2 Wochen später

Vasa Rem blieb neben Mira stehen. Sie beobachteten beide Goscha und Mikulas, die mit einander lachten. Vasa Rem freute sich sie so fröhlich zu sehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist schön, dass du auch einmal Zeit hast.“ Mira lächelte leicht, doch dann wurde ihr Gesicht wieder ausdruckslos. „Manchmal habe ich das Gefühl, ich verstecke mich vor der Welt. Vater fehlt mir!“ Vasa Rem nickte nur. Er hätte ihm noch so viel zu sagen gehabt. Er hätte ihm gerne noch Goschas Kind gezeigt, sein Kind. „Bevor ich weggegangen bin, hatte ich das Gefühl, dass Vater mich als Wüstenvogel haben wollte. Aber das hätte nicht funktioniert. Ich frage mich, ob Vater das auch eingesehen hat!“ Mira zuckte mit den Schultern. „Er hat nie über dich gesprochen.“ Vasa Rem presste die Lippen zusammen. Hatte sein Vater ihm vielleicht nie wirklich vergeben? Vielleicht hätte sich Vasa Rem die Zeit nehmen sollen, um noch einmal mit ihm zu sprechen. Doch jetzt war es zu spät. „Aber ich glaube doch, dass er an dich gedacht hat. Er muss dein Inneres erkannt haben. Sonst hätte er dich nicht gehen lassen. Denk nicht so viel darüber nach!“ Vasa Rem nickte leicht. Es war zu spät! Er würde es nie erfahren.
Sie setzten sich wieder langsam in Bewegung. „Ich habe nachgedacht!“, murmelte er. Mit einem Seitenblick auf Mira, wusste er, dass sie ihm zuhörte. Wahrscheinlich hatte sie schon längst gemerkt, dass er etwas auf dem Herzen hatte. „Ich möchte Goscha heiraten.“ Er nickte bekräftigend. Seine Augen hefteten sich auf sie. Ein leiser Seufzer glitt über seine Lippen. „Sie ist schwanger!“ Mira nickte. „Das ist bald nicht mehr zu übersehen!“ Jetzt lächelte Mira. Das war ein gutes Gefühl. Er war nicht der einzige, der sich darauf freute außer Goscha. „Ich möchte, dass dieses Kind und alle anderen Kinder, die vielleicht noch kommen, Kinder Chemas sind.“ Er fuhr sich durch die Haare. In dem Moment traute er sich nicht in Miras Gesicht zu blicken. „Es werden Wüstenvögel und Wüstenblumen sein. Ich möchte ihnen diese Möglichkeit nicht nehmen. Die Entscheidung liegt dann sowieso bei dir!“ Er riss sich zusammen und wandte sich jetzt direkt zu Mira. „Ist das zu anmaßend!“ Er konnte keine Antwort darauf in ihrem Gesicht erkennen. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich habe nicht darüber nachgedacht, nicht mehr als notwendig.“ Ihr Blick glitt zu Goscha. „Anmaßend?“, wiederholte sie flüchtig. Dann schmunzelte sie. „Was ist das für ein Wort? Du warst wirklich zu lange in der Kaiserstadt. Was soll es für einen Unterschied machen?“ Er blickte auf den Boden zu seinen Stiefelspitzen. Er wusste auch nicht genau, was er sich dabei gedacht hatte. Irgendwie hatte er gedacht, es könnte ein Problem sein. „Du bist mein Bruder, egal, ob wir dieselbe Mutter haben oder nicht! Egal ob du die letzten Jahre hier warst oder nicht! Wir sind nicht in der Welt da draußen, wo sich die Menschen gegenseitig umbringen, wo man Attentate auf den Kaiser schmiedet, wo niemand mehr den anderen vertrauen kann. So weit soll es hier nicht kommen. Jedes Kind aus unserer Familie hat anrecht auf die Bürde des Throns. Anmaßend?“ Sie lachte leicht und schüttelte dabei den Kopf. Vasa Rem verschränkte die Arme vor der Brust. Sie hatte Recht. Sie hatte in allem Recht. Er hatte vergessen, dass der Thron von Chema keine Macht besaß. Es sollte derjenige auf Chemas Thron sitzen, der am geeignetsten dafür war. Und er war jetzt davon überzeugt, dass Mira das war. „Würdest… würdest du uns trauen?