Das Fest der Tiere

Leo, der große König der Tiere, saß betrübt auf seinem Thron. Besorgt ging er immer wieder seine Aktenberge durch.
„Misswirtschaft, Korruption, all das wird man mir vorwerfen!“ rief er.
„Dabei hab ich von alldem gar nichts gewusst. Die Staatskassen sind leer. Wie soll ich nur vor mein Volk treten? Sie werden mich davonjagen!“
„Mach dir keine Sorgen. Wir werden schon eine Lösung finden. Dein Volk kennt dich. Alle wissen, dass du ein guter König bist. Vielleicht bist du manchmal ein bisschen zu gutgläubigund lässt dich von sogenannten Freuden um den Finger wickeln. Weißt du was, wir geben ein Fest und du redest mit deinem Volk. Du sagst Ihnen, dass du deine Berater entlassen hast und sie das Geld, das sie gestohlen haben, zurück zahlen müssen. Wir müssen jetzt alle den Gürtel ein wenig enger schnallen. Aber es geht auch wieder aufwärts.“ Die Königin sprach beruhigend auf ihren Mann ein, aber ihre Worte machten ihn noch wütender.
„ Die Schatztruhen sind leer, wir müssen den Gürtel enger schnallen und du sagst ich soll ein Fest geben? Wovon sollen wir das denn bezahlen? Du willst wohl, das mich die Leute sofort davon jagen!“
„Vertrau mir und lass mich nur machen!“ sagte die Königin und ging davon. Eilig rief sie ihre Vertrauten zu sich und noch am gleichen Tag begann sie mit den Vorbereitungen.


Der Esel, der Esel,
der kommt gerannt aus Wesel!
Der Biber, der Biber
kommt nicht, denn er hat Fieber!
Die Eule, die Eule,
sitzt stumm auf ihrer Säule!
Die Schlange, die Schlange,
steht vor der Tür schon lange!
Die Krähe, die Krähe,
war schon ganz in der Nähe!
Der Zitteraal, der Zitteraal,
der fragt: wo bleibt denn bloß der Wal?
Der dicke Wal, der dicke Wal,
der steckt noch fest in `nem Kanal!
Die Ameise, die Ameise,
macht lieber eine Rundreise!
Der Delphin, der Delphin,
der kommt gerade aus Berlin!
Das Zebra, das Zebra,
kommt mit dem Zug aus Bebra!

Als endlich alle Tiere, groß und klein, angekommen waren, wird alles für das große Fest vorbereitet.

Der Kragenbär, der Kragenbär,
schleppt keuchend Tisch und Stühle her!
Der Lachs, der Lachs,
legt `ne Decke drauf aus Wachs!
Der Tintenfisch, der Tintenfisch,
der wirft die Karten auf den Tisch!
Der Sägefisch, der Sägefisch,
sägt heimlich an dem Bein vom Tisch!
Der Pandabär, der Pandabär,
der holt noch vielmehr Stühle her!
Der Kormoran, der Kormoran,
bringt schnell noch ein paar Lampen an!
Der Falter, der Falter,
sucht flatternd nach dem Schalter!
Der Pelikan, der Pelikan,
der macht das Licht jetzt selber an!
Der Hase, der Hase,
bringt Blumen für die Vase!

„Was gibt es denn zu essen?“ fragt plötzlich die kleine Maus. „Nach der weiten Reise habe ich einen ziemlichen Hunger. Und zu einem Fest gehören Essen und Trinken doch dazu, habe ich nicht recht?“ Ängstlich schaut sie in die Runde.
„Natürlich, du hast recht,“ sagt die Königin lächelnd. „Es ist für alles gesorgt. Sieh her!“

Der Rochen, der Rochen,
der fragt: was soll ich kochen?
Das Nilpferd, das Nilpferd,
das stellt sich gleich mit an den Herd!
Der Papagei, der Papagei,
der ruft: mach doch Gemüsebrei!
Die Ratte, die Ratte,
bringt Fleisch auf einer Platte!
Die Schnecke, die Schnecke,
bringt Teller und Bestecke!
Die Molche, die Molche,
die schreien: doch nicht solche!
Der Dachs, der Dachs,
der hätte gern `ne Hax!
Die Finken, die Finken,
die essen lieber Schinken!
Das Krötchen, das Krötchen,
das mag gern Käsebrötchen!
Der Bulle, der Bulle,
der schmiert sich selbst `ne Stulle!
Der Pavian, der Pavian,
schleppt einen großen Kuchen an!
Die Füchse, die Füchse,
trinken Limo aus der Büchse!
Der Tapir, der Tapir,
kriegt nicht genug vom Weizenbier!
Die Unken, die Unken,
die hab´n zuviel getrunken!
Die Unken, die Unken,
sind in dem Teich versunken!
Das Rotkehlchen, das Rotkehlchen,
trinkt Saft aus einem Glasschälchen!
Die Gabelweih, die Gabelweih,
hat ihre Gabel schon dabei!
Der Leguan, der Leguan,
der schleicht sich ans Büfett heran!

