das Schauspiel eine Weile lang. Nach etwa 5 Minuten schoss ein gewaltiger Geysir aus dem Teich hervor, bestimmt 20 Meter in die Höhe.

Eintrag 9: 20.1.2018
Mit all den Dingen die ich jetzt in weniger als einem halben Jahr gesehen und erlebt habe kann ich nur zu dem Schluss kommen, dass Anomalien andere Anomalien anziehen. Möglicherweise erklärt dies auch das Flötenspiel, das wir in Spanien gehört haben. Nur ein weiterer Geist/Dämon/Kreatur die von dem Dämon in mir angezogen wurde, vielleicht aus Neugier, vielleicht aus Feindseligkeit. Möglicherweise kommt mir dies alles aber auch zufälliger vor als es war. Es könnte sehr wohl Zusammenhänge geben, die mir noch unbekannt waren. Die Frage war ob ich sie zwingend kennen musste. Ich bin jetzt an dem Punkt, an dem ich meine das paranormale im Griff zu haben. Vielleicht werden neue Anomalien meinen Weg kreuzen und mit Sicherheit werden sich für mich neue Probleme ergeben, doch ich bin nicht mehr derselbe, der ich damals in Spanien war. Ich bin mutiger geworden und gefährlicher geworden. Ich brauche dich nichtmehr, mein treuer digitaler Ersatzpsychiater. Und für den unwahrscheinlichen Fall, das jemand reales dies lesen sollte…
-akzeptiert diesen Gruß, vom Monster aus dem finstren Walde.


© Jenseits der Dämmerung


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Beschreibung des Autors zu "Tagebuch eines Besessenen(überarbeitet)"

Nach einem seltsamen Urlaubserlebnis wird ein junger Student von Kräften heimgesucht, die ihn seine psychische Gesundheit infrage stellen lassen. Um mit den seltsamen Begebenheiten besser fertig zu werden, schrieb er dieses Tagebuch.

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