“ Mira lachte plötzlich. Dann schlug sie ihn mit der flachen Hand auf die Schulter. „Natürlich. Was für eine Frage? Du bist mein Bruder!“ Plötzlich fing sie an zu grinsen und den Kopf zu schütteln. „Was?“, fragte er nach. Sie blickte ihn mit den großen schwarzen Augen ihres Vaters an. „Ich habe immer geglaubt Sine würde der erste sein!“ Vasa Rem runzelte die Stirn. „Bei was?“ Mira stieß ihn leicht an. „Na beim Heiraten!“ Vasa Rem verstand nicht ganz. Mira seufzte. „Mikulas ist noch zu jung. Chesem Ba ist dauernd unterwegs. Der will sich sicher nicht so schnell binden. Und Zauberer dürfen doch keine Frauen haben!“ Vasa Rem wurde ein wenig bleich. Doch Mira zwinkerte ihm zu. „Gut, das wir nicht in der Kaiserstadt sind!“

Die drei Kinder kauerten beim Hauseingang. Sie hatten die Aufgabe bekommen Früchte auszulösen. „Siehst du das“, murmelte Lun. Sie stieß Da Melan neben sich an. Da Melan ließ die Arbeit sinken. Ihre Augen wurden schmal. Sie beobachtete eine Weile die vier Gestalten, die langsam über die Felder schlenderten. „Das sind Stadtleute“, murmelte Jemas Me mit leichter Verachtung. Ihm gefiel ihre Arbeit am aller wenigsten. Da Melans Hände arbeiteten mechanisch weiter. Sie wünschte sich mehr von den Vieren sehen zu können. Lun neben ihr wurde unrund. Sie schob die Knie an ihren Körper. Da Melan blinzelte. „Sie tragen auf jeden Fall keine Bauerngewänder!“ Lun stieß ein seltsames Fieben aus. „Das ist Mira!“, presste sie zwischen die Lippen hervor. Da Melan starrte sie an. Dann schüttelte sie den Kopf. „Kann nicht sein!“ Doch Lun nickte aufgeregt. Auch Jemas Me ließ die Arbeit links liegen und bekräftigte Luns Vermutung. „Was soll Mira am Nachmittag bei den Feldern tun. Zu diesen Zeiten ist sie doch im Palast!“ Jemas Me stemmte sich hoch. „Jeder muss mal eine Pause machen!“ Er streckte sich und lief dann ein kurzes Stück auf die Felder zu. Die beiden Mädchen folgten ihm nicht.
„Ich habe sie wegen dieser Frau erkannt, der Fremden“, murmelte Lun. Sie lehnte sich gegen einen Baum. Da Melan war dicht hinter ihr. Vorsichtig späten sie an der Pflanze vorbei. „Der Mann ist dann wohl ihr Bruder, Vasa Rem, der verschollene Prinz!“ Lun nickte eifrig. Da Melan merkte wie die Nervosität ihre Füße hinauf kroch. Luns Vater war bei der Wache. Sie erzählte immer wieder Geschichten von den Wüstenvögeln und Wüstenblumen. Einmal hatte sie sogar mit ihrem Vater den Palast besucht. Die anderen waren furchtbar neidisch gewesen. „Wer ist die Vierte?“, zischte jetzt Jemas Me zu ihnen hinüber. Lun blickte auf und stieß dabei mit dem Kopf gegen Da Melans Kinn. Sie zuckte zusammen und Da Melan wich einen Schritt zurück. „Das muss wohl Mikulas sein, die Jüngste. Sie ist nicht viel älter als wir!“ Da Melan grinste Jemas Me an. „Sie ist wohl dein Typ!“ Er schüttelte schnell den Kopf und fuhr sich dann durch die Haare. „Wenn, dann gefällt mir die Fremde besser. Wie hieß sie noch mal?“ „Goscha“, zischte Lun, „kannst du dir das nicht einmal merken!“ Jemas Me wiederholte den Namen und hatte dabei sichtlich Mühe in richtig aus zu sprechen. „Kann sie nicht so heißen, wie ein normaler Mensch“, beschwerte er sich. Da Melan schüttelte den Kopf. „Sie ist eine Fremde! Was erwartest du?“ Jemas Me verzog das Gesicht und schmollte.
