Zu jener Zeit gab es recht viele Helden. Das lag wohl mitunter daran, dass es noch sehr viel Übles auf der Welt gab und somit eine Menge Chancen sich einen Namen zu machen.
Doch niemand war so bekannt wie der Mann aus dem Osten. Vom hohen eisigen Norden bis hinunter in die staubigen Steppen, bis hin zu den fernen Gebirgen an den Grenzen kannte man ihn.
Sogar die Einheimischen aus den Dschungeln wussten wer er war.
Vielleicht.
Deren Sprache war so arm an verschiedenen Wörtern, dass der Ausspruch:
„Der Mann aus dem Osten“. Auch gleich bedeutend war mit:
„Meine Hütte steht in Flammen“ oder „Guck mal da drüben sitzt ein blauer Flamingo.“
Doch alle waren sich einig. Der Mann aus dem Osten war eine echter Held.
Und, er kam immer aus dem Osten.
Einen Mann aus dem Norden oder dem Westen gab es nicht. Das war abstrus. Obgleich es aber eine Frau aus dem Süden gab, die aber Augenzeugen nach nur eine Ansammlung einiger Felsbrocken war, die einer Frau eben verdammt ähnlich sahen.
Nein, der Mann aus dem Osten war etwas besonderes.
Viel gab es über ihn und seine Heldentaten zu berichten. Zweifelsohne galt er als sehr mutig. Und tapfer. Dazu war er edelmütig und frei von jeder Gier. Stark und hatte trotzdem ein Herz für die Schwachen. Von den Frauen wurde er umgarnt und von den Männern respektiert.
Im Norden sagte man, er habe ganz alleine einen Eisriesen bezwungen. Andere berichteten, er sei ohne einen Tropfen Wasser durch die heißen Wüsten des Mittellandes gewandert, nur um dann an den Salzmeeren anzukommen und diese halb leer zu trinken. Auch vermochte er, nur mit bloßen Händen ganze Stollen in festen Fels zu schlagen.
Nur bei den Einheimischen in den Dschungeln erzählte man sich nichts über den Mann aus dem Osten.
Oder vielleicht schon, nur wahrscheinlich hatte jeder dort angenommen, es handle sich dabei um einen blauen Flamingo dessen Hütte abgebrannt war. Wer wusste das schon.
Schlussendlich waren auch an einem kleinen Dorf, welches sich am großen See des Westens befand, diese Legenden eingetroffen. Das Dorf befand sich zu jener Zeit in höchster Not. Wilde Tiere und das schurkische Böse persönlich trieben dort ihn Unwesen.
Als Lösung ihrer Probleme erhoffte man sich den Mann aus dem Osten. Der würde mit so was schon fertig werden. Also sandte man einen jungen Mann, einen kräftigen, wohlgenährten Burschen aus um diesen Helden zu finden und herzubringen.
Der junge Kerl machte sich ohne zu zögern auf den Weg, denn er wusste, dass sein Dorf von ihm abhing. Und natürlich ging er nach Osten. Denn das war sozusagen der einzige Anhaltspunkt den er hatte.
Er wanderte ein paar Tage und traf schließlich auf ein Dorf, ähnlich dem seinen.
Doch dort hatten die Leute keine Ahnung w der Mann aus dem Osten sich gerade aufhielt. Auch war er scheinbar noch nie hier gewesen.
Der Bursche wanderte weiter.
Auch im nächsten Dorf wusste niemand den Aufenthaltsort des berüchtigten Helden.
Auch nicht im nächsten Dorf, im übernächsten, im über-übernächsten, dem nach diesem und der darauffolgenden Stadt.
Nicht in der nächsten Stadt, in der übernächsten und auch nicht in der danach.
Und nicht nur, dass niemand wusste wo sich der Mann aus dem Osten gerade befand, es konnte sich auch keiner daran erinnern ihn jemals gesehen zu haben. Nur einige alte Tatergreise und verhutzelte Urgroßmütter behaupteten ihn einst als Kind kurz erblickt zu haben.
So führte der Weg des Burschen ihn immer weiter, durch diverse Dörfer, Städte und Metropolen der verschiedenen Königreiche, doch überall war es das gleiche Lied. Niemand hatte in letzter Zeit den Mann aus dem Osten gesehen, obgleich ein jeder zahlreiche Geschichten von ihm zum Besten geben konnte.
Doch der junge Mann konnte nicht aufgeben. Schließlich stand sein Dorf auf dem Spiel und das Leben der Leute die er kannte war auf dem Spiel.
So gingen die Jahre einher, während der Bursche weiter durch die Lande reiste. Irgendwann aber endete auch sein Weg. Und zwar an der letzten Stadt bevor dem großen Grenzmeer, dessen Ausmaße noch kein Schiff zu überqueren vermochte. Aber auch dort fand fand er keine Spur vom Helden. Man sagte sich, er sei damals über das Grenzmeer gekommen. Da wusste der Bursche, dass er aufgeben musste. Das Grenzmeer zu überqueren kam nicht in Frage. Das wäre reiner Selbstmord.
So machte er sich schweren Herzens auf den Weg zurück zu seinem Dorf. Es war wieder eine lange Reise von mehreren Jahren bis er überhaupt wieder in heimische Gefilde gelangte, doch irgendwann schritt er erneut durch das vertraute Dorftor.
Während seiner Zeit auf Reisen hatte er sich sehr verändert. Er war stark und ausdauernd geworden. Hatte an Mut, Tapferkeit und auch Erfahrung gewonnen.
Somit war es kein Wunder, dass ihn von den Dorfbewohnern keiner mehr wiedererkannte.
Vielmehr noch sah man in ihm den heißersehnten Retter, nach dem sie den Burschen damals geschickt hatten.
Und sie flehten ihn an er möge ihnen doch helfen.
Und weil er sie nicht enttäuschen wollte, beschloss er es zu wagen.
Er stellte sich dem Bösen entgegen und wieder aller Erwartungen bezwang er es.
Anschließend feierte man ein großes Fest.
Und vor allem feierte man den großen Retter.
Den Mann aus dem Osten.



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Beschreibung des Autors zu "Der Mann aus dem Osten"

Kurgeschichte. Beschreibung unnötig.

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