„Essen und Trinken, das ist ja schön und gut“, meldet sich da die Eule, die bisher ruhig auf ihrer Säule gesessen hatte. „Aber was ist mit der Musik? Kein Fest ohne Musik!“

Das Murmeltier, das Murmeltier,
das setzt sich schnell an das Klavier!
Die Kröte, die Kröte,
die spielt auf ihrer Flöte!
Der Gockelhahn, der Gockelhahn,
der nimmt sich gern der Geige an!
Die Grillen, die Grillen,
die wollen Schlagzeug spielen!
Die Hasen, die Hasen,
die woll`n die Tuba blasen!
Der Strauß, der Strauß,
hat`s Trompetespielen raus!
Der Elefant, der Elefant,
war froh, als er die Pauke fand!
Das Gnu, das Gnu,
das singt dazu!
Den Geier, den Geier,
den störte das Geleier!
Der Grizzlybär, der Grizzlybär,
der ruft: gebt mir den Taktstock her!
Der Zeisig, der Zeisig,
der mag am liebsten Rockmusik!
Die Meise, die Meise,
die mag es lieber leise!
Die Katze, die Katze,
die schwingt beim Tanz die Tatze!
Der Terrier, der Terrier,
der findet Tanzen viel zu schwer!
Den Kakadu, den Kakadu,
den drückt beim Tanz sein neuer Schuh!
Die Laus, die Laus,
die tanzt im Fell der kleinen Maus!
Der Dackel, der Dackel,
der mag nicht das Gewackel!
Die Schnecke, die Schnecke,
sitzt traurig in der Ecke!
Der Hummer, der Hummer,
der fragt sie: hast du Kummer?
Die Wanze, die Wanze,
die holt den Schneck zum Tanze!
Die Schnecke, die Schnecke,
kommt froh aus dem Verstecke!

Die Eule ist noch immer nicht zufrieden.
„Musik und Tanz ist schön, aber wir müssten noch etwas besonderes machen“, und wiegt nachdenklich ihren Kopf.
„Ein Wettbewerb!“ sagt der Pfau.
„Und Theater!“ sagt der Kater.

Das Nashorn, das Nashorn,
das drängelt sich bis ganz nach vorn!
Der Kater, der Kater,
tritt auf heut im Theater!
Das Lama, das Lama,
spielt auch mit in dem Drama!
Das weiße Schaf, das weiße Schaf,
das freut sich das es mitspieln darf!
Das schwarze Schaf, das schwarze Schaf,
das denkt sich: ich wär auch gern brav!
Der Zitteraal, der Zitteraal,
der leitet heut die Schönheitswahl!
Der Hammel, der Hammel,
hat vor dem Auftritt Bammel!
Der Igel, der Igel,
guckt schnell noch in den Spiegel!
Dem Pfau, dem Pfau,
dem ist vor Aufregung ganz flau!
Das Dromedar, das Dromedar,
filmt alles mit der Kamera!

Alle Tiere sind vergnügt und feiern fröhlich und ausgelassen. Und auch die Rede des Königs, der sich bei seinen Untertanen für die Misswirtschaft entschuldigt, kann die gute Stimmung nicht trüben.

Die Qualle, die Qualle,
die ruft: fast wie auf Malle!
Der Regenwurm, der Regenwurm,
springt schnell noch vom Zehnmeterturm!
Das Hamsterlein, das Hamsterlein,
das wartet auf das Meeresschwein!
Der Schimmel, der Schimmel
Der stürzt sich ins Gewimmel!
Das Pony, das Pony,
das ruft: ich heiße Ronny!
Das Reh, das Reh
baut einen Mann aus Schnee!
Der Maulwurf, der Maulwurf,
der rennt am schnellsten durch die Kurv`!
Der Rabe, der Rabe,
der sucht die Küchenschabe!
Die Affen, die Affen,
die wollen was zu paffen!
Der Auerhahn, der Auerhahn,
der schreit: ihr steckt den Saal uns an!

Als das Fest zu Ende geht, bedanken sich der König und die Königin bei all ihren Untertanen für das schöne Fest, das alle zusammen ausgerichtet haben. Und die Tiere versprechen auch in Zukunft zusammenzuarbeiten, damit es allen bald wieder besser geht!

Der Jaguar, der Jaguar,
der war am Schluß noch immer da!
Die Kröte, die Kröte,
blieb bis zur Morgenröte!
Der Reiher, der Reiher,
ruft: so eine schöne Feier!
Dem Känguru, dem Känguru,
dem fallen schon die Augen zu!
Die Fliege, die Fliege,
die ruft: ich mach die Biege!
Die Maus, die Maus,
die ruft: das Fest ist aus!
Die Made, die Made,
die sagt: ach, ist das schade!

Die Fledermaus, die Fledermaus,
die fliegt zum Schluss vergnügt nach Haus!

© Sigrid Hartmann

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Anita Heiden
Hans Finke
Drachenblut

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