„Ich finde Sine ist ein sehr netter Mensch“, murmelte Lun plötzlich. Jemas Me stieß sie an. „Chesem Ba ist doch viel besser!“ Die beiden begannen sich über die Vorzüge der beiden Zwillinge zu streiten. Da Melan hörte ihnen nicht zu. Sie blickte immer noch die Vierergruppe an. Sie waren zu weit weg um Details sehen zu können. Kurz spielte sie mit dem Gedanken sich näher ranzuschleichen. Doch das kam ihr dann doch zu ungehörig vor. Und so intensiv, wie sie sich unterhielten, traute sich Da Melan nicht einfach auf sie zu zulaufen. Trotzdem hätte sie zu gerne Miras Gesicht genauer gesehen. Jemand zupfte an ihrem Ärmel. Sie drehte sich zu den anderen beiden um. „Welchen Wüstenvogel findest du besser: Sine oder Chesem Ba?“ Da Melan grinste. „Vasa Rem“, antwortete sie ohne zu zögern.

Goscha ließ ihre Arme in den Schoß sinken. Es war bereits Abend geworden. Mikulas und Mira hatten sie alleine gelassen. Die Sonne prallte nicht mehr so stark vom Himmel hinunter. Sie konnte schon das Kopftuch von ihren Haaren streichen. Es würde wohl eine Zeit lang dauernd, bis sie sich an diese Hitze gewöhnt hatte. Den restlichen Bewohnern, selbst Vasa Rem, schien sie nicht so viel aus zu machen. Sie streckte die Füße aus. Ihre Hand wanderte zu ihrem Bauch. Sie musste lächeln. Ihr Kind würde unter der gleißenden Sonne geboren werden. Dabei war es hier draußen bei den Feldern gar nicht so anders, als auf ihrem Bauernhof. Sie schluckte leicht. Erinnerungen von mit Blut getränkter Erde kamen immer wieder hoch. Sie würgte leicht. Mühsam schaffte sie ihren Geist ab zu lenken. Sie wünschte sich magische Kräfte zu haben. So würde sie ihren Kopf frei von diesen Gedanken bekommen können. Sie würden ihren Geist von den blutigen Flecken rein waschen können. Sie schloss die Augen. Das Geräusch von Metall, das auf Metall traf, klang verzerrt in ihrem Kopf. „Goscha?“ Ihre Augen sprangen auf. Sie blickte in Vasa Rems lächelndes Gesicht. Sie streckte ihre Arme aus, umarmte ihn und küsste seine Wange. In dem Moment hatte sie vergessen, wo ihre Gedanken hingewandert waren.
Seine Hand legte sich fest um ihre. Sie schlenderten gemächlich den Feldweg entlang. Eigentlich mussten sie sich beeilen, um vor der Dunkelheit die Stadt zu erreichen. Doch die Fackeln, die auf den Mauern entzündet werden, würden ihnen auch so den Weg weisen. „Gefällt es dir hier?“, fragte Vasa Rem schließlich. Goscha zuckte mit den Schultern. Sie spürte, wie bei jedem Schritt Erde in ihre Schuhe eindrang. Die Luft war klar. „Ich meine hier draußen, nicht die Stadt! Wie gefällt es dir hier draußen?“ Goscha lächelte leicht. „Hier ist es nicht so heiß. Und es ist grün! Ich hätte nicht gedacht, dass es in der Wüste so grün sein kann!“ Vasa Rem nickte leicht. Er fuhr sich durch das Haar. Dann blieb er stehen. Sein Blick war auf die innere Stadtmauer gerichtet. „Es ist seltsam wieder hier zu sein. Alles ist vertraut und doch so komplett anders!“ Goscha drückte seine Hand. Sie wollte nicht daran denken, wie es wohl in ihrer Heimat jetzt aussah. Wahrscheinlich würde sie nichts wieder erkennen. Sie lehnte sich gegen Vasa Rem, spürte seinen von der Sonne aufgewärmten Körper, roch den leichten Geruch nach Schweiß und das sanfte Parfüm der Seife. Die Rosen wuchsen auch hier draußen. Die ganze Stadt war ein einziges Wunderwerk. „Ich möchte hier draußen ein Haus bauen für uns und unsere Familie. Wäre das nicht schön?“ Sie schüttelte verwirrt den Kopf. „Wie willst du das machen?“ Vasa Rem legten einen Arm um sie und drückte sie ein wenig an sich. „Ich dachte, ich nehme Ziegel und Mörtel, so wie alle anderen Häuser hier auch!“ Goscha drückte sich ein wenig verärgert von ihm weg. „Das meine ich nicht. Das weißt du ganz genau!“ Vasa Rem lächelte breit. Er streckte seine Hand nach ihrer Wange aus. „Lass das meine Sorge sein. Sag mir einfach nur, ob du hier glücklich werden kannst!“ Goscha sog die Luft ein. Sie roch nach den Feldfrüchten und ganz ein wenig nach Vasa Rems Hand. Wo sollte sie sonst glücklich werden, wenn nicht hier, wenn nicht in seinen Armen? Sie nickte leicht.

Kiras lehnte sich im Sessel zurück und schlug die Beine über einander. Er hatte die Kerze gelöscht und war jetzt in völlige Dunkelheit gehüllt. Er schloss die Augen, um nicht mehr einen nicht vorhandenen Punkt auf der Wand fixieren zu müssen. Er wartete darauf, dass die Müdigkeit kam. Doch sie ließ auf sich warten. Seine Hand rutschte über die Lehne und baumelte kurz. Dann tastete sie nach dem Glas Wein, das er sich bereitgestellt hatte. Sein Finger glitt über den Rand. Doch er griff nicht danach, noch nicht. Noch gab er die Hoffnung nicht auf, dass der Schlaf auch so kommen würde. Doch das würde er nicht tun. Das tat er schon seit mehr als zwei Wochen nicht, seit Kiras in Chema angekommen war, um hier zu bleiben. Jetzt fraßen ihn die Schuldgefühle auf. Er wurde das Gefühl nicht los, dass er alles falsch gemacht hatte. Er grinste schwach über sich selbst. Vielleicht hätte er in der Kaiserstadt mehr Erfahrungen mit Frauen machen sollen. Aber das hätte nichts gebracht. Schließlich war K’vara nicht irgendeine Frau. Sie funktionierte nicht nach dem Muster. Er fluchte leise. Seine Hand glitt das Glas entlang und umfasste es. Dann hob er es an die Lippen und nippte einen Schluck. Er ließ das Glas auf seinen Oberschenkel sinken.
Für eine Weile war er in Selbstmitleid versunken gewesen. Das konnte er sich nur leisten solange er hier alleine saß. Doch jetzt war er beim dritten Glas und schon eine entscheidende Stufe weiter. Er sehnte sich nach ihr. Er sehnte sich nach ihrem Körper, den er nur zwei Mal wirklich in den Armen gehalten hatte. Beide Male hatte sich K’vara gewehrt. „Mutter, du hast mich geprägt.“ Er war genauso dumm und Besitz ergreifend wie sie gewesen. Das hatte er nun davon alles besser wissen zu müssen. Er legte das Weinglas an die Lippen. Es war genug für heute. Er leerte den Wein in einem Zug. Dann ließ er das Glas auf den Boden sinken. Er rollte sich so gut es ging im Stuhl ein und wartete, dass der Schlaf kam.
Irgendetwas weckte ihn. Eine Hand lag auf seiner Schulter. Träge öffnete er die Augen. Sein Kopf tat weh und sein Rücken schmerzte von der unbequemen Haltung. Die Hand verschwand. Er rieb sich mit seiner eigenen Hand über das Gesicht. Dann begann er sich zu strecken. Schließlich sackte er wieder in sich zusammen und blickte auf seinen Gast. Augenblicklich erstarrte er. Dann warf er beschämt den Blick zu Boden. Sie blieb eine Zeit lang regungslos stehen. „Wieso schläfst du nicht im Bett?“ Er blinzelte leicht und schüttelte den Kopf. „Du bist schon seltsam!“ Endlich blickte er zu ihr auf. Wieso war sie gekommen? „Du doch auch!“ Er kicherte angespannt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn streng an. „Hast du gestern so viel Wein getrunken, dass du nicht mehr ins Bett gekommen bist?“ Er schüttelte den Kopf. „Was willst du hier? Mir Vorhalte machen?“ Sein Kopf pochte ein wenig. Sie kam einen Schritt näher. Dann hockte sie sich hin. „Du stinkst!“ Er schloss die Augen und ließ sich nach hinten in den Sessel sinken. „Das sagst du mir nicht zum ersten Mal.“ Dann blickte er sie an und sah sie lächeln. „Vielleicht sollte dir das zu denken geben!“ Er nickte leicht. Ruckartig stand er wieder auf. „Vielleicht…“ Sie zögerte. „Vielleicht magst du mich ja in der Bibliothek besuchen!“ Sie drehte sich von ihm weg. Er blinzelte. Sie ging zur Tür. „Aber erst wenn du dich gewaschen hast! Sonst müsste ich mich für dich schämen“, fügte sie hinzu ohne sich noch einmal um zu drehen. Kiras ließ sich wieder in den Sessel fallen. War das gerade wirklich passiert?
Er musste sich erst räuspern, damit sie vom Buch aufblickte. Er hockte sich nieder und stützte sich mit den Armen auf dem Tisch ab. Sie schnupperte in seine Richtung. „Besser?“, fragte er. Sie nickte leicht. „Hast du schon etwas gegessen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich lerne! Ich habe keine Zeit für so etwas!“ Kiras presste die Lippen zusammen. „Das ist schade!“ K’varas Stirn bekam ein paar Falten. „Was?“ „Ich habe Mikulas gebeten, dass sie mir zeigt, wie man ein paar von den Gerichten kocht!“ K’varas Finger tasteten nach dem Lesezeichen. Sie seufzte. „Kann man es essen?“ Kiras grinste. „Giftig ist es nicht, glaube ich! Ich habe es nicht ausprobiert.“ K’vara zuckte mit den Schultern. „Was soll’s!“
K’vara blieb mitten am Platz stehen. Kiras stockte auch. Plötzlich hatte er Angst, dass sie sich anders entscheiden würde. „Kiras, ich…“ Ihr Blick suchte etwas zwischen ihren Zehenspitzen. „Ich… ich habe mir gewünscht, dass du von dir aus vielleicht vorbeikommst! Ich habe es mir… mir jeden Tag… gewünscht.“ Kiras presste die Lippen aufeinander. Er kam sich seltsam blöd vor. All die Tage war er im Selbstmitleid geschwommen. Dabei hätte er doch nur die Hand ausstrecken müssen. „Glaubst du… glaubst du das könnte…“ Sie atmete schwer aus. „…funktionieren?“ Er streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie griff nicht danach. „Ich weiß es nicht!“ Er wollte ehrlich sein. K’vara nickte. „Gefühle verunsichern mich. Sie sind nicht greifbar.“ Kiras nickte. Er versuchte in ihr Gesicht zu blicken, doch ihr Kopf hing zu tief. „Ich habe Angst, dass es nicht funktioniert und dass ich dich dann verliere. Ich will dich nicht als Freund verlieren!“ Kiras griff nach ihrer Schulter. „Ich denke, dafür ist es jetzt zu spät. Ich kann nicht mehr nur dein Freund sein. Ich liebe dich. Ich will dich auch nicht verlieren, aber ich könnte es nicht ertragen ständig in deiner Nähe zu sein, ohne dich berühren zu dürfen.“ K’varas Blick glitt zu seiner Hand. „Verstehe“, meinte sie trocken. Er unterdrückte den Impuls sie zu umarmen. „Es gibt keine Garantien für die Zukunft. Es gibt keine Garantien für Gefühle. Ich müsste lügen, wenn ich sage, dass ich dich für immer lieben werde, aber ich wünsche mir so sehr, dass ich es kann!“ Für einen Moment hatte er das Gefühl nicht genug Luft zu bekommen. K’vara nickte leicht. Kiras ließ seinen Arm sinken. „Ich glaube schon, dass ich dich liebe… nicht nur so wie einen Bruder!“ Sie seufzte. Dann blinzelte sie. „Ich… ich habe mich so sehr nach dir gesehnt!“ Kiras holte tief Luft. Alles in ihm schien drunter und drüber zu laufen. Er hatte sich doch auch so sehr nach ihr gesehnt. Wie dumm waren sie nur gewesen? Das Glück war manchmal so nah bei einen, man musste nur den Mut haben danach zu greifen. Er trat einen Schritt auf sie zu. Doch dann hielt er inne, etwas klüger geworden von den letzten Malen. „Darf ich dich umarmen? Ich fühle mich gerade danach.“ K’vara blickte einmal rechts und links über den Platz, so als wollte sie prüfen, ob ihnen niemand dabei zusah. Dann nickte sie leicht.


© lerche


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